Die Plage der Finsternis trifft die modernen Israeliten
Akiva
Eldar
Eine
der schlimmsten der 10 Plagen hat die Kinder Israels an diesem Passah
getroffen. Sie stolpern in pechschwarzer Finsternis herum, stoßen
blindlings aufeinander auf ihrem Weg zum Rand des Abgrundes. Warmherzige
Freunde, kühle Freunde, eisige Feinde: Jordanien und Türkei, Brasilien
und Großbritannien, Deutschland und Australien – es ist alles dasselbe.
Und
als ob dies noch nicht genug wäre, der kurzsichtige jüdische Staat ist
auch losgegangen und kollidierte mit dem Kopf voraus mit dem
Verbündeten, der existentielle Unterstützung anbietet. Israel ist für
seine Umwelt zur Gefahr geworden und zur eigenen größten Bedrohung.
Seit 43 Jahren ist Israel von Leuten beherrscht worden, die sich
weigerten, die Realität zu sehen. Sie reden vom „vereinigten Jerusalem“,
obwohl sie wissen, dass kein anderes Land die Annexion des östlichen
Teiles der Stadt anerkannt hat. Sie schicken 300 000 Leute, um das Land
zu besiedeln, obwohl sie wissen, dass es ihnen gar nicht gehört. Schon
im September 1967 sagte Theodor Meron, der damalige Rechtsberater des
Außenministeriums, dass es nach der Vierten Genfer Konvention ein
kategorisches Verbot für zivile Siedlungen in den besetzten Gebieten
gab. Meron, der Präsident des Internationalen Strafgerichts für das
frühere Jugoslawien wurde, und jetzt ein Mitglied der Berufungskammer
für beide Gerichte und ein ähnliches für Ruanda ist– schrieb in einem
äußerst geheimen Memorandum an den Ministerpräsidenten Levi Eschkol:
„Ich fürchte, über die ganze Frage der jüdischen Besiedlung in den
besetzten Gebieten herrscht heute große Sensibilität in der Welt. Und
alle legalen Argumente, die wir dazu zu finden versuchen, wird den
schweren internationalen Druck, auch nicht von freundlich gesinnten
Staaten nehmen.“
Es
stimmt, viele Jahre lang gelang es uns, unsern Weg durch die Finsternis
durchzutasten und den Druck in Schach zu halten. Wir taten dies mit
Hilfe unserer Nachbarn, die mit derselben Kurzsichtigkeit geschlagen
sind wie wir.
Am
Sonntag jedoch feierte die Arabische Liga den 8. Jahrestag ihres
Friedensvorschlages, der Israel für das Ende der Besatzung und für eine
Übereinkunft für die Flüchtlingsfrage nach der UN-Resolution 194
normale Beziehungen anbietet. Aber Israel verhält sich so, als hätte es
noch nie etwas von dieser historischen Initiative gehört. Im letzten
Jahr war es zu sehr damit beschäftigt, sein zweifelhaftes Recht, in
Sheik Jarrah, Ost-Jerusalem, eine illegale Siedlung zu realisieren.
Ministerpräsident Benyamin Netanyahu hat der Realität gegenüber den
Rücken zugewandt; er versuchte, die Welt davon zu überzeugen, dass das,
was er in Tel Aviv macht, auch in Sheikh Jarrach machen kann. Er wollte
einfach nicht sehen, dass die Welt jetzt die Nase von uns voll hat. Es
ist einfacher für ihn, sich auf die ähnlich kurzsichtigen Leute von
AIPAC zu konzentrieren. Heute Abend werden alle schwören: “Nächstes Jahr
im wieder aufgebauten Jerusalem“ - einschließlich von Ramat Shlomo,
natürlich.
Hillary Clinton ist nicht jüdisch, aber sie war es , die die AIPAC-Juden
erinnern musste, was Demographie ihrer geliebten jüdischen Demokratie
antun würde. Ein paar Tage vorher war sie aus Moskau gekommen, wo sie
an einer der so sehr wichtigen Konferenzen des Quartetts teilnahm. Die
israelischen Politiker und Medien waren aber so sehr mit dem kalten
Empfang Netanyahus im Weißen Haus beschäftigt, dass sie keinen Gedanken
an die Entscheidung der USA, der EU, Russlands und der UN
verschwendeten, nämlich den Staatsbildungsplan des palästinensischen
Ministerpräsidenten Salam Fayyad von einer einseitigen Initiative in ein
internationales Projekt zu verwandeln .
Das
Quartett erklärte, dass es den Plan, der im August 2008 vorgeschlagen
wurde, unterstützt: und zwar einen palästinensischen Staat innerhalb von
24 Monaten zu errichten. Dies war eine Äußerung des palästinensischen
ernsthaften Engagements, dass der Staat eine berechtigte und
ordnungsgemäße Regierung hat und ein verantwortlicher Nachbar wird. Dies
bedeutet, dass Israel weniger als anderthalb Jahre Zeit hat, um mit den
Palästinensern ein Abkommen über dauerhafte Grenzen, über Jerusalem und
die Flüchtlinge zu erreichen. Wenn die Palästinenser an Fayyads Weg
festhalten, kann erwartet werden, dass im August 2011 die internationale
Gemeinschaft, die von den USA angeführt wird, die Westbank und
Ost-Jerusalem als ein unabhängiges Land anerkannt wird, allerdings
besetzt von einer fremden Macht. Wird Netanyahu weiterhin behaupten,
dass Jerusalem keine Siedlung ist?
Seit
43 Jahren hat die israelische Öffentlichkeit – Schulkinder,
Fernsehzuschauer, Knessetmitglieder und die Richter des Obersten
Gerichtshofes – in der Finsternis der Besatzung gelebt, die einige
„Befreiung“ ( oder gar „Erlösung“ ER)) nennen. Das Schulsystem mit
seinen Schulbüchern, die Armee und ihre Landkarten, die Sprache und das
„Erbe“ waren alle mobilisiert worden, um alle Israelis für die Wahrheit
blind zu halten. Glücklicherweise sehen die Einheimischen
(Palästinenser) klar die Verbindung zwischen der Drohung der iranischen
Kontrolle, die sich über den Nahen Osten ausbreitet, und dem Fluch der
israelischen Kontrolle über den islamischen Heiligen Stätten.
Wenn
wir Montagabend die Passahgeschichten ( 2.Mos.7-11) lesen, sollten wir
auf die Plage achten, die der Finsternis folgt. Diese mag unsere Augen
öffnen.
(dt.
Ellen Rohlfs)
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