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2003 Hurndall Tom
2003 Corrie Rachel

 

 

 

Die ehemaligen Mossad-Chefs Nahum Admoni, links, Danny Yatom und Tamir Pardo.

Was Ex-Mossad-Chefs wirklich über gezielte Tötungen denken

In seltenen Interviews anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der Organisation, teilten drei ehemalige Direktoren ihre Ansicht über Attentate als Instrument der nationalen Sicherheit mit und deckten auf, wer tatsächlich die Schüsse gefordert hat.
Yossi Melman, 26.05.2020

Eins der heikelsten Themen, praktisch ein Tabu-Thema innerhalb der israelischen Geheimdienst-Gemeinschaft sind Attentate. Die Leiter des Mossads, Shin Bet, die Sicherheitsdienste und der Militärgeheimdienst haben kein Interesse an einer öffentlichen Diskussion darüber. Jedoch in diesem Monat bekamen wir einen seltenen Einblick, was die drei Mossadchefs über dieses kontroverse Thema denken. Alle drei, Nahum Admoni, Danny Yatom und Tamir Pardo, gewährten  dem Journal des „Intelligence Heritage and Commemoration Center“ (Vermächtnis- und Erinnerungszenter des Geheimdienstes) anlässlich des 70. Jahrestages der Mossadgründung Interviews.

Man kann die (gezielten) Tötungen in drei Gruppen teilen: Morde, die als Teil von Militäroperationen in der Westbank, Gaza, Syrien und dem Libanon geschehen; Mordanschläge, für die der Shin Bet verantwortlich ist, wie die im großen Stil in der Westbank und dem Gazastreifen, hauptsächlich von Flugzeugen während der zweiten Intifada verübten (Anschläge), und Attentate, die auf das Konto des Mossads, der Einheit 504 (Abteilung menschlicher Militärgeheimdienst) und von Spezialeinheiten gehen, die außerhalb Israels Grenzen operieren. Die letztere Gruppe beinhaltet keine sehr lange Liste. Mordanschläge, die Israel angerechnet werden, im Nahen Osten: Libanon, Jordanien, Iran, Dubai, Syrien; in Asien (Malaysia), Afrika (Tunesien) oder auf europäischem Territorium (Italien, Malta, Norwegen, Frankreich, Zypern, Griechenland und weitere Länder).

Man geht davon aus, dass der Mossad für die Ermordung von 50 – 60 Terroristen in dieser Kategorie verantwortlich ist, sowie von Wissenschaftern, die in ausländischen feindlichen Ländern arbeiteten. Keiner der Ermordeten war israelischer Staatsbürger.

Allgemein gesagt, wenn außerhalb Israel ein Mord geschieht, benutzen die israelischen Medien Formulierungen, wie z.B.: „Laut ausländischen Berichten...“ oder „Israel angelastete...“, wenn man darüber diskutiert. Selbst, wenn die gesamte Welt weiß, dass Israel für eine bestimmte Tat verantwortlich ist, bestätigt es dies nicht.  Weder gibt es diese zu, noch verneint es diese. Das war zum Beispiel der Fall bei dem Mord in Dubai an Mahmoud al-Mabhouh, einem Top-Mitglied der Hamas, Anfang 2010.

Nur ganz selten – üblicherweise, wenn etwas schief läuft – wurden die israelischen Regierungen gezwungen, Mordanschläge zuzugeben oder Informationen freiwillig preiszugeben. Das geschah, als der Mossad und Sayeret Matkal (die Elite-Sondereinsatztruppe des Generalstabs) Yasser Arafats Stellvertreter, Abu Jihad, in Tunis 1988 ermordete. 1996 drückte Israel „sein Bedauern“ aus (ohne Schuldeingeständnis) und zahlte an die norwegische Familie des marokkanischen Kellners, Ahmed Bushiki, der in Lillehammer von Mossad-Agenten 1973 aufgrund einer Verwechslung (mit einem der Attentäter bei der Olympiade in München /I.Gelsdorf) ermordet worden war.1997 gab der Mossad zu, versucht zu haben, Khaled Meshal, den damaligen Leiter des politischen Büros der Hamas, in Amman zu vergiften. Israel musste ein Gegengift senden, um sein Leben zu retten.

Bemerkung der Übersetzerin: König Hussein von Jordanien hielt die Mossadagenten gefangen, übte auf Israel Druck zur Herausgabe des Gegengiftes aus, das produziert worden war, falls bei dem Versuch, Khaled Meshal auf der Straße anzurempeln und ihm dabei das Gift zu verabreichen, etwas schief ging und die Nadel der giftigen Spritze versehentlich einen der Agenten treffen würde. Aber – wie immer – erreichte Israel die Freilassung der in Jordanien inhaftierten und zum Tode verurteilten Agenten im Gegenzug für das Gegengift. Die Agenten konnten unbehindert nach Israel zurückkehren. Meshals wachsamer Chauffeur hatte den Anschlag bemerkt, mit anderen die Täter verfolgt und gefasst. König Hussein handelte sofort, nur dadurch wurde Meshals Leben gerettet. (siehe Alan Hart, „Wer ist der wahre Feind der Juden – Band III Konflikt ohne Ende?“)
 

Kosten gegen Nutzen - Nahum Admoni, Leiter des Mossads von 1982 – 1989, lehnte ein Interview über die Organisation konsequent ab.

In all den Jahren lehnte er mehrere meiner Interview-Anfragen ab – und das auch wieder diese Woche. Admoni sagte, seine Entscheidung sei eine Sache des Prinzips und im Alter von 91 Jahren sei er zu einer Meinungsänderung nicht bereit. Daher haben seine Äußerungen, die er dem Journal des „Intelligence Heritage und Commemoration Centers“gegenüber abgab,  eine besondere, vielleicht historische Bedeutung.

„Indem wir die feindlichen Aktivitäten von Tunesien beobachteten, sahen wir, dass Abu Jihad von dort aus die erste Intifada leitete, und wir beschlossen, ihn aus dem Spiel zu nehmen“, sagte Admoni. „Wir planten eine Operation, um ihn zu ermorden. Wir brachten Sayeret Matkal, unter der Leitung von „Bogie“ (Moshe Ya‘alon) in die Operation. Ich weiß nicht, weshalb wir das taten. Es ist  jammerschade, dass Shabtai (Shavit – Admonis Stellvertreter und späterer Nachfolger) mir sagte: ‚Warum kann unser Team das Attentat nicht durchführen? Wir haben die Sayeret Matkal-Leute zum Ziel gebracht.“… Der Leiter des Caesarea-Departments (Mossads Abteilung für Operationen) sagte mir danach, er hätte Sayeret Matkal zur Durchführung dieser Aufgabe bevorzugt. Im Nachhinein denke ich nicht, dass die Ermordung von Abu Jihad irgendetwas am Verlauf der Intifada geändert hat. Es gab lohnende Attentats-Operationen. Mehrere waren es nicht wert, andere waren vollkommen nutzlos.“

Die Frage von Kosten gegen Nutzen – d. h., ob die Durchführung von Attentaten zur nationalen Sicherheit beiträgt – ist eine, mit der die Geheimdinstchefs ringen. Sie haben keine definitive Antwort darauf. Aufgrund einer Reihe von mit Spitzenagenten geführten Gesprächen würde ich sagen, sie glauben, dass das ein Instrument ist, dessen Beitrag bestenfalls ziemlich begrenzt ist. Die Meisten geben zu, dass sehr wenig Attentate einen entscheidenden strategischen Beitrag zur nationalen Sicherheit geleistet haben.

Der ehemalige Militärgeheimdienstchef General Major Uri Sagi, der 1992 das Komplott zur Ermordung von Abbas Musawi, dem Hizbollah-Führer, förderte, gestand im Nachhinein, dass das eine Fehlentscheidung war. Er sagte, das habe harte Vergeltungsmaßnahmen und Rache der schiitischen Organisation (unterstützt vom iranischen Geheimdienst) provoziert, was in der Bombardierung der israelischen Botschaft in Argentinien 1992 und der Bombardierung des AMIA-Zenters der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires gipfelte. 114 Menschen wurden bei den beiden Angriffen getötet und circa 500 verwundet. Darüber hinaus war derjenige, der den eintönigen und unscheinbaren Musawi als Hizbollah-Führer ersetzt hat, der talentierte und charismatische Hassan Nasrallah, der das Leben der Israelis bis zum heutigen Tage immer noch erschwert.

Andererseits würden die meisten Geheimdienstchefs zustimmen, dass zumindest die (folgenden) beiden Morde ganz klar notwendig waren und eine große Auswirkung hatten. Der erste war der an Fathi Shaqaqi, dem Gründer und Führer des palästinensischen islamischen Jihad, vor 25 Jahren in Malta; der zweite war der an Imad Mughniyeh, dem „Verteidigungsminister“ der Hizbollah, 2008 in Damaskus durch eine Operation, an der der Mossad und die CIA beteiligt waren.

Wer empfiehlt und wer genehmigt (sie)?  - In seinem Interview mit dem Journal  verschaffte Tamir Pardo einen weiteren Einblick in Bezug auf Attentate. „Ephraim Halevey (Mossad-Chef von 1998 – 2002) widersetzte sich gezielten Tötungen, mit der Begründung, sie hätten nur einen limitierten Wert – und er hatte damit Recht“, sagte Pardo.

„Unter einer gezielten Tötung ist zu verstehen, dass man auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig agiert. Sie sind Ermittler, Ankläger und Sie sind auch derjenige, der die Handlung vollzieht“, fuhr er fort, „wichtig ist, zu beachten, dass der Zweck des gezielten Tötens nicht ist,  jemanden für seine Verbrechen zu bestrafen, sondern zukünftige Aktionen zu verhindern. Es ist keine Bestrafung! Gleichzeitig gibt es Ausnahmen, bei denen der tatsächliche strategische Wert der Operation direkt gemessen werden kann. Ein weiterer entscheidender Faktor, der zu berücksichtigen ist, ist (die Chance) eine bekannte feindliche Operation, die ausgeführt werden soll, zu stoppen!“

Pardo fuhr fort, indem er sagte: „Bei Berücksichtigung der Frage über die Jahre hin, scheint der strategische Wert der Methode begrenzt (zu sein). Lassen Sie uns darin deutlich sein, wie sie funktioniert! In den meisten Fällen schlägt der Mossad Operationen vor, indem er die Rechtfertigung dafür darlegt und dem Premierminister präsentiert. Entweder genehmigt dieser sie oder nicht. Der Premierminister beauftragt den Mossad nicht mit einer Attentat-Mission, er ist nicht der Initiator. Dies ist der korrekte und gesunde Weg, das Ganze zu betrachten.“

Pardos Kommentare werfen Fragen auf, was mit Danny Yatom, der den Mossad lediglich zwei Jahre leitete (v. 1996 – 1998), nach dem missglückten Attentatsversuch auf Khaled Meshal geschah.

„Der Mossad hat den (Angriff) auf Meshal nicht empfohlen“, sagte Yatom der Geheimdienstpublikation. „Als Netanyahu die Anweisung gab… und ich entbinde mich nicht von jeglicher Verantwortung, da ich Bibi hätte sagen können: „Wie kann es sein, dass Sie als Premierminister entscheiden, dass ich die Kämpfer zurückbringe, die ich bereits in ein anderes Land  (er bezog sich auf Yatoms ursprüngliche Anweisung, in einem anderen Land eine andere Person der Hamas zu ermorden), in die entgegengesetzte Richtung zu Jordanien gesandt habe, tausende Kilometer von Israel entfernt, und Sie mir sagen: „Bringen Sie sie nach Hause, wir sind hinter einem der Hamasführer im globalen Hauptsitz der Hamas in Amman her.“ Ich brauchte zwei Tage, um die Möglichkeit (Meshal in Jordanien zu töten) zu prüfen, und ich kam zu dem Schluss, dass es möglich war.“

Yatom der zuvor mehrfach über die Angelegenheit gesprochen hatte, enthüllte  auch, dass außer dem Premierminister noch ein anderes Gremium in diese Entscheidungen involviert war: Das Komitee der Leiter der Geheimdienste (bekannt unter dem hebräischen Akronym Varash), dessen Aufgabe es ist, Aktionen der verschiedenen Geheimdienste zu koordinieren. Der Mossad-Chef ist der Leiter des Komitees.

Varash wurde im April 1949 als oberstes dienstübergreifendes Koordinationskomitee nach der  Hinrichtung von Major Meir Tobiansky, der unter dem Verdacht stand, für die britische Regierung spioniert zu haben, in einem Scheingericht (Känguruh-Gericht). Die Mitglieder des Komitees kamen vom Shin Bet, der politischen Abteilung des Außenministeriums, dem Militärgeheimdienst und der Israel-Polizei.

Nach dem Vorbild des Koordinationskomitees schloss Varash die Leiter des Mossads, Militärgeheimdienst, Shin Bet und den nationalen Polizeikommissar ein. Während der Amtszeit Admonis wurde beschlossen, die Teilnahme des Polizeikommissars bei allen Diskussionen zu beenden. Seitdem hat das Komitee vier Mitglieder, die drei Leiter der Geheimdienste sowie den Militärsekretär des Premierministers. Admoni sagt, dass zu seiner Zeit: „Varash nichts beigetragen hat. Der Shin Bet hielt seine Aktivitäten immer geheim. Der Militärgeheimdienst – besonders unter der Leitung von Ehud Barak – war nur daran interessiert, was es bei dem Treffen zu essen gab.“(das Essen, das bei dem Mossad serviert wurde, galt bei Geheimdiensten als das beste.

Laut Admoni drehte es sich bei den Treffen hauptsächlich um Unstimmigkeiten bezüglich der Kompetenzverteilung, besonders zwischen dem Militärgeheimdienst im Hinblick auf SIGINT (Abhöraktionen).

„Der Militärgeheimdienst will die Verantwortung für unsere Lauschangriffe und Abhöroperationen haben, und wir waren entschieden dagegen“, sagte er. (Seitdem wurden mehrere verschiedene Komitees gegründet, um die Frage der Autorität und Verantwortung bei den Geheimdiensten zu behandeln. Die getroffenen Vereinbarungen wurden als „Magna Carta 1“ und „Magna Carta 2“ tituliert. Aber die Uneinigkeiten bleiben auch weiterhin bestehen.

Yatom stimmt Admoni zu, dass die dienstübergreifende Agentur-Kooperation immer noch zu wünschen übrig lässt. „Zu meiner Zeit hat Varnash kaum etwas beigetragen – abgesehen von der Bestätigung, dass bestimmte Menschen, deren Namen von Shin Bet und Mossad aufgebracht wurden, ermordet werden konnten.  … 
Quelle    (übersetzt von Inga Gelsdorf)

 

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