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Schreien nicht reden
(Zu Israels bevorstehender Invasion in den Gazastreifen)
Simon Tisdall  27.6.06

 

Da Israels Regierung sich zu äußerster Ungerechtigkeit vordrängt – einer einseitigen Festlegung seiner nationalen Grenzen und einer gleichzeitigen, permanenten Enteignung von palästinensischem Land – werden ihre Statements immer schriller. Sie scheint zu glauben, das bei geräuschvollen Protesten, übertriebener Rhetorik und Drohungen mit immer größerer Gewalt,  sie irgendwie die  eigentliche  Ungerechtigkeit  ihrer  Politik und  Unmoral ihrer täglichen Aktionen verbergen oder  verhehlen könnte

 

Ehud Olmert, Israels Ministerpräsident, hat am Montagabend die Lautstärke noch eine Stufe höher gestellt. Er schickte  bissige Worte wie nicht gelenkte Artelleriegeschosse in  die zornigen Armenviertel des Gazastreifens. Die Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Shalit und der palästinensische Angriff, der vorausging, wäre ein Teil eines „mörderischen, hasserfüllten, fanatischen, islamischen, extremistischen Wunsches, den Staat Israel zu zerstören“, sagte er. In Wahrheit scheint er eine verspätete, verbohrte Rache  für den Mord an fast 2 Dutzend palästinensischer Zivilisten, darunter 7 Kindern zu sein, der in den letzten vier Wochen von der israel. Armee ausgeführt wurde.

 

Die palästinensische Gewalt gegen Israelis, einschließlich der Qassamraketen, die vom Gazastreifen abgefeuert werden, kann nicht gerechtfertigt werden. Damit muss Schluss sein – weil es verkehrt ist und die Verwirklichung der palästinensischen Hoffnungen verhindert . Aber alle zornigen Adjektive der Welt können die Tatsache nicht verbergen, dass H. Olmert auch eine schwere Verantwortung für das letzte Chaos trägt, wie auch für die Notlage des Korporal Shalit.

Es ist seine Politik, die den Gazastreifen unter Belagerung und unter fast ständigem Bombardement hält. Er und seine Kabinettkollegen, die Sharon zu übertreffen versuchen,  versuchen die USA und andere Länder davon zu überzeugen, dass es auf pal. Seite keinen Partner für den  Frieden gibt. Darum seien die selbst-festgelegten Grenzen  und Mauern, ihr Schießen, die Raketenschläge und Überfälle gerechtfertigt. Und sie sind es, die genau mit diesen Aktionen den  nicht anerkannten pal. Präsidenten Abbas schwächen und hintergehen, dessen Wunsch nach Verhandlungen – und nicht nach mehr Blutvergießen – weitgehend durch seine Entscheidung demonstriert wurde, sich mit den Hamas-Hardliners auseinander zu setzen.

 

Wenn Herr Olmert nun – wie er drohte -eine umfangreiche Invasion in den Gazastreifen in Gang bringt, was denkt er, wird die Folge dieser letzten Überreaktion sein?  Die Geschichte ist deprimierend bekannt: viele Tote, ganz besonders viele unter den Palästinensern, Militante  und Zivilisten; noch mehr Zerstörung; noch mehr traumatisierte Kinder; noch mehr  ruinierte Schulen, zerstörte Wohnungen; Tausende vielleicht Abertausende Flüchtlinge, die über die Grenze nach Ägypten gestoßen werden – und wahrscheinlich der Tod genau des Soldaten, den Olmert zu retten vorgab.

 

Und wird dies das Ende sein? natürlich nicht. Die Hardliner in der Hamasfraktion werden  mit verdoppelter Wut fordern, dass es keine Alternative zum Kampf gibt. Herrn Abbas wird man  - falls er den vorausgesagten Angriff überlebt – links liegen lassen. Die Waffenruhe der letzten Monate – wenn auch unvollkommen – wird  voraussichtlich enden. Und dann werden israelische Orte und Städte wieder mit Selbstmordattentätern konfrontiert werden. Bald kann man ein weiteres bitteres Vermächtnis dem von Jenin und andern Orten in der Westbank von 2002 hinzufügen, Vermächtnisse von wechselseitigem Schmerz und Elend, das sich zurück bis zur Invasion im Libanon 1982 und dem 1967-Krieg erstreckt.

 

Herr Olmert mag lediglich  den Druck auf die andere Seite maximieren. Am Montag bestand er darauf, dass es keine Verhandlungen wegen Korp. Shalit geben würde, kein Feilschen, kein wechselseitiger Gefangenenaustausch. Das einzige was er anbot: palästinensische Kapitulation oder ein massiver Militärschlag. Dies sind keine Führungsqualitäten.  Dies hat nichts mehr mit gesundem Menschenverstand zu tun.

 

Israel ist nicht  in Gefahr,  von „Islamistischen Extremisten“ ausgelöscht zu werden, sondern von der Unrechtmäßigkeit seiner eigenen Politik und Aktionen.

 H. Olmert sollte aufhören, zu schreien und mit dem  Reden beginnen.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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