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Zurück ins Mittelalter

 Bothaina Shaaban, 3.11.09

 

Wenn man Nachrichten liest, in denen steht, dass „die UN Israel aufruft, es solle mit dem Zerstören palästinensischer Häuser und der Politik der  gewaltsamen Vertreibung  aus Ostjerusalem aufhören und dass mehr als 60 000 Palästinenser bedroht sind ,obdachlos zu werden“, dann kann man sich nur über die Rolle der internationalen Organisation von heute wundern und nach dem Ziel fragen, weshalb sie  - die UN – nach dem Sieg der Kräfte über den Nationalismus und Faschismus gegründet wurden. Und man fragt sich, ob es noch die selbe Organisation ist, die von der Geschichte und den Völkern der Welt autorisiert wurde, das Recht auf Selbstbestimmung zu garantieren? Ist es dieselbe Organisation, der es zur Aufgabe gestellt wurde, „der Kolonisierung eine Ende zu setzen“? Ist es dieselbe Organisation, die vom Recht aller Völker auf Freiheit ohne Diskriminierung von Rasse oder Religion betreffend überzeugt ist? Falls es dieselbe Organisation ist, warum erlaubt sie, dass palästinensische Zivilisten unter der Brutalität bewaffneter Siedler leiden?

 

Die ausweichende und schändliche Sprache der UN-Aufrufe steht im Zusammenhang mit der Unterwerfung des Sicherheitsrates unter den zionistischen Willen; er begeht deshalb eine historische Schande, indem sie die legitimen politischen, zivilen und die Menschenrechte des palästinensischen Volkes ignoriert, einschließlich ihrer Rechte auf Leben und Freiheit. Dass die UNO keine Initiative oder Maßnahmen unternimmt, die dahin führen, dem palästinensischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung zu geben, wird ein historischer Schandfleck in der Geschichte der Organisation bleiben, der nicht gelöscht werden kann.

 

Die Palästinenser leben seit über 60 Jahren unter einer rassistischen Form von Kolonisierung; sie wurden zum Ziel einer Kampagne von ethnischer Säuberung, die  von einer bewaffneten Siedlerbande* eingeführt und von Israels Polizei und Armee unterstützt  wurde.

 

Dies ist ohne Parallele im 21.Jahrhundert: dazu gehören Verbrechen, die Belagerung, Mord, Nahrungsmittelvergiftung, Aushungerung, Mordanschläge, Zerstörung von Häusern ( und ca. 600 Dörfern ER) , Verbrennen der erntereifen Felder, Zerstören von Bauernhöfen, Folter von Gefangenen, Verhinderung der Bewegungsfreiheit von Palästinensern zwischen ihren Dörfern, Farmen, Schulen und Krankenhäusern.

 

All dies geschieht vor den Blicken und schweigend vor der „zivilisierten“ Welt, die die israelische Regierung unterstützt und die völlig die brutalen Verbrechen ignoriert, die  täglich von den jüdischen Siedlern und Soldaten begangen werden. Auch dieses Schweigen ist ein Verbrechen gegen das palästinensische Volk, weil es israelischen Politikern und Generälen und ihren Verbündeten erlaubt, ihre Verbrechen gegen Zivilisten durchzuführen und die Genfer Konventionen und das internationale humanitäre Recht zu verletzen.

 

Der Aufruf der UN an Israel, mit dem Zerstören palästinensischer Häuser aufzuhören, kam erst nach der Zerstörung der Häuser  der Familien Hanoun und Ghawi im Sheikh Jarrah-Stadtteil Jerusalems und  selbst  nach der Zerstörung des Zeltes, (das sie anschließend auf der Straße in der Nähe ihres Hauses aufgebaut hatten und der Konfiszierung des Inhalts ( Matratzen, Decken gegen die Kälte und andere wichtige Gegenstände). In dem Zelt waren fünfzig Familienmitglieder von zwei Familien untergebracht, die bis vor wenigen Monaten in ihren eigenen Häusern lebten, die von den israelischen Besatzungssoldaten zerstört wurden,  um Jerusalem zu judaisieren.

 

Immer wieder haben die UN und EU  bestätigt, dass das“ Zerstören palästinensischer Häuser eine Verletzung  des Völkerrechts ist“. Aber wenn dies und die anderen Verbrechen, die oben genannt wurden, Verletzungen des Völkerrechts sind, warum tun sie dann nichts, um die Sicherheit der Palästinenser zu schützen? Die Frage lautet: Was werden die UN und Europa tun? Werden sie sich damit begnügen, anzuerkennen, dass Israels Aktionen in scharfem Widerspruch mit der UN-Charter  und dem internationalen humanitären Gesetz ist, während bewaffnete jüdische Siedlerbanden weiter morden, zerstören und in Jerusalem, Nablus, Hebron und andern Plätzen Feuer legen, ohne abgeschreckt  und  zur Rechenschaft gezogen zu werden?

 

Wenn alle diese Verbrechen, die täglich gegen die Palästinenser begangen werden, nicht etwa ethnischer Säuberung, ja einem Genozid gleichkommen, was ist es dann? In Amerika haben die weißen Siedler vor Jahrhunderten mit Krankheitserregern  kontaminierte Decken den Indianern überlassen, um sie umzubringen. Heute sind es die israelischen Herrscher, die den Palästinensern die Nahrungsmittel und Medikamente  vorenthalten, die Ernten verbrennen, das Trinkwasser vergiften bzw. schwer kontaminiert überlassen, um sie umzubringen oder  zwingen, das Land zu verlassen. Die UN nennt dies „zwangsweise Vertreibung“. Ist das also eine freiwillige Vertreibung.  Nach all den von den israelischen Besatzungskräften und bewaffneten Siedlerbanden begangnen Verbrechen, reagiert die UN nur mit „Aufrufen, Israel möge das Zerstören von Häusern stoppen.“ Vielleicht haben sie nur noch  das Wörtchen „Bitte!“ vergessen. Was die palästinensischen Zivilisten jetzt  dringend benötigen, ist eine Untersuchung der israelischen Verbrechen, die einer internationalen Organisation berichtet wird, die noch einige Selbstachtung hat und um  Reste von Glaubwürdigkeit besorgt ist.

 

Die von israelischen Besatzungskräften begangenen Verbrechen, der Terrorisierung der unbewaffneten palästinensischen Zivilisten durch bewaffnete Siedler sind zu einer Schande für die Menschheit geworden – dies sollte nicht toleriert werden. Die Handlungen  dieser Siedler und ihrer Unterstützer in der israelischen Regierung und ihrer Financiers in den westlichen Unterstützungsgruppen bringen die Welt  zum Gesetz des Dschungels. Wenn man die schändliche Unfähigkeit der UN betrachtet und Präsident Obamas  Wiederholung seines Engagement gegenüber „Israels Sicherheit“ zum 14. Jahrestag  der Ermordung von Yitzhak Rabin durch einen jüdischen Siedler  - während er  ein gleiches Engagement gegenüber der Sicherheit der Palästinenser hätte ausdrücken sollen –  obliegt es der Verantwortung der freien Völker der Welt und seiner Intellektuellen, einschließlich der jüdischen Intellektuellen, ihre Stimme gegen Israels Kriegsverbrecher zu erheben, damit Juden nicht auf ewig die Schande vorgeworfen wird , Kriegsverbrechen und Genozide zu begehen. Sie sollten zu diesen Verbrechen nicht schweigen und nicht damit zufrieden sein, israelische Kriminelle vor dem Reisen (ins Ausland) zu warnen. Sie sollten in derselben Weise vor Gericht gebracht werden, wie die Welt  vor ihnen andere vor Gericht brachte, die für Mord und Besatzung verantwortlich sind.

Besonders die jüdischen Intellektuellen  sollten sich fragen, warum ihre Regierung auf den Ruinen, dem Leben und der Freiheit eines anderen Volkes aufgebaut wird; warum ihre Regierung  Verbrechen begeht, wie das Töten von Kindern, Massaker, Hauszerstörungen … und dann versucht, diese Verbrechen zu rechtfertigen und die schuldig spricht, die sie zur Rechenschaft bringen wollen. Warum stellen sich jüdische Intellektuelle nicht diesem moralischen Dilemma in der zionistischen Entität?

 

Als Nazi-Deutschland den Massenmord gegen Juden und andere Gruppen beging, haben sich Deutsche diesem Dilemma gestellt und Gesetze geschaffen, die Antisemitismus verurteilen. Als die Welt den Preis der japanischen Kriege und Ambitionen zahlte, machte Japan eine historische Kehrtwende und entschied sich gegen den Krieg. Warum sollten jüdische Intellektuelle  denken, sie sollten alle Handlungen der israelischen Politiker und Generäle rechtfertigen? Wie können sie die Tatsache rechtfertigen, dass Ehud Olmert wegen finanzieller Korruption verfolgt wird, aber nicht für die anderen Verbrechen gegen die palästinensischen und libanesischen Kinder und Zivilisten. Warum  werden diese Kriminellen sogar als Helden angesehen, die abgeschirmt und verteidigt werden sollten. Warum bilden sie Regierungen, die aus Kriminellen bestehen, die miteinander im Wettstreit  um Morde und Massaker gegen palästinensische Zivilisten liegen. Dies sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, egal welchen Maßstab man anlegt….

 

Die Vereinten Nationen und die EU und all jene, die die Verbrechen nicht beim rechten Namen nennen, die aber Entrüstung und  Zorn der Welt  auslösen, sollten unverzüglich ihre Verantwortung übernehmen. Die Geschichte wird die verurteilen, die bei diesen Verbrechen geschwiegen haben und wird sich an die erinnern und ihnen danken, die die palästinensischen Kinder und das Recht des palästinensischen Volkes verteidigt haben, in Würde, Freiheit und Sicherheit auf ihrem eigenen Land  zu leben.

 

 

Bouthaina Shaban ist politische und Medien-Beraterin beim syrischen Präsidenten und  früheren Ministern für im Ausland Lebende. Sie ist auch Autorin und  seit 1985 Professorin an der Universität in Damaskus. Sie war die Sprecherin für Syrien (in der UNO?) und wurde 2005 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen)

 

( dt. und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)

 

3.11.09,     http://counterpunch.org/shaaban11022009

 

 

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