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Steuern wir auf Frieden oder auf  Krieg zu?
Patrick Seale, Saudi Gazetta, 3.9.06

 

Die Wurzeln der Gewalt im Nahen Osten und des anti-westlichen Terrorismus  liegen im ungelösten arabisch-israelischen Konflikt. Dies ist inzwischen  nichts Neues mehr.

Israels Besatzung und Kolonisierung von palästinensischem und syrischem Land seit fast 40 Jahren ist zweifellos der wichtigste Grund  zum Groll, der die Wut und das Gefühl der Ungerechtigkeit in der arabischen und muslimischen Welt nährt. Amerikas Zerschlagen des Irak und  die damit zusammenhängenden  Schrecken …. werden von der unbegreiflichen Grausamkeit von Israels kürzlichem Angriff auf den Libanon gefolgt, der das Land in Ruinen zurück gelassen und ein Fünftel der Bevölkerung zu Flüchtlingen gemacht hat.

Die USA, eine Supermacht, die eigentlich für internationale Ordnung sorgen sollte, nährt das bittere Gefühl der Schmach und der Rache und schafft so  ein Klima internationaler Anarchie durch ihr eigenes Verhalten und ihre außerordentliche Unterstützung von Israels Kriegen.

 

Die Geschichte wird wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass Präsident Bush’s Regierung mehr Terroristen geschaffen hat, als  jede andere Regierung der USA.

 

Viele Beobachter fürchten, wenn nicht bald ein dringender und entschlossener Versuch unternommen wird, die Konflikte der Region ein für alle mal zu lösen, dann werden Gewalt und Terror sich weiter verbreiten, so wie es im Irak schon jetzt geschieht. In diesem Fall  werden Araber, Israel und der Westen zu großem Leid verurteilt werden, da ihre Konflikte   immer unüberwindlicher werden.

Diese Bedenken haben mehrere augenblickliche und frühere  Führer von höchstem Rang veranlasst, eine internationale Konferenz  einzuberufen, die nach den Worten von Präsident Jacques Chirac (Frankreich) ein globales und dauerhaftes Abkommen über die Konflikte  der Region  erreichen sollen. Mahmoud Abbas, der belagerte Präsident der palästinensischen Behörde, hat diesem Ruf nach einer internationalen Konferenz zugestimmt, um den Gazastreifen und die Westbank vor weiterem unerträglichem Elend zu bewahren.

 

Appelle an Amerika, seine Verantwortung für den Frieden  wahrzunehmen, kommen auch vom früheren Präsidenten Jimmy Carter, der durch sein Schreiben und seine Vorträge zum  Gewissen der amerikanischen Außenpolitik wurde, aber auch von so bemerkenswerten früheren nationalen  Sicherheitsberatern wie Brent Scowcroft und  Zbigniew Brzezinski.

In Frankreich hat vor kurzem ein früherer Außenminister Herv de Charette im Figaro einen Entwurf für ein Gesamtabkommen veröffentlicht, das sich auf einen Rückzug zu den Grenzen von 1967 mit geringfügigen Berichtigungen gründet.

 

Warum ist der Friedensprozess nicht mit großer Dringlichkeit wieder belebt worden? Ein Teil des Problems sind die Männer, die in den USA und Israel an der Macht sind und kein Interesse an einem friedlichen Abkommen der Konflikte der Region haben, sondern weiterhin nur daran denken, ihre Feinde vernichtend  zu schlagen und ihnen ihren Willen mit brutaler Gewalt  aufzuerlegen. Mit andern Worten: sie halten an der Überzeugung fest, dass  es nur eine militärische Lösung  für die Probleme der Region gibt, auch wenn  die Ergebnisse der Kriege im Irak und  Afghanistan, in Palästina und im Libanon alle in eine andere Richtung weisen.

 

Selten ist der Verstand der  wichtigsten politischen Entscheidungsträger so sehr von  falschen Vermutungen und glatten Irrtümern verwirrt gewesen – manche  unabsichtlich, andere dagegen absichtlich.  Unter dem Einfluss von  rechten pro-israelischen Neokonservativen und besonders von Eliott Abrams, dem Hauptberater für den Nahen Osten im Nationalsicherheitsrat des Weißen Hauses scheint Präsident Bush zu glauben, dass alle Gewalt im Nahen Osten den Islamo-Faschisten zugeschrieben werden kann, die die Freiheit hassen.  Solch primitives Denken wäre  zum Lachen, wenn die Folgen nicht so traurig wären.

 

Selbst ein normalerweise  ausgeglichener israelischer Militäranalytiker wie Zeev Schiff  schrieb vor kurzem, dass der Libanonkrieg nur ein Teil eines sich entwickelnden globalen Konfliktes sei.  Dies ist ein Irrtum. Die Widerstandsbewegungen im Irak und Afghanistan, in Palästina und im Libanon und tatsächlich auch Al-Qaeda selbst tanzen nicht alle nach der- selben Flöte. Jede hat ihre eigene Agenda, ihren eigenen Anteil an einer globalen Bedrohung. Das einzige, was sie verbindet, ist der brennende Wunsch, die unterdrückerische ausländische Besatzung los zu werden.

 

Leute wie Elliott Abrams und seine Likud-Kollegen im Pentagon und im Büro des Vizepräsidenten Cheney haben einen naiven Präsidenten von der Möglichkeit überzeugt, den erweiterten Nahen Osten mit Hilfe von Präventivschlägen und Regimewechsel in eine pro-amerikanische und pro-isaelische Richtung zu verändern. Auch dies ist ein verheerender Irrtum. Inzwischen ist klar, dass Bushs „globale demokratische Revolution“ nichts anderes  als ein plumper Versuch ist, (dem Nahen Osten) die us-amerikanische und israelische Vorherrschaft  aufzuerlegen.

Ein anderer großer Fehler, der von Bush und seinen Beratern gemacht wird, ist der, zu glauben, dass wenn die USA die Terroristen im Irak nicht besiegen, dann werden sie die USA auf ihrem eigenen Boden angreifen. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist die amerikanische Gewalt im Irak und Israels Gewalt im Libanon und in den palästinensischen Gebieten, dass die US und ihre britischen Verbündeten zu Zielen  terroristischer Angriffe  geworden sind.

Ein anderes Beispiel von schädlicher Fehlinformation ist  der Publicity-Rummel einer angeblichen Bedrohung durch Irans nukleare Aktivitäten. Obwohl Inspektoren der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA)  bis jetzt keine iranische (nukleare) Waffenproduktion festgestellt haben, ist es für viele Stellen selbstverständlich, dass Irans bescheidenes  (Nuklear-)Programm eine Bedrohung für die Menschheit darstelle.

 

Israels Ministerpräsident Ehud Olmert portraitiert  den Iran regelmäßig als  große strategische Bedrohung für sein Land. Ari Shavit, ein geachteter Kommentator in Haaretz, schrieb, dass eine iranische Bombe die größte Bedrohung für Israels Existenz seit der Gründung des Staates sei.

Einflussreiche Amerikaner wiederum porträtieren den Iran auch als eine ernste strategische Bedrohung  für die US-nationale Sicherheit, eine Bedrohung, der aktiv begegnet  werden sollte. Um ja nicht an Amerikas kriegerischen Absichten zu zweifeln, erklärte kürzlich Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dass die US nicht daran gehindert werden würde, noch einen Krieg auszufechten – wobei er klar den Iran im Sinne hatte – und an seine Verpflichtung im Krieg im Irak.

Diese Befürchtungen ( einer Bedrohung) werden falsch gedeutet. In Geheimdienstkreisen wird weitgehend akzeptiert, dass selbst wenn der Iran eine Bombe zu bauen beabsichtigt, was keineswegs sicher ist, dann  würde dies noch 5-10 Jahre dauern. Außerdem wäre die Anwendung solch einer Bombe durch den Iran selbstmörderisch  und  auf jeden Fall könnte diese  Anwendung durch die weit mächtigeren Nukleararsenale der USA und Israel abgehalten werden.

 

Sollte der Iran jedoch tatsächlich versuchen, eine Nuklearwaffe zu entwickeln, dann ist diese nicht dafür, um andere anzugreifen, sondern sich selbst vor Angriffen  zu schützen. Die wirkliche Sorge der USA und Israel ist nicht ein Nuklearschlag durch den Iran, sondern eher, dass der Iran und seine Verbündeten in Syrien und im Libanon  so einigen Schutz vor ihren eigenen Angriffen  erlangen. Mit andern Worten, Israel und die USA  lehnen jede Art einer Abschreckungsbalance ab, die ihre Aktionsfreiheit einschränkt.

 

Da der Iran anscheinend entschlossen ist, seinen vollkommen legitimen Versuch, den Uranbrennzyklus für friedliche Zwecke zu entwickeln, weiter verfolgt, kann eine Konfrontation mit den USA und Israel nicht ausgeschlossen werden. Wenn auch militärische Aktionen im Augenblick  unwahrscheinlich sind, und Russland und China sich weigern,  im Sicherheitsrat  Sanktionen gegen den Iran zuzustimmen, dann wird Washington  seine eigenen Straf-Sanktionen außerhalb des UN-Rahmens durchführen.

Ein Teil der gegenwärtigen gefährlichen Unsicherheit im Nahen Osten hängt mit dem Schock zusammen, den Israel im Libanonkrieg erlitten hat- ein Schock, der dem ähnelt, den die USA im Irak erleidet. Es ist der Schock, nicht gesiegt zu haben, …

Ari Shavit, der schon oben genannte Kommentator, fasste es so zusammen, als er am nächsten Tag schrieb: „Es wird keinen Frieden geben …, bevor nicht Israels Macht wieder hergestellt ist.“

Auch dies ist ein großer Irrtum, weil er suggeriert, dass Israel  in seiner Selbsteinschätzung  und seinem  Sicherheitsgefühl so sehr verletzt worden ist, dass es  einen  weiteren Krieg und zwar  mit Sieg benötigt, bevor es darüber nachdenkt, wie man Frieden machen kann.

 

Ich fasse zusammen; der Nahe Osten scheint eher auf einen weiteren Konflikt zuzusteuern, als auf den ernsthaften Versuch einer Konfliktlösung. Israel und seine Supermacht-Verbündeten scheinen noch weit von der Erkenntnis entfernt zu sein, dass ein dauerhafter Frieden nur durch Verhandlungen und gegenseitige Kompromisse  zustande kommt und nicht dadurch, dass man  einem besiegten Feind  seine Bedingungen auferlegt.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

  

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