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Fünfjähriger von den IDF verhaftet
Defence for Children International, 2.5.06

 

Am frühen Nachmittag des 17.April 2006 saß der 33jährige Samer Qabha mit seinem fünfjährigen Sohn Motaz auf dem Schoß vor seinem Haus und unterhielt sich mit seinem Nachbarn  (im Dorf Tura al-Gharbiye  in der nördlichen Westbank). Während die Männer redeten, bemerkten sie, wie ein israelisches gepanzertes Militärfahrzeug mehrere Male  auf der Straße vor ihnen vorbeifuhr . Samer und sein Nachbar beachteten dieses Fahrzeug kaum – der Anblick der israelischen Armee ist für sie alltäglich. Israelische Armeekräfte fahren oft durch Tura al-Gharbiya und die benachbarten Dörfer, angeblich um an der Trennungsmauer zu patrouillieren, die sich am westlichen Rand des Ortes entlang zieht,  das Dorf von seinem Land abschneidet und von den 9000 Bewohnern des benachbarten Ortes in der Bartaa Ash Sharquiya-Enklave.

 

Etwa bei der 5. Vorbeifahrt hielt das Militärfahrzeug an, drei Soldaten stiegen aus und gingen auf Samer zu. Sie zeigten auf Motaz und fragten, ob dies Samers Sohn sei, er habe Steine auf das Jeep geworfen. Als Samer zu protestieren anfing und sagte, dass sein Sohn erst fünf Jahre alt sei, tauchten noch andere Soldaten aus dem Obstgarten neben dem Haus auf. Als sie zu Samer und Motaz kamen, sagte einer der Soldaten: „Dieser Junge hat mit Steinen geworfen.“

 

Zum Entsetzen von Samer und seinem Nachbarn, kündigten die Soldaten nun an, dass sie Motaz jetzt verhaften würden. Samer  flehte sie an, das Kind in Ruhe zu lassen, doch einer der Soldaten beugte sich herunter und versuchte, das nun sehr erschrockene Kind aus seinen Armen zu ziehen. Etwa ein halbe Stunde stritt sich Samer mit den Soldaten, dass Motaz nur ein Kind sei und dass sie ihn doch nicht verhaften könnten . Nachdem ihm aber klar war, dass die Soldaten nicht nachgeben würden, sagte Samer, wenn sie das Kind verhaften würden, dann müssten sie ihn auch mitnehmen.

Der verantwortliche Soldat führte ein Telefongespräch, bei dem er darum bat, den Vater des Kindes mitzunehmen – so vermutete Samer. Die Soldaten zerrten Motaz von seinem Vater weg, brüllten das Kind an, das nun zu schreien anfing und seinen Vater um Hilfe bat. Samer versuchte, ihn festzuhalten und zu schützen. Aber  diese seine Bemühungen ärgerten die Soldaten nur.

Sie drehten Samer weg, schlugen ihn und trennten ihn von Motaz, den sie ohrfeigten und anschrieen. Die Soldaten  legten seine Hände in Handschellen, verbanden ihm die Augen und stießen ihn ins Jeep und schubsten Motaz hinterher.

 

Vater und Sohn wurden zur nahen Shakeed-Militärbasis gefahren und in einen Kellerraum gesperrt, damit sie dort auf den Offizier warteten. Nach einer halben Stunde, in der Motaz vor Angst zitterte, bat er seinen Vater um etwas zu trinken. Samer bat einen Soldaten um ein Glas Wasser. Doch als es endlich nach einer Stunde kam, war es kochend heiß. Es musste erst abkühlen, bevor der Junge es trinken konnte. Nach einiger Zeit sagte Motaz, er müsse zum WC. Zunächst wollten die Soldaten  Motaz nicht aus der Zelle gehen lassen, doch nach einem langen und hitzigen Gespräch gaben sie schließlich nach und ließen Samer mit gefesselten Händen mit Motaz, der sich an seine Beine klammerte, zur Toilette gehen.

 

Etwa  8 Uhr 30 am Abend kam ein Offizier und sagte zu Samer, Motaz habe Steine gegen  Soldaten geworfen. Samer bat den Offizier um einen Beweis. Der rief einen anderen Soldaten, der auf Motaz zeigte und zu Samer und dem Offizier sagte: „Dieser Junge hat Steine geworfen“.

Der Offizier telefonierte mit jemandem und sagte Samer, dass er nun mit seinem Sohn ins Salem-Verhaftungszentrum ( nördlich von Jenin) gebracht werden würde, wo er eine Strafe von 2000 NIS ( 445$) zahlen müsste. Noch  einmal protestierte Samer, er wolle nicht zahlen und dass sein Sohn doch nur ein Kind sei. „Israel unterscheidet nicht zwischen Kindern und Erwachsenen,“ sagte der Offizier. „Alle Palästinenser sind Terroristen.“

 

Der Offizier verließ den Raum, kam noch mal zurück und sagte Samer, dass er und Motaz nun gehen könnten. Er sagte ihm noch, er solle in  seinem Dorf erzählen, dass sie mit dem Steinewerfen  auf das israelische Militär aufhören sollten, wenn sie in den Straßen patrouillieren würden. „Es ist das letzte Mal, dass wir euch warnen,“ sagte er.

 

Etwa 9 Uhr 30 – mehr als 6 Stunden – nachdem sich Soldaten ihnen vor dem Hauses  genähert hatten, wurden Samer und Motaz aus der Militärhaft entlassen. Sie wurden durch das Tor des Shaked-Camp auf die leere Straße gelassen, um nach Hause zu gehen. Nach einer Stunde Weg auf einer sehr dunklen Straße mit der Angst, von jüdischen Siedlern angegriffen oder noch einmal vom israelischen Militär festgenommen zu werden, erreichten Samer und Motaz endlich relativ sicher ihr Zuhause in Tura al-Gharbiye

 

(Nach der Zeugenaussage von Samer Salah Qabha)

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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