Hinter Mauern wächst
Gewalt
Stellungnahme des Koordinationskreises „Stoppt die Mauer in
Palästina“ zu den Kämpfen im Gazastreifen
Mit Trauer und Zorn haben wir die Ereignisse der vergangenen Wochen
in Palästina verfolgt. Die innerpalästinensischen Kämpfe zwischen
Fatah und Hamas sind ein Desaster. Sie führten zu massiven
Menschenrechtverletzungen, wie PCHR,
das
Palestinian Centre for Human Rights, dokumentiert hat, und dienen
nur den Feinden des palästinensischen Volkes. Die Palästinenserinnen
und Palästinenser erfahren durch diese Kämpfe eine wesentliche
Schwächung in Bezug auf ihr eigentliches Ziel: Nämlich
frei von Besatzung zu leben und das Selbstbestimmungsrecht zu
erlangen.
Dabei hatte der nationale Konsens vom 26.7.06 auf Initiative von in
israelischen Gefängnissen inhaftierten politischen Gefangenen aus
allen palästinensischen Fraktionen eine einheitliche politische
Linie herausgearbeitet: Verhandlungen mit Israel mit dem Ziel der
Bildung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 und
des Rückkehrrechts für die Flüchtlinge, sowie die Einstellung
militärischer Operationen außerhalb der besetzten Gebiete.
Wir wenden uns ebenso gegen die Absicht einiger Hamas-Funktionäre,
einen "Islamischen Staat Palästina" zu gründen, wie auch gegen
Versuche einiger Fatah-Akteure, Fortschritte zu erzielen, indem man
sich israelischen und US-amerikanischen Diktaten unterwirft.
Die innerpalästinensischen blutigen Kämpfe sind die direkte Folge
der politischen und ökonomischen Strangulation durch Israel und die
westlichen Mächte. Die meisten westlichen Regierungen weigern sich,
das Ergebnis demokratischer Wahlen im besetzten Palästina zu
respektieren und die Hamas als Sieger dieser Wahlen anzuerkennen.
Die demokratisch legitimierte Hamas-Regierung wurde boykottiert und
stattdessen wurde die abgewählte Fatah-Führung weiter unterstützt
und sogar mit Waffen versorgt. Dies hat dazu beigetragen, dass die
politischen Differenzen zwischen den beiden Konfliktparteien sich
nun in einer blutigen Auseinandersetzung entladen.
Schon lange hat die von Israel betriebene Zerstörung der zivilen
Infrastruktur, die völlige Abriegelung und die Politik der
extralegalen Hinrichtungen nicht nur fortschreitende Verelendung,
sondern auch ein Klima der Ausweglosigkeit und Verzweiflung erzeugt,
das gewaltsame Konfliktaustragung als einzige Option erscheinen
lässt.
In der momentanen prekären Situation ist weder ein Staatsstreich
noch eine Notstandsregierung dem palästinensischen Volk dienlich.
Die Einheit des palästinensischen Volkes war bisher immer dessen
größter Trumpf. Deshalb muss deren Wiederherstellung höchste
Priorität haben. Wir appellieren an die Konfliktparteien, einen
Versöhnungsprozess unter dem Dach der PLO einzuleiten, um die
politische und gesellschaftliche Einheit des palästinensischen
Volkes wiederherzustellen.
Die westlichen Mächte stehen dabei in der Pflicht, ihre Boykott-
und Spaltungspolitik in Palästina zu beenden, und den demokratischen
Willen der Bevölkerung dort zu respektieren.
Von der israelischen Regierung ist zu verlangen, dass sie die
widerrechtlich einbehaltenen Finanzmittel der palästinensischen
National-Behörde unmittelbar freigibt, und die illegal inhaftierten
palästinensischen Abgeordneten endlich freilässt, darunter auch
Marwan Barghouti, einen der wichtigsten Repräsentanten der Fatah .
Sie muss die Blockade Gazas unmittelbar aufheben und endlich
konkrete Schritte zur Beendigung des 40- jährigen Besatzungsregimes
unternehmen, denn ohne ein Ende von Okkupation, Demütigung und
Vertreibung der Palästinenserinnen und Palästinenser wird es kein
Ende der Gewalt in der Region geben.
Krokodilstränen über „Chaos und Gewalt“ sind pure Heuchelei,
wenn sie von Politikern und Medien zu hören sind, die sich nie
konkret für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser, und das
heißt für das Ende der Besatzung eingesetzt haben.
Koordinationskreis
„Stoppt die Mauer in
Palästina“, 21.6.07
www.stopptdiemauer.de
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