TRANSLATE
Marsch durch Tel Aviv: für einen palästinensischen Staat.
Gush Shalom, 6.6.11
http://zope.gush-shalom.org/home/en/events/1307302934
Am Samstagabend, den 4. Juni, am Vorabend des 5.Juni gedachten wir
zum 44.Mal des Jahrestags der Besatzung . Aber wenigstens waren wir
jetzt nicht mehr allein mit der Idee, wie die Lösung aussehen
sollte. Die Demonstration schaute aber weniger zurück auf 1967 als
auf die erwartete palästinensische Forderung der Anerkennung im
September.
Eine weite Koalition hat sich in Vorbereitung darauf gebildet: nicht
nur die Hadash-Kommunisten und Meretz, sondern auch die Laborpartei
und eine Fraktion von Kadima. Es gab viele Debatten um den
Hauptslogan in den Inseraten, die zur Teilnahme aufriefen. Man
einigte sich schließlich auf „ Bibi hat nein gesagt – wir sagen ja
zu einem palästinensischen Staat“. Viele Aktivisten glaubten, dass
dies das Problem der Grenzen verschleiert, das der Hauptanlass zu
Streit war. Gush Shalom bereitete im voraus zahlreiche Poster vor:
„ja zu einem Palästinastaat in den Grenzen von 1967“ Am Treffpunkt
am Rabin-Platz wurden sie eifrig angenommen.
Die Demonstranten – etwa zwischen 10 und 20 000 – hatten alle Arten
von politischem und persönlichem Hintergrund – junge Leute, die erst
nach der Besatzung geboren wurden, grau und weißhaarige Veteranen
und viele Familien mit Kindern. (Eine hatte einen großen Hund dabei,
der ein Peace Now-Poster trug mit Netanyahu als Rattenfänger, der
das Volk ins Unglück stürzt. Die roten Flaggen der Hadash zwischen
der grünen von Meretz mit dem Gush Shalom-Zwei-Flaggen-Poster und
die Frieden-Jetzt-Friedensflagge über der israelischen
Nationalflagge, die Nationalflagge selbst auch und einige Aktivisten
drückten den allgemeinen Slogan derart aus, dass sie einfach mit
einer palästinensischen Flagge liefen.
Kreuz und quer durch die Straßen von Zentral-Tel Aviv wurden viele
Slogans gesungen – einige Jahrzehnte alte, andere neu geschaffene:
One, two, three, four – Occupation no more“ /“Palestine will be free
– with or without the USA./ Löst Kiryat Arba auf, Löst alle
Siedlungen auf, jetzt. jetzt, jetzt“,/ Frieden ja –Besatzung nein!“
„Grenzen von 1967 – permanente Grenze des Friedens!“/ „Netanyahu,
bist du verrückt? Wir wollen nicht noch einen Krieg“.
Es gab auch ein paar Posters und gerufene Slogans, die auf den
Aufruhr in der arabischen Welt Bezug nahmen: „Ja zur arabischen
demokratischen Revolution!“/ „Eifert den Ägyptern nach, revoltiert
gegen Rassisten und Siedler.“ Netanyahus berüchtigter Außenminister
kam unter Beschuss: „Lieberman ist ein Siedler und ein Rassist,“ und
einige Demonstranten drückten ihre Sehnsucht nach Israels
Gründungsvater aus: „Wo ist der neue Ben Gurion – mit dem Mut, neue
Entscheidungen zu treffen?“ Das bekannte Lied „Ich hab kein anderes
Land“ wurde von mehreren Gruppen gesungen (Selbst wenn sich mein
Land verändert hat, oder der Boden unter meinen Füßen brennt, will
ich nicht aufgeben – dies ist mein Heim!“ andere nahmen John Lennons
Lied auf: „Gib dem Frieden eine Chance!“. Obamas Wahlslogan wurde
mit einem Wortspiel gesungen: „Yes we Ken!“ ( Ken bedeutet im
Hebräischen Ja). Die Meretz-Poster hatten ein anderes Wortspiel:
„Bibi takir – Falastin“ (was entweder „ erkenne Palästina an!“ oder
„Lass dich einführen – dies ist Palästina.“
Als wir schließlich durch viele Straßen Tel Aviv gelaufen waren,
endete die Demo mit einer Rallye vor dem Tel-Aviv-Museum. Unter den
Sprechern gab es große Einmütigkeit. Zu ihnen gehörten die
Knessetmitglieder Zahava Galon (Meretz), Dov Khenin (Hadash), Daniel
Ben-Simon(Labor) Nino Abesadze (Kadima) – die letzte eine
Immigrantin aus der früheren Sowjetunion ( aus Georgien) die einen
Teil ihrer Rede auf russisch hielt. Zu den nicht parlamentarischen
Sprechern gehörte der Dramatiker Yehoshua Sobol, Aida Touma-Sliman,
die Herausgeberin der arabischen Tageszeitung Al-Ittihad und
feministische Aktivistin, der Bürgermeister von Nazareth Ramez
Jeraisi und Liran Gal von Frieden Jetzt, die jüngste Sprecherin.
Praktisch alle Sprecher hießen die bevorstehende UN-Anerkennung
Palästinas durch die Vereinten Nationen willkommen und verurteilten
Netanyahus Rede vor dem US-Kongress, da er damit ein großes
Hindernis errichtete und die Chancen für Verhandlungen wirksam
verhinderte. Viele der Reden schlossen Warnungen ein vor Netanyahus
Versuch, aus seinem Dilemma auszubrechen, indem er einen neuen Krieg
beginnt und zwar gegen den Iran. Redner bezogen sich dabei auf die
unheilvolle Warnung von Meir Dagan, dem kürzlich in den Ruhestand
getretenen Chef des Mossad. Es gibt kein Mandat für einen neuen
Krieg der Wahl; es wird keine nationale Einheit hinter einer
Regierung geben, die uns in eine Katastrophe führt, statt zum
Frieden“, rief KM Galon, der ein langer Applaus führte.
Ein grauenvoller Vorgeschmack drohender Kriege kam innerhalb von
weniger als 24 Stunden – mit dem tödlichen Feuer von Scharfschützen
auf unbewaffnete palästinensische Demonstranten, die sich zu
Hunderten aus Syrien näherten.
( dt. Ellen Rohlfs)
|