Zwei
Tote pro Nacht
Akiva Eldar, Haaretz, 20.6.06 ( Not just a security thing)
Kapitän T. war der Kommandeur eines mit Waffen ausgerüsteten
Hochgeschwindigkeitsbootes der Marine. Sein Kommandeur hatte damit
gerechnet, dass er eine brillante militärische Kariere machen würde.
Aber bald nach dem Ende der „Operation Defensive Shield“ gab T. seine
militärische Ausrüstung zurück und ging nach Indien. Er kam zu einem
Besuch nach Hause zurück. Seine Mutter wandte sich an die Organisation
„Das Schweigen brechen“, damit diese mit ihm spricht. Seine Geschichte
vom Frühjahr 2002 kann erklären, was einer palästinensischen Familie
passieren kann, die an den Strand von Gaza geht, um ein paar schöne
Stunden an frischer Luft zu haben. Seine Worte werden mit einigen
Auslassungen zitiert:
„Nach der Operation
Defensive Shield fuhren zwei Boote auf die Höhe von Sudaniya im
nördlichen Gazastreifen. Wir hatten Vertreter der Flotte, der Luftwaffe
und der Helikopter-Einheit und verschiedener anderer Kampfeinheiten bei
uns auf dem Schiff, auch Leute von Einheiten der Küste, des
Nachrichtendienstes ...Einer der ranghohen Offiziere sagte zu uns, dass
die IDF sehr extensiv handeln würde und dass er „jede Nacht zwei Tote“
erwarte. „Ich wünsche wenigstens zwei tote „Terroristen“ jede Nacht“
sagte er ... Der Stimmung nach, war es ein Racheakt. Wir, dh. zwei
Boote, warteten etwa 2000 m von der Küste entfernt.
„Wir machten eine
Gruppe aus, die an den Strand ging - aber außerhalb unseres
Zielgebietes selbst war . Etwa drei oder vier Leute saßen dort und
zündeten ein Feuer an. Wir bemerkten einige Aktionen der Gruppe am
Feuer. Wir hatten keine Ahnung, wer diese Leute waren, ob sie bewaffnet
waren oder nicht.“
„ Als die
Marinespezialeinheit 13 signalisierte, dass sie an der Seite Waffen
sehen würde, waren wir alle auf dem Boot sehr aufgeregt. Nächtelang
kehrten Boote von ihrer nächtlichen Tour zurück, ohne einen einzigen
Schuss abgegeben zu haben. Jetzt hatten wir die Möglichkeit. Unsere
Stimmung war noch von der Aura der Operation „Defensive Shield“ erfüllt
und von vorausgegangenen Selbstmordattentaten .. Ich wollte also
schießen. Ich sagte mir, dass es ein „legitimes Ziel“ sei. Ich war in
Konkurrenz aller Ränge bis zu dem, der den Befehl gab. Wir fingen also
zu schießen an. Wir schossen weiter und zielten auf so viele wie
möglich, auch auf die, die die Verwundeten trugen. Es war nur
problematisch, dass wir nicht wirklich wussten, wer dort um das Feuer
saß. Es hätte ein jüngerer Bruder von jemandem sein können .... wir
wussten es nicht. So etwas geschah jede Nacht.
„Ein anderer Vorfall
passierte im südlichen Raum bei Khan Yunis. Zehn ( unserer ) Leute
gingen in ein Gebäude. Wieder unterschied man nicht zwischen Bewaffneten
und Unbewaffneten, und man wusste nicht genau, wer drin war. Dann kamen
Leute aus der Umgebung, um den Verwundeten zu helfen, und in dieses
Chaos schossen wir auf die in alle Richtungen fliehenden Personen, um
so viele wie möglich zu treffen. Wie in einem Videospiel: klick, klick,
klick. Ich wollte schießen. In meinen Augen war es legitim, etwas
anderes hätte ich zurückgewiesen. Ich war wahnsinnig.
„Es hätte sehr gut
sein können, dass am Strand ein 12-Jähriger saß, der mit einer
Wasserpfeife auf seinen großen Bruder wartete, der von seinem Job als
Wächter zurückkam. Eine solche Person ist kein legitimes Ziel. Ich
denke, dass ich ein Kriegsverbrecher bin. Nehmen wir mal an, diese Leute
kommen heute zu mir, während ich ( im Ausland) unterwegs bin. Sie
bringen mich vor den Internationalen Gerichtshof, was soll ich ihnen
dann sagen? Ich weiß, dass ich einem Befehl gehorchte, der ( heute) in
meinen Augen illegal ist. Wenn ein Verwandter (derjenigen damals am
Strand Getöteten) zu mir kommen sollte, würde ich ihm sagen: ich bin
schuldig. Ihr Kind wurde aus keinem anderen Grund getötet als dem, dass
wir den Befehl hatten, jede Nacht zwei zu töten.“
(dt. Ellen Rohlfs) |