Fanatische Siedler
in Hebron
Akiva Eldar, Haaretz ( 22.5.05)
Selbst der harte
Kern der Linken hatte ein Problem, als der fromme, gottesfürchtige Prof.
Yehashahu Leibowitz die Siedler „Judäo-Nazis“ genannt hat. Weniger als
30 Jahre später wurden diese Worte des Professors als Graffiti an einer
Mauer in der jüdischen Enklave Hebrons in die Realität umgesetzt. Vor
ein paar Wochen fing die Photolinse des Photographen Shabtai Gold neben
dem Davidstern den Satz ein: „Die Araber in die Krematorien!“ Seitdem
hat jemand die schockierende Inschrift verwischt. Nicht weit davon
entfernt schrieb jemand auf eine andere Mauer: „Araber = Untermenschen“.
Diese Art von
Graffiti tauchen oft plötzlich in den Straßen von Jerusalem auf. Leute
vom linken Lager haben festgestellt, dass solche Schmierereien an den
Mauern oft lange dran bleiben. Sie haben inzwischen bei Stadtaktionen
dagegen herausgefunden, dass es eine abschreckende, aber wirksame Weise
gibt, sie zu entfernen – wenn ein Hakenkreuz daneben gemalt wird.
Wie bei jedem
Versuch, den Holocaust mit einem lokalen Phänomen zu verknüpfen, führte
die Veröffentlichung dieser Kolumne am 31. Dezember (2004) mit
ausgewählten Zitaten aus einer Petition von Holocaustüberlebenden und
der 2. Generation von Überlebenden zu einem Protest. Aber das Foto von
Hebron erweitert ja nur das Anliegen der Petition, die heute vollständig
in der hebräischen Ausgabe von Haaretz erscheint. Der Satz „die Lektion
aus dem Holocaust sollte ein kultureller Kode für Erziehung zu
humanistischen Werten, Demokratie, Menschenrechten, zu Toleranz und
gegen Rassismus und totalitäre Ideologien sein“ erhält eine zusätzliche
Bedeutung durch den Brief des Soldaten Y., der seit fünf Monaten in
Hebron stationiert ist:
Ich möchte euch eine
meiner ersten Erfahrungen, die ich in der 2. Woche meines Dienstes in
Hebron hatte, erzählen,“ schreibt er. „ Während ich im Shuk
(Marktstraße) der David Hamelech-Straße, in der Nähe des Großen Platzes,
meinen Aufsichtsdienst machte, kamen während des
Minha-(Nachmittags-)Gottesdienstes zwei arabische Kinder aus der
Altstadt. Sieben Gottesdienstbesucher kamen aus der Sukka (Laubhütte)
und stürzten sich auf die Kinder. Ich und meine Kollegen mussten sie
trennen. Der Krawall ging weiter, und wir litten alle unter den
Faustschlägen der Siedler ins Gesicht und auf andere Körperteile. Es
wurde geflucht und geschrieen. Diejenigen, die am meisten unter der
Gewalt, den Verleumdungen und Flüchen litten, war die in der Stadt
stationierte Polizei. Das Hauptangriffsziel (der Siedler) bildeten die
Drusen und Beduinen und die Internationalen (ISM/ CPT) in Hebron.
Unzählige Male musste ich zwischen ihnen und den Siedlern vermitteln.
Die Angriffe auf sie, der Wandalismus und die rassistischen Slogans sind
im Verhältnis nur ein Tropfen von dem, was Araber in Hebron täglich
erleiden. Diese Aktionen haben uns, die Kampfsoldaten, die Beschützer
der Juden vor arabischen Angriffen, zu Beschützern der Araber vor Juden
gemacht. Oft habe ich von Siedlern die Klage gehört, dass wir sie daran
hindern, die Araber zu verprügeln, in ihre Läden einzubrechen und ihren
Besitz zu verwüsten. Und: wir würden nicht die jüdischen Interessen in
der Stadt schützen, sagen sie. Und ich dachte so naiv, mein Job hier
wäre, das jüdische und israelische Recht in der Stadt zu schützen.“
(dt. Ellen Rohlfs) |