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Eine Karikatur von Harm Bengen
 

Israel vor Gericht

Vorwurf Genozid: Prozessauftakt am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Hunderte Demonstranten angereist


Jakob Reimann - 12.01.2024

Der Prozess gegen Israel hat in Den Haag begonnen: Am Donnerstag präsentierte Südafrika in der ersten mündlichen Anhörung seinen Fall vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH). In über drei Stunden legten mehrere Vertreter des international besetzten Juristenteams dar, dass Israel in Gaza Völkermord begehe. Der südafrikanische Antrag stelle »Israels genozidale Handlungen«, so der Auftaktredner, »in den breiteren Kontext der 75jährigen Apartheid, der 56jährigen Besatzung und der 16jährigen Belagerung des Gazastreifens durch Israel«. Dem »palästinensischen Volk« sei demnach »mit Vorsatz das unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung verweigert« worden. (...)

Der IGH-Prozess wird voraussichtlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Doch in einem Eilverfahren hat Südafrika vom »Weltgericht« auch die Anordnung gefordert, Israel solle unverzüglich jegliche Kampfhandlungen einstellen und den Zugang zu humanitärer Hilfe ermöglichen. Eine Entscheidung in dieser Sache wird in den nächsten Tagen oder Wochen erwartet.

Propalästinensische Aktivisten sind aus ganz Europa und selbst aus den USA und Kanada nach Den Haag gereist, um ihrer Solidarität mit Südafrika sowie der Bevölkerung Gazas Ausdruck zu verleihen. Bereits am Mittwoch demonstrierten sie friedlich und versammelten sich am Donnerstag morgen erneut vor dem IGH-Gebäude. »Stoppt das Töten in Gaza« war auf Protestschildern zu lesen, »Freiheit für Palästina« wurde in Sprechchören skandiert, wie in einem von Al-Dschasira veröffentlichten Video zu sehen war. Auch Dutzende Demonstranten aus Deutschland reisten an, um insbesondere ihre Dankbarkeit gegenüber Südafrika zum Ausdruck zu bringen, »dem einzigen Staat, der sich auf der internationalen Bühne in dieser Weise für Palästina eingesetzt hat«, erklärte ein Mann aus Hamburg gegenüber dem britischen Netzwerk The New Arab. (...)

Kurz vor dem 100. Kriegstag fordern zudem 387 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus 28 Ländern in einem gemeinsamen Appell einen sofortigen multilateralen Waffenstillstand in Israel und Palästina, die Freilassung aller Geiseln und die erleichterte Einfuhr von Hilfsgütern in den Küstenstreifen. Der Aufruf wurde von der US-Kongressabgeordneten Ilhan Omar (Demokraten) sowie von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (BSW) initiiert.   mehr >>>

Gemeinsam Israels Krieg gegen Gaza stoppen: Die Delegationen aus Südafrika und Palästina am Donnerstag in Den Haag


»Genozid verhindern«

Anklage gegen Israel in Den Haag: Juristen Südafrikas gehen in detaillierte Beweisführung

Jakob Reimann - 12.01.2024


Am Donnerstag hat das südafrikanische Juristenteam seinen Vorwurf gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag vorgetragen: Die Klage lautet auf »Genozid« in Gaza. An diesem Freitag erhält die israelische Seite die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Bevor das vermutlich mehrjährige Hauptverfahren beginnt, befassen sich die Anhörungen zunächst mit dem südafrikanischen Eilantrag, der IGH solle ein Ende der Kampfhandlungen in Gaza anordnen, um so »die Rechte des palästinensischen Volkes gemäß der Völkermordkonvention vor weiterem, schwerem und irreparablem Schaden zu schützen«.

Der IGH setzt sich aus 15 Richtern zusammen, die von der UN-Generalversammlung und dem UN-Sicherheitsrat für neun Jahre gewählt werden. Zusätzlich stellen beide Konfliktparteien je einen eigenen Richter. Die IGH-Präsidentin, die US-Juristin Joan E. Donoghue, stellte zunächst fest, dass der südafrikanische Antrag aufgrund der hohen Dringlichkeit prioritär gegenüber allen anderen Fällen beim IGH behandelt werde. Daraufhin wurde das Gesuch Südafrikas vorgelesen. Darin fordert Pretoria   mehr >>>

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IGH-Anwältin Adila Hassim: "Das Ausmaß des Tötens ist so groß..."

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Die Sprachlosigkeit des Antony Blinken

US-Diplomatie im Gaza-Krieg

Robert Chatterjee - 10.01.2024

US-Außenminister Antony Blinken auf der Pressekonferenz mit seinem katarischen Amtskollegen Muhammad Bin Abdurrahman Al Thani am 7. Januar in DohaU.S. Department of State

US-Außenminister Antony Blinken versucht auf seiner vierten Krisenreise durch den Nahen Osten wieder einmal, ein Bündnis für eine Lösung der Gaza-Krise zu schmieden und auf Israels Regierung einzuwirken. Und stößt bei beiden Vorhaben schnell an Grenzen.

Es tue ihm »sehr, sehr leid«. Eine »unvorstellbare Tragödie« sei der Tod des Journalisten Hamza Al-Dahdouh. Krisenmanagement ist das tägliche Brot der Diplomatie, ebenso wie ein wohl austariertes Verhältnis von öffentlichem Auftritt und effektiver Hinterzimmerverhandlungen, von Empathie und Handlungsstärke. Beides geht dem US-Außenminister in diesen Tagen nur schwer von der Hand.

Der Journalist und Sohn des Al-Jazeera-Büroleiters in Gaza Wael Dahdouh war am Sonntag von einer israelischen Rakete getötet worden. Über einhundert Journalisten, über 23.000 Menschen insgesamt, sind in Gaza seit Oktober ums Leben gekommen. Eine Zahl, die »viel zu hoch ist«, wie Antony Blinken auf einer der nächsten Halte am Dienstag in Jerusalem kommentierte. Was fehlte: Eine Aussage über die Ursachen dieser hohen Opferzahlen, ebenso wie eine überzeugende Antwort, über welche Hebel man eigentlich verfüge, um weitere, wahrscheinlich deutlich höhere Opfer durch Hunger, Krankheit und Krieg in den kommenden Wochen und Monaten zu verhindern.

Tatsächlich offenbaren die Pressekonferenzen des US-Außenministers die schier unüberwindbaren Gegensätze, die auch diese diplomatische Mission zur Lösung der Gazakrise zum Scheitern verurteilen und immer mehr Washingtons fundamentalen Interessen in der Region untergraben. Wieder einmal rennt der 61-Jährige den Ereignissen hinterher, wieder einmal muss er Stellung beziehen, reagieren und seine Verhandlungsposition rechtfertigen.

Eigentlich war Blinken zu Jahresbeginn aufgebrochen, um wieder greifbare Fortschritte auszuhandeln

Dabei war Antony Blinken zu Jahresbeginn eigentlich zu seiner vierten Nahost-Reise nach dem 7. Oktober aufgebrochen, um wieder greifbare Fortschritte auszuhandeln und verkünden zu können. So tourte der US-Außenminister vor seinem Stopp in Katar etwa in Jordanien durch ein Lagerhaus mit Hilfsgütern. Die Botschaft: Die humanitäre Lage der Zivilbevölkerung steht für Washington ganz oben auf der Agenda.

Das Problem: Ein tatsächlicher Durchbruch für die Lieferung von Nahrung und Medikamenten nach Gaza fehlte – wieder einmal machte der wichtigste, aber eben auch problematischste Verbündete in der Region einen Strich durch die Rechnung. Israels Regierung und insbesondere Premier Benjamin Netanyahu zeigen nicht nur wenig  mehr >>>

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Was bei der IGH-Anhörung gegen Israels Völkermord in Gaza zu erwarten ist

Ali Abunimah - The Electronic Intifada 11.01.2024

Nora Barrows-Friedman, Asa Winstanley, Ali Abunimah und Jon Elmer von The Electronic Intifada wurden von Michael Lynk, Juraprofessor an der Western University und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten, und Ahmed Masoud, preisgekrönter palästinensischer Romanautor, im Livestream des Tages 96 begleitet. Sie können die gesamte Sendung hier ansehen: Quelle

 

Wird der IGH Israel des Völkermords schuldig sprechen?

Rechtsanwalt Michael Sfard skizziert, was passieren könnte, wenn der oberste Gerichtshof der Welt entscheidet, ob und wie er in Israels Krieg gegen den Gazastreifen eingreift.

Meron Rapoport - 11. Januar 2024 - Übersetzt mit DeepL

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat heute mit einer bahnbrechenden Anhörung begonnen, in der geklärt werden soll, ob Israels verheerender Krieg gegen den Gazastreifen den Tatbestand des Völkermords erfüllt. Während die Beratungen zu dieser Frage Jahre dauern könnten, strebt Südafrika, das die Klage eingereicht hat, an, dass der IGH mehrere einstweilige Anordnungen erlässt, darunter die Aufforderung an Israel, seine Militäroperation sofort einzustellen; eine Entscheidung über diese vorläufigen Maßnahmen könnte innerhalb weniger Wochen ergehen. Ob Israel dem Folge leisten würde, ist eine andere Frage.

In einem 84-seitigen Dokument, das im Vorfeld der Anhörung vorgelegt wurde, behauptet Südafrika, dass Israel gegen die Völkermordkonvention von 1948 - die beide Staaten unterzeichnet haben - verstoßen hat, weil seine derzeitigen Aktionen "auf die Vernichtung eines wesentlichen Teils" der palästinensischen Bevölkerung in Gaza abzielen. Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Anhörung hat Israel Berichten zufolge in den vergangenen drei Monaten der Feindseligkeiten mehr als 23.350 Palästinenser getötet und 85 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens gewaltsam vertrieben. Die Verschärfung der Belagerung seit den von der Hamas geführten Angriffen vom 7. Oktober hat auch zu schweren Hungersnöten und der wachsenden Gefahr eines Massensterbens durch Krankheiten geführt.

Im Gegensatz zu seiner langjährigen Neigung, Anhörungen vor internationalen Gerichten zu boykottieren, hat Israel beschlossen, ein juristisches Team zusammenzustellen, um sich zu verteidigen. Vor zwei Jahrzehnten weigerte sich Israel, an einer Anhörung vor dem IGH teilzunehmen, bei der es um die Rechtmäßigkeit der von ihm im besetzten Westjordanland errichteten Trennmauer ging, und hat auch jüngere Verfahren zur Rechtmäßigkeit der Besatzung brüskiert. Israel hat auch Anhörungen zu seinem Verhalten vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) boykottiert, einer vom IGH getrennten Einrichtung, die sich gleich gegenüber in Den Haag befindet.

Michael Sfard, einer der führenden israelischen Menschenrechtsanwälte, der sich intensiv mit den Verstößen des Staates in den besetzten Gebieten befasst, ist mit diesem Bereich sehr vertraut. Wie viele Anwälte hat er es nicht eilig, auf den Ausgang des Verfahrens zu wetten. In einem Interview in seinem Büro sagte er jedoch Anfang dieser Woche gegenüber +972 und Local Call, dass Südafrika sicherlich die Beweisschwelle erreichen kann, die zum jetzigen Zeitpunkt für eine einstweilige Verfügung erforderlich ist, mit der Israel angewiesen wird, die Kämpfe im Gazastreifen einzustellen. Es könnte auch eine Anordnung erlassen werden, die von Israel verlangt, dem Gerichtshof darüber zu berichten, wie es handelt, um Völkermord zu verhindern, und wie es mit der Aufstachelung zum Völkermord umgeht, die von seinen eigenen politischen Führern ausgeht.

Sfard weist darauf hin, dass der IGH in vielerlei Hinsicht ein konservatives Tribunal" ist, fügt aber hinzu, dass er dennoch die gesamte Welt vertritt, von der die Mehrheit nicht westlich ist. Als solches hat er historisch gesehen Mitgefühl für schwache und unterdrückte Völker gezeigt und war maßgeblich am Kampf zur Beendigung der Apartheid in Südafrika beteiligt. Jetzt steht Südafrika in Solidarität mit den Palästinensern an der Spitze des Kampfes gegen Israel.

Das folgende Gespräch wurde aus Gründen der Länge und Klarheit gekürzt.

Was ist der IGH, und warum findet die Anhörung dort statt?

In der UN-Charta von 1945 - die von allen UN-Mitgliedern, auch von Israel, unterzeichnet wurde - ist der IGH als oberstes Rechtsorgan der Vereinten Nationen verankert. In der Verfassung sind zwei Befugnisse des Gerichtshofs festgelegt: die Abgabe von Gutachten und die Entscheidung von Fällen zwischen Staaten. Die Urteile des Gerichtshofs sind für die Staaten, die die UN-Verfassung unterzeichnet haben, verbindlich. Ein Staat kann ad hoc vereinbaren, dass ein bestimmter Streitfall vor dem IGH verhandelt wird, oder sich auf unterzeichnete Verträge berufen, die eine Klausel enthalten, die die Zuständigkeit des IGH für Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesen Verträgen begründet.

Israel hatte schon immer Vorbehalte gegen die Gerichtsbarkeitsklausel und hat in all den Hunderten von Verträgen, die es unterzeichnet hat, der Zuständigkeit des IGH nicht zugestimmt, mit einer Ausnahme: der Völkermordkonvention. In Artikel 9 der Konvention ist festgelegt, dass der IGH zuständig ist, wenn zwischen den Mitgliedern Meinungsverschiedenheiten über die Autorität oder Auslegung der Konvention auftreten.

IGH-Urteile werden vom UN-Sicherheitsrat durchgesetzt. Die Kapitel 6 und 7 der UN-Charta ermöglichen eine Reihe von Sanktionen gegen Länder, die gegen die Entscheidungen des Gerichtshofs verstoßen, wie z. B. Wirtschaftssanktionen, Waffenembargos und militärische Interventionen. Letzteres ist zwar selten, aber es ist vorgekommen, zum Beispiel im ersten Golfkrieg.

Warum hat Israel in der Völkermordkonvention die Zuständigkeit des IGH anerkannt?

Ich bin kein Rechtshistoriker; ich kann nur raten. Israel war einer der Initiatoren des Vertrags, und historisch gesehen kann man verstehen, warum Israel in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren auf einen solchen Vertrag gedrängt hat. Zweitens denke ich, dass sich damals die populäre israelische Auffassung, dass wir uns nicht von Nichtjuden richten lassen, noch nicht entwickelt hatte. Wir sprechen von einer Zeit, in der das internationale System gerade beschlossen hatte, einen jüdischen Staat zu gründen. Vielleicht gab es damals etwas mehr Vertrauen in dieses System.

Was ist ein Verstoß gegen die Konvention?


Der Hintergrund der Konvention ist der Zweite Weltkrieg und insbesondere der Holocaust am jüdischen Volk. Im Gegensatz zu dem, was viele Menschen denken, wurden die Nazis nicht wegen Völkermordes verurteilt. Das Verbrechen des Völkermords war im "Londoner Abkommen", der Charta des Nürnberger Militärtribunals, nicht enthalten. Sie wurden stattdessen wegen des Verbrechens der Ausrottung verurteilt. Nach Nürnberg kam jedoch das Argument auf, dass das Verbrechen der Ausrottung nicht ausreiche und nicht die Besonderheit der Massenvernichtung einer menschlichen Gruppe erfasse.

Es war eine faszinierende Debatte zwischen zwei jüdischen Juristen, beide Holocaust-Überlebende aus Lemberg in der heutigen Ukraine: Raphael Lemkin, der den Begriff "Völkermord" prägte, und Hersch Lauterpacht, der den Begriff "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" prägte. Ihre Meinungsverschiedenheit drehte sich um die Frage, ob die Ermordung einer Million Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe und mit dem Ziel, diese Gruppe auszurotten, schlimmer ist als die Ermordung einer Million Menschen ohne diese spezifische Absicht.

Lemkins Auslegung kam in Nürnberg nicht zum Ausdruck, aber später beschlossen die Vereinten Nationen, den Völkermord als eine eigene Kategorie zu bezeichnen und nannten ihn oft "das Verbrechen der Verbrechen". Er wird definiert als ein Akt der Ausrottung oder der Schaffung von Bedingungen, die eine bestimmte Gruppe auslöschen, mit der Absicht, diese Gruppe oder sogar einen bestimmten Teil von ihr auszurotten.

In der Konvention, die 1950 in das israelische Recht aufgenommen wurde, heißt es, dass ein Soldat oder Zivilist, der einen Menschen tötet, auch wenn er weiß, dass er Teil eines Systems ist, das auf die Ausrottung abzielt, sich des Verbrechens des Völkermords schuldig macht. Nach israelischem Recht wird dies mit der Todesstrafe geahndet. Dies gilt auch für diejenigen, die sich zum Völkermord verschwören, die zum Völkermord anstiften und die versuchen, sich an einem Völkermord zu beteiligen.

Worauf stützt sich Südafrika bei seiner Klage?


Südafrika stützt seine Anschuldigung auf zwei Elemente. Das eine ist Israels Verhalten. Es führt eine Vielzahl von Statistiken über die wahllosen, unverhältnismäßigen Angriffe auf die zivile Infrastruktur sowie über die Hungersnot, die große Zahl der Opfer und die humanitäre Katastrophe im Streifen an - erschreckende Statistiken, die der israelischen Öffentlichkeit kaum bekannt sind, weil die Mainstream-Medien sie nicht bringen.

Das zweite und schwieriger zu beweisende Element ist der Vorsatz. Südafrika versucht, den Vorsatz durch neun dichte Seiten mit Verweisen auf Zitate hochrangiger israelischer Beamter - vom Präsidenten bis zum Premierminister, von Regierungsministern, Knessetmitgliedern, Generälen und Militärs - zu beweisen. Ich habe dort mehr als 60 Zitate gezählt - Zitate über die Auslöschung des Gazastreifens, seine Zerstörung, den Abwurf einer Atombombe und all die Dinge, an die wir uns in den letzten Monaten gewöhnt haben.

Die Klage Südafrikas stützt sich nicht nur auf die Tatsache, dass einige israelische Führer völkermörderische Äußerungen gemacht haben. Es wirft Israel auch vor, nichts als Reaktion auf diese Äußerungen unternommen zu haben: Es hat die Äußerungen nicht verurteilt, es hat die Personen, die sie getätigt haben, nicht aus ihren Ämtern entlassen, es hat keine Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet und schon gar keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet. Für Südafrika ist dies ein sehr starkes Argument.

Auch wenn wir nicht gehört haben, dass der Generalstabschef der IDF oder der General des Südkommandos diese Dinge gesagt hat, und wir keinen operativen Befehl haben, der besagt: "Geht und zerstört Gaza", so ist doch allein die Tatsache, dass diese Äußerungen von hochrangigen israelischen Beamten gemacht wurden, ohne dass sie sanktioniert oder verurteilt wurden, Ausdruck von Israels Absicht.

Südafrika hat auch ein kleines juristisches Kunststück vollbracht, um hierher zu gelangen, richtig?


Ja. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs ist gegeben, wenn es zwischen den Parteien zu einem Streit über die Auslegung oder Anwendung der Konvention kommt. Südafrika schickte mehrere Briefe an die israelische Regierung, in denen es hieß: "Sie begehen Völkermord". Israel antwortete: "Nein, das tun wir nicht." Also sagte Südafrika: "Okay, wir haben einen Streit über die Auslegung der Konvention". Auf diese Weise erhielt es die Vollmacht.

Was können wir aus ähnlichen Fällen des IGH in der Vergangenheit lernen, etwa aus den Völkermorden in Bosnien und Myanmar?

Zunächst einmal wissen wir aus diesen Fällen, dass die Beweislast für Südafrika deutlich geringer ist, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken, als für den endgültigen Nachweis, dass Israel einen Völkermord begeht. Wir wissen auch, dass sich dieser Fall über Jahre hinziehen wird: Der Fall Bosnien dauerte 14 Jahre; das Verfahren Gambia gegen Myanmar ist noch nicht abgeschlossen. Aber das Verfahren für eine einstweilige Verfügung ist schnell.

Gambia reichte seine Klage gegen Myanmar im Namen der Organisation der Islamischen Staaten ein. Es beantragte eine einstweilige Verfügung, die besagt, dass Myanmar seine Militäroperationen [gegen das Volk der Rohingya] einstellen muss. Das Gericht entschied, dass es in diesem Stadium der Anhörung nicht zu entscheiden braucht, ob das Verbrechen des Völkermords begangen wurde. Vielmehr muss es entscheiden, ob ohne eine einstweilige Verfügung die reale Gefahr besteht, dass die in der Völkermordkonvention festgelegten Verbote verletzt werden.

In diesem Fall wurde eine interessante einstweilige Verfügung erlassen, die meines Erachtens gute Chancen hat, auch gegen Israel erlassen zu werden - nicht im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten, sondern mit Aufwiegelung. In der Anordnung des Gerichtshofs wurde Myanmar auch aufgefordert, Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen und dem IGH und Gambia Berichte darüber vorzulegen, was es zur Verhinderung von Völkermord unternimmt. Was die Einstellung der militärischen Aktivitäten Myanmars betrifft, so wurde diese Angelegenheit an den Sicherheitsrat verwiesen, wo sowohl Russland als auch China mit einem Veto drohten, aber die westlichen Länder verhängten trotzdem Sanktionen und ein Militärembargo.

Selbst wenn es Südafrika nicht gelingt, den Gerichtshof dazu zu bringen, eine einstweilige Verfügung zur Einstellung der israelischen Militäraktivitäten zu erlassen, könnte es sein, dass der Gerichtshof im Zusammenhang mit Aufwiegelung - die in Israel volle Immunität genießt - sagen wird, dass Israel etwas tun muss.

Welche Forderungen können wir von Israels Rechtsverteidigung erwarten?


Ich glaube nicht, dass Israel die Fakten [bezüglich seines Verhaltens in Gaza] bestreiten kann. Am Rande könnte es sagen: "Wir haben nicht 10.000 Gebäude zerstört, sondern nur 9.700". Der Hauptschauplatz des Rechtsstreits wird die Frage des Vorsatzes sein. Die Zwangsumsiedlung von mehr als einer Million Palästinenser aus dem nördlichen Gazastreifen in den Süden wird von Israel, so vermute ich, als Absicht dargestellt werden, um Schaden von der Zivilbevölkerung abzuwenden.

Südafrika hingegen wird argumentieren, dass der Transfer ihr Leben gefährdet.

Wenn man Menschen in ein Gebiet vertreibt, in dem es weder Nahrung noch Wasser gibt, dann zwingt man sie an einen Ort, an dem die Bedingungen so sind, dass sie ihren Tod herbeiführen; das ist zwar kein [direkter] Mord, gilt aber dennoch als Völkermord.

Wird Israel seine Einsatzregeln offenlegen müssen?


Wenn in den [geheim gehaltenen] Einsatzregeln der Armee steht, dass man niemanden erschießt, der die Hände hebt - und ich weiß nicht, ob das so ist -, dann ist das wichtig. Es würde die These untergraben, dass die Armee hineingegangen ist, um alle auszurotten.

Die erklärten Bemühungen Israels, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen - auch wenn es sich dabei nur um Lippenbekenntnisse handelt - haben das geschaffen, was Juristen eine "Papierspur" nennen. Aber Israel wird immer noch die völkermörderischen Erklärungen von Beamten, insbesondere von Kabinettsministern, erklären müssen.

Ja. Im Allgemeinen könnte Israel sagen, dass [bestimmte Beamte] dumm oder unwichtig sind - dass [Finanzminister] Bezalel Smotrich und [Heimatschutzminister] Amichai Eliyahu keinen Einfluss auf die Militäroperation in Gaza haben. Israel wird eine große Sache aus der sehr kleinen Rüge machen müssen, die Netanjahu Eliyahu erteilt hat [nachdem dieser angedeutet hatte, dass Israel eine Atombombe auf den Gazastreifen abwerfen könnte], als er sagte, dass Eliyahu von der Teilnahme an Kabinettssitzungen ausgeschlossen sei, aber Eliyahu trotzdem teilnahm. Israel wird sagen, dass Netanjahu die Erklärung öffentlich verurteilt hat.

Wird Israel auf die von der Hamas geführten Angriffe vom 7. Oktober verweisen?

Zweifellos. Sie werden den gesamten Krieg durch ihre eigene Erzählung einrahmen: "Dies ist kein Krieg, den wir begonnen oder gewollt haben. Im Gegenteil, es gab ein ganzes humanitäres System gegenüber dem Gazastreifen, Gazaner arbeiteten in Israel, und sie griffen uns an, schlachteten uns ab, vergewaltigten unsere Frauen, und dann begannen wir einen gerechtfertigten Verteidigungskrieg wie keinen anderen. Daher ist die Behauptung, wir hätten eine Art Verschwörung zur Ausrottung der Palästinenser, ein Missverständnis des Kontextes, in dem diese Militäroperation stattgefunden hat."

Aber selbst wenn man die Behauptung akzeptieren kann, dass es vor dem 7. Oktober keine Verschwörung zur Ausrottung der Palästinenser gab, widerspricht dies nicht der Tatsache, dass der 7. Oktober einen solchen Wunsch hervorgerufen haben könnte.

Wer ist im Namen Südafrikas dort?


Südafrika hat Dikgang Moseneke, den ehemaligen stellvertretenden Obersten Richter des Landes, als südafrikanischen Ad-hoc-Richter in die Anhörung entsandt. Moseneke, der schwarz ist, war ein Anti-Apartheid-Aktivist, der 10 Jahre lang im Gefängnis auf Robben Island saß, als Nelson Mandela ebenfalls dort inhaftiert war.

Der Leiter des südafrikanischen Anwaltsteams ist Professor John Dugard, ein Weißer, der ebenfalls ein Gegner des Regimes war. Er gründete das wichtigste Rechtsinstitut, das in den 1970er Jahren gegen die Apartheid kämpfte, und war in den 2000er Jahren UN-Sonderberichterstatter für die besetzten palästinensischen Gebiete - er kennt die israelische Besatzung sehr gut. Und, um ganz offen zu sein, ich bin auch mit Dugard sehr befreundet. Er hat kürzlich eine Autobiografie veröffentlicht, in der er erklärt, dass er im Laufe seines Lebens drei Apartheids erlebt hat: die erste in Südafrika, die zweite in Namibia und die dritte in Israel und den besetzten Gebieten.

Diese beiden Persönlichkeiten treten vor dem IGH mit einem bedeutenden moralischen Ansehen auf. Das gilt auch für Südafrika selbst: Das neue Südafrika bezeichnet sich selbst als Speerspitze der internationalen Gemeinschaft, wenn es um die Achtung des Völkerrechts geht. Es ist vielleicht das einzige Land der Welt, das das Völkerrecht als Verfassungsgrundsatz verankert hat.

Was halten Sie davon, dass Israel den britischen Anwalt Malcolm Shaw als Verteidiger und den ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Aharon Barak, als Ad-hoc-Richter in das Gremium berufen hat?

Shaw ist Professor für internationales Recht und einer der weltweit größten Experten auf diesem Gebiet. In den 1980er Jahren schrieb er ein Buch mit dem sehr kreativen Titel "Internationales Recht", das in der Folge sechsmal neu aufgelegt wurde - ich habe ein Exemplar hier im Büro. Er hat auch viel Erfahrung in der Vertretung von Staaten vor internationalen Gerichtshöfen, wobei es oft um Grenzstreitigkeiten geht.

Über die Ernennung von Barak ist bereits viel gesagt worden. Aus israelischer Sicht ist es ein Geniestreich. Barak genießt in der ganzen Welt ein hohes Ansehen. Israelische Menschenrechtsaktivisten wie ich kennen zwei Baraks: den einen innerhalb der Grünen Linie und den anderen jenseits der Grünen Linie. Es ist wirklich ein Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Welcher Barak wird in Den Haag auftauchen? Das ist eine gute Frage.

Die Tatsache, dass Barak ein Überlebender des Holocausts ist, ist sicherlich wichtig. Er bringt Erfahrungen aus erster Hand mit dem Völkermord mit - für ihn ist das nicht nur etwas Theoretisches oder Juristisches. Ich glaube, wer auch immer ihn ausgewählt hat, hat verstanden, dass, wenn ein Israeli in der Lage ist, die anderen Richter in ihren internen Diskussionen zu beeinflussen oder zu überzeugen, er es sein wird. Es ist sein Charisma, es ist das Prestige, das mit seinem Namen einhergeht, und es ist sein juristischer Verstand.

Übrigens, diejenigen, die sagen, dass er dort "Israel vertritt", schießen sich selbst in den Fuß. Er wird von Israel ernannt, aber von diesem Moment an soll er nur noch dem internationalen Recht und seinem eigenen Gewissen gegenüber loyal sein.

Aber wenn er nicht zu Israels Gunsten entscheidet, kann er nirgendwohin zurückkehren...

Richtig.

Ich weiß, dass Juristen nicht gerne auf die Ergebnisse von Gerichtsverhandlungen wetten, aber wenn der IGH eine einstweilige Verfügung erlässt, was bedeutet das für Israel?

Wenn der Gerichtshof eine Anordnung erlässt, stellt sich natürlich die Frage, ob Israel sie befolgen wird oder nicht. Wie ich Israel kenne, wird es die Anordnung nicht befolgen, es sei denn, es kann die Beendigung der Feindseligkeiten als das Ergebnis einer eigenen, unabhängigen Entscheidung darstellen, die nichts mit der Anordnung des Gerichtshofs zu tun hat.

Es gibt gute Gründe für Israel, dies zu tun, denn die Missachtung eines IGH-Beschlusses bringt die Sache vor den UN-Sicherheitsrat. Es stimmt, dass die Vereinigten Staaten dort ein Veto einlegen können, und daher würde eine Resolution zur Verhängung von Sanktionen gegen Israel höchstwahrscheinlich blockiert werden. Aber ein Veto gegen einen Beschluss des IGH im Zusammenhang mit der Befürchtung, dass ein Völkermord stattfindet, wäre für die US-Regierung mit einem enormen politischen Preis verbunden, sowohl im Inland als auch international.

Die Regierung Biden möchte sich als eine Regierung darstellen, die die Menschenrechte als einen ihrer Grundpfeiler betrachtet. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Vereinigten Staaten nur dann ein Veto gegen eine solche Resolution einlegen würden, wenn sie Israel einen erheblichen Preis auferlegen würden, um dies zu rechtfertigen, z. B. die Rückkehr der Bewohner des nördlichen Gazastreifens in ihre Häuser oder die Aufnahme von Verhandlungen über zwei Staaten - ich weiß es nicht.

Aber selbst wenn die Vereinigten Staaten in diesem Szenario nicht von ihrem Veto Gebrauch machen, wird eine einstweilige Verfügung des IGH Israel wahrscheinlich ernsthafte Probleme bereiten.


Es gibt so etwas wie einen internationalen juristischen "tiefen Staat". Juristen und Richter hören auf das, was wichtige Gerichte sagen. Und wenn der IGH, der auch als Weltgerichtshof bekannt ist, seine Urteile fällt, nehmen die nationalen Gerichte in den meisten Ländern der westlichen Welt dies zur Kenntnis. Wenn der IGH also entscheidet, dass die Gefahr eines Völkermords besteht, kann ich mir vorstellen, dass sich ein britischer Bürger an ein britisches Gericht wendet und verlangt, dass das Vereinigte Königreich den Waffenhandel mit Israel einstellt. Eine weitere Implikation ist, dass ein solches IGH-Urteil den Chefankläger des IStGH [Karim Khan] wahrscheinlich dazu zwingen würde, selbst eine Untersuchung einzuleiten.

Und was würde ein israelischer Sieg vor dem Gerichtshof bewirken?


Im Falle eines überwältigenden israelischen Sieges würde dies Israels Hasbara [Propaganda] in Bezug auf andere Anschuldigungen, die leichter zu beweisen sind als Völkermord, verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen, verfünffachen. Denn wenn jemand zu Israel sagt: "Ihr begeht die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Zwangsumsiedlung und der wahllosen und unverhältnismäßigen Bombardierungen", wird Israel sagen: "Schon wieder diese antisemitische Blutverleumdung? Wir haben bereits bewiesen, dass die Anschuldigungen gegen uns falsch sind."

Also gehen Südafrika und die Palästinenser hier ein Risiko ein?


Es ist ein Glücksspiel. Bei jedem Gerichtsverfahren - von einer Klage wegen eines Mietvertragsbruchs bis hin zu einer Klage wegen Völkermordes - gibt es immer Risiken. Ich denke jedoch, dass ein durchschlagender israelischer Sieg sehr unrealistisch ist, denn zumindest in Bezug auf die Aufwiegelung wird Israel dem Gericht keine guten Antworten geben können.

Innerhalb welcher Zeitspanne wird die Entscheidung des Gerichtshofs erwartet?


Es gibt keine festen Regeln, aber im Fall Gambia gegen Myanmar gab es eine Entscheidung innerhalb eines Monats. Es sei daran erinnert, dass dieser Fall [Gaza] nach der Anhörung zur einstweiligen Verfügung fortgesetzt wird. Israel wird Beweise vorlegen müssen, die es von dem Vorwurf des Völkermordes entlasten, könnte dabei aber in Schwierigkeiten mit dem IStGH geraten. Es könnte zum Beispiel erklären, dass es einen bestimmten Ort bombardiert hat, weil es ein militärisches Ziel verfolgte, aber es könnte damit Eingeständnisse machen, die eine Grundlage für die Behauptung schaffen, dass es unverhältnismäßige Gewalt angewendet hat.  Quelle


 

Südafrika präsentiert den Fall gegen Israels Völkermord in Gaza: Tag 1 der Verhandlung Südafrika vs. Israel

In einer ausführlichen Präsentation haben die Anwälte Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof dargelegt, dass Israel es versäumt hat, den Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu verhindern, und diesen weiterhin begeht.


DAVID KATTENBURG - 11. JANUAR 2024 - Übersetzt mit DeepL

Heute Morgen ertönte in einem überfüllten Gerichtssaal in Den Haag die Eröffnungssalve der Klage Südafrikas, das Israel für den Völkermord im Gazastreifen zur Verantwortung ziehen will.

Der Staat Israel hat es versäumt, den Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu verhindern, und begeht ihn weiterhin, erklärten die Anwälte der Republik Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof, der in den prunkvollen Räumen des Haager Friedenspalastes tagte.

Auf einem Podium vor den fünfzehn Richtern des Gerichtshofs, die durch die Ad-hoc-Richter Aharon Barak (Israel) und Dikgang Ernest Moseneke (Südafrika) ergänzt wurden, und vor einer Reihe von Anwälten und zahlreichen diplomatischen Beobachtern legte die südafrikanische Anwältin Adila Hassim dar, welche Handlungen Israel gegen das palästinensische Volk in Gaza begangen hat - Handlungen, die gemäß Artikel II der Konvention von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes als Völkermord definiert werden.

In den letzten drei Monaten habe Israel die schwerste konventionelle Bombenkampagne in der Geschichte der Kriegsführung geführt, sagte Hassim vor dem Gericht. 6000 Bomben wurden pro Woche abgeworfen, darunter 2000-Pfund-Bomben bei Hunderten von Gelegenheiten.

Über 23.000 Palästinenser seien ums Leben gekommen, 70 % davon Frauen und Kinder, sagte Hassim vor Gericht. Mindestens siebentausend Menschen werden noch vermisst, sie sind tot oder sterben unter den Trümmern. "Keiner wurde verschont. Nicht einmal Säuglinge."

Der Gazastreifen liege physisch in Trümmern, so Hassim weiter. Häuser, Notunterkünfte, Krankenhäuser, Schulen, Moscheen und Kirchen sind alle zerstört.

Die irische Anwältin Blinne Ní Ghrálaigh war besonders anschaulich. Unter Berufung auf UN-Vertreter beschrieb Ní Ghrálaigh den Gazastreifen als eine "Krise der Menschlichkeit", eine "lebende Hölle", ein "Blutbad" und eine "Situation völligen, sich vertiefenden und beispiellosen Grauens, in der eine ganze Bevölkerung belagert und angegriffen wird und ihr der Zugang zu den lebensnotwendigen Gütern in großem Umfang verwehrt wird".

In Erwartung der gerichtlichen Entscheidung über die Begründetheit der südafrikanischen Völkermordvorwürfe (was Jahre dauern wird), bittet Südafrika den IGH, als eine Angelegenheit von "außerordentlicher Dringlichkeit" eine Anordnung für "vorläufige Maßnahmen" - eine einstweilige Verfügung - zu erlassen, die Israel anweist, seine Militäroperationen in Gaza "sofort auszusetzen", alle angemessenen Maßnahmen" zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern, von den in Artikel II der Völkermordkonvention von 1948 genannten völkermörderischen Handlungen abzulassen", der Aufstachelung zum Völkermord, der Verschwörung und Komplizenschaft Einhalt zu gebieten und sicherzustellen, dass die Beweise für dieses Verbrechen der Verbrechen" gesichert werden.

Der Antrag Südafrikas ist 84 Seiten lang und außerordentlich detailliert und geht über das hinaus, was normalerweise in einem Antrag auf vorläufige Maßnahmen verlangt wird, erklärten die Justizbehörden vor der heutigen Anhörung gegenüber Mondoweiss.

"Er ist substantiell, er ist reich an Beweisen", sagt Michael Lynk, kanadischer Rechtswissenschaftler und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtssituation in den besetzten palästinensischen Gebieten. "Wenn jemand eine einzige Referenz braucht, um zu verstehen, was in den letzten zwölf Wochen in Bezug auf den Krieg gegen Gaza passiert ist, dann ist dies das Dokument dazu."

"Normalerweise würde man bei dieser Art von Details auf die zugrundeliegenden Begründungen warten", sagt Susan Akram, Professorin für Recht an der Boston University und Leiterin der International Human Rights Clinic der BU.

"Was [in einem Antrag auf vorläufige Maßnahmen] erforderlich ist, ist ein prima facie [Fall], der eine ausreichende Plausibilität der Beweise und genügend verfügbare Beweise zeigt, ohne dass die Einzelheiten durch Dokumente und Zeugenaussagen bewiesen werden", sagt Akram. "Aber sie haben ihre Hausaufgaben gemacht."

Für die südafrikanischen Anwälte gibt es keine größeren Hausaufgaben als den Nachweis der spezifischen israelischen Absicht, das palästinensische Volk ganz oder teilweise zu vernichten - dolus specialis, im Juristenjargon.

Im Gegensatz zu gewöhnlichen Kriegsverbrechen wie der wahllosen Zerstörung von Nichtkombattanten und ziviler Infrastruktur, erzwungenem Hungertod, Folter und gewaltsamer Vertreibung wird Völkermord als Verbrechen mit "spezifischer Absicht" definiert, die aus öffentlichen Erklärungen und "Verhaltensmustern" hervorgeht oder abgeleitet wird.

In der heutigen Gerichtsanhörung argumentierten die südafrikanischen Anwälte, dass Israel seinen Krieg tatsächlich "mit der erforderlichen spezifischen Absicht ... geführt hat, die Palästinenser in Gaza als Teil der breiteren palästinensischen nationalen, rassischen und ethnischen Gruppe zu vernichten".

"Die Beweise für die völkermörderische Absicht sind nicht nur abschreckend, sondern auch überwältigend und unwiderlegbar", sagte der südafrikanische Anwalt Tembeka Ngcukaitobi vor dem Gericht und zählte eklatante völkermörderische Äußerungen von führenden israelischen Politikern, Kabinettsministern und Militäroffizieren auf, darunter auch Gespräche mit israelischen Soldaten auf dem Weg nach Gaza.

Ein Video von Benjamin Netanjahu, in dem er die Ausrottung der Amalekiter beschwört, wurde auf eine Leinwand hinter den Richtern projiziert. Ebenso ein Video, in dem israelische Soldaten tanzen und ekstatisch rufen: "Es gibt keine unbeteiligten Zivilisten" und "Möge ihr Dorf brennen; möge Gaza ausgelöscht werden".

Ngcukaitobi erzählte dem Gericht von "Snuff-Videos", die von IDF-Rekruten in den sozialen Medien gepostet wurden, von einem Soldaten, der sich mit dem Dorf brüstete, das er mit zerstört hatte, und von einem israelischen Popsänger, der sagte: "Gaza muss ausgelöscht und mit jedem Amalek-Samen zerstört werden. Wir müssen einfach den gesamten Gazastreifen zerstören und jeden, der sich dort aufhält, ausrotten".

Völkermörderische Absichten sind "keine Randerscheinung", sagte Ngcukaitobi den Richtern. Sie ist "in der Staatspolitik verankert".

Außenstehende Beobachter stimmen dem zu.

"Dies sind keine rhetorischen Aussagen", sagte Katie Gallagher, leitende Anwältin des U.S. Center for Constitutional Rights, gegenüber Mondoweiss. "Israelische Beamte auf dieser Ebene sagen, was sie meinen und tun dann, was sie sagen."

"Absicht ist normalerweise das am schwierigsten zu beweisende Element, aber ich denke, in diesem Fall haben die israelische Regierung und die Personen, die diesen Krieg verfolgen, es sehr deutlich gemacht", sagte Susan Akram gegenüber Mondoweiss. "Sie hatten die Absicht, so viele Menschen wie möglich zu töten. Und die Absicht, so viele wie möglich außerhalb ihres Territoriums zu bringen; und dann auch eine strafende Belagerung zu errichten und durchzusetzen, die das Leben schwer oder unmöglich macht, so dass ihr Überleben eindeutig gefährdet ist. Und das ist die erklärte Absicht. Ich denke also, dass in diesem Fall die Absicht nicht annähernd so schwer zu beweisen ist wie in so vielen anderen Fällen von Völkermord, die bereits entschieden wurden."

"Dies ist nicht einfach ein Krieg gegen die Hamas", sagte Michael Lynk gegenüber Mondoweiss. "Es hat auch den Anschein, als wolle man den Gazastreifen ausdünnen; als wolle man die verbleibenden Palästinenser ermutigen, dass es nichts gibt, wohin man zurückkehren kann; dass man genauso gut in den Sinai gehen kann; dass man genauso gut seine Anträge in Italien oder in Kanada oder in Australien stellen kann, um dort zu leben ... [Bezalel Smotrich], der davon sprach, dass er die Bevölkerung des Gazastreifens von 2,3 Millionen auf etwa einen oder 200.000 Palästinenser reduzieren will."

Zu den wichtigsten südafrikanischen Behauptungen, die der IGH bei der Beurteilung der israelischen Völkermordabsichten berücksichtigen wird, gehören die hohe Zahl der Kinderopfer und die angeblichen Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten.

Der direkte Zusammenhang zwischen dem Tod von Kindern, Verletzungen, Traumata und der völkermörderischen Zerstörung eines Volkes wurde dem IGH bereits zur Kenntnis gebracht.

Mitte November forderten Kanada, Dänemark, Frankreich, Deutschland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich in einer gemeinsamen "Interventionserklärung" an den IGH im Fall Gambia gegen Myanmar - dem ersten Völkermordfall, der 2019 von einem Land gegen ein anderes vor dem obersten UN-Gerichtshof verhandelt wird - das Gericht auf, seine Auslegung der Völkermordkonvention zu erweitern. Neben anderen erweiterten Auslegungen der Konvention erklärten Kanada und seine fünf Verbündeten, der IGH solle in Betracht ziehen, dass Akte des Völkermords "anders bewertet werden müssen, wenn sie gegen Kinder begangen werden."

"Die gezielte Tötung von Kindern ist ein Indiz für die Absicht, eine Gruppe als solche zu vernichten", argumentierten sie, und "Beweise für die Schädigung von Kindern können zu der Schlussfolgerung beitragen, dass die Täter beabsichtigten, einen wesentlichen Teil der geschützten Gruppe zu vernichten".

Die israelische Führung hat auf diese Vorwürfe in vorhersehbarer Weise reagiert. Nachdem Südafrika den Antrag bei Gericht eingereicht hatte, bezeichnete das israelische Außenministerium den Fall als "Blutverleumdung". Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog bezeichnete den Antrag Südafrikas prosaischer als "abscheulich und absurd".

Dennoch ist Israel beunruhigt. "Eine Entscheidung des Gerichts könnte erhebliche potenzielle Auswirkungen haben, die nicht nur juristischer Natur sind, sondern auch praktische bilaterale, multilaterale, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Folgen haben", heißt es in einem Kabel des israelischen Außenministeriums, das Axios vorliegt.

Die israelischen Sorgen sind durchaus begründet. Das Verbot des Völkermords ist sowohl eine jus cogens-Norm (für alle verbindlich, ohne Ausnahmen) als auch erga omnes partes (alle 153 Vertragsstaaten der Völkermordkonvention sind verpflichtet, es durchzusetzen), erklärte der südafrikanische Jurist und ehemalige UN-Sonderberichterstatter John Dugard heute Morgen vor den fünfzehn Richtern des IGH.

Um ein verfahrensrechtliches Argument abzuwehren, das Israel wahrscheinlich morgen vorbringen wird, nämlich dass es keinen "Streit" zwischen Südafrika und Israel gebe und dass es mit Sicherheit keinen Versuch von Verhandlungen gegeben habe, beschrieb Dugard verschiedene Kommunikationen, die Südafrika mit Israel bezüglich seiner Besorgnis über den Völkermord hatte. Dazu gehörten auch Vorschläge, die Israel abgelehnt hatte. Die Vorschläge Südafrikas seien nicht nur faktisch falsch, sondern auch "obszön", berichtete Dugard dem Gericht.

Die israelischen Anwälte werden morgen Gelegenheit haben, die südafrikanischen Behauptungen zu Verfahren und Fakten zu widerlegen.

Mit einer vorläufigen Entscheidung des Gerichts wird bis Ende Januar gerechnet.

"Ich erwarte, dass eine einstweilige Verfügung, die Israel auffordert, seine Aktionen zu stoppen, den politischen und diplomatischen Druck auf Israel, die Vereinigten Staaten und den Sicherheitsrat erhöhen würde, um den Vorgängen ein Ende zu setzen", sagte Michael Lynk gegenüber Mondoweiss.

"Eine Entscheidung des IGH über vorläufige Maßnahmen würde den Vereinigten Staaten, den westlichen Mächten und allen Staaten deutlich machen, dass sie verpflichtet sind, Maßnahmen zur Verhinderung von Völkermord zu ergreifen und jegliche Unterstützung von Völkermord einzustellen", sagt Katie Gallagher vom Center for Constitutional Rights (CCR).

Das CCR hat im Namen eines halben Dutzend palästinensischer Nichtregierungsorganisationen und Einzelkläger vor einem kalifornischen Bezirksgericht Klage gegen Joe Biden, Antony Blinken und Lloyd Austin eingereicht. Sie streben eine einstweilige Verfügung an, mit der die militärische Unterstützung Israels durch die USA gestoppt werden soll, und gehen davon aus, dass eine einstweilige Anordnung des IGH im Fall Südafrikas ihre Klage stärken würde.

Wenn Washington nicht dazu beiträgt, dass der IGH im Fall Südafrikas eine einstweilige Verfügung gegen Israel durchsetzt, werden andere Staaten dies tun.

"Nach Artikel 41 der IGH-Satzung sollte der IGH den Sicherheitsrat unverzüglich mit vorläufigen Maßnahmen befassen", sagte Susan Akram gegenüber Mondoweiss. "Nun wissen wir natürlich, dass die USA im Sicherheitsrat gegen jede Maßnahme gegen Israel ein Veto einlegen werden, aber das hindert alle Staaten, individuell und regional, zum Beispiel Afrika, nicht daran, dem auf verschiedene Weise nachzukommen: die Beziehungen zu Israel auszusetzen ... und alle Maßnahmen zu ergreifen, die sie gemäß Artikel 1 der Völkermordkonvention ergreifen wollen oder sollten, um die vorläufigen Maßnahmen verbindlich zu machen."  Quelle

Ein Bewohner des von Katar finanzierten Wohnkomplexes Hamad Town in Khan Younis im südlichen Gazastreifen sucht nach Habseligkeiten, als er aus seinem Haus flieht, nachdem ein israelischer Angriff mehr als sechs Wohntürme vollständig zerstört hat, 2. Dezember 2023. (Foto -Mohammed Talatene)

Ein Völkerrechtsexperte erklärt, warum die Klage Südafrikas vor dem IGH so wichtig ist

Ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs zugunsten Südafrikas, das Israel des Völkermords beschuldigt, könnte Tausende von Menschenleben in Gaza retten. Die Alternative könnte jedoch verheerend sein und die israelische Gewalt weiter ermutigen.

YUMNA PATEL - 10. JANUAR 2024 - Übersetzt mit DeepL

Südafrika und Israel werden am Donnerstag, den 11. Januar, vor dem Internationalen Gerichtshof erscheinen, wo das Gericht mit der Anhörung der Argumente zu der Frage beginnen wird, ob Israel das Verbrechen des Völkermordes begeht.

Die mit Spannung erwartete öffentliche Anhörung, die zwei Tage dauern wird, stützt sich auf eine 84-seitige Berufung, die Südafrika im Dezember beim IGH, dem obersten Rechtsorgan der Vereinten Nationen, eingereicht hat. Darin argumentiert Südafrika, dass Israels Militärkampagne im Gazastreifen "völkermörderischen Charakter" hat und dass Israel sowohl durch sein Handeln als auch durch die Absicht, Völkermord zu begehen, gegen die Völkermordkonvention von 1948 verstoßen hat.

Sowohl Israel als auch Südafrika sind Vertragsparteien der Konvention, die im Gefolge des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts ins Leben gerufen wurde. Alle Unterzeichner der Konvention sind verpflichtet, keinen Völkermord zu begehen, dafür zu sorgen, dass er verhindert wird, und dafür zu sorgen, dass das Verbrechen strafrechtlich verfolgt wird.

Bei der Klage Südafrikas vor dem IGH geht es jedoch nicht nur darum, Israel des Verbrechens des Völkermords anzuklagen - ein langwieriger Prozess, der Monate oder Jahre dauern könnte. Südafrika strebt auch eine sofortige Lösung an, indem es das Gericht auffordert, vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, um Israels Militärkampagne im Gazastreifen sofort zu stoppen.

Im Wesentlichen möchte Südafrika zwei Dinge erreichen: das Massentöten von Palästinensern im Gazastreifen muss sofort gestoppt werden, und Israel soll langfristig wegen Völkermordes angeklagt werden. Eine komprimierte Aufschlüsselung und Erläuterung des 84-seitigen Schriftsatzes finden Sie hier.

Erwartungsgemäß hat Israel jegliche Anschuldigung des Völkermords rundheraus zurückgewiesen und den südafrikanischen Aufruf als antisemitische "Blutverleumdung" bezeichnet. Auch die USA haben den Einspruch Südafrikas zurückgewiesen und ihn als "unbegründet" und "völlig unbegründet" bezeichnet.

Nichtsdestotrotz macht Israel weiter und schickt ein sorgfältig zusammengestelltes juristisches Team nach Den Haag in den Niederlanden, um Israels Position zu verteidigen, dass es keinen Völkermord in Gaza begeht.

Die viel diskutierte öffentliche Verhandlung, die an zwei Tagen, Donnerstag und Freitag, 11. und 12. Januar, stattfinden wird, wird sowohl von den Palästinensern als auch von einer Reihe von Ländern auf der ganzen Welt begrüßt, denen es bisher nicht gelungen ist, einen Waffenstillstand herbeizuführen, vor allem aufgrund des Vetos der USA gegen UN-Resolutionen, die eine Einstellung der Gewalt fordern.

Trotz der internationalen Aufregung und Erwartung bleiben viele in Palästina und auf der ganzen Welt skeptisch, wie viel Gewicht ein IGH-Urteil gegen Israel haben könnte, da Israel seit langem auf der Weltbühne straffrei bleibt und die Missachtung des Völkerrechts und der Menschenrechtsnormen durch Israel gut dokumentiert ist.

Dennoch sind viele palästinensische Völkerrechtsexperten und Menschenrechtsgruppen der Meinung, dass das IGH-Verfahren von Bedeutung ist und nicht nur für Israel und Palästina, sondern für die ganze Welt schwerwiegende Folgen haben könnte.

Zu ihnen gehört Dr. Munir Nuseibah, ein palästinensischer Professor für internationales Recht an der Al-Quds Universität und Direktor der Al-Quds Menschenrechtsklinik. Mondoweiss sprach mit Dr. Nuseibah über die Bedeutung dieses Falles, warum man ihm Aufmerksamkeit schenken sollte und welche Auswirkungen er hat.

Warum ist dieser Fall wichtig?

Die von Südafrika eingereichte Klage ist aus mehreren Gründen wichtig. Erstens, so Dr. Nuseibah, ist die Tatsache, dass sie vor dem IGH eingereicht wurde, an sich schon bedeutsam, da der Gerichtshof das höchste Rechtsorgan ist, das Streitigkeiten zwischen Staaten entscheidet.

"Dies ist ziemlich bedeutsam, weil es ... auf einer Vereinbarung oder einem Vertrag beruht, der sowohl für Südafrika als auch für Israel verbindlich ist", sagte er und bezog sich dabei auf die Völkermordkonvention von 1948.

"Dies ist wichtig in der Geschichte der palästinensischen Sache, da wir bisher keine Gelegenheit hatten, eine verbindliche internationale Entscheidung zu einer der wichtigen Fragen zu erhalten, mit denen wir uns befassen, wie zum Beispiel die Frage der palästinensischen Flüchtlinge, die [israelische] Besatzung usw.", fuhr Dr. Nuseibah fort.

Das letzte Mal, dass der IGH eine Entscheidung in Bezug auf Palästina getroffen hat, war ein Gutachten aus dem Jahr 2004, in dem festgestellt wurde, dass die israelische Trennungsmauer, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem frühen Stadium ihres Baus befand, gegen das Völkerrecht verstößt und abgerissen werden sollte.

Da es sich bei dieser Entscheidung jedoch um ein nicht bindendes Gutachten handelte, war Israel nicht verpflichtet, den Bau einzustellen oder die Mauer abzureißen. Stattdessen setzte Israel den Bau der Mauer fort, die sich heute über Hunderte von Kilometern erstreckt, die Palästinenser von ihrem Land abschneidet und weite Teile des palästinensischen Gebiets verschlingt.

Dieser Fall, so Dr. Nuseibah, sei anders, da die Entscheidung des Gerichts in dieser Woche bindend sei. Wenn das Gericht zugunsten Südafrikas entscheide, bedeute dies, dass Israel nach internationalem Recht verpflichtet sei, seine Militäraktion im Gazastreifen kurzfristig zu beenden und langfristig möglicherweise den Opfern seines Völkermords materielle Entschädigung zu leisten.

Der Fall ist auch als symbolische Maßnahme von Bedeutung. Angesichts eines andauernden Völkermords, der sowohl von Palästinensern als auch von internationalen Menschenrechtsorganisationen gut dokumentiert wurde, muss die Welt eingreifen, um ihn zu beenden.

"Wenn es kein ernsthaftes Eingreifen gibt und wenn die Vereinten Nationen, die Welt und das, was wir die internationale Gemeinschaft nennen, weiterhin zum Schweigen gebracht und untätig gemacht werden, und in gewisser Weise deaktiviert und demobilisiert werden, wird dieser Horror weitergehen", sagte Dr. Nusaibah, nicht nur in Palästina, sondern auf der ganzen Welt.

"Es ist sehr wichtig, nicht nur des Völkermordes beschuldigt zu werden, sondern vom Gericht angeklagt zu werden und als ein Land zu gelten, das des Völkermordes schuldig ist", sagte er. "Meiner Meinung nach wird alles, was jetzt vor dem Internationalen Gerichtshof geschieht, wahrscheinlich Tausende von Menschenleben in der Zukunft beeinflussen.

Was immer diese Richter entscheiden werden, wird also für viele, viele Palästinenser eine Frage von Leben und Tod sein."

Welche Argumente wird Südafrika am Donnerstag vorbringen?

Der Kernpunkt der südafrikanischen Argumentation ist, dass Israel im Gazastreifen Völkermord begeht und gegen seine Verpflichtungen aus der Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords von 1948 verstößt, die das Verbrechen als "Handlungen, die die Vernichtung eines wesentlichen Teils der nationalen, rassischen und ethnischen Gruppe der Palästinenser zum Ziel haben" definiert.

Südafrikas Argumentation beruht auf dem Nachweis, dass Israel im Gazastreifen nicht nur Völkermord begeht, sondern auch die klare Absicht hat, einen Völkermord zu begehen. Letzteres ist ein wesentlicher Schwerpunkt des 84-seitigen Schriftsatzes, der eine Reihe von Zitaten israelischer Politiker, Beamter und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auflistet, die sich in Bezug auf Israels Kampagne im Gazastreifen völkermörderisch ausdrücken.

"Das erste Argument [Südafrikas] wird sich auf die Reden und Zitate israelischer Beamter beziehen, die vom ersten Tag an, also vom 7. Oktober an, eine völkermörderische Sprache verwendet haben", sagte Dr. Nuseibah.

"Im Strafrecht reicht es nicht aus, etwas zu tun, sondern man muss auch die Absicht haben, etwas zu tun. Und eines der Zeichen der Absicht sind die Dinge, die man sagt. Diese Zitate israelischer Beamter werden also verwendet werden, um zu zeigen, dass Israel zum Völkermord aufgerufen hat", fuhr er fort.

Und natürlich wird Südafrika Beweise für die seiner Meinung nach eindeutigen völkermörderischen Handlungen Israels im Gazastreifen vorlegen, wie z. B. die Bombardierung von Zivilisten, die Bombardierung von Häusern, Krankenhäusern, Kulturzentren, Universitäten, Schulen usw.", so Dr. Nuseibah weiter.

"All diese Ziele, die die israelische Armee in den letzten Monaten zerstört hat, und natürlich die zivilen Opfer, die Menschen, die ermordet, verletzt oder behindert wurden, der Einsatz des Hungers als Waffe usw. - All das wird ein sehr wichtiger Teil der Fakten sein, die Südafrika vorlegen wird", sagte er und fügte hinzu, dass die Verweigerung von Treibstoff und Elektrizität, die Belagerung von 2 Millionen Zivilisten und die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser im Gazastreifen ebenfalls "ein wichtiges Element des Völkermordes und besonders in diesem Fall" ist.

Wie wird die juristische Verteidigung Israels aussehen?

Während uns 84 Seiten einen Einblick in den Fall Südafrikas geben, ist nicht so klar, wie genau Israels Verteidigung aussehen wird.

Wenn man die letzten Monate betrachtet, in denen Israel jegliches Fehlverhalten im Gazastreifen geleugnet, den Angriff als Selbstverteidigung gerechtfertigt und die Hamas für ihren Angriff vom 7. Oktober sogar des Völkermords beschuldigt hat, lassen sich einige Annahmen darüber treffen, wie Israel seine Verteidigung angehen wird.

Erstens wird Israels Hauptstrategie laut Dr. Nuseibah darin bestehen, "zu leugnen, zu leugnen, zu leugnen".

"Israel wird alles leugnen, was Südafrika behauptet", sagte Dr. Nuseibah. "Es wird leugnen, dass es Menschen ausgehungert hat oder dass es versucht, Menschen auszuhungern. Es wird bestreiten, dass es keine humanitäre Hilfe in den Gazastreifen lässt, indem es Beispiele zeigt, bei denen es tatsächlich einige Lastwagen einfahren ließ", fuhr er fort und wies darauf hin, dass das wenige, was an humanitärer Hilfe in den Gazastreifen gelassen wurde, völlig unzureichend war, um die Bedürfnisse der mehr als zwei Millionen Menschen zu befriedigen, die in dem Streifen eingeschlossen sind.

Es [Israel] wird über alle Versuche sprechen, die es bei seinen Operationen unternommen hat, um "zivile Opfer zu reduzieren", sei es durch Warnung der Zivilbevölkerung an bestimmten Orten", sagte Dr. Nuseibah und bezog sich dabei auf Israels Praxis, Flugblätter abzuwerfen, um die Zivilbevölkerung darüber zu informieren, dass ihr Gebiet angegriffen wird, oder durch die Bereitstellung von QR-Codes und Karten von "sicheren Zonen" und "Kampfzonen" im Gazastreifen - alles Praktiken, die weithin als unzureichend kritisiert wurden, um das Leben von Zivilisten zu retten, und als PR-Maßnahme Israels, um vor der internationalen Gemeinschaft das Gesicht zu wahren.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts, 96 Tage nach Beginn der israelischen Bombardierung des Gazastreifens, sind mehr als 23.000 Palästinenser getötet worden, die überwiegende Mehrheit von ihnen Zivilisten.

"Israels Strategie wird also darin bestehen, alles zu leugnen, weil sie nichts anderes tun oder sagen können", sagte Dr. Nuseibah. "Das ist eine langjährige Strategie und Praxis Israels, an die wir gewöhnt sind. Israel leugnet immer seine Verbrechen. Selbst heute noch leugnet Israel die Nakba, das ist die offizielle Position Israels, sie zu leugnen."

Während Israel einen Großteil seiner Propagandakampagne darauf konzentriert hat, die Hamas und Anhänger der palästinensischen Sache im Allgemeinen zu beschuldigen, den Völkermord an Israelis und Juden durchzuführen oder zu befürworten, sagte Dr. Nuseibah, er bezweifle, dass dies ein Merkmal der israelischen Argumente vor dem IGH sein werde.

"Ich bezweifle, dass sie dies tun oder erwähnen werden, denn wenn sie es tun, müssten sie Beweise vorlegen. Sie müssten eine offene Untersuchung der Geschehnisse vom 7. Oktober zulassen", sagte Dr. Nuseibah und wies darauf hin, dass Israel in der Vergangenheit unabhängigen Ermittlern, die mögliche Verbrechen in den besetzten palästinensischen Gebieten untersuchen wollten, den Zugang verwehrt habe.

Welche Auswirkungen hat dies auf das Leben der Palästinenser?
Während die Beratungen darüber, ob Israel des Völkermords im Gazastreifen schuldig ist oder nicht, Jahre dauern könnten, wird im Fall Südafrikas ein viel unmittelbareres und zeitnahes Ergebnis erwartet.

Im Rahmen seiner Berufung vor dem Gericht beantragt Südafrika eine vorläufige Entscheidung des Gerichts oder "vorläufige Maßnahmen", um das israelische Militär anzuweisen, seine Kampagne im Gazastreifen sofort einzustellen, die Vertreibung von Palästinensern zu stoppen und den Zugang zu angemessener humanitärer Hilfe im Gazastreifen zu ermöglichen. Das Gericht könnte diese Entscheidung schon in wenigen Tagen oder Wochen treffen.

Diese vorläufigen Maßnahmen, so Dr. Nuseibah, gehören zu den kritischsten Elementen des Falles und haben das größte Potenzial, den Verlauf des sich entfaltenden Völkermords in Gaza zu ändern.

"Dies ist eine sehr zeitkritische Angelegenheit. Mit jedem Tag, den wir verlieren, verlieren wir mehr Menschenleben. Wir verlieren mehr Verletzte. Es werden immer mehr Häuser abgerissen. Es gibt mehr Tage, an denen die Kinder nicht zur Schule gehen", fuhr er fort. "Jeden Tag gibt es viele Verluste unter der Zivilbevölkerung, und es gibt keinen Menschen in Gaza, der nicht stark von den Geschehnissen betroffen ist."

"Alle vorläufigen Ersuchen, die Südafrika gestellt hat, sind dazu da, sofort Leben zu retten. Und ich erwarte, dass das Gericht diese Maßnahmen ergreifen wird. Die Geschichte hat gezeigt, dass der IGH diese vorläufigen Maßnahmen in ähnlichen Situationen ergriffen hat, sogar mit weniger Opfern und weniger Risiko", sagte Dr. Nuseibah.

"Ich erwarte also, dass der Gerichtshof vorläufige Maßnahmen beschließen wird, was einen Waffenstillstand bedeuten würde, was im Moment das Wichtigste ist, sowie die Beendigung der Vertreibung, die Ermöglichung der Einreise von Hilfsgütern und die Beendigung der kontinuierlichen Zerstörung des Gazastreifens."

Israel hat schon früher das Völkerrecht missachtet, was wird dieses Mal anders sein?

Eine große Sorge, die viele Palästinenser und Menschen, die den Prozess verfolgen, teilen, ist die Frage: Selbst wenn es sich um eine verbindliche Entscheidung handelt, was wird Israel davon abhalten, sie einfach zu ignorieren und weiterhin eklatant gegen internationales Recht zu verstoßen?

Immerhin hat Israel jahrzehntelang internationale Gesetze und Normen ignoriert. Nehmen wir eines der eindeutigeren Beispiele, wie Israels fortgesetzte Ausdehnung der rein jüdischen Siedlungen tief in den besetzten palästinensischen Gebieten, obwohl sie nach internationalem Recht als illegal gelten. Die Liste ließe sich noch um andere Verbrechen erweitern, wie die gewaltsame Vertreibung und Umsiedlung, die Folterung politischer Gefangener, rechtswidrige Tötungen, die Masseninhaftierung von Kindern und vieles mehr.

Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die gut dokumentierte Tötung palästinensischer Journalisten im Gazastreifen und der Einsatz von weißem Phosphor gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und im Libanon, eine Praxis, die nach internationalem Recht streng verboten ist.

Auch auf der internationalen Bühne hat sich Israel in der Vergangenheit der Rechenschaftspflicht entzogen, oft geschützt durch das Vetorecht der Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen, zum Beispiel. Die Liste ist, gelinde gesagt, lang.

Als palästinensischer Professor für internationales Recht ist sich Dr. Nuseibah bewusst, wie wenig das internationale Recht zu zählen scheint, wenn es um Israel und seine Verbrechen gegen die Palästinenser geht, und dass die Menschen zu Recht skeptisch sind.

Nur weil eine Entscheidung des IGH in diesem Fall bindend wäre, könnte Israel technisch gesehen immer noch beschließen, ein gegen es gerichtetes Urteil oder eine Entscheidung des Gerichts zu ignorieren, die Israel auffordert, seine Kampagne im Gazastreifen einzustellen, so Dr. Nuseibah. Ein solcher Präzedenzfall wurde zuletzt 2022 geschaffen, als ein Urteil des IGH, das Russland aufforderte, seine Invasion in der Ukraine zu stoppen, von Russland ignoriert wurde, das seine Militärkampagne trotzdem fortsetzte.

Während Dr. Nuseibah hofft, dass das Gericht zugunsten Südafrikas entscheidet, sagt er, dass er nicht erwartet, dass Israel irgendeiner Anordnung des Gerichts nachkommen wird, sei es, dass es die Bombardierung des Gazastreifens sofort einstellt oder in Zukunft den palästinensischen Opfern des israelischen Völkermordes materielle Entschädigungen anbietet (beides mögliche Szenarien, sollte das Gericht zugunsten Südafrikas entscheiden).

"Leider ist es sehr wahrscheinlich, dass Israel, so wie es in den letzten 75 Jahren das Völkerrecht ignoriert hat, auch eine Entscheidung des Gerichts gegen Israel einfach ignorieren wird", so Dr. Nuseibah.

Dieses Ergebnis ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, wie das internationale Recht aufgebaut ist. Es ist ein fehlerhaftes System, sagte Dr. Nusiabah gegenüber Mondoweiss und beschrieb es als gut auf dem Papier, aber ohne wirkliche "Zähne".

"Das Problem mit dem internationalen Recht ist, dass es keinen automatischen Durchsetzungsmechanismus hat", sagte Dr. Nusaibah.

Sollte Israel eine Entscheidung des IGH ignorieren, könnte Südafrika eine Reihe von Verfahren im UN-Sicherheitsrat und in der Generalversammlung einleiten, um zu versuchen, Israel zur Umsetzung der IGH-Entscheidung zu zwingen. Das ist jedoch ein langwieriger und mühsamer Prozess, der den Palästinensern, deren Leben jetzt in Gefahr ist, zweifellos nicht helfen wird.

Doch selbst wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Israel eine für es ungünstige Entscheidung des Gerichts zurückweist, wird laut Dr. Nuseibah jede Entscheidung des Gerichts Auswirkungen und Bedeutung haben. Wenn das Gericht die vorläufigen Maßnahmen billigt, würde dies den internationalen und öffentlichen Druck auf Israel und seine Unterstützer wie die USA erhöhen, die Durchführung und Finanzierung eines Völkermordes einzustellen, der bereits einen großen weltweiten Aufschrei und eine politische Spaltung beispielsweise in den USA verursacht hat.

Und sollte Israel des Völkermordes für schuldig befunden werden, so würde dies dem öffentlichen Image Israels und seinem Ansehen auf der Weltbühne großen Schaden zufügen, so Dr. Nuseibah, und damit weitere Maßnahmen der übrigen Welt ermöglichen, die durch den internationalen Druck zum Schweigen gebracht wurden," in Form von Sanktionen gegen Israel, Boykotten und anderen ernsthafteren Schritten zur Beendigung des israelischen Völkermordes.

Welche Folgen könnte dies für die Zukunft haben?

Es ist klar, welche Auswirkungen dieser Fall sowohl in der unmittelbaren als auch in der langfristigen Zukunft für die Palästinenser haben könnte, sollte das Gericht zugunsten Südafrikas entscheiden. Im Moment oder zumindest in einigen Wochen könnte dies ein Ende der israelischen Bombardierung und die Rettung Tausender unschuldiger Menschenleben in Gaza bedeuten.

Langfristig, sollte Israel eines Völkermordes für schuldig befunden werden, wie Dr. Nuseibah es ausdrückt, würde dies dem öffentlichen Ansehen Israels und der Länder, die es unterstützen, großen Schaden zufügen.

Es würde andere Länder, die sich in der Vergangenheit zurückgehalten haben, ermutigen, sich stärker gegen israelische Verbrechen zu engagieren. Für die Palästinenser könnte es eine materielle Entschädigung und sogar ein Eingeständnis des Fehlverhaltens und eine Entschuldigung seitens Israels bedeuten - etwas, das die Palästinenser sicherlich nicht gewohnt sind.

Aber es gibt noch ein weiteres Ergebnis, das ebenfalls weitreichende Folgen hätte. Es besteht eine 50/50-Chance, dass das Gericht tatsächlich zugunsten Israels entscheidet, was laut Dr. Nuseibah weitreichende und verheerende Folgen nicht nur für die Palästinenser, sondern für die ganze Welt hätte.

"Es geht nicht nur darum, dass Südafrika dieses Verfahren gewinnt. Aber stellen wir uns ein anderes Szenario vor, in dem Israel den Fall gewinnt", sagte Dr. Nuseibah.

Erstens, wenn Israel das Gericht davon überzeugt, keine vorläufigen Maßnahmen zu gewähren, würde dies bedeuten, dass Israel grünes Licht hätte, seine zerstörerische und entmenschlichende Kampagne in Gaza, die bereits so viele unschuldige Menschenleben gefordert hat, fortzusetzen und sogar zu eskalieren.

"In diesem Szenario könnte Israel sagen: 'Seht her, das Gericht hält uns für unschuldig, und was wir getan haben, war legal, und das Töten all dieser Zivilisten und das Abschneiden von Wasser und Nahrung ist kein Völkermord'", so Dr. Nuseibah.

"Es wäre schrecklich für Palästina und den Gazastreifen, aber auch für den Rest der Welt in der Zukunft. Es wäre ein schrecklicher Präzedenzfall für jeden Staat, der glaubt, dass Völkermord die Lösung für seine ideologischen Probleme ist, so wie Israel heute denkt", sagte er.

"Das einzig Richtige, was der Gerichtshof jetzt tun kann, ist, die hohe moralische Forderung Südafrikas zu akzeptieren und vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, um das Leben der Palästinenser zu retten, denn das würde in Zukunft noch viel mehr Menschenleben retten, und es würde wirklich das Völkerrecht selbst retten."  Quelle

 

Israelisch-palästinensischer Krieg: USA enthalten sich nach dem ersten Tag des Völkermordprozesses vor dem IGH eines Kommentars

Es ist wichtig, dass wir uns nicht zu bestimmten Punkten äußern, die in der heutigen Anhörung angesprochen wurden", sagt ein Sprecher des Außenministeriums

MEE-Mitarbeiter - 11. Januar 2024 - Übersetzt mit DeepL


Nach der ersten Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof zur Klage Südafrikas, das Israel Völkermord im Gazastreifen vorwirft, haben sich die Vereinigten Staaten weitgehend ruhig verhalten. Beamte entschieden sich, keinen Kommentar abzugeben und wiederholten die Ansicht der Regierung Biden, dass der Fall "unbegründet" sei.

Während des ersten Tages der Anhörungen am Donnerstag sagte die südafrikanische Anwältin Adila Hassim den Richtern in Den Haag, dass "dieses Gericht den Nutzen der letzten 13 Wochen von Beweisen hat, die unwiderlegbar ein Verhaltensmuster und eine damit verbundene Absicht zeigen, die eine plausible Behauptung von völkermörderischen Handlungen rechtfertigt".

"Nichts wird das Leiden beenden, außer einer Anordnung dieses Gerichts", sagte Hassim.

Auf die Frage nach der Klage Südafrikas, die letzten Monat beim IGH eingereicht wurde und in der das Gericht aufgefordert wird, Israel anzuweisen, seine Militäraktion im Gazastreifen zu beenden, sagte der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, dass Washington nicht vorhabe, die heutige Anhörung zu kommentieren.

"Wir werden uns jeglicher Spekulationen über das Ergebnis enthalten", sagte Patel während eines Pressebriefings.

"Ich denke auch, dass es wichtig ist, dass wir uns nicht zu bestimmten Punkten äußern, die in der heutigen Anhörung angesprochen wurden, da Israel morgen die Gelegenheit haben wird, direkt auf diese Anschuldigungen zu antworten."

Auch auf den Titelseiten der großen US-Zeitungen hatte der Eröffnungstag des IGH am Donnerstagmorgen kaum Auswirkungen, obwohl Israels Krieg im Gazastreifen die Nachrichtenagenda seit seinem Beginn Anfang Oktober dominiert.

Das Außenministerium gab am Mittwochabend eine Erklärung ab, in der es heißt, dass die USA zwar anerkennen, dass der IGH "eine wichtige Rolle bei der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten spielt", dass aber alle Anschuldigungen, "Israel begehe Völkermord, unbegründet sind".

Die Erklärung spiegelt weitgehend die Reaktionen führender Beamter von Biden auf den Völkermordvorwurf wider, wobei Blinken am Dienstag sagte, der Fall sei "unbegründet".

Wir dürfen nicht schweigen

Südafrika hat im vergangenen Monat seine Klage gegen Israel beim IGH eingereicht und erklärt, Israels Vorgehen im Gazastreifen habe "völkermörderischen Charakter, weil es auf die Vernichtung eines wesentlichen Teils der palästinensischen nationalen, rassischen und ethnischen Gruppe abzielt".

Der 84-seitige Antrag ist die bedeutendste Aufforderung, Israels Vorgehen als Völkermord zu bezeichnen, und kommt zu einem Zeitpunkt, da die Zahl der palästinensischen Todesopfer im Gazastreifen 23.000 übersteigt, wobei die meisten der registrierten Todesopfer Frauen und Kinder sind.

Die bisherige Reaktion Washingtons auf die Abweisung der Klage vor dem IGH wurde von Menschenrechtsexperten kritisiert, die sagten, dass die Regierung Biden die zunehmende Besorgnis darüber, dass Israel Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser in Gaza begeht, nicht zur Kenntnis nimmt.

"Jeder, der die heutige überzeugende Präsentation Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof gesehen hat, wird erkennen, dass die oberflächliche Abweisung des Falles durch die US-Regierung als 'unverdient' in Wirklichkeit 'ahnungslos' ist", sagte Kenneth Roth, der ehemalige Geschäftsführer von Human Rights Watch und Gastprofessor in Princeton, auf X, dem sozialen Medium, das früher als Twitter bekannt war.

"Israel hat morgen eine schwierige Aufgabe, darauf zu reagieren."

Eine Handvoll progressiver US-Gesetzgeber hat sich zur Unterstützung der südafrikanischen Petition geäußert und gesagt, dass die "historische Bedeutung eines Post-Apartheid-Staates, der diesen Fall einreicht, nicht verloren gehen darf", wobei sie sich auf Südafrika und sein Apartheidsystem bezogen, das 1994 abgeschafft wurde.

"Wir dürfen nicht schweigen, wenn die Mehrheit der Welt ein Ende der Gewalt und des massenhaften menschlichen Leids fordert und Rechenschaft fordert", heißt es in einer Erklärung der Kongressabgeordneten Rashida Tlaib und Cori Bush.

"Als eines der Länder, die der Völkermordkonvention zugestimmt haben, müssen die USA aufhören zu versuchen, diesen Fall und das internationale Rechtssystem, das sie zu unterstützen behaupten, zu diskreditieren und zu untergraben."   mehr >>>



Die Krankenhäuser in Gaza sind stark überfüllt - Ali Hamad

Ein Krieg gegen Frauen und Babies


Noor war schwanger, als Israel ihr befahl, ihre Wohnung in Gaza-Stadt zu verlassen.


Khuloud Rabah Sulaiman - 11. Januar 2024 - Übersetzt mit DeepL

Auf dem Weg in den Süden hatte sie starke Schmerzen im Unterleib. Die Schmerzen verstärkten sich, aber sie tat ihr Bestes, um sie zu verbergen.

Die Schmerzen verschwanden zwar nach einiger Zeit, doch als sie zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Haus ihres Onkels in Rafah, der südlichsten Stadt des Gazastreifens, Unterschlupf suchte, traten weitere Probleme auf.

Jedes Mal, wenn das Viertel bombardiert wurde, verspürte Noor stärkere Unterleibsschmerzen, gefolgt von Blutungen.

Aus Sorge um eine mögliche Fehlgeburt ging sie in Begleitung ihrer Tante ins al-Helal al-Emirati-Entbindungskrankenhaus in Rafah.

Als sie dort ankam, war die Abteilung für bildgebende Verfahren voll besetzt.

In der Abteilung gab es nur fünf Betten und nur einen Arzt. Dennoch waren Dutzende von schwangeren Frauen anwesend.

Nachdem sie drei Stunden gewartet hatte, rief eine Krankenschwester Noors Namen auf. Noor wurde gebeten, sich auf ein Bett zu legen, damit sie untersucht werden konnte.

Noor erzählte einem Mitarbeiter des Krankenhauses von den Schmerzen und Blutungen, die sie hatte.

Man teilte ihr mit, dass diese Probleme wahrscheinlich durch den ständigen Stress und die Angst im Krieg verursacht würden.

Kurz nach dieser Reise spürte Noor - damals im siebten Monat schwanger -, dass die Wehen einsetzten.

Sie wurde mit dem Auto ins Krankenhaus gebracht. Da keine Betten verfügbar waren, musste sie in einem Wartebereich entbinden.

Ihr Neugeborenes war ein Junge namens Ahmad. Er wog nur 1,5 Kilogramm.

Ahmad wurde in einen Inkubator gelegt. In den folgenden zwei Wochen nahm er 500 Gramm zu.

"Als ich ihn aus dem Inkubator holte, wusste ich nicht, was er anziehen sollte", sagte Noor. "Ich habe in den Geschäften keine Babykleidung gefunden. Meine Tante lieh sich ein paar Winterkleider von ihren Nachbarn, aber in den Apotheken gab es nicht genug Babymilchdosen für ihn."

Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen schätzt, dass es im Gazastreifen etwa 50 000 schwangere Frauen gab, als Israel im Oktober den Krieg erklärte.

Diesen Frauen wurde eine angemessene Versorgung verweigert, und häufig war es für sie unmöglich, Arzttermine wahrzunehmen.

Nur 15 der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen sind funktionsfähig - und in all diesen 15 Fällen auch nur teilweise.

Angesichts der akuten Lebensmittelknappheit sind die meisten schwangeren Frauen unterernährt.

Fehlgeburt nach einem Massaker
Amal hatte eine Fehlgeburt, wenige Wochen nachdem Israel das Haus ihrer Familie zerstört hatte. Ihre Eltern und einige ihrer Geschwister wurden bei dem Massaker getötet.

Amal heiratete 2015 und erfuhr einige Jahre später von ihrem Arzt, dass es schwierig sein würde, schwanger zu werden. Seitdem hatte sie Tausende von Dollar für Fruchtbarkeitsbehandlungen ausgegeben.

Erst im Jahr 2023 wurde sie schwanger.

Ihr Geburtstermin rückte immer näher, als ihre Eltern ermordet wurden. Der Schock über dieses schreckliche Verbrechen war so groß, dass sie danach nur noch den Koran rezitieren und sich Fotos ihrer Familienmitglieder auf ihrem Handy ansehen konnte.

Sie verlor ihren Appetit. Wenn sie sich zwang, etwas zu essen, musste sie sich übergeben.

Eine Woche nach dem Angriff auf ihre Familie begann Amal stark zu bluten. Sie schrie.

Ihr Mann fuhr sie so schnell wie möglich in ein nahe gelegenes Krankenhaus. Dort erfuhr sie, dass sie eine Fehlgeburt erlitten hatte.

"Ich wurde zweimal getötet", sagte Amal und erklärte, dass sie selbst das Gefühl hatte, sowohl beim Massaker an ihrer Familie als auch bei der anschließenden Fehlgeburt gestorben zu sein.

"Es wird schwer für mich sein, jetzt ein Leben zu führen", fügte sie hinzu.

Amal sollte einen Sohn zur Welt bringen. Sie hatte ein Zimmer, ein Kinderbett und Kleidung für ihn vorbereitet.

Seinen Namen hatte sie noch nicht ausgesucht.

Sondos, 26, war im neunten Monat schwanger, als ihr Haus in al-Rimal, einem Viertel von Gaza-Stadt, beschossen wurde.

Ihr Mann und ihre Tochter wurden bei dem Angriff getötet. Sondos überlebte, nachdem sie aus den Trümmern gerettet worden war.

Sie und ihre Familie waren in der nördlichen Hälfte des Gazastreifens geblieben, nachdem Israel ihre Evakuierung angeordnet hatte. Sie hatten keine Verwandten oder Freunde, die sie aufnehmen konnten, wenn sie in den Süden zogen.

Sondos wurde in das Krankenhaus al-Hilo in Gaza-Stadt gebracht. Dort brachte sie durch einen Kaiserschnitt ein Mädchen zur Welt.

Sie nannte ihre Tochter Habiba. Die Schwester des Babys - die Israel gerade getötet hatte - trug denselben Namen.

Das Baby musste in einen Inkubator gelegt werden. Sondos hatte in den letzten Monaten nicht genügend Nahrung und sauberes Wasser bekommen, was sich negativ auf das Gewicht des Babys auswirkte.

Das Krankenhaus konnte während der Geburt keine Betäubungsmittel zur Verfügung stellen, und Sondos litt unter starken Schmerzen.

"Ich habe die Schmerzen vergessen, als ich mein Baby in den Armen hielt", sagte Sondos. "Ich danke Gott, dass ich an dem Tag, an dem ich meine andere Tochter verloren habe, ein neues Kind bekommen habe.  Quelle

Opfer von Rufmord: Die mittlerweile zurückgetretene Harvard-Rektorin Claudine Gay

Die Lobby hat nicht genug

USA: Rücktritte von Hochschulrektorinnen wegen angeblicher antijüdischer Aktivitäten reichen Republikanern nicht

Knut Mellenthin - 12.01.2024

Die Kampagne der Republikanischen Partei gegen »antijüdische Aktivitäten« an der Harvard-Universität geht nach dem erzwungenen Rücktritt von deren Präsidentin Claudine Gay mit frischem Schwung weiter. Am Dienstag schickte die Vorsitzende des Bildungsausschusses im Abgeordnetenhaus, Virginia Foxx, eine neun Seiten lange Forderungsliste an Gays Interimsnachfolger Alan Garber. Es ist derselbe Ausschuss, vor dem am 5. Dezember Gay und die Präsidentinnen zweier anderer »Eliteuniversitäten« einem fünfstündigen Verhör unterzogen wurden.

Verlangt wird jetzt die Herausgabe 1.) aller Berichte und Akten über »antisemitische Zwischenfälle« seit dem 1. Januar 2021, 2.) aller Dokumente über den Umgang der Universitätsverwaltung mit solchen Zwischenfällen, 3.) aller Unterlagen über die Behandlung von Diskriminierung, Mobbing und Verletzung der freien Meinungsäußerung seit dem 1. Januar 2018, 4.) aller Sitzungsprotokolle der zwei höchsten Gremien der Universität seit Anfang 2021. Die Vorsitzende des Bildungsausschusses will auch genau wissen, welche Summe an privaten Zuwendungen aus dem Ausland Harvard seit Anfang 2021 erhalten hat, und verlangt  mehr >>>

Um das Video zu sehen, auf das Bild klicken

Anke Plättner diskutiert mit:

- Rafael Seligman (Politologe und Publizist)
- Aref S. Hajjaj (Palästina-Forum Bonn)
- Julia Friedlander (Atlantik-Brücke e.V.)
- Guido Steinberg (Nahost-Experte, Stiftung Wissenschaft und Politik)

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