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Fotos von Mohammed Zaanoun (@m.z.gaza) - 24. 6. 2023

Palästinensische Kinder spielen in den Trümmern von Häusern, die der palästinensische Künstler Ayman Alhussri mit arabischen Kalligrafien verziert hat, Beit Lahiya, nördlicher Gazastreifen.


 

Die Häuser wurden durch israelische Luftangriffe während der jüngsten fünftägigen Militäroffensive Israels im Gazastreifen zerstört.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Al Mezan wurden bei der Offensive 106 Häuser zerstört und 640 teilweise beschädigt.

Nach Angaben des palästinensischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten wurden mindestens 1.244 Palästinenser/innen vertrieben.

Rund 70 % der Bewohner des Gazastreifens sind Flüchtlinge aus ethnisch gesäuberten Städten im Süden Palästinas. Quelle

 

Entgegnung auf den mir gemachten Vorwurf der „Volksverhetzung“:

Arn Strohmeyer - 28. 6. 2023

Liebe Nahostinteressierte, ich habe am 9. März auf Einladung des Nürnberger Evangelischen Forums für den Frieden in Nürnberg in einem Vortrag mein Buch Falsche Loyalitäten. Israel, der Holocaust und die deutsche Erinnerungspolitik (Promedia Verlag, Wien) vorgestellt.

Wie ich dort erfuhr, hatten gewisse Kreise mit allen Mitteln versucht, meinen Vortrag dort zu verhindern, was ihnen aber nicht gelang. Nun hat ein offensichtlich aufmerksamer Zuhörer meiner Ausführungen dort Anzeige wegen "Volksverhetzung" gegen mich erstattet.

Ich habe heute die Vorladung bei der Polizei wahrgenommen, die mich über den Inhalt der Anzeige informiert hat. Danach wird mir vorgeworfen:

1. Ich hätte in meinem Vortrag referiert, dass nicht nur Juden Opfer unter dem Nationalsozialismus gewesen seien.

2.Ich hätte behauptet, dass Israel sich auf den Holocaust berufe, um unter diesem Deckmantel die Palästinenser zu unterdrücken.

Der Anzeigensteller hat völlig Recht. Beide Sätze habe ich so gesagt, würde sie jederzeit wiederholen und kann mich dabei auf etliche jüdisch-israelische bzw. jüdisch-amerikanische Wissenschaftler berufen, die genau das so formuliert haben.

Ich habe bei der Polizei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Aussage zu verweigern und weitere Aussagen zur Sache nur mit einem Rechtsbeistand zu machen. Ich habe zu meiner Verteidigung aus der wissenschaftlichen Literatur einige Passagen zusammengestellt, die meine gesagten Sätze stützen. Ich füge sie als Anlage hinzu.

Ich bin gespannt, wie das Verfahren ausgeht.  Beste Grüße Arn Strohmeyer

 

 

Entgegnung auf den mir gemachten Vorwurf der „Volksverhetzung“:
 

Zu Punkt 1:
Dass nicht nur Juden Opfer unter dem Nationalsozialismus waren, ist in der wissenschaftlichen Literatur reichlich belegt. Der amerikanisch-jüdische Holocaustforscher Raul Hilberg geht in seinem Standardwerk Die Vernichtung der europäischen Juden (3 Bde., Fischer-Taschenbuch Verlag, Frankfurt/ Main 1991) auf dieses Faktum ein, besonders auf das Schicksal der Zigeuner. Auch auf der Webseite des Holocaust-Museums in Washington DC sind diese anderen Opfergruppen genannt, die im Holocaust ermordet worden sind: 250 000 Sinti und Roma, 250 000 geistig und körperlich Behinderte, außerdem 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, außerdem Polen, Asoziale, Homosexuelle und Zeugen Jehovas. Angehörige dieser Gruppen waren zum Teil natürlich auch schon vor dem Holocaust in die Mordmaschinerie der Nazis geraten.

Der israelische Historiker Shlomo Sand fragt in seinem Buch Warum ich aufhöre, Jude zu sein. Ein israelischer Standpunkt (Propyläen Verlag, 2013, Seite 96), warum die Juden bei der Betrachtung des Holocaust eine Sonderstellung einnähmen und die anderen Opfer ausgeblendet würden: „Vom letzten Viertel des 20. Jahrhunderts an verschwinden beinahe alle Opfer, die von den Nazis nicht als ‚Semiten‘ bezeichnet wurden.

Der industrielle Mord wurde zur ausschließlichen jüdischen Tragödie. Die westliche Erinnerung an die Konzentrations- und Vernichtungslager entledigte sich fast gänzlich aller anderen Opfer, darunter geistig Behinderte, Sinti und Roma, Angehörige des kommunistischen und sozialistischen Untergrunds, Zeugen Jehovas, polnische Intellektuelle sowie sowjetische Kommissare und Offiziere. Bis auf die Homosexuellen vielleicht wurden all jene, die die Nazis parallel zur systematischen Ermordung der Juden austilgten, durch die hegemonialen Erinnerungsnetzwerke ein weiteres Mal ausgelöscht. Wie konnte es dazu kommen, und wie prägt diese neue Erinnerungskonstruktion die heutige jüdische Identität?“

Zu Punkt 2:

Viele jüdische Historiker (aus Israel oder den USA) weisen darauf hin, dass Israel sich bei der Unterdrückung der Palästinenser auf den Holocaust beruft. Ich werde im Folgenden einige dieser Historiker anführen.

Der israelische Historiker Tom Segev schreibt in seinem Buch Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung (Rowohlt Verlag, Reinbek 1995, Seite 673): „Tatsächlich hat ‚das Erbe des Holocaust‘, wie es in den Schulen [Israels] gelehrt und bei nationalen Gedenkfeiern wachgehalten wird, zweifelhafte Konsequenzen. Es fördert einerseits einen engstirnigen Chauvinismus und andererseits das Gefühl, dass die Judenvernichtung der Nazis jeden Akt rechtfertigt, der zu Israels Sicherheit beizutragen scheint – auch die Unterdrückung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten.“
 

Der deutsch-israelische Historiker Dan Diner schreibt in dem Aufsatz Israel und das Trauma der Massenvernichtung. Über Elemente jüdischer Deutungsmuster im Palästinakonflikt (in: Dietrich Wetzel Hrsg: Die Verlängerung der Geschichte. Deutsche, Juden und der Palästinakonflikt, Verlag Neue Kritik Frankfurt/ Main 1983, Seite 25-42), dass die Israelis in einer psychologischen Übertragung den Konflikt mit den Palästinensern nicht als einen kolonialen Konflikt um Land wahrnehmen, der er in Wirklichkeit ist, sondern als Fortsetzung des Mordgeschehens gegen die Juden in Europa. Dass sie also die Palästinenser als die „neuen Nazis“ ansehen und daraus auch die Berechtigung ableiten, gewaltsam gegen sie vorzugehen.

Der israelische Sozialwissenschaftler Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv (jetzt emeritiert) geht in seinen Büchern immer wieder auf den Tatbestand ein, dass die zionistische Führungsschicht in Israel aus dem Holocaust die Berechtigung ableitet, mit Gewalt gegen die Palästinenser vorzugehen. In seinem Buch Sechzig Jahre Israel. Die Genesis einer politischen Krise des Zionismus (Pahl-Rugenstein Verlag Bonn, 2009, Seite 146f) schreibt er, dass das Andenken der Shoa-Ermordeten traditionellerweise als Argument der Rechtfertigung von Israels oppressiver, Opfer erzeugender Politik in den besetzten Gebieten herangezogen werde. Dadurch werde dieses Andenken „kontaminiert“.

In seinem Buch Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den politischen Kulturen Israels und Deutschlands (Wallstein Verlag Göttingen 2004, Seite 35 ) schreibt er: „Das jüdische Kollektiv im Staate Israel ist es, welches der Konfrontation mit der entsetzlichen Wahrheit nicht entkommen kann, dass jede ‚Abnormität‘ im Gaza-Streifen, jedes Opfer eines ‚Schusses in die Luft‘ in der Westbank, jeder Akt brutaler Repression, der sich direkt oder indirekt aus dem Tatbestand der israelischen Okkupation ableitet, es – das jüdische Kollektiv in Israel – von der sittlich-humanen, ihm von den Holocaust-Opfern als verpflichtendes Erbe auferlegten Identität entfernt, um es in zunehmende Maße an eine der Mörder-Identität verschwisterten Mentalität zu ketten. Es irrt, wer den Spruch ‚Meine Vernunft ist in Auschwitz verbrannt‘ zur Rechtfertigung einer jeden Untat des israelischen Staates heranzieht: Nicht seine Vernunft, sondern seine Sittlichkeit ist dort verbrannt, und gerade damit – indem er die sich aus dem Holocaust ableitende universelle Forderung: ‚Nie mehr Repression, nie wieder Lager für den Menschen als Menschen!‘ verleugnet – besudelt er vor allem das Andenken der Opfer von Auschwitz.“

In demselben Buch prangert er den „unerträglichen Zynismus“ an, der dem Umstand innewohne, dass gerade das Andenken der Opfer [an den Holocaust] den Israelis der ideologischen Rechtfertigung von immer mehr Opfern zu dienen vermöge. Und dass Israel, dessen Kollektivgedächtnis wesentlich auf das Andenken der Toten der ungeheuerlichsten aller Massenvernichtungen gründe, selbst ein Land der Okkupation und Repression geworden sei. (Seite 74f.)

Auf Seite 173 stimmt Zuckermann einer Aussage des israelischen Parlamentsabgeordneten Azmi Bishara zu, der angemerkt hatte, dass der Holocaust [in Israel] zweckmäßig instrumentalisiert werde, indem er zur Relativierung der von den Israelis praktizierten Unterdrückung in den besetzten Gebieten herangezogen werde.

In seinem Buch Israels Schicksal. Wie der Zionismus seinen Untergang betreibt (Promedia Verlag Wien 2014, Seite 137) kritisiert Zuckermann noch einmal in scharfer Form Israels Instrumentalisierung des Holocaust bezüglich der Rechtfertigung der Unterdrückung der Palästinenser: Hätte der Zionismus wirklich universelle Folgerungen aus dem Holocaust gezogen, wäre es kaum möglich, dass Israel die „Opfer der ultimativen Barbarei“ [des Holocaust] auf das „Perfideste“ instrumentalisiere, um die Politik barbarischer Unterdrückung und fortwährender Menschenrechtsverletzungen [gegenüber den Palästinensern] zu verteidigen. Israel, das das Monopol und die aus ihm sich ergebende sittliche Folgerung des „Nie wieder!“ für sich beanspruche, sei zum „Sachwalter barbarischer Gewalt, moralischer Repression und menschenverachtender Politik geworden:“

Der israelische Philosoph Yeuda Elkana, der als Kind in Auschwitz war, hat am 16.03.1988 in der israelischen Tageszeitung Haaretz einen Aufsatz mit dem Titel Ein Plädoyer für das Vergessen veröffentlicht. Darin vertritt er die Position, dass die „Holocaust-Lehre“, dass die ganze Welt gegen uns sei, dass wir die ewigen Opfer seien, der „tragische und widersinnige Sieg Hitlers sei. Diese Lehre habe zu den israelischen Brutalitäten in der Westbank und zum Widerwillen, Frieden mit den Palästinensern zu schließen, beigetragen.

Es gibt also im Judentum eine breite – in Deutschland aber wenig bekannte – Kritik an dem gewaltsamen Vorgehen der Israelis gegenüber den Palästinensern, das sich dabei auch noch auf den Holocaust beruft. Ich könnte weitere Beispiele nennen. Auf diese Autoren, deren Bücher alle in renommierten Verlagen in Deutschland bzw. Österreich erschienen sind, habe ich mich bei meinem Vortrag in Nürnberg berufen. Ich muss demjenigen, der die Anzeige gegen mich erstattet hat, vorwerfen, diese Literatur nicht zu kennen.

 

Die Collagen wuden von der Redaktion hinzugefügt.


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Palästinenser inspizieren ein von israelischen Siedlern in Brand gesetztes Haus im palästinensischen Dorf Turmus Aya in der Nähe von Ramallah, 21. Juni 2023. Das Foto zeigt die verkohlten Überreste in einem der Zimmer des Hauses, das Ziel des Angriffs war.
 

Warum israelische Beamte Siedlerpogrome plötzlich als "terroristisch" bezeichnen


Der israelische Staat sieht in gewalttätigen Siedlermobs eine Herausforderung seines Gewaltmonopols. Das bringt rechtsgerichtete Minister wie Itamar Ben-Gvir in eine Zwickmühle: Die Siedler erleichtern das Siedlungsprojekt, aber der Staat will es kontrollieren.


ADRIAN KREUTZ - 28. JUNI 2023 - Übersetzt mit DeepL

An unserem letzten Tag im Rahmen des Al-Haq-Programms für internationales Recht besuchte meine Gruppe von Menschenrechtsanwälten und Akademikern das Dorf Turmus Ayya, das nur wenige Tage zuvor von Siedlern angegriffen worden war. In Turmus Ayya war der Geruch von verbrannter Erde in der heißen Juniluft noch deutlich wahrnehmbar. Neben den materiellen Schäden trauerte das Dorf auch um Omar Qattain, einen jungen Mann von 27 Jahren. Er wurde getötet, als er sein Dorf nordöstlich von Ramallah verteidigte. Dieses Pogrom gehört zu einer Reihe von Angriffen seit Huwwara im Februar, bei denen Hunderte von Siedlern die palästinensische Stadt in Brand setzten. Aber warum Pogrome? Warum gerade jetzt? Und warum haben Spitzenbeamte der israelischen Armee und des Sicherheitsapparats darauf reagiert, indem sie die Pogrome unerwartet als "terroristische Angriffe" bezeichneten, obwohl Siedlungen, Gewalt und der israelische Staat und Sicherheitsapparat symbiotisch miteinander verbunden sind?

Das Etikett "Terrorist" hat einen strategischen Zweck. Zum einen sind manche Ereignisse so grausam, dass sie die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich ziehen und verurteilt werden. Huwwara war ein solches Ereignis. Da Israel im Mittelpunkt der internationalen Medienaufmerksamkeit steht, ist es gezwungen, über offizielle Kanäle auf die eine oder andere Weise zu reagieren, während seine Menschenrechtsverletzungen und die brutale Gewalt gegen seine Bürgerinnen und Bürger über die internationalen iPhone-Bildschirme flimmern und in internationalen Zeitungen abgedruckt werden. Ein so unverhohlen gewalttätiger Angriff auf eine unbewaffnete Zivilbevölkerung ist selbst für die sonst so kreative israelische Regierung, das israelische Militär, die Justiz und die Sicherheitskräfte nur schwer zu rechtfertigen.

Abgesehen von der internationalen Aufmerksamkeit zwingen Pogrome wie die in Turmus Ayya die jüdisch-israelische Gesellschaft dazu, sich mit einer unbequemen Realität auseinanderzusetzen, die sonst durch Apartheidmauern und getrennte Straßen verborgen bleibt.

Am wichtigsten ist jedoch, dass das Etikett "Terrorist" dazu dient, die Autorität der Armee, des Shin Bet (des israelischen Geheimdienstes) und der Polizei aufrechtzuerhalten. Die Monopolisierung von Gewalt ist die Hauptaufgabe eines jeden Staates. Das Überschwappen der zivilen Gewalt muss daher gestoppt werden - um zu verhindern, dass sich die Zentralisierung von Gewalt und Macht in den Händen des Militär- und Sicherheitsapparats ausbreitet. Nach außen hin signalisiert der "Terrorist" eine Verurteilung der Gewalt gegen palästinensische Zivilisten, während innerhalb des israelischen Staates und des Militär- und Sicherheitsapparats das Etikett eine Rückeroberung der entglittenen Macht signalisiert. Mit der derzeitigen rechtsextremen Regierung könnte Israel den Gipfel seiner Macht erreicht haben. Die Anerkennung jeglicher Einschränkungen ihrer Macht wäre eine inakzeptable Ablenkung von den linearen politischen Ambitionen der Regierung. Es geht darum, die Gewalt der Siedler einzudämmen, um nicht die Kontrolle zu verlieren.

Mit anderen Worten: Der israelische Staat und das militärische und sicherheitspolitische Establishment wollen allein entscheiden, wer Ziel von Gewalt ist, wann und wie sie eingesetzt wird. Nichtstaatliche Gewalt wird nur in begrenztem Maße toleriert, da zivile Gewalt, selbst wenn sie toleriert wird, den Staat selbst bedroht. Leute wie Moshe Hagar, der Leiter einer Militärakademie in der Siedlung Beit Yati, müssen nicht mit Konsequenzen rechnen, wenn sie zur Zerstörung palästinensischer Dörfer aufrufen, "um den Palästinensern eine Lektion zu erteilen", aber die nachträgliche Verurteilung und die Anwesenheit der Armee bei jedem einzelnen Siedlerangriff zeigt der Welt und den israelischen Juden, wer die wahre Besatzungsmacht ist.

Doch nicht jeder in der israelischen Staatsstruktur hat dieses Memo erhalten. Bezalel Smotrich, der sowohl als Finanzminister fungiert als auch durch seine Kontrolle über die Zivilverwaltung für die zivilen Angelegenheiten in den besetzten Gebieten verantwortlich ist, hält jeden Vergleich zwischen "arabischem Terror" und den, wie er es nennt, "zivilen Gegenmaßnahmen" der Siedler für "falsch und gefährlich". Smotrich folgt einem überholten Drehbuch. Ihnen geht es weniger um ein starkes Gewaltmonopol als um das Voranschreiten des Siedlungsprojekts.

Bei seinem Versuch, die Gewalt zu zentralisieren, steht der israelische Staat vor einem Problem. Anders als im Jahr 2002, als die Operation Defensivschild die Palästinensische Autonomiebehörde durch verheerende Stadtüberfälle der israelischen Armee zerstörte, gibt es heute keine palästinensische Führung oder paramilitärische Gruppe, die es wert wäre, dezimiert zu werden. Der israelischen Staatsgewalt fehlt ein geeignetes Ziel für militärische Operationen. Zivilisten füllen die Lücke.

Im Gegensatz zu politischen Zielen beobachtet die internationale Gemeinschaft jedoch vergleichsweise genau, wie Israel die Zivilbevölkerung unter seiner Besatzung behandelt. Das bringt Israel in eine Zwickmühle: Einerseits muss es seine Gewalt zentralisieren, aber es verfehlt ein Ziel - deshalb toleriert es Angriffe von Siedlern.

Auf der anderen Seite ist Israel gezwungen, diese Angriffe zu verurteilen und die Machtverteilung zurückzuerobern. Es ist diese Verwirrung, die Leute wie Itamar Ben-Gvir, den Minister für Nationale Sicherheit, dazu veranlasst, seine eigene private Miliz zu gründen und die Macht des Shin Bet über das Leben der Palästinenser zu erweitern. Wie Smotrich scheint auch Ben-Gvirs Anreiz darin zu bestehen, die repressive Macht des Staates opportunistisch für das Siedlungsprojekt zu nutzen. Deshalb befinden sich auch Leute wie Ben-Gvir in einer Zwickmühle: Es sind die Siedler, die das laufende Siedlungsprojekt ermöglichen, aber es ist der Staat, der an der Macht sein will. Das Siedlungsprojekt muss staatlich verwaltet werden, damit die wertvollen israelischen Machtstrukturen nicht von innen heraus untergraben werden.

Natürlich wird jede Gegenmaßnahme wie das Etikett "Terrorist" die Siedler/innen frustrieren. Das Vertrauen in die staatlichen Mechanismen schwindet. Wie ist es möglich, dass Israel mit all seiner Macht und Vorherrschaft die palästinensische Identität und das Volk in dem von ihm besetzten Land noch nicht ausgelöscht hat? Es ist die vermeintlich fehlende Gewalt des Staates gegen Palästinenser, die die Siedlerpogrome antreibt.

Warum also hat der Diskurs über Pogrome und Terrorismus erst jetzt im israelischen Militär- und Sicherheitsapparat an Fahrt aufgenommen? Das liegt daran, dass der israelische Staat versucht, die Quadratur des Kreises zu schaffen - das zionistische Projekt der ständigen Judaisierung der besetzten Gebiete ohne ein richtiges politisches Ziel fortzusetzen und gleichzeitig darum zu kämpfen, das Gewaltmonopol zurückzuerobern, das er vorübergehend an die Vorrechte frustrierter und wahnhafter Siedler abtritt. Das Opfer ist wieder einmal die palästinensische Zivilbevölkerung.   Quelle

Um das Video zu sehen, auf das Bild klicken

26. Juni - 2023

Israelische Siedler haben das Hauptelektrizitätswerk angezündet, das den Strom für Umm Safa, Deir Sudan, Ajjoul und Attarah in Nablus abbrach.



Ephraim Laor steht im April 2014 auf den besetzten syrischen Golanhöhen, mit zwei Panzern hinter ihm und grünen Hügeln im Hintergrund.
 

Ein israelischer Oberst, der an der Bildung von Itamar Ben-Gvirs "Nationalgarde" mitwirkt, fordert, "feindliche" Zivilisten "zwischen den Augen" zu töten

Ein Mitglied des Lenkungsausschusses von Itamar Ben-Gvirs zukünftiger Privatmiliz will die Unterscheidung zwischen Zivilisten und Nichtkombattanten aufheben - nicht nur für Palästinenser, sondern auch zwischen israelischen Siedlern und der Armee.


VON JONATHAN OFIR 28. JUNI 2023 1
 

Seit Montag kursiert in den israelischen Medien ein Video von einem Vortrag von Oberst a.D. Efraim Laor, einem von etwa 15 Mitgliedern des Lenkungsausschusses für die Bildung einer "Nationalgarde", die direkt dem Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, unterstellt sein soll. Palästinensische Rechtsgruppen haben davor gewarnt, dass diese Formation im Grunde zu einer faschistischen, jüdisch dominierten Privatmiliz werden würde, da der Minister, der sie gefordert hat (Ben-Gvir), selbst wegen Unterstützung einer Terrororganisation und Anstiftung zur Gewalt gegen Palästinenser/innen verurteilt ist. Der Inhalt von Laors Vorlesung, die er 2019 an der Bar-Ilan-Universität gehalten hat, bestätigt diese Befürchtungen nur:

"Wer nicht involviert sein will, ist nicht involviert. Wer sich in einer Konfliktlinie befindet, ist dort, weil er es sich ausgesucht hat oder weil es für ihn ausgesucht wurde. Es sollte keinen Unterschied zwischen Geschlecht, Sex oder Alter geben. Wer sich in einer Konfliktlinie befindet, hat nur ein Recht - entweder zu gewinnen oder zu sterben", sagte er.


Der Feind ist mit anderen Worten jeder, der sich in dieser "Konfliktlinie" befindet und gegen den eine pauschale "Shoot-to-kill"-Politik die einzig angemessene Option ist:
Tareq Hajjaj, Mondoweiss-Korrespondent für Gaza.


Journalistinnen und Journalisten in Palästina gehen unglaubliche Risiken ein, um euch die Fakten zu liefern.
Journalisten und Fotografen aus dem Gazastreifen setzen sich weiterhin Gefahren aus, weil wir glauben, dass die Geschichten der Menschen im Gazastreifen mit der Welt in ihrer Stimme geteilt werden müssen und nicht von Journalisten ausländischer Medien verzerrt werden dürfen.


"Ein Feind muss getötet werden, man schießt nicht auf [Terror-]Zellen, man schießt zwischen die Augen - wer das nicht kann, 15 cm tiefer. Das gilt auch für diejenigen, die dort sind und nicht angreifen. Aber du siehst einen Feind - du findest damit nicht heraus, ob er beteiligt ist oder nicht - er ist beteiligt - er muss eliminiert werden."


Laors völkermörderische Befürwortung fordert auch, dass Israelis zu zivilen Kämpfern werden - zivile Milizen schaffen, die die Lizenz zum Töten erhalten würden. Die unmittelbare Bedrohung, die damit verbunden ist, wird im Zusammenhang mit der Nationalgarde deutlich, die nach Laors eigenen Worten "die israelische Zivilbevölkerung schon längst hätte übernehmen sollen".

Im Zentrum von Laors Behauptungen steht die bewusste Aufhebung der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten, indem jeder Palästinenser als legitimes Ziel betrachtet wird: "Die Kriege, die um uns herum stattfinden, sind nicht zwischen Organisationen, sondern zwischen Völkern, und der Kampf ist eine totale Hingabe eines Volkes gegen ein anderes Volk."

Laor beklagt auch nicht eine bestehende Realität. Er schlägt sie vielmehr als Modell zur "Wiederbelebung einer Leiche namens zivile Verteidigung durch normale Zivilisten" vor.

Laor beklagt, dass "das Verteidigungsestablishment eine Menge Energie aufwendet, um zu vermeiden, dass Nichtkombattanten zu Schaden kommen", und wenn die schreckliche israelische Bilanz der ungestraft gebliebenen Verletzungen von Zivilisten, einschließlich berühmter Journalisten, sein Maßstab ist, dann kann man sicher sein, dass sein Programm eine Menge unschuldiges Blut beinhaltet. Sein Chef Ben-Gvir rief kürzlich dazu auf, "Tausende von Terroristen" zu töten, während er in derselben Rede den extremsten Siedlern sagte: "Das Land Israel ist für das Volk Israel, wir stehen hinter euch, rennt in die Berge, lasst euch nieder - wir lieben euch."

Ben-Gvirs Verwendung des Begriffs "Terroristen" ist für den verurteilten Terrorismusminister eine neue Entwicklung - in der Vergangenheit führte er ultranationalistische Mobs an, die auf den Straßen "Tod den Arabern" riefen, aber in den letzten Jahren spielte er den braven Politiker und wies den Mob stattdessen an, "Tod den Terroristen" zu skandieren. Doch wie Laors Rede deutlich macht, ist "Terrorist" im Grunde zu einem Euphemismus für jeden Palästinenser geworden, und er liefert den ideologischen Rahmen dafür - indem er jeden, der Teil dieses anderen "Volkes" ist, als einen involvierten Kämpfer betrachtet, der eine außergerichtliche Hinrichtung verdient.

Laut Channel 13, der den Bericht über die Ausgrabung des Vortrags 2019 zuerst ausstrahlte (der nicht vollständig wiedergegeben wurde), gab es im Vortragssaal einige liberale Gegner von Laors Befürwortung. Laor wird dabei gesehen, wie er ihnen antwortet:

"Ihr wollt über die Tageszeitung Haaretz reden? Wisch dir damit den Arsch ab", sagt er und macht sich über die liberale israelische Zeitung lustig. "Ich spreche über das, was notwendig ist, und nicht über die aktuelle Situation".

Vor allem aber versucht Laor, das Konzept der Armee in Bezug auf den internen Konflikt neu zu definieren. Er fordert, dass die Armee nur in "feindlichem Gebiet", vermutlich in anderen Ländern, eingesetzt werden sollte und die Aufgabe der inneren Sicherheit sozusagen den Zivilisten überlassen wird. Als hypothetisches Beispiel führt er die nordisraelische Stadt Kiryat Shmona an:

"Ist es notwendig, das ganze Land lahmzulegen und die gesamte IDF zu aktivieren, weil Kiryat Shmona erobert wurde? Die Antwort ist nein. Kiryat Shmona muss sich selbst schützen. Es könnte die Situation eintreten, dass Kiryat Shmona erobert wird und alle dort abgeschlachtet werden. Das sollte nicht unser ganzes Land lähmen".

Offensichtlich unterscheidet Laor zwischen dem, was innerhalb der israelischen Grenzen liegt (und von Zivilisten zu verteidigen ist), und dem, was außerhalb liegt. Leider hat Israel die besetzten palästinensischen Gebiete de facto annektiert und behandelt sie damit in vielerlei Hinsicht als Teil des Landes, während es sie gleichzeitig als Feindesland betrachtet.

Die praktische Umsetzung von Laors Ideen könnte also bedeuten, dass Siedlerinnen und Siedler Pogrome zur angeblichen Verteidigung ihres Heimatgebiets veranstalten dürfen - etwas, das wir in den letzten Monaten mehrfach mit direkter oder stillschweigender Unterstützung der Armee und hochrangiger Minister erlebt haben. Als Finanzminister Bezalel Smotrich dazu aufrief, die Huwwara "auszulöschen", war seine teilweise Korrektur, dass er es zwar ernst meinte, aber meinte, dass der Staat dies tun sollte - nicht die Zivilisten.

Aber Laors Ideen spiegeln eher die Haltung der israelischen faschistischen Rechten wider - die darauf abzielt, Zivilisten als Milizen zu formalisieren und zuzulassen. Genau dieser Gedanke liegt der Nationalgarde von Itamar Ben-Gvir zugrunde.

Liberale und rechte kognitive Dissonanz

Eine Sache, die über den offenkundig faschistischen Charakter von Laors Befürwortung hinaus schockieren könnte, ist die Tatsache, dass er in den letzten Jahren Führungspositionen in mehreren Organisationen innehatte, die sich mit Katastrophenhilfe beschäftigen. Für die meisten ist das ein verblüffender Widerspruch - sich für solch blutige Zerstörungen einzusetzen und gleichzeitig in der Branche zu arbeiten, die Menschenleben rettet. Aber das ist nur ein Beispiel dafür, wie liberale Unternehmungen von Israel und Israelis genutzt werden, um ihre äußerst illiberalen (manchmal völkermörderischen) Ansichten und Handlungen auszugleichen. Diese Dualität zeigt sich im gesamten politischen Spektrum - sowohl bei Rechtsextremen wie Laor als auch bei Zentristen wie Gadi Eisenkot, dem Autor der berüchtigten "Dahiya-Doktrin".

Ich erwähne die Dahiya-Doktrin, weil es wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kombattanten tatsächlich von Liberalen eingeführt wurde - Eisenkot gilt schließlich als Liberaler und ist ein prominenter Gegner der Justizüberholung. Er ist auch derselbe Generalstabschef, der 2006 die Beschießung des Dahiya-Viertels in Beirut rechtfertigte und 2008 versprach, Israel werde "unverhältnismäßige Gewalt anwenden" und jedem Dorf, von dem aus Raketen auf Israel abgefeuert werden, "großen Schaden und Zerstörung zufügen", denn "von unserem Standpunkt aus sind das keine zivilen Dörfer, sondern Militärbasen." (Hervorhebung hinzugefügt) Aber die derzeitige rechte Regierung geht mit der Aufhebung der Unterscheidung zwischen Zivilisten und Militär noch weiter - sie hebt auch die Unterscheidung für Israelis auf (zwischen Siedlern und der Armee).

Dennoch sollte es niemanden überraschen, dass vermeintliche Liberale wie Eisenkot gleichzeitig solch ungeheuerliche Kriegsverbrechen befürworten. Es stellt sich heraus, dass sogar die liberale Heldin Golda Meir ein palästinensisches Dorf vergiftete, um eine weitere Siedlung zu errichten.

In diesem Sinne sollten zionistische Liberale nicht so schockiert über die Äußerungen von Laor oder Ben-Gvir sein. Sie folgen lediglich dem Beispiel ihrer "Mainstream"-Vorgängerinnen und -Vorgänger.  Quelle

Europol hat ein Papier veröffentlicht, das nahelegt, dass Demonstranten gegen Israels Waffenindustrie Extremisten sind. (Via Twitter)
 

"Angriffe" gegen Israel werden von EUROPOL als Terrorismus angesehen...

David Cronin - 28. Juni 2023 - Übersetzt mit DeepL

Europol ist eine Strafverfolgungsbehörde, die ständig gegen Drogen predigt. Warum hat mich dann die Lektüre eines ihrer neuesten Berichte halluzinieren lassen?

Das neue Papier befasst sich mit der "Situation und Entwicklung des Terrorismus" und stellt Israel als unschuldiges Opfer von Aggressionen dar.

"Israel bleibt ein regelmäßiges Ziel linksextremer Propaganda, vor allem im Zusammenhang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt", heißt es in dem Bericht.

Dies wurde", so Europol, "durch einen Vorfall in Belgien im August 2022 deutlich.

Ein 31-Jähriger "mit Sympathien für die palästinensische Sache" setzte "zwei gepanzerte Militärfahrzeuge" mit Molotowcocktails in Brand. Dem Bericht zufolge waren die Fahrzeuge "vor" den Büros eines "israelischen Verteidigungsunternehmens" geparkt.

Am Tatort wurde eine Nachricht gefunden, die "das israelische Unternehmen als Ziel des Angriffs angibt", heißt es in dem Bericht weiter.

Der Vorfall war der einzige bekannte Fall von "linkem Terrorismus" in Belgien im vergangenen Jahr, so der Bericht.

Ich habe mich bei Europol erkundigt, warum Europol robuste Kritik an Israel als extremistisch oder terroristisch ansieht, wo Israel doch regelmäßig Palästinenser/innen extremer Gewalt aussetzt.

Ein Sprecher antwortete, dass bei der Beschreibung des belgischen Vorfalls "keine Bewertung der Situation vorgenommen wird". Der betreffende Abschnitt in der Zeitung enthalte "nur eine sachliche Berichterstattung", so die Sprecherin.

Der Bericht war, um es milde auszudrücken, sparsam mit den Fakten.

Relevante Fakten wurden ausgelassen.

Es wurde nicht erwähnt, dass es sich bei dem "israelischen Rüstungskonzern" um Elbit Systems handelt, einen Hersteller von Drohnen, die bei Angriffen auf den Gazastreifen und seit kurzem auch auf das Westjordanland eingesetzt werden.

Auch wurde in dem Europol-Papier nicht erwähnt, dass niemand verletzt wurde, als die beiden gepanzerten Fahrzeuge in Belgien in Brand gesetzt wurden. Im Gegensatz dazu sind Israel und seine Waffenhersteller direkt für die Tötung und Verstümmelung von Palästinensern, darunter viele Kinder, verantwortlich.

Verachtung für ein ordentliches Verfahren
Der Europol-Bericht verrät eine Verachtung für ein ordentliches Verfahren.

Er stützt sich auf "Beweise", die vorgelegt wurden, bevor ein Gerichtsverfahren abgeschlossen war.

Die Unschuldsvermutung ist ein grundlegendes Menschenrecht. Dieser Grundsatz ist in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert.

Europol - eine EU-Agentur - hat dieses Recht mit Füßen getreten.
Das neue Europol-Papier ist auch in anderer Hinsicht problematisch.
Es vergleicht den belgischen Vorfall mit den Protesten von Palestine Action in Großbritannien.

Die Schlussfolgerung, dass Palestine Action Terrorismus betreibt, ist abscheulich. Indem sie die Ausrüstung von Elbit Systems zerstörten, versucht Palestine Action, den israelischen Staatsterrorismus zu verhindern.

Damit unterscheidet sie sich deutlich von Europol, das diesen Terrorismus tatsächlich unterstützt. Europol arbeitet seit langem mit der israelischen Polizei zusammen, die im besetzten Ost-Jerusalem stationiert ist und häufig Palästinenser tötet und ihre Häuser zerstört.

Im Gegensatz zu einigen anderen EU-Dokumenten unterscheidet das Europol-Papier zwischen der Ablehnung der israelischen Staatsideologie Zionismus und der Feindseligkeit gegenüber Juden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Religion. Dennoch behauptet es - ohne handfeste Beweise zu liefern - dass Antisemitismus unter der harten Linken weit verbreitet ist.

In dem Europol-Papier heißt es: "Während Linksextremisten meist antizionistische Positionen zur Unterstützung der Palästinenser vertreten und den Staat Israel des Imperialismus, der Kolonisierung und der Unterdrückung beschuldigen, werden auch häufig antijüdische Gefühle geäußert, z. B. in Verbindung mit antikapitalistischen Verschwörungstheoretikern. Linksextremisten betreiben regelmäßig Hassreden gegen Israel auf Demonstrationen, in Publikationen und online."

Der Begriff "linksextremistisch" wird in dem Europol-Papier nicht ausdrücklich definiert.

Das Papier deutet jedoch an, dass es extrem ist, eine klassenlose Gesellschaft anzustreben - mit anderen Worten, an die Gleichheit für alle zu glauben. Kampagnen für die Abschaffung von Frontex - einer EU-Behörde, die Flüchtlinge abschiebt - und störende Proteste, die die dringende Notwendigkeit unterstreichen, den Klimawandel anzugehen, werden in dem Europol-Papier ebenfalls als extremistisch bezeichnet.

Roter Teppich für echte Extremisten

Auch wenn sie sich über vermeintliche Extremisten aufregen, ist es unwahrscheinlich, dass die Europol-Mitarbeiter/innen gegen die von der herrschenden Klasse bevorzugten Extremisten vorgehen werden.

Erst diese Woche haben zwei prominente EU-Vertreter - Margaritis Schinas und Katharina von Schnurbein - Simcha Rothman in Brüssel empfangen. Rothman ist Mitglied des israelischen Parlaments, der Knesset, und einer der Hauptbefürworter der "Justizreformen", die selbst US-Präsident Joe Biden als ungenießbar ansieht.


Rothman ist ein Verbündeter von Bezalel Smotrich, dem selbsternannten "faschistischen Homophobiker", der die israelische Besetzung des Westjordanlandes leitet.
Vor seiner Wahl in die Knesset gründete Rothman eine Lobbygruppe zusammen mit führenden Anhängern des verstorbenen Meir Kahane, dem rassistischen Hitzkopf, der die Vertreibung der Palästinenser/innen befürwortete. Einige von Rothmans kahanistischen Freunden sollen 1985 an der Ermordung des palästinensisch-amerikanischen Aktivisten Alex Odeh beteiligt gewesen sein.

Nichts von alledem wird wahrscheinlich enthalten sein, wenn Europol das nächste Mal ein Papier über Terrorismus veröffentlicht.

Rothman war in Brüssel auf einer Konferenz über Antisemitismus - wie er von Israel und seinem Lobbynetzwerk definiert wird. Die unangenehmen Details über seinen Hintergrund scheinen von seinen Gastgebern unter den roten Teppich gerollt worden zu sein.   Quelle
 

Ein Mann geht am 21. Juni 2023 in der Gegend von al-Lubban al-Sharqiya im besetzten Westjordanland zwischen verbrannten Autos, die von israelischen Siedlern angezündet wurden, umher.
 

Blinken: USA besorgt über israelische Siedlergewalt im Westjordanland

Die Worte des Außenministers kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die israelische Siedlergewalt in weiten Teilen des Westjordanlandes "außer Kontrolle" gerät und Dutzende von palästinensischen Häusern zerstört werden

 MEE-Mitarbeitern - 28. Juni 2023 - Übersetzt mit DeepL

US-Außenminister Antony Blinken hat sich besorgt über die zunehmende israelische Gewalt im besetzten Westjordanland geäußert, von der auch US-Bürger betroffen sind.

In einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Eli Cohen am Dienstag "unterstrich Blinken die Notwendigkeit, dass alle Parteien an einer weiteren Deeskalation der Situation arbeiten", so ein Sprecher des Außenministeriums.

In der vergangenen Woche kam es zu einer Häufung von Angriffen israelischer Siedler auf Palästinenser. Mindestens 85 solcher Vorfälle wurden registriert, was Sicherheitsbeamte in Israel zu der Warnung veranlasste, dass die anhaltende Gewalt zu Anarchie führen könnte.

Middle East Eye sprach mit mehreren amerikanischen Bürgern palästinensischer Abstammung, die letzte Woche von jüdischen Siedlern mit amerikanischer Staatsbürgerschaft angegriffen wurden. Sie berichteten von einem Mob von etwa 50 Siedlern, die von Haus zu Haus zogen, viele von ihnen trugen Waffen und schwarze Gesichtsmasken und griffen jeden an, den sie sahen.

"Das [US-Außenministerium] ist sich der Berichte über die Bedrohung von US-Bürgern und US-Permanent-Residents in Turmus Ayya bewusst und arbeitet aktiv mit der israelischen Regierung in dieser Angelegenheit zusammen", sagte der Sprecher des Außenministeriums der israelischen Tageszeitung Haaretz und bezog sich dabei auf das Dorf im Westjordanland, das von israelischen Siedlern angegriffen wurde.

Außerdem hätten die Vereinigten Staaten bereits deutlich gemacht, dass sie von der israelischen Regierung erwarten, "dass sie die Verantwortlichen für diese Angriffe in vollem Umfang zur Rechenschaft zieht und strafrechtlich verfolgt sowie für den Verlust von Häusern und Eigentum entschädigt".

Siedlergewalt "verliert die Kontrolle

Das israelische Medienunternehmen Walla News zitierte am Montag einen Sicherheitsbeamten, der die Angriffe der Siedler als "nationalistisches Verbrechen" bezeichnete und davor warnte, dass die Situation bald "außer Kontrolle" gerate.

"Wir haben das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren", zitierte Walla einen Armeebeamten.

Seit Dienstag letzter Woche randalieren israelische Siedler in palästinensischen Dörfern nahe Ramallah und Nablus.

Mindestens ein Palästinenser wurde bei den Angriffen getötet und Dutzende von Menschen verletzt. Bei den meisten Angriffen wurden Ernten, Autos und Häuser in Brand gesetzt.

Israelische Soldaten wurden dabei beobachtet, wie sie entweder Siedler schützten oder sich an den Angriffen beteiligten.

Die Angriffe eskalierten weiter, nachdem zwei Palästinenser vier israelische Siedler erschossen hatten.

Der Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet und der Generalstabschef der Armee, Herzi Halevi, stimmten zu, zwei Infanteriebataillone, eine Patrouille der Spezialeinheit und eine Militärpolizei als Verstärkung ins Westjordanland zu schicken.

"Die Polizei beherrscht das Gebiet nicht wirklich und der Armee gelingt es nicht, es unter Kontrolle zu bringen", sagte eine Sicherheitsquelle gegenüber Walla.

Laut Walla gibt es im Westjordanland zwar genügend Streitkräfte, aber die Entscheidung, weitere Bataillone zu entsenden, wurde getroffen, nachdem eine Bewertung zu dem Schluss gekommen war, dass die Situation in einen Krieg kippen könnte.

"Normalerweise gibt es [israelische] nationalistische Straftaten für ein oder zwei Tage und nicht mehr als das", sagten Armeebeamte. "Wenn man ein palästinensisches Haus anzündet, in dem sich eine ältere Frau mit Kindern aufhält, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der 20-Jährige hinausgeht und einen Anschlag verübt."

Die USA und Europa haben Israel gedrängt, die Siedler zu zügeln, von denen einige als Minister in der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu sitzen.

Am Wochenende verbrannten Siedlerbanden Ernten in der palästinensischen Stadt Turmusaya nördlich von Ramallah, nur wenige Tage nach einem Amoklauf in dem Dorf, bei dem mindestens 30 Häuser und 70 Fahrzeuge in Brand gerieten.

Am Samstag zogen Dutzende von Siedlern durch mehrere andere Dörfer im Westjordanland und griffen palästinensische Häuser an - Szenen, die als organisiertes "Pogrom" bezeichnet wurden.

Die Leiter von Polizei, Armee und Shin Bet veröffentlichten eine Erklärung, in der sie die Angriffe als "nationalistischen Terror" verurteilten.  Quelle

Quelle
 

Ein altes Foto von Bethlehem, Al-Anatra-Viertel im Jahr 1920


 

Ist die "Antisemitismus-Krise" an US-Colleges real?

Der Journalist Arno Rosenfeld erklärt, wie das von den etablierten Gruppen verbreitete Narrativ nicht mit den Erfahrungen der meisten jüdischen Studierenden auf dem Campus übereinstimmt, insbesondere was Israel betrifft.

Natasha Roth-Rowland - 28. Juni 2023 - Übersetzt mit DeepL

Fatima Mohammed, Jurastudentin an der City University of New York, geriet letzten Monat in die Kritik, nachdem sie eine Rede zum Studienbeginn gehalten hatte, in der sie nicht nur die Brutalität der US-Polizei und die Einwanderungsbehörden kritisierte, sondern auch ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen dafür lobte, dass sie sich für die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser einsetzen und Israel für sein Unterdrückungsregime kritisieren. Auf Meinungsseiten, in den sozialen Medien, im Rathaus und auf dem Capitol Hill wurde die jemenitisch-amerikanische Absolventin des "Judenhasses" bezichtigt, was eine sofortige Bestrafung der Absolventin und der CUNY selbst rechtfertigte, weil sie diesen angeblichen Antisemitismus zuließ.

Der vehemente Widerstand gegen Mohammeds Rede ist nur das jüngste Beispiel für ein deprimierend vertrautes Muster. Seit Jahren behaupten das amerikanisch-jüdische Establishment, die konservativen und einige Mainstream-Medien sowie rechtsgerichtete jüdische Interessengruppen, dass der Antisemitismus an den US-Universitäten ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht hat. Es sei eine gefährliche Zeit, als Jude auf dem Campus zu leben, und die Bedrohung gehe von Studierenden, Lehrkräften, Verwaltungsangestellten und der Universitätsleitung aus.

Ein Großteil dieser "Antisemitismuswelle" wird von diesen Gruppen vorangetrieben, die immer stärker versuchen, Antizionismus und die meiste Kritik an Israel als Antisemitismus darzustellen - eine Taktik, die die palästinensische Befreiungsbewegung effektiv delegitimiert und unverhältnismäßig viele Palästinenserinnen und Palästinenser selbst trifft. Erschwerend kommt hinzu, dass der Antisemitismus in den letzten Jahren auf allen Ebenen der Gesellschaft zugenommen hat, von den dunklen Ecken des Internets über politische Kundgebungen bis hin zum Weißen Haus.

In diesem Spannungsfeld ist es außerordentlich schwierig, herauszufinden, was an den US-Hochschulen tatsächlich vor sich geht - und was nicht, vor allem, wenn viele Mainstream-Medien "von der Prämisse ausgehen, dass der Antisemitismus an den Hochschulen zunimmt, und sich von dort aus weiter vorarbeiten", so Arno Rosenfeld, der in den letzten Jahren für The Forward über Hochschulen berichtet hat. Außerdem, so Rosenfeld, widersprechen die Daten der Organisationen, die die Krise des Antisemitismus an den Hochschulen beklagen, dieser Darstellung. Das wirft die Frage auf, wem diese Darstellung nützt - und wem sie schadet.

Ich habe mit Rosenfeld darüber gesprochen, wie es zu diesem Narrativ kam, was er durch seine Berichterstattung darüber gelernt hat und was nach seinen Erfahrungen wirklich mit dem Antisemitismus an den US-Hochschulen passiert.

Das folgende Gespräch wurde aus Gründen der Länge und Klarheit gekürzt.

Fangen wir mit der großen Frage an. Gibt es, wie wir ständig in den Medien und vom amerikanisch-jüdischen Establishment hören, eine Welle des Antisemitismus, die die amerikanischen Hochschulen überschwemmt?

Diese Frage ist aus verschiedenen Gründen schwer zu beantworten. Erstens gibt es nicht viele gute historische Daten darüber, wie der Antisemitismus an den Hochschulen aussah. Zweitens hängt es davon ab, was du als "Welle" betrachtest oder ab welcher Schwelle du Antisemitismus als großes Problem ansiehst.

Aus den vorhandenen Daten - die größtenteils von denselben Organisationen stammen, die ein massives Antisemitismusproblem behaupten - wissen wir, dass die Mehrheit der jüdischen Studierenden angibt, im letzten Jahr keinen Antisemitismus erlebt zu haben, und etwa 85 Prozent haben sich noch nie wegen ihres Judentums oder der Notwendigkeit, ihre Identität zu verbergen, von einem Platz auf dem Campus ausgeschlossen gefühlt. Einige berichten von keinerlei Problemen, andere vielleicht von einer antisemitischen Erfahrung. Aber die große Mehrheit der jüdischen Studierenden gibt an, dass Antisemitismus ihre College-Erfahrung nicht behindert. Er ist nicht Teil ihres täglichen Lebens auf dem Campus.

Aber es gibt auch 10 bis 20 Prozent, die ein ernsthaftes Problem mit dem haben, was sie als Antisemitismus empfinden: [Sie berichten, dass sie aufgrund ihrer jüdischen Identität von Räumen auf dem Campus ausgeschlossen werden, dass sie wiederholt antisemitische Bemerkungen hören und so weiter. Verschiedene Leute werden sich diese Zahlen ansehen und unterschiedliche Schlüsse daraus ziehen. Aber die Tatsache, dass zum Beispiel 94 Prozent der jüdischen Studierenden in einer Umfrage von Hillel [International] und der ADL [Anti-Defamation League] im Jahr 2021 angaben, dass sie noch nie von einer Gruppe oder Veranstaltung ausgeschlossen wurden, weil sie jüdisch sind - diese Zahlen passen nicht wirklich zu der Rhetorik, die wir von vielen dieser nationalen Organisationen über die angebliche Bedrohung durch Antisemitismus auf dem Campus hören.

Woher kommt dieses Narrativ von einer allumfassenden Welle des Antisemitismus, wenn die Zahlen es nicht wirklich belegen?

Einer der Gründe dafür ist, dass niemand wirklich bestreiten will, dass Antisemitismus auf dem Campus oder sonstwo ein Problem ist. Es gibt zwar einige Ausnahmen, aber im höflichen politischen Diskurs ist jeder der Meinung, dass Antisemitismus genauso schlimm ist wie Rassismus und andere Formen der Diskriminierung. Wenn also diese manchmal falschen oder irreführenden Erzählungen verbreitet werden, gibt es für niemanden einen wirklichen Anreiz, dagegen zu protestieren.

Außerdem wissen wir, dass jüdische Studierende, die Teil einer jüdischen Gemeinschaft auf dem Campus sind - also die engagiertesten jüdischen Studierenden - zumindest in den wenigen Daten, die uns vorliegen, ein höheres Maß an Antisemitismus angeben. Es wird oft behauptet, dass mehr als die Hälfte der jüdischen Studierenden Antisemitismus als ein Problem ansehen. Das stimmt zwar nicht, aber diese Zahl - über die viel berichtet wurde - stammt aus einer Umfrage unter jüdischen Verbindungsmitgliedern. Etwa 65 Prozent der Mitglieder von AEPi, der wichtigsten jüdischen Studentenverbindung, gaben an, sich wegen Antisemitismus auf dem Campus unsicher zu fühlen.

Es gibt viele Menschen, die sich auf dem Campus für andere jüdische Aktivitäten engagieren, aber es deutet darauf hin, dass Menschen, die sich im institutionellen jüdischen Leben auf dem Campus engagieren, Antisemitismus auf einem höheren Niveau erleben. Und wenn du eine nationale jüdische Organisation bist, hörst du genau von diesen Leuten. Das kann entweder zu einem verzerrten Bild führen, oder es ist ein Beweis dafür, dass Antisemitismus ein größeres Problem ist, das aber nur Menschen betrifft, die auf dem Campus als jüdisch bekannt sind.

Wem - oder was - dient dieses Narrativ, dass jüdische Studierende auf dem College-Campus in nie dagewesener Weise belagert werden?

Es dient den Organisationen, die sich selbst als Beschützer jüdischer Studierender darstellen. Das ist nicht unbedingt politisch, aber es dient denjenigen, die die Rede über Israel an den Hochschulen kontrollieren wollen. In dem Maße, in dem sich Antisemitismus im Aktivismus gegen Israel zeigt, würden [diese Organisationen] sagen, dass diese Äußerungen überwacht werden müssen - in vielen Fällen ist [diese Überzeugung] also nicht einmal versteckt.

Aber es gibt kein Verständnis für die Verbindung zwischen der Art und Weise, wie wir zum Beispiel darüber sprechen, dass an der Universität von Indiana Mezuzahs von den Türrahmen gerissen werden, und der Idee, dass wir bestimmten israelkritischen Rednern verbieten sollten, auf dem Campus aufzutreten. Und es gibt einen Zusammenhang, denn du gehst von der Prämisse aus, dass die Dinge für jüdische Studierende wirklich gefährlich sind, und dann schlägst du eine Reihe von Lösungen vor, die oft viel mit Israel zu tun haben und nicht auf die besonderen Bedürfnisse jüdischer Studierender eingehen.

Schauen wir uns das wichtigste Instrument an, das von vielen dieser nationalen jüdischen Organisationen verwendet wird, um Verhalten als antisemitisch einzustufen: die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus. Sie hat Reden und Aktivismus rund um Israel und Palästina in den Mittelpunkt der nationalen Diskussion über Antisemitismus gerückt. Kannst du uns erklären, warum diese Definition eine so wichtige Rolle in der Antisemitismusdebatte an den Universitäten spielt?

Was ich gerade erklärt habe, ist das Narrativ des "guten Willens": Es gibt viele Menschen, denen die Sicherheit der Juden wirklich am Herzen liegt, und so kann dieses Narrativ [einer Welle von Antisemitismus auf dem Campus] entstehen, selbst bei Menschen, die keine anderen politischen Ziele verfolgen.

Aber es gibt auch - und das hängt mit der IHRA-Definition zusammen - eine konzertierte politische Aktion, um bestimmte Arten von Anti-Israel-Aktivismus auf dem Campus als antisemitisch zu klassifizieren. Um dies zu erleichtern, ist es hilfreich, wenn Antisemitismus an den Hochschulen als ein wirklich ernsthaftes Problem angesehen wird - denn wenn die Leute denken, dass es irrelevant ist, warum sollten sie es dann riskieren, zu entscheiden, wann Israel-Aktivismus eine Grenze [zum Antisemitismus] überschreitet? Wenn man es aber als eine Krise betrachtet, in der jüdische Studierende unsicher sind und etwas getan werden muss, um sie zu schützen, dann ist es viel einfacher, eine Lösung zu finden, die auch eine politische Agenda oder ein Motiv rund um Israel hat.

Die IHRA-Definition spielt in diesen Campus-Debatten eine lustige Rolle. In den USA gab es nur sehr wenige Fälle, in denen etwas allein aufgrund der IHRA-Definition als antisemitisch eingestuft wurde. Sie hat eher symbolischen Charakter, da die Befürworter/innen der Definition in der Regel der Meinung sind, dass Antizionismus generell Antisemitismus ist, und sie wollen, dass die Institutionen dieses Verständnis übernehmen.

Das ist nicht ganz einfach, denn während sie die Universitäten auffordern, die IHRA-Definition zu übernehmen, betonen sie, dass sie nicht versuchen, gegen die Meinungsäußerung oder die Rede über Israel vorzugehen. Aber wenn du einer Universität sagst: "Nehmt diese Definition von Antisemitismus an, aber keine Sorge, sie hat nichts mit Israel-Reden zu tun", und dann zwei Jahre später kommst und sagst: "Basierend auf dieser Definition, die ihr angenommen habt, denken wir, dass ihr die Israel Apartheid Week verbieten müsst" - dann bleibt abzuwarten, ob diese Universitäten zustimmen werden oder nicht.

[Die IHRA-Definition wird von vielen pro-palästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten als sehr bedrohlich angesehen, aber ich weiß nicht, ob sie von den Universitäten tatsächlich auf besonders aggressive Weise umgesetzt wird. Bei den Universitäten, die sich dazu bereit erklärt haben, kann man fast eine Parallele zu einer Erklärung ziehen, in der es heißt, dass "Black lives matter" (schwarzes Leben) während der George Floyd Proteste eine Rolle spielt - das ist für eine Universität wirklich einfach zu tun.

Es ist schwer, Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen. Wenn also Organisationen an eine Universität kommen, die ein echtes Problem mit Antisemitismus hat - Hakenkreuz-Graffiti oder Übergriffe - und die jüdische Gemeinde sagt: "Nehmt einfach diese Definition an", ist das sehr verlockend. Es ist etwas Konkretes, das sie tun können, und sie werden viel Lob von den etablierten jüdischen Organisationen bekommen, aber sie müssen nicht mehr Geld für irgendetwas bereitstellen, sie müssen nicht ihre andere Politik ändern oder Schulungen beginnen.

Aber das geht über die institutionelle Annahme der IHRA hinaus. Palästinenser/innen und Aktivist/innen der Palästina-Solidarität berichten auch über die allgemeine Atmosphäre, die dadurch auf dem Campus entsteht - und über das Gefühl, dass es eine Rolle dabei spielt, was sie sagen können oder nicht sagen dürfen, und dass die Leute dazu verleitet werden, sich selbst zum Schweigen zu bringen. Welche proaktiven Schritte unternehmen die Pro-Israel-Leute, um diese Atmosphäre zu fördern?

Ich bin ein wenig skeptisch, was die Macht der IHRA-Definition allein angeht, denn ich habe noch nicht viele Fälle gesehen, in denen Menschen, die Antizionismus sonst nicht als eine Form von Antisemitismus betrachtet hätten, ihre Meinung geändert haben, nachdem sie die IHRA-Definition gelesen hatten. Der Vorstoß für die IHRA-Definition ist jedoch ein Beweis dafür, dass die Bemühungen, diese Art von Rede oder Aktivismus als antisemitisch einzustufen, zunehmen und geht Hand in Hand mit ihnen. Das kann sich definitiv darauf auswirken, dass sich die Menschen nicht mehr trauen, sich zu diesen Themen zu äußern.

Gleichzeitig beobachten wir eine deutliche Zunahme pro-palästinensischer Aktivitäten an den Hochschulen. Akademiker und Studentengruppen äußern Dinge, die wir vor ein paar Jahren noch nicht gesehen hätten. Ein Beispiel ist die Unterstützung von BDS durch den Harvard Crimson. Die Leute sind besessen von Harvard und es wurde viel daraus gemacht, aber es ist trotzdem eine wirklich bedeutende Veränderung. Das macht es wirklich schwer, eine abschreckende Wirkung zu messen, denn wenn es keinen Versuch gäbe, einige dieser Aktivitäten als antisemitisch einzustufen, würden wir dann mehr davon sehen? Oder war es wirklich wirkungslos, und die Leute wurden nicht zum Schweigen gebracht? Du kannst dich an Einzelfällen orientieren, aber ich weiß wirklich nicht, wie du das messen kannst.

Es gibt auf jeden Fall Versuche, einige dieser Reden und Aktivitäten an den Universitäten zu unterbinden - sowohl von Leuten, die wirklich glauben, dass sie antisemitisch sind und ein feindliches Umfeld für viele Juden auf dem Campus schaffen, als auch von anderen, die seit Jahrzehnten pro-israelische Aktivitäten betreiben und nun denken, dass dies ein effektiverer Ansatz ist, um diese Ziele zu erreichen.

Letzten Monat gab es einen Medienrummel um eine Rede von Fatima Mohammed, die sie bei ihrer Eröffnungsfeier an der CUNY Law School hielt und in der sie Israel und den Zionismus kritisierte. Sie fügte sich in die schon länger andauernde Erzählung ein, dass die CUNY die antisemitischste Universität der Vereinigten Staaten ist und einer ihrer Professoren sogar behauptete, dass die Schule daran arbeitet, "alle Juden aus ihrer Führungsriege zu entfernen". Kannst du uns sagen, was du an der CUNY beobachtest und wie es in das Gesamtbild der Antisemitismusdebatte auf dem Campus passt?

Die CUNY ist aus einer Reihe von Gründen ein merkwürdiger Fall. Sie ist wahrscheinlich das größte und einflussreichste Hochschulsystem der Arbeiterklasse im ganzen Land. Es gibt viele Überlieferungen über ihre jüdische Geschichte - sie hat viele jüdische Nobelpreisträger hervorgebracht, als es noch Quoten für die Ivy League-Universitäten gab. Sie liegt in New York City, das immer noch das Zentrum des jüdischen Lebens in den Vereinigten Staaten ist. Sie ist auch eine weitläufige Institution mit vielen verschiedenen Bürokratien innerhalb der Bürokratien, und es ist wirklich schwer, herauszufinden, was dort mit Antisemitismus passiert.

Fatima Mohammed hält die Eröffnungsrede bei der Graduierungsfeier der CUNY School of Law. (Screenshot)
Fatima Mohammed hält die Eröffnungsrede bei der Abschlusszeremonie der CUNY School of Law. (Screenshot)
Es gab einige Fälle von Antisemitismus, die wenig oder gar nichts mit Israel zu tun zu haben schienen, oder wenn doch, dann sind die Anschuldigungen zumindest auf den ersten Blick antisemitisch. Es ist eine riesige Einrichtung mit vielen jüdischen und nicht-jüdischen Studierenden, und es gibt einige dieser Konflikte.

Und dann ist da noch die Israel-Frage, die von einer Kombination aus nationalen Organisationen, wie wir sie auf jedem Campus sehen, und bestimmten Professoren und Lehrkräften, die eine Reihe von Beschwerden gegen die CUNY haben, vorangetrieben wird - manche über Israel, manche über das, was sie für Antisemitismus halten, manche über andere Dinge. Es gibt auch eine gewerkschaftliche Komponente - die [gewerkschaftsfeindliche] National Right to Work [Legal Defense] Foundation hat Pressemitteilungen über Antisemitismus an der CUNY verschickt und die Fakultätsgewerkschaft des Antisemitismus beschuldigt, mit dem Ziel, wenn schon nicht die Gewerkschaft zu entlassen, so doch ein Gericht dazu zu bringen, die Gesetze des Staates New York über die Beteiligung an Gewerkschaften aufzuheben.

Es gibt viele verschiedene Ebenen, und das macht es teilweise schwer zu entschlüsseln, was tatsächlich passiert. Der aktuelle Fall fühlt sich an wie der Höhepunkt einer jahrelangen Erzählung, dass es an der CUNY eine wachsende Krise des Antisemitismus gibt.

Es ist wirklich erstaunlich, [die Reaktion auf] diese Rede zu sehen. Fatima Mohammed prangert Israel zwar mit scharfen Worten an, aber es geht in ihrer Rede nicht ausschließlich um Israel, und ich glaube nicht, dass sie schärfer war als das, was wir in den letzten Jahren an der CUNY Law gesehen haben. Sie beschuldigte auch LexisNexis [ein Softwareunternehmen, das mit dem U.S. Immigration and Customs Enforcement (ICE) zusammenarbeitet], ICE und die NYPD, "faschistisch" zu sein. Es wurden viele Themen angesprochen. Doch jetzt gibt es einen riesigen Skandal, Mitglieder des Kongresses geben Erklärungen ab und es gibt einen Gesetzesentwurf, um die CUNY zu streichen, weil sie angeblich antisemitisch ist.

Ich weiß nicht genau, was der Auslöser war, außer dem Druck, der auf die Institution ausgeübt wurde, der zu diesem Vorfall führte. Viele Menschen, die diese Rhetorik als antisemitisch ansehen, sind auch skeptisch gegenüber dem öffentlichen Bildungswesen im Allgemeinen, vor allem, wenn es armen Menschen und der Arbeiterklasse dienen soll. Die CUNY ist keine Elitehochschule. Es war also ein perfekter Sturm, der diesen frischgebackenen Juristen einer Flut von Schikanen und Kritik ausgesetzt hat.

Siehst du Bemühungen von pro-israelischen Medien und nationalen Organisationen, andere Hochschulen als ebenso anfällig für Antisemitismus darzustellen, wie sie es von der CUNY glauben?

Die CUNY ist ein einzigartiges Ziel, aber wenn dieser Gesetzentwurf zur Streichung antisemitischer Hochschulen aufgrund der Bedenken der Menschen über die CUNY verabschiedet wird, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass dies nicht auch für andere Hochschulen gelten würde.

Abgesehen davon gibt es an der CUNY viele Überschneidungen zwischen Aktivisten und Studierenden aus New York City, vor allem in Bezug auf Israel und Palästina. Das liegt zum Teil daran, dass die Studentenschaft aus vielen Einwanderern der ersten oder zweiten Generation besteht, die aus dem Nahen Osten stammen und für die Palästina ein wichtiges Anliegen ist. Das kann [in der Berichterstattung] verloren gehen - die Leute sagen: "Warum konzentrieren sie sich auf Israel? Das muss daran liegen, dass sie von Juden besessen sind oder dass sie antisemitisch sind.

Aber die Taktik, die an einer Schule angewandt wird, kann auch anderswo angewandt werden. Das alles geschah kurz nach der Veröffentlichung der nationalen Antisemitismusstrategie des Weißen Hauses, und viele Leute sagten, sie sollten sie an der CUNY umsetzen. Ich denke also, dass, wenn [z.B. nationale jüdische Organisationen] in der Lage sind, das, was sie als Antisemitismus an der CUNY ansehen, mit diesen durchgreifenden Maßnahmen zu bekämpfen, es keinen Grund gibt, zu erwarten, dass dies auf die CUNY beschränkt bleibt.

Außerdem ist die CUNY Law die einzige juristische Fakultät des Landes, an der die Jewish Law Students Association erklärtermaßen antizionistisch ist. Es gibt viele jüdische Studierende an der CUNY, die sich selbst als Zionisten betrachten und Israel unterstützen, aber es gibt auch viele, die Teil dieses Aktivismus sind. Viele der Reaktionen [auf Mohammeds Rede] bestanden darin, sich zu fragen, wie die jüdischen Schüler/innen in der Klasse reagiert haben, und viele von ihnen unterstützen diese politischen Positionen.

Was hältst du als Reporterin, die über Antisemitismus und Hochschulen berichtet, von der Zusammenlegung von Hakenkreuzschmierereien an öffentlichen Plätzen auf dem Campus und antizionistischen Aktivitäten? Wo ziehst du die Grenze, wenn du versuchst, diese sehr unterschiedlichen Vorfälle voneinander zu trennen?

Amerikanische Juden geben im Großen und Ganzen an, dass ihre größte Sorge der rechtsextreme Antisemitismus ist. Das kommt auch zur Sprache, wenn du auf dem College-Campus mit jüdischen Studierenden sprichst. Es gibt eine Handvoll Colleges, an denen es wirklich lautstarken, manche würden sagen aggressiven, Aktivismus für Israel gibt, aber es gibt noch viel mehr Unis im ganzen Land, von denen viele von den nationalen jüdischen Organisationen kaum beachtet werden, an denen Studierende auf Menschen treffen, die noch nie zuvor Juden begegnet sind und sich entweder aus Unwissenheit oder aus Bosheit beleidigend über sie äußern. Es gibt Ausdrücke des religiösen Antisemitismus, wenn christliche Schüler/innen Juden gegenüber feindselig sind.

Und auch rassistische und andere beleidigende Äußerungen haben zugenommen. Wenn du jüdische Fachleute auf dem Campus fragst, woher dieser Anstieg des Antisemitismus kommt, sprechen sie manchmal von israelbezogenem Aktivismus, aber auch von der Wahl Donald Trumps und der Art und Weise, wie sich Studierende, die ursprünglich eher konservativ waren, ermächtigt fühlten, in der Klasse, im Internet oder auf Partys noch unverschämtere und beleidigende Dinge zu sagen.

Das ist nicht Teil des Gesprächs, wenn wir über Antisemitismus auf dem Campus sprechen - wir denken selten darüber nach, dass sich Studierende jetzt wohler fühlen, wenn sie rassistische Beleidigungen verwenden. Das sind nicht die gleichen Studierenden, die sich für Palästina engagieren. Das macht es wirklich schwer, mit klarem Blick über Antisemitismus an Hochschulen zu berichten, denn einerseits sprechen jüdische Studierende über den Antisemitismus, den sie erleben, und andererseits sprechen die nationalen jüdischen Organisationen - die sich mit Universitätsvertretern treffen und Lösungen für das Bundesbildungsministerium vorschlagen - über etwas anderes.

Gleich nach der Wahl von Joe Biden schickten die Conference of Presidents [of Major American Jewish Organizations] und die Anti-Defamation League einen gemeinsamen Brief an die Biden-Administration, in dem sie erklärten, dass ihre oberste Priorität für seine Administration die Bekämpfung des Antisemitismus an Hochschulen sei, womit sie Aktivismus gegen Israel meinten, der die Grenze zum Antisemitismus überschreitet. In mancher Hinsicht hat das nichts mit dem zu tun, was die Studierenden erleben. Es ist wichtig, Berichte über Antisemitismus auf dem Campus nicht abzutun, nur weil es eine politische Diskussion darüber gibt, aber mein Ziel als Journalistin ist es, genau zu berichten, was vor sich geht. Wenn eine Anschuldigung erhoben wird, welche Informationen können wir über diesen Vorfall bekommen? Wer erhebt die Anschuldigung? Was scheint das Motiv zu sein?

Ich denke, es gibt einige Parallelen zwischen bestimmten Arten von Aktivismus, die sich gegen Israel richten, und Fällen, die offensichtlich antisemitisch sind, da sie jüdischen Schülern und Schülerinnen ein ungutes Gefühl vermitteln können. Ein Protest gegen die Palästina-Solidarität vor einem Hillel und ein antisemitisches Graffiti an einem Hillel können zum Beispiel dazu führen, dass sich einige jüdische Studierende auf dem Campus unwohl fühlen, aber das bedeutet nicht, dass es sich in beiden Fällen um Antisemitismus handelt, wie ihn die meisten Menschen verstehen. Es geht darum, mit jüdischen Studierenden aus dem gesamten politischen Spektrum an diesen Hochschulen zu sprechen und ihnen zuzuhören und wirklich konkret zu sein, was wir den Lesern beschreiben, die Fakten darzulegen und es den Leuten zu ermöglichen, ihre eigene Einschätzung zu treffen.

Du hast erwähnt, dass einige Organisationen ihre Prioritäten bei der Bekämpfung von Antisemitismus auf dem Campus so darstellen, dass sie nichts mit dem zu tun haben, was jüdische Studierende tatsächlich erleben. Gibt es einen Fall, über den du berichtet hast und der deiner Meinung nach typisch für diese Diskrepanz zwischen dem ist, was tatsächlich auf den Universitäten passiert, und dem, was der Öffentlichkeit vorgegaukelt wird?

Es gab einen Vorfall an der Universität von Vermont, der mir aufgefallen ist: eine Anschuldigung, dass Leute Steine auf das Hillel auf dem Campus geworfen hätten. Ob es sich nun um einen politischen Protest, Antisemitismus oder was auch immer handelt, Steine auf das Hillel zu werfen, führt dazu, dass sich jüdische Studierende unsicher fühlen. Die Universität sagte, dass sie den Vorfall damals untersucht hat und dass es nur darum ging, dass jemand im Hillel studierte, seine Freunde vorbeikamen und versuchten, seine Aufmerksamkeit zu erregen, und sie Steine gegen das Fenster warfen.

Aber dann stellte das Bildungsministerium fest, dass eine Gruppe randalierender Jungs zum Hillel kam und versuchte, ihren Freund, der dort wohnte, dazu zu bringen, mit ihnen auf eine Party zu gehen. Sie rüttelten an den Fahrrädern auf dem Fahrradständer und warfen Steine an das Fenster ihres Freundes. Dann öffnete eine andere Studentin ihr Fenster - das Hillel befindet sich im ersten Stock und darüber gibt es Schlafsäle - und sagte: "Hört auf, mit den Fahrrädern herumzuspielen, oder ich rufe die Polizei", und sie schrien sie an und fragten, ob sie Jüdin sei.

Es sieht nicht so aus, als wären die Leute zum Hillel gekommen, um Juden zu belästigen, aber sie haben draußen randaliert und jemanden, der sie verärgert hat, gefragt, ob er Jude ist. Das ist beunruhigend. Aber auch - waren sie betrunken? Wenn sie sagte, sie sei Jüdin, wollten sie dann noch etwas anderes sagen? Dies wurde als klassischer und eklatanter Fall von Antisemitismus dargestellt, aber dann stellte sich heraus, dass es nicht ganz so einfach war. Ich glaube, das passiert in vielen Fällen - oft erfahren wir nie die wahre Geschichte hinter einem Vorfall, der seltsam und kompliziert ist, aber er wird in die Erzählung eingewickelt, dass jüdische Schüler/innen angegriffen werden.

Was ist das größte Missverständnis oder die größte Fehldarstellung, die du in der Mainstream-Berichterstattung über Antisemitismus auf dem Campus siehst?

Viele Berichte gehen von der Prämisse aus, dass der Antisemitismus auf dem Campus zunimmt, und arbeiten sich von dort aus weiter vor. Ich denke, das trifft auch auf den Antisemitismus außerhalb der Hochschulen zu, aber es gibt in den amerikanischen Medien ein fest verankertes Narrativ, dass der Antisemitismus in die Höhe schießt, und dann wird alles in dieses Narrativ eingeordnet.

Als ich Schülerin war, wurde ich ein paar Mal antisemitisch beleidigt, aber das war auch schon alles - jemand sagte etwas Seltsames und Unanständiges, und das war nicht gut. Aber jetzt werden solche Vorfälle in diese Erzählungen eingefügt und als Beweis dafür angesehen, dass der Antisemitismus zunimmt. Wie wir bereits besprochen haben, steht dies im Zusammenhang mit einem politischen Projekt, bei dem es um israelbezogene Äußerungen auf dem Campus von Hochschulen geht.

Du könntest eine ganze Geschichte schreiben, in der Israel, Zionismus oder Aktivismus überhaupt nicht erwähnt werden, aber wenn wir unkritisch die Prämisse akzeptieren, dass dies eine besonders gefährliche Zeit für jüdische Studierende auf dem Campus ist - wofür es nicht viele Daten gibt - färbt das die Berichterstattung in einer Weise, die für jüdische Studierende nicht hilfreich ist.

Die Leiterin der Entwicklungsabteilung des Bronfman Centers der New York University [das die Hillel-Abteilung der NYU beherbergt] schrieb einen Artikel darüber, dass jüdische Studierende auf dem Campus Angst haben, Judensterne zu tragen und Mezuzahs aufzustellen, und als sie sie fragte, warum das so sei und ob sie Antisemitismus auf dem Campus erlebt hätten, antworteten sie, dass sie das nicht getan hätten, aber dass sie in den sozialen Medien und in Artikeln gesehen hätten, wie schlimm es sei, und dass sie nicht Opfer davon werden wollten. Die unkritische Übernahme eines Narrativs, dass die Dinge einzigartig schlimm sind, hat also Konsequenzen. Wir sollten nicht davor zurückschrecken, über Antisemitismus zu sprechen und ihn zu thematisieren, aber wir müssen vorsichtig sein, wie wir über Trendlinien und den historischen Kontext diskutieren.

Lässt sich aus all dem eine Lehre für unser Denken und Reden über Antisemitismus ziehen?


Eines der Dinge, die mir am meisten aufgefallen sind, ist, wie persönlich Antisemitismus ist. Das trifft wahrscheinlich auf viele Formen der Diskriminierung zu, aber da die meisten Juden - vor allem auf dem Campus - nicht als Juden erkennbar sind, können wir selbst entscheiden, wie wir uns auf dem Campus mit unserem Judentum auseinandersetzen. Wir können selbst entscheiden, wem wir von unserem Judentum erzählen. Deshalb können Menschen Antisemitismus auf ganz unterschiedliche Weise erleben.

Ich kenne zum Beispiel einige jüdische Studenten, die über den Zionismus sprechen wie über die Einhaltung des Schabbats. Sie sagen: "Ich bin mit einem Judentum aufgewachsen, in dem Israel ein fester Bestandteil ist, und mir zu sagen, dass ich Israel beiseite lassen muss, wenn ich an einer Veranstaltung auf dem Campus teilnehmen will, wäre so, als würde man mir sagen, dass es in Ordnung ist, wenn du Jude bist, aber du kannst den Schabbat nicht halten oder nicht koscher essen." Für diese Studierenden ist das echt. Aber es gibt auch jüdische Studierende, die mir sagen, dass Antizionismus ein wesentlicher Bestandteil ihrer jüdischen Identität ist, oder zumindest eine kritische Haltung gegenüber Israel, und dass sie sich in jüdischen Räumen auf dem Campus nicht willkommen fühlen. Sie haben das Gefühl, dass sie auf dem Campus keine jüdische Heimat haben, und das empfinden sie als antisemitisch.

Das erinnert uns daran, dass es wirklich wichtig ist, diese Gefühle nicht zu ignorieren, denn wenn wir in die politische Diskussion einsteigen und sagen, dass es natürlich nicht antisemitisch ist, jemanden aus deiner Gruppe auszuschließen, weil er oder sie Zionist/in ist, aber dann gibt es eine Gruppe jüdischer Studierender, die sich ausgeschlossen fühlt und das als antisemitisch bezeichnet. Das ist eine wichtige Erinnerung daran, dass wir versuchen sollten, den Menschen zuzuhören und zu verstehen, woher sie kommen. Wir reden hier nicht über Organisationen - aber Einzelpersonen handeln in der Regel in gutem Glauben.

Daher ist es wirklich schwer, Maßnahmen zu ergreifen, die Antisemitismus auf eine Weise bekämpfen, die für alle sinnvoll ist. Denn wenn die Menschen so unterschiedliche Erfahrungen mit dem Judentum und dem Antisemitismus machen, wie kann man dann einer Universität sagen, was sie dagegen tun soll?

Antisemitismus sieht für jeden anders aus, und es ist wichtig, dass wir diese Komplexität nicht auslöschen, wenn wir versuchen, pauschale Maßnahmen anzuwenden.  Quelle

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Palestine appalled by decision of UN chief to omit Israeli occupation’s army from list of children rights’ violators

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https://imemc.org/article/israeli-soldiers-invade-al-aqsa-attack-and-abduct-several-worshippers/

Israeli Soldiers Abduct A Palestinian Near Ramallah (imemc.org)

Settlers, under army protection, attack Palestinians and activists in Masafer Yatta, several people detained

Army Abducts Fourteen Palestinians, Injures Three, In West Bank (imemc.org)

Including A Child, Israeli Colonizers Injure Three Palestinian Shepherds Near Jericho (imemc.org)


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