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Gazas Wettlauf gegen den Klimazusammenbruch

Inmitten einer sich verschärfenden Klimakrise kämpfen die Palästinenser im Gazastreifen um die Rettung ihres Landes und ihrer Lebensgrundlagen. Doch wiederholte Bombardierungen und eine unerbittliche Blockade machen die Bemühungen um den Aufbau von Klimaresilienz zunichte.

Khalil Abu Yahia, Natasha Westheimer und Mor Gilboa - 13. Januar 2022

Immer größerer Mangel an Wasser und Strom. Katastrophale Überschwemmungen in dichten städtischen Gebieten. Ernährungsunsicherheit, die durch den drastischen Temperaturanstieg, den Rückgang der Niederschläge und die langfristigen Auswirkungen giftiger Chemikalien noch verschärft wird.

Dies ist die düstere nahe Zukunft, die den Gazastreifen erwartet, einen Hotspot des Klimawandels in einem Hotspot, dem sowohl seine humanitären Grundbedürfnisse als auch die Fähigkeit und die Ressourcen verwehrt werden, sich auf die Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten und diese zu minimieren. Um diese beiden Probleme anzugehen, müssen jedoch Maßnahmen ergriffen werden, die unter der fast zwei Jahrzehnte andauernden Land-, Luft- und Seeblockade Ägyptens und Israels ergriffen werden. Die wiederholten Bombardierungen durch Israel verschlimmern zudem die Umweltzerstörung im Gazastreifen und untergraben die Fähigkeit des Gazastreifens, sich auf die sich entwickelnde Klimakrise vorzubereiten.

Die zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens leben daher praktisch in einem Freiluftgefängnis, das ununterbrochenen Angriffen und Zerstörungen ausgesetzt ist und in dem Israel den Verkehr von Menschen und Material kompromisslos einschränkt. In dieser fragilen Realität sind die grundlegendsten lebenserhaltenden Infrastrukturen wie der Zugang zu sauberem Wasser und kontinuierlicher Elektrizität ständig bedroht. Und genau diese Ressourcen und Lieferungen sind am anfälligsten für klimatische Störungen, so dass sich der Gazastreifen und seine Bewohner in einem Wettlauf mit der Zeit befinden, um den Streifen nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in einer ungewissen und zunehmend unbeständigen Zukunft bewohnbar zu machen.

Eine doppelte Krise
- Im Kern geht es bei der Klimaresilienz darum, die Fähigkeit der Menschen zu stärken, diese Grundbedürfnisse in einem sich verändernden Klima zu befriedigen. Unter den Bedingungen, die Israel und Ägypten dem Gazastreifen auferlegt haben, ist es jedoch praktisch unmöglich, die Wasser- und Stromversorgung zu verbessern.

Die Unfähigkeit des Gazastreifens, seine Klimaresilienz zu verbessern, ist "Teil eines systematischen Unterdrückungsmechanismus, der darauf abzielt, die israelische Herrschaft über den Gazastreifen zu vertiefen", erklärte Alexia Guilaume, Rechtswissenschaftlerin bei Al-Haq, einer der sechs palästinensischen Rechtsgruppen, die Israel im Oktober verboten hat, gegenüber +972.

Der Gazastreifen hat zwar auch eine gemeinsame Grenze mit Ägypten, das den Personen- und Warenverkehr über seine beiden Grenzübergänge kontrolliert, doch der mächtigste Akteur in der Region ist laut Guilaume Israel. "Systematisch gesprochen ist es Israels Blockade, die die Palästinenser daran hindert, ihre natürlichen Ressourcen nachhaltig zu bewirtschaften und ihre Klimaresilienz zu stärken", fügte sie hinzu.

 


Palästinenser füllen Kanister mit Trinkwasser aus öffentlichen Wasserhähnen während des muslimischen heiligen Monats Ramadan im Flüchtlingslager Rafah im südlichen Gazastreifen am 11. Juni 2017. (Abed Rahim Khatib/Flash90)



Israels Politik gegenüber dem Gazastreifen zielt darauf ab, "Schwachstellen zu verfestigen, um ihn unbewohnbar und unanpassbar zu machen", so Guilaume weiter und nannte sie "nur ein weiteres Instrument zur Aufrechterhaltung der Apartheid".

Die kombinierten Auswirkungen von Belagerung und globaler Erwärmung auf die Anpassungs- und Lebensfähigkeit des Gazastreifens zeigen sich deutlich in dem gravierenden Mangel an Zugang zu sauberem Wasser in diesem Gebiet. Höhere Temperaturen und schwankende Niederschläge bedrohen die Wasserversorgung und -qualität auf der ganzen Welt und insbesondere im Nahen Osten, wo die Temperaturen seit der industriellen Revolution um 1,5 Grad Celsius gestiegen sind, was deutlich über dem globalen Trend von 1,1 Grad Celsius liegt. Es wird erwartet, dass die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als 4 Grad Celsius steigen werden - begleitet von einem Rückgang der jährlichen Niederschläge, wobei die Schätzungen zwischen 30 und 60 Prozent liegen.

Im Gazastreifen jedoch, wo der Zugang zu sauberem Wasser aufgrund der israelischen Blockade bereits eingeschränkt ist, sind die Menschen noch stärker von der durch den Klimawandel verursachten Wasserknappheit bedroht. Im Durchschnitt erhält eine Person im Gazastreifen nur etwa ein Fünftel der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Menge an sauberem Trinkwasser (nur 21 Liter pro Tag, gegenüber den empfohlenen 100 Litern). Das sind weniger als 10 Prozent der durchschnittlichen 280 Liter, die israelische Bürger pro Tag erhalten. Nur 3 Prozent der einzigen natürlichen Wasserquelle des Streifens, des als Küsten-Aquifer bekannten Grundwasserbeckens, sind sicher zu trinken. Das Becken wurde sowohl durch das Eindringen von Meerwasser infolge der übermäßigen Wasserentnahme als auch durch Abwässer verschmutzt, die aufgrund fehlender Kläranlagen seit jeher offen in die Wadis von Gaza fließen.

"Wir wissen, dass die Nachhaltigkeit unserer einzigen natürlichen Wasserquelle nur dann gewährleistet ist, wenn wir versuchen, die Grundwasserleiter zu sanieren und zu reinigen, indem wir sie mit Regenwasser auffüllen", sagte Monther Shoblaq, Leiter des größten Wasserversorgers im Gazastreifen, der Coastal Municipality Water Utility. "Dazu sind große, offene Landflächen erforderlich, zu denen wir in Gaza kaum Zugang haben. Aber es müssen auch Wege gefunden werden, um Regenwasser aufzufangen, und die Häufigkeit der Regenfälle ändert sich", fügte er hinzu.

 

Palästinensische Bürger und Schüler gehen in den Straßen des Gazastreifens spazieren, die mit großen Mengen an Regenwasser überflutet wurden, was angesichts des Polartiefs, das über das Gebiet kam, zu Überschwemmungen führte.

Quelle Facebook - um die Bilder zu vergrößern auf das Bild klicken



Die reguläre Regenzeit, die im Oktober beginnt, ist unvorhersehbaren Schauern und Stürmen gewichen, die viel schwieriger zu planen sind und bei denen es schwieriger ist, Regenwasser aufzufangen", erklärte Shoblaq. Und angesichts der intensiven Verstädterung des Gazastreifens und der unzureichenden Regenwasserinfrastruktur werden die prognostizierten kurzen Starkregenperioden in dicht besiedelten Gebieten wahrscheinlich zu schweren Sturzfluten führen.

Da die globale Erwärmung die Eisschilde und Gletscher schmelzen lässt, steigt zudem der Meeresspiegel. In Gaza wird dies wahrscheinlich das Eindringen von Salzwasser in den Küsten-Aquifer verstärken. Darüber hinaus werden niedrig gelegene landwirtschaftliche Flächen entlang der Küste - die 31 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktion des Gazastreifens ausmachen - von Überschwemmungen bedroht sein, was die Ernährungssicherheit weiter beeinträchtigt.

Der Zugang zu Energieressourcen im Gazastreifen ist ebenfalls seit Jahrzehnten unsicher. Aufgrund der langjährigen Kontrolle Ägyptens und Israels über die Energieversorgung des Gazastreifens, die durch Regierungsstreitigkeiten zwischen der Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde noch verstärkt wird, ist die Stromversorgung des Gazastreifens chronisch instabil und deckt weniger als 50 Prozent des Bedarfs.

Die Stromversorgung des Gazastreifens erfolgt aus drei Quellen: einem einzigen Kraftwerk im Streifen, das derzeit mit Diesel betrieben wird (und das nach Angaben von Hussein al-Nabih, dem Generaldirektor der Palästinensischen Behörde für Energie und natürliche Ressourcen, aufgrund der Wartung einer der Treibstoffturbinen, des Treibstoffmangels und der geringen Einziehung von Rechnungen durch die Nutzer nur mit einer Kapazität von 70-75 Prozent arbeitet); Ägypten, das früher 15 Prozent der Stromversorgung des Gazastreifens lieferte, dessen Leitungen aber seit April 2017 aufgrund technischer Störungen außer Betrieb sind; und Israel, das derzeit nur 60 Prozent seiner Versorgungskapazität liefert. Unter diesen Umständen erhalten die Bewohner des Streifens im Durchschnitt nur vier bis sechs Stunden Strom pro Tag, wobei die Stromausfälle oft mehr als 12 Stunden dauern (die veröffentlichten Daten zur Stromverfügbarkeit schwanken zwischen 5 und 15 Stunden pro Tag).

"Wir ertrinken in der Feuchtigkeit, und mein Atemgerät, für das ich jahrelang gekämpft habe, schaltet sich einfach ab, wenn es keinen Strom gibt", sagte Saeed, ein Lungenkrebspatient aus Gaza. Saeed wurde die Behandlung im Westjordanland verweigert und ist auf das unterdotierte medizinische System in Gaza angewiesen. Er bat darum, seinen Nachnamen nicht zu nennen, da er befürchtete, dass die israelischen Behörden ihm dadurch erneut die Ausreise verweigern könnten.

"Meine Atemprobleme haben sich verschlimmert, und das Essen verdirbt, weil wir keinen Kühlschrank im Haus haben", so Saeed weiter. "Unseren Telefonen geht ständig der Akku aus, und das gilt auch für unser Leben."

Dieser chronische Strommangel, der seit über einem Jahrzehnt anhält, hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit grundlegender Dienstleistungen wie Gesundheits-, Wasser- und Sanitärversorgung. Dadurch wird auch die schwache Wirtschaft des Gazastreifens, insbesondere Industrie und Landwirtschaft, untergraben.

Aufbau von Klimaresilienz unter Belagerung
- Während die Energie-, Wasser- und Nahrungsmittelsicherheit im Gazastreifen weiter bröckelt, schränken die israelischen Beschränkungen für die Einfuhr von Gütern auch die Möglichkeiten des Gazastreifens ein, auf die humanitäre Krise zu reagieren oder zur Vorbereitung, Abschwächung oder Anpassung an den Klimawandel beizutragen. Seit Jahren schränkt Israel die Einfuhr von Materialien in den Gazastreifen stark ein, die es als "Dual-Use-Materialien" definiert, d. h. als Materialien, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können, sagte Miriam Marmur, Koordinatorin für internationale Medien bei Gisha, einer israelischen Menschenrechtsorganisation, die sich für die Bewegungsfreiheit der Palästinenser im Gazastreifen einsetzt.

Der Zugang zu den wichtigsten Materialien für den Bau und die Instandhaltung der Infrastruktur unterliegt der Kontrolle des israelischen Militärs. Die Armee verhängt nach Belieben bürokratische Maßnahmen, die die Einfuhr von Materialien in den Gazastreifen oft verzögern, und kann jederzeit beschließen, die Einfuhr von Materialien ganz zu stoppen. Dadurch werden Projekte verlangsamt, die Auftragnehmer verschulden sich, die Kapazitäten und das Interesse der Geber an der Unterstützung der Sektoren schwinden, und letztlich wird die Fähigkeit der Wasser-, Energie- und Ernährungssicherheitsprojekte eingeschränkt, sicheres Wasser, Strom und Lebensmittel zu produzieren und zu liefern.

Für den Wassersektor wurde die Einfuhr wichtiger Materialien wie Rohrleitungen und Zement von der israelischen Zivilverwaltung, dem bürokratischen Arm der Besatzung, der im Verteidigungsministerium angesiedelt ist, weitgehend eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass Wasser- und Abwasserinfrastrukturprojekte zwar geplant und oft auch finanziert werden, um der dringenden humanitären Krise zu begegnen, sich aber bis zur Fertigstellung um Jahre verzögern. Ohne eine zuverlässige und sichere Trinkwasserversorgung sind die Bewohner des Gazastreifens auf teure, private Wasserversorger angewiesen (die ebenfalls nicht von der Wasserbehörde reguliert werden und daher oft nicht trinkbar sind), um ihren Trinkwasserbedarf zu decken.

Ali Alasmer ist ein 55-jähriger Gemüsebauer, dessen 12 Familienmitglieder aufgrund von Arbeitslosigkeit und chronischen Gesundheitsproblemen in der Familie vollständig von seinem Einkommen abhängig sind. Ali ist nicht mehr in der Lage, Landwirtschaft zu betreiben, seit sein Land Ziel israelischer Luftangriffe war - der erste 2008 und ein weiterer im Jahr 2012. Er bat darum, seinen richtigen Nachnamen nicht zu veröffentlichen, da er Vergeltungsmaßnahmen seitens Israels befürchtet.

Ali ist seitdem nicht mehr in der Lage, Materialien einzuführen, die für den Wiederaufbau seiner landwirtschaftlichen Flächen wichtig sind (z. B. Wasserleitungen, Pumpen und Filter für Bewässerungsnetze, Saatgut und Setzlinge, Düngemittel, chemische Stoffe, Pflanzenantibiotika und Netze für Gewächshäuser), und ist daher mit seinen kommunalen Wasserrechnungen im Rückstand. Wie viele andere Bewohner des Gazastreifens hat er seit langem Schulden bei der Wasserversorgung und muss die städtische Versorgung mit gereinigtem Wasser von privaten Anbietern ergänzen. Die Bewohner des Gazastreifens, einschließlich derjenigen, die mit +972 sprachen, berichten, dass sie zwischen 40 und 90 NIS (13 bis 29 USD) pro Monat für sauberes Trinkwasser ausgeben.

Für Ali machen die 70 NIS (23 USD), die er für Wasser ausgibt, etwa 20 Prozent seines Monatseinkommens aus. "Wir können nicht einmal Regenwasser sammeln, weil wir keinen Tank haben, der aus gesundheitlicher Sicht geeignet ist", sagte er. "Unser tägliches Leben ist gestört und instabil, weil wir uns um Nahrung, Wasser und Gesundheit nicht kümmern können."

Voller Gift
- Selbst wenn eine Wasserversorgungsinfrastruktur gebaut wird, besteht die Gefahr, dass sie zerstört wird. Nach Angaben der palästinensischen Wasserbehörde hatten die Bewohner des Gazastreifens bei der letzten Angriffsrunde im Mai dieses Jahres 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung, da die Wasserinfrastruktur direkt und indirekt angegriffen wurde. Bemühungen um den Wiederaufbau oder die Sanierung der Wasserinfrastruktur wurden neben anderen Sektoren auch durch extreme Beschränkungen für die Einfuhr von Material behindert, die bis in den Sommer hinein andauerten.

Auch der Energiesektor ist vor den Auswirkungen von Eskalationsphasen nicht gefeit. Im vergangenen Mai, während des Bombardements, untersagten die israelischen Behörden die Einfuhr von Treibstoff zur Versorgung des Gazastreifens und schlossen die Grenzübergänge, nachdem ein Soldat durch eine aus dem Streifen abgefeuerte Mörsergranate leicht verletzt worden war.

Dieser "totale Treibstoffstopp", so Marmur von Gisha, schränkte die ohnehin schon schwankende Stromversorgung stark ein und gefährdete in einer Zeit, in der es durch die Bombardierung zu massenhaften Verletzungen und Todesfällen kam, "das Funktionieren von Krankenhäusern und anderer ziviler Infrastruktur wie Wasserversorgung und Abwasseraufbereitung."

Hani Abu Rass ist Elektrizitätstechniker, der im Kraftwerk von Gaza arbeitet und zu einem Team gehörte, das während der israelischen Angriffe Stromleitungen reparierte. Er sagt: "Wir wurden mehrmals angegriffen, obwohl wir Westen trugen, die uns als Elektriker auswiesen. Das erste Mal, als Israel eines unserer Fahrzeuge angriff, wurden zwei meiner Mitarbeiter schwer verletzt. Beim zweiten Mal griff Israel die Mitarbeiter mit Granaten an, so dass wir nicht einmal die Leitungen erreichen konnten, die repariert werden mussten. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin".

 



Ein Artilleriekorps der IDF feuert am 19. Mai 2021 in der Nähe der israelischen Grenze zum Gazastreifen. (Olivier Fitoussi/Flash90)

Aufgrund dieser Stromausfälle musste die Produktion von sicherem Trinkwasser in den Entsalzungsanlagen drastisch eingeschränkt werden: Sie konnten nur wenige Stunden pro Tag in Betrieb sein, während eine Anlage, die 250.000 Einwohner versorgt, ganz ausfiel. Erst nach dem Waffenstillstand wurde der Betrieb entsprechend dem Zyklus des Stromnetzes (etwa acht Stunden pro Tag) wieder aufgenommen.

Auch der Agrarsektor wurde angegriffen. Israel warf Phosphorbomben auf das Land von Ali und seiner Familie und beschoss ihre Wasserbrunnen. "Zuerst spürten wir eine Rakete und wurden von einem Geruch erstickt", erinnerte sich Ali. "Dann sahen wir, wie die Bomben auf unser Land fielen. Als sich die Gewalt gelegt hatte, holte ich meinen Freund, einen Agraringenieur, um unser Land zu untersuchen, und er sagte, es sei voller Gift. Später erfuhren wir vom Gesundheitsministerium in Gaza, dass Israel Phosphorbomben einsetzt."

Israel wird vorgeworfen, diese Bomben vor allem während des Angriffs 2008/9 unrechtmäßig eingesetzt zu haben, weil es wahllos dicht besiedelte Zivilgebiete beschossen hat. Diese chemischen Bomben haben nicht nur schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit, sondern können auch den Boden verseuchen und sind giftig für Pflanzen, Obst und Gemüse.

"Wir konnten an den Orten, die durch die Phosphorbomben zerstört wurden, keinerlei Gemüse anpflanzen", sagte Ali. "Seit diese Bomben auf unserem Land eingesetzt wurden, haben alle Bäume in der Umgebung eine andere Farbe und einen anderen Geschmack als die, die wir vorher anbauen konnten. Israel setzt diese Waffen ein, um uns zu bekämpfen und unser Land zu sterilisieren. Sie vergiften unser Obst und Gemüse, selbst nachdem sie es gewaschen haben, und führen durch den Rückgang der Produktion zu Ernährungsunsicherheit."

Die in israelischen Waffen verwendeten Chemikalien wie Phosphor gefährden die Gesundheit der Menschen in Gaza zusätzlich. Dr. Tamer Yousef, ein Neurologe in einem der großen Krankenhäuser des Gazastreifens, erklärte, dass "Bäume und Pflanzen diese giftigen Chemikalien aufnehmen können, so dass ihre landwirtschaftliche Produktion nicht gesund ist."

Laut Human Rights Watch kam sogar ein medizinischer Bericht des israelischen Gesundheitsministeriums zu dem Schluss, dass weißer Phosphor gefährlich ist, da er "bei Hautkontakt, beim Einatmen oder Verschlucken zu schweren Verletzungen und zum Tod führen kann", was zu weiteren Schäden an den inneren Organen führt, wenn er absorbiert wird.




Nach einem israelischen Luftangriff, bei dem auch weißer Phosphor eingesetzt wurde, steigt Rauch aus dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in Gaza auf, 15. Januar 2009. (Fady Adwan /Flash90)

Die langfristigen Auswirkungen von weißem Phosphor im Gazastreifen sind noch nicht erforscht, aber Bodenproben nach den israelischen Militärangriffen deuten darauf hin, dass ein Cocktail von Schwermetallen in die Umwelt des Gazastreifens eingebracht wurde, der die landwirtschaftliche Produktivität sowie die Gesundheit von Mensch und Umwelt langfristig beeinträchtigen kann.

Darüber hinaus hat eine gemeinsame Untersuchung von Gisha, Adalah und Al-Mezan ergeben, dass Israel bei Dutzenden von Gelegenheiten Herbizide in gefährlich hohen Konzentrationen über 12 Quadratkilometern Land in Gaza aus der Luft versprüht hat, darunter auch "Roundup", eine chemische Verbindung von Glyphosat, die sich im Besitz von Monsanto befindet. Obwohl die Internationale Agentur für Krebsforschung diese Verbindung als wahrscheinlich krebserregend eingestuft hat und Agrarwissenschaftler und Umweltexperten Bedenken über ihre Auswirkungen geäußert haben, wird dieses Herbizid weiterhin weltweit eingesetzt.

Abgesehen von den regelmäßigen militärischen Angriffen hat Israel in den letzten Jahrzehnten auch produktive Anbauflächen im gesamten Gazastreifen mit Bulldozern plattgemacht und strenge Beschränkungen für die Entwicklung landwirtschaftlicher Flächen in der "Pufferzone" auferlegt, einem 984 Fuß breiten Gebiet entlang der umzäunten Grenze, die den Gazastreifen von Israel trennt und zu der die israelischen Behörden den Zugang für die Bewohner des Gazastreifens beschränkt haben.

"Israel hat es systematisch auf unsere landwirtschaftlichen Flächen abgesehen, als wolle es unsere Lebensbedingungen lahm legen", sagte Ali. Er wies darauf hin, dass Israel im Laufe der Jahre unzählige Kulturen wie Oliven-, Feigen- und Zitrusbäume mit Bulldozern zerstört hat.

Die Verwüstung des Landes im Gazastreifen beraubt viele palästinensische Landarbeiter ihrer Lebensgrundlage. Ali sagt, dass das Land für die meisten Familien, die er kennt, die Haupteinnahmequelle darstellt. "Aufgrund der wirtschaftlichen Stagnation, die durch die israelische Belagerung verursacht wird, gibt es für die Landwirte in Gaza keine andere Beschäftigungsmöglichkeit", sagte er. "Ich bin ein alter Mann. Meine Söhne sind Akademiker, haben aber keine Arbeit. Ich hatte vor, sie auf unseren landwirtschaftlichen Flächen arbeiten zu lassen, aber leider ist alles weg."

Die Verknappung des Raums für die landwirtschaftliche Entwicklung - sowohl durch die israelischen Bombardierungen als auch durch die Beschränkungen bei der Erschließung von Land - wirkt sich nicht nur auf die Lebensgrundlagen aus und belastet die landwirtschaftliche Entwicklung, sondern beschleunigt auch die Bodendegradation und Wüstenbildung, was die Anfälligkeit des Gazastreifens für den Zusammenbruch des Klimas noch weiter verstärkt.

Zwischen humanitären und Klimakrisen
- Alis Geschichte steht stellvertretend für die anhaltende Wirtschaftskrise, die durch die israelische Besatzung des Gazastreifens ausgelöst wurde, denn mehr als die Hälfte der Palästinenser im Gazastreifen lebt unterhalb der Armutsgrenze. In dieser Situation, in der beispielsweise Wasser- und Stromrechnungen im gesamten Gazastreifen unbezahlt bleiben, sind die Wasser- und Energiebehörden nicht in der Lage, ihre Grundkosten zu decken, die bestehende Infrastruktur zu erhalten und die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen - ganz zu schweigen davon, sie klimafest zu machen.

Die Notwendigkeit, die Energie- und Wasserversorgung im Gazastreifen erheblich zu verbessern und sie gleichzeitig klimaresistent zu machen, steht außer Frage: Der globale Kampf gegen die Klimakrise erfordert eine dringende Reduzierung der Treibhausgasemissionen, und der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen der Vereinten Nationen hat empfohlen, die CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2050 den Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zu vollziehen.

Die Kombination aus schwerem Strommangel und der dringenden Notwendigkeit, die humanitäre Krise zu bewältigen, bedeutet jedoch, dass das Westjordanland und der Gazastreifen nach wie vor eine enorme und rasche Entwicklung benötigen, die möglicherweise nicht mit dem Geist des Klimakampfes in Einklang steht.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt Gas4Gaza, das darauf abzielt, die einheimische Energieproduktion erheblich zu steigern, die Kosten für die Bewohner zu senken und die Abhängigkeit des Gazastreifens von Strom- und Brennstoffimporten aus Ägypten und Israel zu verringern.

Al-Nabih von der palästinensischen Behörde für Energie und natürliche Ressourcen sieht in diesem Projekt eine zentrale Lösung für die Energiekrise im Gazastreifen - es werde nicht nur das Stromdefizit überbrücken, sondern auch "die wirtschaftliche Entwicklung [des Gazastreifens] unterstützen ... und die Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren."

Während dieses Projekt einen Wandel in der palästinensischen Energiewirtschaft und bei den Emissionen markieren soll, hat die Entwicklung von Erdgas, das viel Methan enthält, enorme Auswirkungen auf das Klima, da Treibhausgasemissionen durch Leckagen bei der Produktion und beim Transport entstehen können (ein normaler Vorgang, der zusätzlich durch die Beschädigung der Infrastruktur und der Pipelines durch israelische Bombardierungen in Gaza gefährdet ist).

Es besteht daher ein Spannungsverhältnis zwischen der Priorität des wirtschaftlichen und humanitären Wiederaufbaus des Gazastreifens, was die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verstärken würde, und der Notwendigkeit, die Klimakrise zu bekämpfen, was einen dringenden Übergang zu erneuerbaren Energien erfordern würde.

Es ist wahrscheinlich, dass der Gazastreifen aufgrund der Fragilität und Schwere seiner Situation nicht den gleichen Prozess des Ausstiegs aus der Nutzung fossiler Brennstoffe durchlaufen wird wie andere Teile der Welt. Eine solche Umstellung würde umfangreiche Maßnahmen wie die Verbesserung der Energieeffizienz, die Verringerung des Kohle- und Brennstoffverbrauchs und die Erzeugung erneuerbarer Energien wie Solarenergie erfordern - Ausgangsbedingungen, für die Gaza bei weitem nicht die Ressourcen oder Kapazitäten hat.

Diese schwierige Realität deckt sich mit der zunehmenden Erkenntnis innerhalb der Bewegung für Klimagerechtigkeit, dass wir zwar alle von der Klimakrise betroffen sind, aber nicht alle "im selben Boot sitzen". Bevölkerungsgruppen, die unter systemischer Diskriminierung, Rassismus und Gewalt leiden, sowie diejenigen, die unter Besatzung leben, haben größere Schwierigkeiten, eine Klimaresilienz aufzubauen und werden daher weit mehr unter der Klimakrise leiden als andere Bevölkerungsgruppen. In dem Maße, in dem der Gazastreifen selbst seine grundlegendsten humanitären und menschenrechtlichen Bedürfnisse zu sichern versucht, rückt die Idee einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen unweigerlich in den Hintergrund.

Guilaume von Al-Haq befürchtet, dass die palästinensischen Institutionen viel zu zersplittert sind, um eine sinnvolle Koordinierung bei der Klimaanpassung vorzunehmen, da die Hamas im Gazastreifen, die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland und die israelische Gesamtherrschaft zwischen dem Fluss und dem Meer liegen. Eine derartig gespaltene Regierungsführung, warnte sie, "wird die Erstellung eines wirksamen Fahrplans zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels behindern".

Darüber hinaus, so Guilaume, werde Israels Kontrolle über die natürlichen Ressourcen in Gaza die Klimaanfälligkeit des Streifens noch weiter verschlimmern - und dieser Zustand werde sich nur noch verschärfen, fügte sie hinzu, da Israel mit ziemlicher Sicherheit die Kontrolle über die Ressourcen des Gazastreifens weiter ausüben werde, "um sich an die Klimakrise anzupassen."

Der Kampf gegen den Kolonialismus geht Hand in Hand mit dem Kampf für Klimaresilienz"
. - Trotz dieser immensen Hindernisse tun die Behörden und Institutionen im Gazastreifen alles in ihrer Macht Stehende, um sich auf den Klimawandel vorzubereiten und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Shoblaq vom Wasserversorgungsunternehmen der Küstenstadt Gaza sagte, dass der Wassersektor weiterhin Fortschritte bei der Integration erneuerbarer Energien in seine Systeme macht. "Wir haben das Glück, dass nach einem großen Sturm die Sonne wieder herauskommt", sagte Shoblaq. "Die meisten unserer Wasser- und Abwasseranlagen werden derzeit oder in Kürze mit so viel erneuerbarer Energie wie möglich betrieben".

Auch die Abwasserbehandlung in Gaza hat sich laut Shoblaq in den letzten Jahren deutlich verbessert. "Wo früher Abwässer durch das Wadi Gaza ins Meer flossen, haben wir eine fortschrittliche Infrastruktur für die Abwasserbehandlung aufgebaut, um die Umweltbedingungen zu verbessern, und wir sanieren die Wadis, in die diese Abwässer früher flossen", sagte er. "Auch wenn sich diese Infrastrukturprojekte aufgrund der Beschränkungen für die Einfuhr von Material jahrelang verzögert haben, hoffen wir, dass das Wadi Gaza ein Symbol der Hoffnung sein kann."

 



Palästinensische Männer vor einem Feuer im wichtigsten Kraftwerk des Gazastreifens nach einem israelischen Luftangriff in der Nacht zum 29. Juli 2014 südlich von Gaza-Stadt. (Emad Nassar/Flash90)


Für die Palästinenser im Gazastreifen reichen solche punktuellen Maßnahmen jedoch nicht aus, um die für die Sanierung und den Schutz ihrer Umwelt erforderliche systematische Erneuerung zu erreichen.

"Die Jahre sind vergangen und unsere Realität hat sich nicht verbessert", sagt Ali. "Israel hat seine diskriminierende Politik gegenüber dem Gazastreifen nur verschärft. Die internationale Gemeinschaft muss damit beginnen, Druck auf Israel auszuüben, um die Belagerung zu beenden, damit wir die gleichen Möglichkeiten haben, auf den Klimawandel zu reagieren, wie jeder andere auch."

Die Diskussion über das Zusammenspiel von politischer, wirtschaftlicher, humanitärer und klimatischer Katastrophe in Gaza dringt jedoch nicht in die globale Klimadebatte vor. Die jüngste UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow ist ein deutliches Beispiel für diese Dynamik: Obwohl sie den aktuellen Fokus der Welt auf die Klimakrise unterstrich, konnte kein einziger Bewohner von Gaza an der Veranstaltung teilnehmen. (Der palästinensischen zivilgesellschaftlichen Delegation wurden zudem keine Visa für die Teilnahme erteilt, obwohl zwei Mitglieder über eine Videoverbindung teilnehmen konnten.)

Für die Bewohner des Gazastreifens machte die Abwesenheit palästinensischer Stimmen aus Gaza deutlich, dass Veränderungen nicht allein von den elitären Entscheidungsträgern auf der COP26 kommen werden, sondern durch einen intersektionellen Ansatz innerhalb der Bewegung für Klimagerechtigkeit.

"Wir wissen, dass der Klimawandel Menschen auf der ganzen Welt betrifft, auch in Gaza", sagte Ali. "Deshalb muss die Lösung der globalen Klimakrise auch Palästina berücksichtigen. Ich befürchte, dass, wenn die Welt das Leiden des Gazastreifens weiterhin ignoriert, dies nicht nur die lokale, sondern auch die internationale Klimaresilienz gefährdet."

Saleem Jaber, ein Menschenrechtsaktivist, der 2008 beim israelischen Angriff auf Gaza verwundet wurde, schloss sich dieser Meinung an. "Der Kampf gegen den israelischen Kolonialismus geht Hand in Hand mit dem Kampf für Klimaresilienz", sagte er. "Beide Kämpfe richten sich gegen unterschiedliche Arten von Ungerechtigkeiten, bei denen es letztlich um den Schutz der Menschen geht. Aber diese Kämpfe sind auch miteinander verbunden - und wir können nicht einen Kampf unterstützen, ohne zu verstehen, dass wir alle Bemühungen um mehr Gerechtigkeit unterstützen müssen."  Quelle

 

Ein Café in Gaza feiert die palästinensische Standhaftigkeit und den Willen zur Rückkehr

Ein neues Café in Gaza ist ein Treffpunkt mit einer Botschaft: "Wir haben eine Heimat und wir werden zu ihr zurückkehren.

Ahmed Dremly - 13. 01. 2022

Ragheed und Rana Moharm haben zusammen mit ihrer kleinen achtjährigen Tochter Tulip beschlossen, im Gazastreifen einen kleinen Kultursalon und ein Café mit dem Namen "Handl Hon" zu eröffnen, was so viel bedeutet wie "wir werden hier bleiben".

Der 35-jährige Ragheed gehört zu den palästinensischen Flüchtlingen, die immer noch an eine Rückkehr in das Land seiner Familie in Jaffa glauben, das 1948 von der israelischen Besatzung besetzt wurde. Er ist entschlossen, in Gaza zu bleiben, obwohl alle seine Verwandten in Europa sind. "Ich habe viele Einladungen von meinen Verwandten in Europa, Brasilien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Schweden erhalten, aber ich habe mich entschieden, in Gaza zu bleiben", sagte Ragheed. "Auch wenn das Leben hier aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und des PTBS der Kriege hart ist, ist es immer noch unser Palästina."

Ragheed sagt, dass er Palästina nicht mehr liebt als die Palästinenser, die im Ausland leben, sondern dass diejenigen, die weggegangen sind, nicht inmitten der israelischen Kriege und Einschränkungen leben konnten. Anstatt vor dem Druck des Lebens im Gazastreifen zu fliehen, der unter der erdrückenden Belagerung Israels steht, zieht er es vor, in Gaza zu bleiben. Ragheed hat mehr als 15 Jahre lang als Rezeptionist in einem Hotel in Gaza gearbeitet. Im September 2020 kündigte er wegen des Gästemangels aufgrund der Covid-19-Krise.

Ragheed eröffnete "Handl Hon" in der Wehda-Straße im Zentrum von Gaza am 15. November, dem Tag der palästinensischen Unabhängigkeit. "Ich habe mich dafür entschieden, das Café an diesem Tag zu eröffnen, weil er mir und allen Palästinensern sehr viel bedeutet", sagte er.

Ragheed und seine Freunde haben den Namen jeder palästinensischen Stadt oder jedes palästinensischen Dorfes an die Wände des "Handl Hon" gemalt.  Das kleine Cafe steckt voller Details. Die Wände des Cafés sind mit Fotos von vielen palästinensischen Autoren und Künstlern wie Edward Said und Mahmoud Darwish geschmückt. In jeder Ecke des Lokals stehen Bücher und Romane arabischer und ausländischer Autoren, so dass die Gäste die Möglichkeit haben, zu lesen. Neben der klassischen Musik, die im Café ständig gespielt wird, gibt es auch Musikinstrumente wie eine Oud und eine Geige, falls einer der Gäste Musik machen möchte.

Das Café serviert köstliche heiße und kalte Kaffeegetränke zu vernünftigen Preisen, die auch für alle Menschen in Gaza erschwinglich sind. Der kleine Kultursalon ist immer voll von jungen und alten Musikern, Schauspielern, Schriftstellern, Fotografen und Menschen aus Gaza, die ihre Kaffeezeit nutzen, um miteinander ins Gespräch zu kommen, Bücher zu lesen, an ihren Laptops zu arbeiten, Musik zu machen oder Heimatlieder zu singen.

"Als freiberufliche Übersetzerin ist Handl Hon für mich das beste Café, um dem Lärm meines Hauses zu entfliehen", sagte mir Basma, 24, eine der Café-Besucherinnen lächelnd. "Ich arbeite an meinem Laptop und trinke dabei den am besten schmeckenden Cappuccino von Ragheed." "Ich höre Fairouz, 'einen berühmten arabischen Sänger', und genieße jeden Tag die morgendliche Tasse Tee mit Ragheed", erzählte mir Yehia, 30, ein Oud-Musiker, über das Café.

Rana, die Frau von Ragheed, ist Verwaltungsangestellte in einer Musikorganisation in Gaza. Nach der Arbeit lässt sie ihren Tag im Café ausklingen. "Selbst bei den geringen Chancen auf ein besseres Leben außerhalb Palästinas war ich mir mit Ragheed immer einig, hier zu bleiben", erzählte mir Rana. "So wie Ragheed und ich Handl Hon mit unseren eigenen Händen aufgebaut haben, werden wir unser Haus in Jaffa bauen", fügte Rana hinzu.

Ragheeds Vater stammte aus Jaffa, und er erzählte Ragheed immer von Jaffa, Haifa, Lod, Tiberias, Ramla, Tiba und den anderen besetzten palästinensischen Ländern und Dörfern. "Ezz, mein Vater, erzählte mir vom Orangenanbau in Jaffa, der durch den Export von Zitrusfrüchten über den Hafen von Jaffa in die ganze Welt bekannt war", sagte Ragheed.

Er zeigte mir viele Fotos aus dem Fotoalbum seines Vaters über den Hafen von Jaffa, die palästinensischen Transportbusse, die frei zwischen den palästinensischen Städten verkehrten, und er zeigte mir den Gaza-Zug, der zwischen Ägypten und Gaza verkehrte. "Ezz gab mir sein spezielles Fotoalbum. Er gab mir auch unser Landtitel-Dokument; ich versprach ihm, es bis zu unserer Rückkehr aufzubewahren.

Als die Palästinenser 1948 gezwungen wurden, ihr Land zu verlassen, gingen sie davon aus, dass sie zurückkehren würden. Daher nahmen viele Palästinenser nur die Schlüssel zu ihren Häusern und die Grundbuchauszüge mit, weil sie Angst hatten, dass sie gestohlen werden könnten. Die Palästinenser gingen nicht davon aus, dass die Besatzung beabsichtigte, ihr Land für immer zu stehlen.

Der Traum von der Rückkehr ist in den Köpfen der Palästinenser immer präsent. "Für mich ist "Handl Hon" nicht nur ein Name, sondern eine Botschaft", sagte Ragheed, als ich ihn nach dem Namen fragte. Er fügte hinzu: "Es ist eine Botschaft von mir an meine kleine Tulip, dass wir ein Zuhause haben und dass wir dorthin zurückkehren werden."

Die meisten Palästinenser hoffen, in Jerusalem zu beten, in Bethlehem zu feiern, in Nablus Knafeh zu essen, in Akka am Strand zu sitzen, in Nablus Oliven zu ernten und in Hebron Glasfabriken zu beobachten. Die meisten Palästinenser hoffen, schlafen zu können, ohne daran denken zu müssen, dass sie zur Zielscheibe werden oder dass ihre Häuser jederzeit grundlos gestohlen werden können.

Alle palästinensischen Flüchtlinge haben Heimweh nach ihren eigenen Häusern und ihrem Land. Sie geben ihre Nostalgie und ihr Heimweh an ihre Kinder weiter, und deren Kinder werden es an die ihren weitergeben.

Ragheed möchte nicht nur, dass seine kleine Tulip in dem Bewusstsein aufwächst, dass sie zu Palästina gehört, sondern dass dies für alle Palästinenser gilt.

Ragheed brachte es auf den Punkt, als er das Bild seines Vaters betrachtete. Er sagte: "Mein Vater war die Vergangenheit", dann legte er seine Hand auf seine Brust und sagte: "Ich bin die Gegenwart", dann legte er seine Hand auf den Kopf seines kleinen Mädchens und sagte: "Und sie ist die Zukunft."  Quelle



Drei der Kinder von Muhammad Musleh. - Muhammad, 40, ertrank im September, als das Boot, in dem er fischte, kenterte.
Foto Ahmed Al-Sammak

Die Gefahr für Gazas Fischer steigt
Ahmed Al-Sammak - 12. Januar 2022

Beirut al-Aqraa zeigt auf die Schäden, die Israel an seinem Fischereifahrzeug angerichtet hat. Ahmed Al-Sammak


Beirut al-Aqraa war am 24. Dezember zwei Meilen auf dem Meer, als sein Fischerboot zu sinken begann. Er fuhr sofort zurück zum Ufer, doch einige hundert Meter davon entfernt versank das Boot vollständig im Wasser.Zusammen mit zwei seiner Arbeiter schwamm Beirut in Sicherheit. Drei seiner Brüder mussten jedoch gerettet werden und wurden ins Krankenhaus gebracht. "Zum Glück war es gegen 1 Uhr nachmittags", sagte Beirut. "Und einige andere Fischer sahen uns und eilten uns zu Hilfe."

Der Unfall hatte schwerwiegende Auswirkungen auf seinen Bruder Nayef. "Wenn ich noch länger auf dem Meer festgesessen hätte, wäre ich gestorben", sagte Nayef. "Seitdem muss ich mich jeden Tag übergeben. Und ich habe Angst vor dem Meer. Ich werde nie wieder segeln. Lieber bleibe ich arbeitslos, als noch einmal mit dem Boot von Beirut hinauszufahren."

Eine Reihe von Beiruts Booten wurde von Israel beschädigt, als es im Mai letzten Jahres einen Großangriff auf den Gazastreifen durchführte. Israel griff den Hafen von Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens an, wo die Schiffe von Beirut festgemacht waren. Eines der Boote erwies sich als irreparabel. Die Behörden des Gazastreifens schätzten den Schaden, den Beirut durch die Offensive im Mai erlitten hat, auf etwa 25.000 Dollar. "Aber es sind eher 30.000 Dollar", sagte er.

Das Boot, das am 24. Dezember sank, trug den Namen Amal, das arabische Wort für "Hoffnung". Es gehörte zu den Booten, die im Mai durch israelisches Schrapnell beschädigt wurden. Um das Boot richtig zu reparieren, benötigte Beirut etwa 3 Kilogramm Fiberglas. Da er sich kein Fiberglas leisten konnte, verwendete er eine billigere Dichtungsmasse. Seit dem Angriff im Mai konnte er weiter als Fischer arbeiten und Amal benutzen. Doch als das Boot am 24. Dezember auseinanderzufallen begann, war klar, dass die Reparaturarbeiten nicht ausreichend gewesen waren.

Keine Entschädigung
- Beirut erinnerte sich daran, wie er den Spitznamen "König der Fischer" erhielt, da "ich früher vier Boote hatte". Vor dem Angriff im Mai verdiente er bis zu 1.300 Dollar im Monat. Jetzt verdient er nur noch etwa 300 Dollar. "Und niemand hat mir eine Entschädigung für meinen Verlust gezahlt", sagte er.

Es ist gut dokumentiert, dass Israel häufig palästinensische Fischer direkt angreift. Menschenrechtsbeobachter registrierten zwischen Oktober und Dezember insgesamt 73 Vorfälle, bei denen Israel das Feuer auf Fischer im Gazastreifen eröffnete.
Am Neujahrstag schossen die israelischen Seestreitkräfte sogar zweimal auf Fischer im Gazastreifen.

Khader al-Saidi ist wiederholt von Israel beschossen worden.
- Nach einem solchen Vorfall staatlicher Gewalt im Jahr 2017 wurde Khader festgenommen und fast ein Jahr lang inhaftiert. Ihm wurde vorgeworfen, die erlaubte Fischereigrenze vor der Küste des Gazastreifens überschritten zu haben - eine Grenze, die oft willkürlich ist. Im Februar 2019 war Khader mit seinem Cousin Muhammad zum Fischen unterwegs, als sie von der israelischen Marine angegriffen wurden. Die beiden Männer versuchten zu fliehen, was ihnen jedoch nicht gelang. Die israelische Marine feuerte schätzungsweise 30 gummiummantelte Stahlgeschosse auf Khader ab, während sein Cousin es schaffte, sich zu verstecken. Nachdem er in beide Augen getroffen worden war, fiel Khader um und verlor das Bewusstsein. "Ich wachte vier Tage später in einem israelischen Krankenhaus in Ashdod [einer Hafenstadt] auf", sagte er. "Ich hörte jemanden Hebräisch sprechen und fragte ihn: 'Wo bin ich?' Aber er antwortete nicht."

Ein Arzt, der Arabisch sprach, erklärte Khader daraufhin, dass er das Augenlicht auf dem rechten Auge verloren habe. Sein linkes Auge würde etwa eine Woche brauchen, um sich zu erholen, sagte der Arzt voraus. Obwohl er starke Schmerzen hatte, wurde Khader an Händen und Füßen gefesselt, als Soldaten ihn zum Militärkontrollpunkt Erez brachten, der den Gazastreifen von Israel trennt. Er wurde durch den Kontrollpunkt eskortiert und von den israelischen Soldaten im Stich gelassen. Ein Mann kam ihm zu Hilfe und brachte ihn zur örtlichen Polizei, die einen Krankenwagen rief.

Als Khader von Ärzten in Gaza untersucht wurde, bestätigten diese, dass er nun auf beiden Augen blind ist. Heute verlässt Khader nur noch selten sein Haus. "Ich habe keine Lust, jemanden zu treffen", sagte er.

"Israel hat mich zum Bettler gemacht."
- Er hat bei der Palästinensischen Autonomiebehörde eine Invalidenrente beantragt, aber nicht erhalten. "Früher war ich der Ernährer meiner Großfamilie, insgesamt neun Personen", sagte er. "Jetzt bin ich von freundlichen Menschen abhängig, die mir etwas Geld geben. Israel hat mich zu einem Bettler gemacht."

Das Eröffnen von Feuer ist nicht die einzige Art und Weise, wie Israel die Sicherheit der Fischer im Gazastreifen untergräbt. Die unerbittliche Belagerung des Gazastreifens hat zu einer Verschlechterung des Lebensstandards im Allgemeinen und insbesondere bei den Fischern geführt. Viele Fischer können die Kosten für die Wartung ihrer Schiffe nicht aufbringen. Die israelischen Einfuhrbeschränkungen haben auch zu einem Mangel an Ersatzteilen geführt. Wenn es Ersatzteile zu kaufen gibt, dann sind sie teurer als früher. ach Angaben eines Mannes, der in Gaza Boote repariert, kostet ein neuer Motor für ein mittelgroßes Schiff heute mehr als 11.000 Dollar - fast doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren.

Die Arbeit auf Booten, die nicht seetauglich sind, kann fatale Folgen haben - wie die Geschichte von Muhammad Musleh zeigt.
- Muhammad, 40, ertrank im September, als das Boot, in dem er fischte, kenterte. Der Motor hatte aufgehört zu funktionieren. Sein Bruder Alaa gab zu, dass das Boot in keinem guten Zustand war. Aber die Familie musste es aus wirtschaftlichen Gründen weiter benutzen. "Hätten wir Geld gehabt, um einen neuen Motor zu kaufen, hätten wir Muhammed nicht verloren", sagte Alaa. "Aber wir konnten uns keinen neuen Motor leisten. Und wir können es immer noch nicht." "Ich weiß, dass es falsch war, auf das Meer hinauszufahren", sagte er. "Aber wir hatten keine andere Wahl. Ich bin Vater von vier Kindern, Fayez [ein anderer Bruder] ist Vater von drei Kindern und Muhammad war auch Vater von vier Kindern. Wer soll unsere Kinder sonst ernähren?"  Quelle

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In einem Interview für den Deutschlandfunk vom Januar 2020 sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Bekämpfung des Antisemitismus, Dr. Felix Klein: „…und der Israelbezogene Antisemitismus, der ist noch viel höher. Das sind nämlich 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland.“ Kritik an Israels Politik ist für Klein Antisemitismus und fast die Hälfte aller Deutschen sind für ihn Antisemiten. Absurder geht es nicht mehr.

Nach dem sogenannten Jom-Kippur-Krieg 1973 begann die Sympathie für Israel abzubröckeln und in Israel überlegte man was zu tun wäre, um die Unterstützung Israels weiter aufrechtzuerhalten. Die Welt hegte Sympathien für die Palästinenser und bei der Hasbara, Israels Propagandaministerium, rauchten die Köpfe nach einer Lösung für die Rückgewinnung der Zuneigung der Weltöffentlichkeit. Israel wollte nicht als Aggressor dastehen und seine Rolle als Opfer der Geschichte verlieren und schon gar nicht diese Rolle den Palästinensern überlassen. Da hat die israelische Hasbara einen neuen Antisemitismus gefunden oder erfunden, den „Israelbezogenen Antisemitismus“. Der Begriff soll die Kritik an der Politik des Staates Israel als Antisemitismus denunzieren und echte Antisemiten von ihrem Hass auf Juden entlasten. Als erstes wurde dieser zynische und perfide Begriff von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) verwendet, die eigentlich Juden gegen Antisemitismus schützen sollte. Dies beruht auf die absurde und irrige Annahme, dass der Staat Israel das jüdische Volk vertritt, womit der Begriff für die israelische Regierung und ihrem Propaganda-ministerium „Hasbara“ zum willkommenen Schutzschild gegen jedwede Kritik an ihrer völkerrechtswidrigen Politik wird, auch wenn die Kritik vollkommen berechtigt und sogar von israelischen und jüdischen Organisationen geäußert wird. 

Was bedeutet nun „Israelbezogener Antisemitismus“? Die Auffassung, dass Kritik an der Politik des Staates Israel als Judenhass gilt und daher eine Form des Antisemitismus sei, ist eine neue und gefährliche Idee, womit eine neue Welle des Antisemitismus produziert wird, was den rechten Politikern in Israel ganz willkommen ist, denn sie gehen davon aus, dass Antisemitismus Juden nach Israel „spült“. Um das zu erreichen ist ihnen alles recht.

Proisraelische Propagandisten wie z.B. Samuel Salzborn, Antisemitismus-Beauftragter des Landes Berlin oder jüdische Publizisten wie Henryk M. Broder oder Michael Wolffsohn, argumentieren, dass der Grund für die Kritik und den Protest gegen die Politik des Staates Israel nichts mit dessen Politik zu tun hat. Sie behaupten, dass die Kritiker, die meistens sachlich im Sinne des Völkerrechts argumentieren, eigentlich die Juden angreifen wollen und weil dies politisch nicht korrekt wäre, den Staat Israel verleumden. Dieses Argument beruht auf die Annahme, dass der Staat Israel, der sich selbst „Jüdischer Staat“ bezeichnet, die Juden der ganzen Welt repräsentiert und das Judentum symbolisiert. Daher soll eine Kritik Israels immer auch ein Angriff auf die Juden sein, demzufolge Antisemitismus. Israel ist aber nicht ein „Jüdischer Staat“, sondern ein Staat seiner Bürger, auch wenn mehr als die Hälfte Juden sind. Wenn man aber die sogenannten besetzten Gebiete hinzuzählt, was heute schon eine politische Realität ist, dann ist das Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan nur zur Hälfte  von Juden bewohnt und die andere Hälfte, Moslems und Christen, nimmt schneller zu.

Den Staat Israel als Stellvertreter des jüdischen Volkes anzunehmen, zumal die meisten Juden außerhalb Israels leben und viele von ihnen sich nicht mit Israel identifizieren wollen und können, ist ein zweischneidiges Argument, denn es macht Juden in der ganzen Welt in gewisser Weise für die vom Staat Israel begangenen Vergehen gegen das Völkerrecht mitverantwortlich. Nach der IHRA-Antisemitismus-Definition ist es ein antisemitischer Akt, Juden für die vom Staat Israel begangenen Verbrechen verantwortlich zu machen. Was aber wenn der Staat Israel selbst dazu einlädt und eine solche Annahme suggeriert? Wie soll man die Kritik auf den Staat und seine Institutionen allein beziehen, und nicht auf die Juden in aller Welt, wenn der Staat Israel behauptet, alle Juden seien Bürger des Staates Israel. Ist man da nicht automatisch ein Antisemit, wenn man Israel kritisiert. Das Konzept des „Israelbezogenen Antisemitismus“ ist daher ein Trick, um Kritik an Israel als antisemitisch zu diffamieren.

Wer profitiert von der Verbreitung eines solchen Konzepts? Einerseits natürlich der Staat Israel, der Kritik an seiner völkerrechtswidrigen Politik abwehren will, indem er sie als antisemitisch bezeichnet und den Antisemitismus für seine eigenen Zwecke instrumentalisiert. Den Preis dafür zahlen auch Juden, die plötzlich zu Antisemiten mutieren, manche sogar zu „berüchtigten Antisemiten“, und die nicht mehr vor Antisemitismus-Beschuldigungen geschützt und vom Simon-Wiesenthal-Zentrum sogar zu den gefährlichsten Antisemiten der Welt gezählt werden. Zudem muss es inzwischen vielen klar sein, dass in Israel keine Regierung daran interessiert sei, einen lösungsorientierten Schritt zu tun. Auf solche Fragen erntet man in Israel nur Häme, Wut, Spott und Ärger.

Ähnlich verhält es sich mit dem Problem des Antisemitismus. Die Bevölkerung in Israel empfindet nur Häme und Spott bei dieser Frage und die Politiker benutzen den Antisemitismus für eigenen Populismus. So zum Beispiel, wenn Netanjahu behauptet, dass der Jerusalemer Mufti, Mohammed Amin al-Husseini, Hitler geraten hätte, die Juden zu vergasen und verbrennen. Hitler, der al-Husseini nicht mochte, hatte seinen Rat nicht nötig. Netanjahu scheute sich aber nicht davor sich lächerlich zu machen. Auch bei der Einladung antisemitischer Rechtspopulisten wie Jair Bolsonaro, Jaroslaw Kaczinski oder Viktor Orban, die bekennende Judenhasser sind und denen Israel einen roten Teppich ausbreitete vom Ben-Gurion-Flughafen in der Nähe von Tel-Aviv bis zum Holocaust-Museum Jad Va Shem in Jerusalem, hält sich Netanjahu nicht zurück. Sie behaupten, dass sie keine Antisemiten sind, weil sie den Staat Israel bei Abstimmungen in der UN unterstützen, sich mit israelischen Politikern treffen und in Israel Programme kaufen, um ihre eigene Bevölkerung zu überwachen.

Die IHRA-Definition von Antisemitismus gab dem israelischen Druck nach und fügte dem ursprünglich gegen echten Antisemitismus konzipierten Text zehn Beispiele hinzu, von denen sich sieben nicht auf Antisemitismus, sondern auf den Staat Israel beziehen. Damit hat die IHRA gegen ihre eigenen Kriterien verstoßen, da sie damit die Annahme akzeptiert, dass der Staat Israel das jüdische Volk repräsentiert. Herzl, der Gründer des Zionismus,   mehr >>>

 


Dass das Land Berlin dem Prof. Salzborn nun ein neues Betätigungsfeld eröffnet hat, wird dem Land jetzt mit einer Liste von 290 Straßennamen verlohnt, in denen der Antisemitismus unbemerkt fortleben konnte

Ein Brief von Ekkehart Drost und Willi Parlmeyer an die Bürgermeisterin von Berlin - 14. 01. 2022

Sehr geehrte Frau Regierende Bürgermeisterin, die Komische Oper steht in der Trägerschaft des Berliner Senats, und Herr Barry Kosky ist ihr Intendant. In diesem Dienstverhältnis hat er sich gegenüber der Berliner Zeitung - also öffentlich - erlaubt, die Arbeit Ihres Ansprechpartners für Antisemitismus, des leidenschaftlichen Antisemitenjägers Prof. Samuel Salzborn, mit Hohn und Spott zu überziehen. Als sei das nicht genug, mussten wir erleben, wie Patrick Bahners, der verantwortliche Redakteur in der FAZ vom 12.1. in einem höchst despektierlichen Beitrag dessen Arbeit mit Worten wie „Wahnwitz“ kennzeichnete. (https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2022-01-12/35df1bd836b6e4bee5ef9bc8bb9039af?GEPC=s5 )

Wir Göttinger erinnern uns gern an die Tätigkeit des Herrn Salzborn an der hiesigen Universität, ist es doch ihm und seiner stets wachsamen Gefolgschaft gelungen, Infiltrationsversuche der besonders heimtückischen israelbezogenen Variante des Antisemitismus der Linken aufzudecken. So konnte er es verhindern, dass die berüchtigte Ausstellung über die angebliche Vertreibung von Palästinensern im Jahre 1948 auf dem Gelände der Universität gezeigt wurde. Die Göttinger konnten so an der korrekten Denkungsart festhalten, die Palästinenser hätten seinerzeit freiwillig Haus und Hof verlassen, um sich in die Flüchtlingslager der Vereinten Nationen zu begeben. Dass der Vertrag mit Prof. Salzborn seitens der Göttinger Universität seinerzeit nicht verlängert wurde, empfand man hier als antisemitischen Skandal.

Dass das Land Berlin dem Prof. Salzborn nun ein neues Betätigungsfeld eröffnet hat, wird dem Land jetzt mit einer Liste von 290 Straßennamen verlohnt, in denen der Antisemitismus unbemerkt fortleben konnte. Die jüdische Bevölkerung Berlins wird aufatmen und sich in Ihrer Stadt sicherer fühlen.

Wir erlauben uns in diesem Zusammenhang, weitere Vorschläge zur Fortsetzung und Intensivierung der Arbeit Ihres Ansprechpartners für Antisemitismus vorzutragen.

1.     Prof. Salzborn sollte alle Anwohner der Straßen, deren Namen judenfeindliche Bezüge aufweisen, einer Gesinnungsprüfung auf antisemitische Tropen unterziehen. Sie stehen ausnahmslos unter dem Verdacht, nicht zufällig dort zu wohnen. Umgekehrt sollten alle Bewohner der Straßen Berlins, deren Namen keine solchen Bezüge haben, einer Belobigung unterzogen werden.

2.     Herr Salzborn sollte alle Druckerzeugnisse sichten, in denen im Verlauf der Berliner Geschichte Antisemiten photographisch oder xerographisch abgebildet worden sein könnten. Aus jedem relevanten Fund sollten Antisemiten wegretuschiert werden. Im Ostteil Ihrer Stadt werden Sie noch Menschen finden, die davon etwas verstehen. Dort weiß man: Von Stalin lernen heißt siegen lernen.

3.     Da sich auch in anderen Städten Richard-Wagner-Straßen und weitere Straßennamen mit deutlichem Antisemitismusbezug finden lassen, sollte Herr Salzborn eine mit den Antisemitismusbeauftragten der übrigen Länder koordinierte Aktion durchführen, um die deutsche Geschichte zu bereinigen.

4.     Da die Komische Oper in der Trägerschaft des Berliner Senats steht, sollte Herrn Koskys Vertrag nach dessen öffentlichen Entgleisungen überprüft werden. Zumindest sollte Herr Kosky arbeitsrechtlich sanktioniert und verpflichtet werden, öffentliche Äußerungen künftig Ihnen zuvor persönlich vorzulegen. Der Vorwurf der Zensur oder des McCarthyismus ist böswillig und sollte Sie nicht irritieren.

5.     Da Leser der FAZ auch in Berlin häufig unter den Meinungsführern zu finden sind, („Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.“), sollte Ihr Ansprechpartner zu Antisemitismus die FAZ nach diesem antisemitischen  Exzess zwingen, das Redaktionsstatut des Hauses Springer, die Haltung zu Israel betreffend, zu übernehmen, widrigenfalls der Vertrieb dieses Blattes in Berlin untersagt werde.
 

Sehr geehrte Frau Regierende Bürgermeistern,

der Berliner Senat hat in der Vergangenheit sein kompromissloses Handeln gegen antisemitische Unterwanderungen unter Beweis gestellt. Wir erinnern nur an die erfolgreiche Verhinderung der judenfeindlichen Veranstaltung „Unlearning Zionism“ an der Weißensee Kunsthochschule Berlin (KHB), von deren besonderer Heimtücke, dass sie nämlich von Jüdinnen organisiert war, man sich in Berlin nicht hat irritieren lassen.

Wenn wir am 13.1., also nur einen Tag nach der FAZ-Veröffentlichung (!), in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung lesen mussten, dass im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin vom 8.2. „Wagners Leben und Werk“ – wie es in der Ankündigung heißt – gewürdigt werden soll, dann muss sich jedem Deutschen angesichts dieser Flut antisemitischer Events der Magen umdrehen. Wo leben wir denn? Wir fordern Sie daher auf, wie im Falle Weißensee, diese Veranstaltung durch Entzug der Mittel zu verhindern.

Die Verdienste des Herrn Salzborn um die Entfernung des Makels aus der deutschen Geschichte, wo immer er sich bildlich oder schriftlich manifestierte, sind unschätzbar. Seine Methode beschränkt sich aber nicht auf das Verhindern und Tilgen, sondern bedient sich auch des Beschweigens. So kolportiert man hier in Göttingen gern seine Worte auf Twitter: „Wenn im Zug am Nachbartisch die Leute anfangen, ohne jeden Grund auf „Palästina“ als Thema zu sprechen kommen, ist es wahlweise Zeit, auszusteigen, Kopfhörer aufzusetzen oder sie anzuschreien.“

Sollte er sein Werk beenden können, stünde Deutschland in der Welt wieder anders da. Böse Zungen in Göttingen wollten wissen, er sei antideutsch. Seine Verdienste um den guten Ruf Deutschlands dementieren das unzweideutig.

Wir erlauben uns, dieses Schreiben an einen weiteren Empfängerkreis weiterzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen aus Göttingen, Ihre Ekkehart Drost und Willi Parlmeyer

 

 

Erst schallendes Gelächter, dann Wut - F.A.Z

Studie: 290 Namen von Straßen und Plätzen in Berlin haben antisemitische Bezüge



Der Staat Israel gegen die Juden

14. Januar 2022 -  Robert Herbst

Sylvain Cypels „Der Staat Israel gegen die Juden“ [Franz. u. Engl.] zeigt, wie sehr die Israelis in ihrer Behandlung der Palästinenser den menschlichen Anstand verloren haben und wie viel jüdisches moralisches Erbe bei der Schaffung, Unterstützung und Duldung eines jüdischen Staates aufgegeben wurde.

Im Jahr 2014, nach der Operation „Protective Edge“, die den Gazastreifen verwüstete und 2.000 Palästinenser, darunter mehr als 500 Kinder, tötete, wurde die kognitive Dissonanz zwischen jüdischen moralischen und religiösen Werten und der israelischen antipalästinensischen Apartheid – und der US-amerikanisch-jüdischen Unterstützung für all das – für mich zu groß, und ich begann, mich gegen die jüdische Unterdrückung der Palästinenser auszusprechen – außerhalb des jüdischen Stammes. Nach einigen Jahren fing ich an, einen Satz zu verwenden, der meiner Meinung nach meine Gefühle in dieser Sache angemessen zusammenfasste: Die Unterdrückung der Palästinenser wird von Juden verübt, in einem Israel von, durch und für Juden, aber sie ist nicht jüdisch. >>>

 


Antisemitismus-Top-10-Liste des Wiesenthal-Zentrums "schadet dem Kampf", wirft ein EU-Beamter vor

Der EU-Koordinator für die Bekämpfung des Antisemitismus sagt, die Liste, die die BBC und Deutschland als "Top-Antisemiten" des Jahres 2021 bezeichnet, diskreditiere die Arbeit des wichtigen jüdischen Forschungsinstituts

Cnaan Liphshiz - Jan 11, 2022 - Übersetzt mit DeepL


Das Simon Wiesenthal Center, benannt nach dem berühmten, 2005 verstorbenen Nazi-Jäger, definiert sich selbst als "eine jüdische, weltweit tätige Menschenrechtsorganisation, die den Holocaust und den Hass in einem historischen und zeitgenössischen Kontext erforscht".

Der stellvertretende Dekan des Zentrums, Rabbiner Abraham Cooper, hat jahrzehntelang dazu beigetragen, Antisemitismus-Kontroversen zu entschärfen, in die Prominente verwickelt waren, wie etwa die jüngste Kontroverse um Nick Cannon im Jahr 2020, bei der Cooper persönlich mehrere Dialogsitzungen mit Cannon abhielt. Andere Vertreter des Wiesenthal-Zentrums werden regelmäßig in Mainstream-Artikeln zitiert.

Die jüngste Veröffentlichung der jährlichen "Global Anti-Semitism Top Ten"-Liste des Zentrums hat jedoch heftige Kritik von Spitzenvertretern in Europa hervorgerufen, darunter der oberste Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Union, der der Meinung ist, dass die Gruppe Wiesenthals Erbe beschmutzt und dem weltweiten Kampf gegen Antisemitismus schadet.

Seit 2010 veröffentlicht das Zentrum eine Liste mit den seiner Meinung nach antisemitischsten Organisationen der Welt. Die Listen der vergangenen Jahre haben auch Kritik hervorgerufen, darunter die Erwähnung des ehemaligen Berliner Bürgermeisters Michael Müller im Jahr 2017, weil er sich nicht entschiedener gegen die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung ausgesprochen hat. Führende Vertreter des deutschen Judentums nannten diesen Eintrag "grotesk".

Die Liste des Zentrums für das Jahr 2021 erwies sich als noch antagonistischer. Nach dem Staat Iran, der offen zur gewaltsamen Zerstörung Israels aufruft, und der Hamas, der palästinensischen Gruppe, die den Gazastreifen beherrscht und von den Vereinigten Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, steht an dritter Stelle der Liste 2021 die BBC, die seit ihrem umstrittenen Bericht über einen antisemitischen Anschlag in London unter intensiver Beobachtung steht. Auf Platz 5 steht die Jewish Voice for Peace, eine jüdische antizionistische Aktivistengruppe.

Und auf Platz 7 steht ganz Deutschland, dem es laut Wiesenthal Center "nicht gelungen ist, antisemitische Angriffe von rechts, von Islamisten und die Dämonisierung Israels von links einzudämmen". Nach Angaben der Bundesregierung gab es 2019 in Deutschland 2.032 dokumentierte antisemitische Vorfälle - die höchste Zahl seit 2001 und ein Anstieg von 13 Prozent gegenüber 2018.

Der Eintrag zu Deutschland hebt Michael Blume, den Beauftragten gegen Antisemitismus in Baden-Württemberg, hervor, weil er 2019 einen Facebook-Post eines "Freundes" "geliked" hat, in dem es hieß: "Zionisten, Nazis und Radikale sollten sich schnell aus meiner Freundesliste verabschieden." In dem Bericht des Wiesenthal Centers heißt es, dass Deutschland Blume erlaubt, "diese antisemitischen und israelfeindlichen Aktivitäten in den sozialen Medien zu betreiben."

Blume sagte der Jewish Telegraphic Agency, dass er sich nicht daran erinnere, einen solchen Beitrag "geliked" zu haben, und dass er dies möglicherweise bei einem Text getan habe, der später bearbeitet wurde.

"Ich glaube, dass der Zionismus völlig legitim ist und dass Israel das Recht hat, für alle Zeiten sicher zu existieren. Für mich ist Antizionismus gleichzusetzen mit Antisemitismus, schlicht und einfach. Ich bin wiederholt als Freund und Verbündeter nach Israel gereist und habe ausführlich über dieses Thema gesprochen und geschrieben", so Blume gegenüber JTA.

Katharina von Schnurbein, die Koordinatorin der Europäischen Union für die Bekämpfung von Antisemitismus, schrieb am 29. Dezember 2021 auf Twitter, dass die Aufnahme von Blume in das Zentrum "das unschätzbare Vermächtnis von Simon Wiesenthal diskreditiert", einem Holocaust-Überlebenden, der sein Leben der Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern gewidmet hat und Hinweise lieferte, die zur Ergreifung der SS-Offiziere Adolf Eichmann und Franz Stangl führten.

Das Wiesenthal Center, so twitterte von Schnurbein, schade mit seiner Liste "dem Kampf gegen" Antisemitismus.

Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2015 hat sich von Schnurbein auf den Aufbau breiter Allianzen für Initiativen konzentriert, die ihr Büro weitgehend hinter den Kulissen gefördert hat. Sie hat nur selten öffentlich Kritik an gemeinnützigen Organisationen geübt und ist nicht dafür bekannt, sich mit Organisationen anzulegen, deren Leitbilder sich mit denen ihres Amtes überschneiden.

Sie war nicht allein. Der Dachverband der jüdischen Gemeinden in Baden-Württemberg, die Israelitischen Kultusgemeinden, unterstützte Blume und verurteilte die Wiesenthal-Liste in einer Erklärung scharf.

"Die jüdischen Gemeinden im Land verurteilen einhellig den Versuch, den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg zu verunglimpfen, indem er in die Liste der 'Top 10 Worst Antisemitic Events' des Simon-Wiesenthal-Zentrums für das Jahr 2021 aufgenommen wird", schrieb die IRG-Gruppe in einer Erklärung. "Es ist abscheulich, diesen Brückenbauer auf eine Liste von Feinden Israels zu setzen."

Cooper verteidigte die Liste mit den Worten, das Wiesenthal-Zentrum leide "nicht an verschwommener Sicht".

Da fast die Hälfte der jüdischen Weltbevölkerung in Israel lebt, "kann man 'Antisemitismus' nicht bekämpfen, ohne sich all jenen entgegenzustellen, die Zionisten angreifen und den Zionismus dämonisieren", schrieb Cooper in einer E-Mail an JTA. "Diese Tatsache ist in der IHRA-Definition von Antisemitismus verankert. Im Jahr 2021 und darüber hinaus müssen Menschen, die in verantwortlicher Position Antisemitismus überwachen und bekämpfen, deutlich machen, dass dies die Dämonisierung von Zionisten und die Dämonisierung des Zionismus einschließt."

Die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) für Antisemitismus enthält Beispiele für einige Formen von israelfeindlichen Äußerungen. Dutzende von Ländern haben diese Definition übernommen, trotz der Proteste palästinensischer Aktivisten und anderer, die behaupten, dass sie die freie Meinungsäußerung über den jüdischen Staat einschränkt.      Quelle

 

Antisemitismus-Top-10-Liste des Wiesenthal-Zentrums

 

Frühere Opfer des Wiesenthal-Zentrums

Augstein Jakob - 2012 + 2015
Grass Günter - 2012

 


Andere Zielpersonen der falschen Freunde Israels

 Definition - anti-palästinensischer Rassismus
Großbritanien Definition (IHRA) - Lobbyarbeit
Finkelstein - Hirngespinst  britischer Antisemitismus
Politische Weltbild Schwarz-Friesel
"Antisemitismusbeaufragter" - Aktion seit 2008
Antisemitismus in Frankreich
Antisemitismus in Frankreich? - Uri Avnery
Antisemitismusvorwurf -  Antsemitismuskeule
2019 - Gutachten zur «Arbeitsdefinition Antisemitismus»
2019  Bundestag gegen BDS
2017 - Bundesregierung  Antisemitismus-Definition
2016 - IHRA -   Arbeitsdefinition Antisemitismus
IHRA - Bestreiten jüdischen Selbstbestimmungsrechts
IHRA - Europäische Gewerkschaften
2005 - EUMC Definition  Antisemitismus
2005 Dortmunder Erklärung
2007 - Koordinierungsrat - Antisemitismus
"Expertenkreis" Antisemitismus
Antisemitismus Jüdische Stimmen

Es ist nicht antisemitisch, gegen Rassismus, Kolonialismus und staatliche Gewalt zu kämpfen

Die Jüdische Stimme für Frieden (Jewish Voice for Peace [JVP]), eine fortschrittliche jüdische Organisation in Israel, hat ein Statement zur falschen Bestimmung des Antimitismus-Begriffs veröffentlicht.

11.01.2022

(...)  Auf Taten von großem Mut folgen reaktionäre Gegenreaktionen. Selbstbewusste Juden haben von Anfang an gegen den Zionismus gekämpft. Die anhaltenden Versuche von Seiten der Regierungen und Institutionen, Antizionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen, sind eindeutig falsch. Solche Bestrebungen zielen darauf ab, die Rechtmäßigkeit palästinensischer Stimmen abzustreiten, unsere Solidaritätsnetzwerke zu zerschlagen und jüdische Antizionisten als Ausnahmen vom jüdischen Mainstream-Konsens abzustempeln. Aber nichts kann von der Tatsache ablenken, dass sich der Kampf für Gerechtigkeit und Freiheit ausweitet und dass wir immer mehr werden. …

Gemeinsam mit unseren Verbündeten haben wir versucht, die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) formulierte Begriffsbestimmung von Antisemitismus zu bekämpfen. Sie ist völlig falsch. Sie vermengt Antisemitismus mit allen Positionen, die dem Zionismus kritisch gegenüberstehen, einschließlich der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung, der größten gewaltfreien palästinensischen Bewegung gegen den israelischen Staat. Mit dem Vorschlag dieses Zensurinstruments zur Unterdrückung von kritischem Denken und politischen Meinungsverschiedenheiten wollen die Befürworter des IHRA-Kriteriums diese Definition in Unternehmen und Regierungen einführen.  mehr >>>



 

Frieden mit den Palästinensern ist möglich": Treffen Sie Israels letzten Optimisten

Jeden Freitagnachmittag steht Uri Ashi auf einer Brücke in Tel Aviv und versucht, Passanten und Autofahrer davon zu überzeugen, dass ein Frieden mit den Palästinensern noch möglich ist. Jetzt hat er ein neues Buch zu diesem Thema veröffentlicht

Iddo Schejter - 13. Januar 2022 - Übersetzt mit DeepL

An jedem Freitagnachmittag kann man einen Mann und seine riesige Taube auf Krücken auf einer Brücke in Tel Aviv sehen, die über der viel befahrenen Ayalon-Autobahn schwebt und versucht, jeden, der zuhören will, davon zu überzeugen, dass die Zwei-Staaten-Lösung immer noch erreichbar ist.

Uri Ashi, 45, ist von Beruf Illustrator und Animator, aber er sagt, dass er in den letzten Jahren auch zum Autor und Forscher geworden ist. Seit 2015 steht er mit der riesigen, behinderten Taubenpuppe auf der Hahalakha-Brücke, zusammen mit einem hebräischen Schild, auf dem steht: "Frieden mit den Palästinensern ist möglich". Er nennt das Schild die "Kurzfassung" seines Buches "Hatikva: The Illustrated Guide to Solving the Israeli-Palestinian Conflict", das letztes Jahr auf Hebräisch erschienen ist.

Ashis Aktivismus begann, nachdem er einen Kurs über die Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts bei Dr. Shaul Arieli belegt hatte, einem Oberst im Ruhestand, der in den vergangenen Runden der Friedensgespräche mit den Palästinensern auch an mehreren israelischen Verhandlungsteams beteiligt war. Obwohl er sich zuvor für gut informiert gehalten hatte, stellte der Kurs die Weltanschauung des Illustrators auf den Kopf.

Er sagt, Arieli habe ihm gezeigt, dass, obwohl die vergangenen Verhandlungsrunden gescheitert seien, in den Kernfragen des Konflikts Kompromisse erzielt worden seien und dass es nur noch darum gehe, die letzten Details auszufüllen und ein Abkommen zu unterzeichnen. Ashi war überrascht, als er erfuhr, dass die Palästinenser bereits 1988 bereit waren, mit Israel auf der Grundlage von zwei Staaten für zwei Völker zu verhandeln. Er dachte sich, wenn er das nicht wüsste, dann wüssten es wohl auch die meisten Bürger nicht.

So kam er dazu, auf der Brücke im Norden Tel Avivs zu stehen, inspiriert von den Aktionen einzelner Demonstranten - allen voran Amir Haskel, der vor etwa sechs Jahren begann, auf Brücken in ganz Israel zu demonstrieren, um gegen den damaligen Premierminister Benjamin Netanjahu zu protestieren.

Ursprünglich ging Ashi zur Hahalakha-Brücke - der seinem Haus am nächsten gelegenen Brücke - mehr aus Gründen der Recherche. Sein Ziel war es, zu erfahren, was auf ihn zukommen würde, wenn er sich für eine Zwei-Staaten-Lösung einsetzen würde. Sein Schild und seine riesige behinderte Taube, die den beschädigten Friedensprozess symbolisiert, zogen die Aufmerksamkeit von Fußgängern und Autofahrern auf sich, die Ashi eine Standpauke halten wollten. Er schaffte es sogar auf die Facebook-Seite des rechtsextremen Influencers The Shadow.

Nach ein paar Besuchen auf der Brücke stellte er jedoch fest, dass immer wieder dieselben Argumente gegen eine Zwei-Staaten-Lösung vorgebracht wurden. Schließlich kam Ashi auf die Idee, seine zeichnerischen Fähigkeiten zu nutzen und einen illustrierten Leitfaden zur Lösung des Konflikts zu schreiben.

Zwei Jahre lang gab er seinen Job auf, um sich ganz dem Projekt widmen zu können. Er saß in Bibliotheken, las Hunderte von Büchern zu diesem Thema und befragte Forscher und Historiker. Sein Buch richtet sich an ein israelisches Publikum und will die Leser davon überzeugen, dass ein Frieden mit den Palästinensern trotz der weit verbreiteten Meinung, die Zweistaatenlösung sei tot, tatsächlich noch möglich ist. Von den 3.000 Exemplaren, die er bisher verkauft hat, haben ihm nach eigenen Angaben etliche Leser geschrieben, dass er sie dazu gebracht hat, ihre bisherige Meinung über den Konflikt zu überdenken.

In dem Buch nimmt Ashi die Argumente auseinander, die er immer wieder auf der Brücke gehört hat, dass ein Frieden mit den Palästinensern nicht möglich ist: Vom vermeintlichen palästinensischen "Etappenprogramm" - das angeblich die Unterzeichnung von Abkommen mit Israel als Taktik vorsieht, um später einen wirksameren bewaffneten Widerstand zu ermöglichen - bis hin zu der Behauptung, die Palästinenser seien ein falsches Volk und verdienten daher keinen Staat.

Etwa zu der Zeit, als Ashi den Kurs von Arieli besuchte, hörte er auch mit dem Rauchen auf. Um mit dem Rauchen aufzuhören, las er "Allen Carr's Easy Way to Stop Smoking". Anschließend versuchte er, Carrs Methoden in seine eigene Friedensarbeit einzubauen.

Carr vermeidet es zum Beispiel ausdrücklich, den Menschen Angst vor den Gesundheitsrisiken des Rauchens zu machen. Ashi tut dasselbe und vermeidet, anders als viele pensionierte israelische Generäle, düstere Vorhersagen darüber, was passieren wird, wenn sich Israel nicht von den Palästinensern trennt. Bei seinen Gesprächen auf der Brücke stellte er fest, dass die Verängstigung von Friedensgegnern deren Überzeugungen nur noch mehr bestärkt.

Das Wichtigste, was Ashi aus Carrs Buch mitgenommen hat, ist jedoch das Konzept der Hoffnung: Das Wichtigste bei dem Versuch, die Meinung eines Menschen zu ändern, ist es, ihm die Überzeugung zu vermitteln, dass eine Veränderung möglich ist - und dass es gar nicht so schwierig ist, sie zu erreichen, sei es bei den Rauchgewohnheiten oder einem jahrzehntealten Konflikt.

Deshalb hat er seinem Buch den Titel "Hatikva" ("Die Hoffnung") gegeben, weil er glaubt, dass eine rationale Analyse der Geschichte, die durch eine humorvolle Sprache und Illustrationen erklärt wird, dem Leser die Hoffnung vermittelt, dass der Konflikt gelöst werden kann.

Ashi versucht auch psychologisch zu erklären, wie die israelische Öffentlichkeit zu der Überzeugung gelangt ist, dass ein Frieden unmöglich ist, obwohl seine Analyse das Gegenteil zeigt. Er ist zwar der Meinung, dass der Konflikt seit den späten 1980er Jahren lösbar ist, aber es muss noch etwas getan werden, damit die Öffentlichkeit ihn auch als solchen ansieht - sonst schadet das Paradigma, das nützlich war, als der Konflikt unlösbar war, den Aussichten auf Frieden, wenn er es ist. So sei es zwar notwendig, den Feind in Konfliktzeiten zu hassen, um ihn wirksam bekämpfen zu können, doch diese Denkweise behindere auch wirksame Verhandlungen. Solange es nicht zu einem Paradigmenwechsel kommt, den Ashi mit seinem Buch anstrebt, kann der Konflikt nicht gelöst werden.

Obwohl Ashi säkular ist, widmet er ein Kapitel dem Versuch, religiöse Leser mit theologischen Argumenten von der Zwei-Staaten-Lösung zu überzeugen. Er räumt zwar ein, dass es eine äußerst schwierige Aufgabe ist, tief verwurzelte religiöse Überzeugungen umzustoßen, aber er sagt, dass ihm einige religiöse Leser geschrieben haben, dass sie von den Argumenten des Kapitels beeindruckt waren. Er hofft, dass er bei einigen Lesern zumindest den ersten Keim der Skepsis gepflanzt hat.

Ashis Hauptzielgruppe ist jedoch eigentlich die israelische Linke. Das Scheitern der Verhandlungen mit den Palästinensern in der Vergangenheit hat dazu geführt, dass sich die Friedensbefürworter in Bezug auf ihre Ansichten zu diesem Konflikt ständig zurückziehen. Ashi möchte die Linke wieder von der Stärke ihrer früheren Position überzeugen und sich nicht schämen, sie in den Mittelpunkt ihrer politischen Botschaften zu stellen.

Der Rückgang der Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung hat dazu geführt, dass alternative Ideen in den Mittelpunkt des öffentlichen Diskurses gerückt sind. Dazu gehört vor allem Micah Goodmans Idee der "Schrumpfung des Konflikts", die von der derzeitigen Regierung offenbar als Politik übernommen wurde. Das Konzept sieht vor, dass Israel Maßnahmen ergreift, die das Leben der Palästinenser verbessern, ohne ihnen eine vollständige Staatlichkeit zu geben.

Ashi ist davon nicht überzeugt. "Ich schätze Micah Goodman sehr - ich finde seine Bücher großartig - aber ich verstehe nicht, wie dieser Plan funktionieren soll. Solange die Einsicht, dass Frieden möglich ist, nicht existiert, ist es unmöglich, dass jemand irgendeinen Fortschritt [in Richtung Frieden] macht. Im Gegenteil, das Vernünftigste, was eine Person, die nicht an die Möglichkeit des Friedens glaubt, tun kann, ist, sich weiter in ihren fanatischen rechten Ansichten zu verschanzen", sagt er.

Was die Einstaatenlösung betrifft, so sieht Ashi keinen historischen Präzedenzfall dafür, dass zwei so zerstrittene Gruppen wie die Israelis und die Palästinenser harmonisch zusammenleben könnten. Diese Lösung erfreut sich unter den Palästinensern, die den Friedensprozess aufgegeben haben, zunehmender Beliebtheit. Obwohl Ashi hofft, dass jemand auf der anderen Seite die gleiche Lobbyarbeit leistet wie er, vielleicht sogar auf einer entsprechenden Brücke in Ramallah, stellt er in Umfragen eine Korrelation zwischen den israelischen Verhandlungsbemühungen und der palästinensischen Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung fest.

Er plant, das Buch ins Englische übersetzen zu lassen und eine Art Videoformat zu entwickeln, um den Inhalt des Buches weiterzugeben, so dass er auch ein Publikum erreichen kann, das weniger gut lesen kann. In der Zwischenzeit wird das eine oder andere Auto, das im Stau steht, sein Schild und seine Taube anhupen, entweder um seine Unterstützung oder seine Abscheu zu zeigen, und er wird geduldig dastehen, bereit, jeden Passanten davon zu überzeugen, dass er nicht verrückt ist, sondern einfach nur sehr hoffnungsvoll. Quelle


Netanjahus letzte Schlacht

Israel: Bestechlichkeit, Betrug und Untreue - so lautet die Anklage: Israels Ex-Premier soll im Geheimen mit der Justiz über einen Deal verhandeln, der ihm eine Haftstrafe wegen Korruption erspart. Der Preis für ihn wäre allerdings auch hoch.

Peter Münch -  14. Januar 2022

Der Staat Israel gegen Benjamin Netanjahu: Dreimal pro Woche kommt dieses reale Stück über Macht und Missbrauch zur Aufführung in einem Jerusalemer Gerichtsaal. Der frühere israelische Premier und heutige Oppositionsführer muss sich dort wegen Korruption verantworten, es droht ihm eine langjährige Haftstrafe. Ein Urteil allerdings ist nicht in Sicht, der Prozess könnte sich über Jahre hinziehen.

Doch nun ist plötzlich Bewegung in den Fall gekommen. Israels Medien überschlagen sich mit Berichten über einen möglichen Deal zwischen Netanjahu und der Justiz. Er könnte so der Haft entgehen - müsste aber dafür einen hohen Preis bezahlen.

(...) Der offenbar noch umstrittene Knackpunkt aber ist, ob ihm im Urteil "moralische Verfehlungen" vorgeworfen werden. In diesem Fall dürfte er sieben Jahre lang keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden.

Ein Schuldeingeständnis könnte seine Anhänger schwer enttäuschen
- Mandelblit soll den Berichten zufolge darauf bestehen, dass Netanjahus Politik-Sperre Teil des Deals ist. Alles andere wäre wohl auch innerhalb der Justiz kaum vermittelbar angesichts der Schwere der Vorwürfe - und auch angesichts der Attacken, die Netanjahu gegen die Ermittler und Staatsanwälte geritten hatte. Nicht nur eine "Hexenjagd", sondern auch den "Versuch eines Staatsstreichs" hatte er ihnen vorgeworfen.

Der staatliche Rundfunk berichtet nun, Netanjahus Anwälte würden ihm zur Absprache mit der Justiz raten, seine Familie sei jedoch eisenhart dagegen. Tatsächlich würde ein solcher Deal wohl das abrupte Ende seiner politischer Karriere markieren. Netanjahu ist 72 Jahre alt und könnte sich höchstens noch einreden, dass auch sein großes Vorbild Winston Churchill mit Anfang siebzig mal eine Pause gemacht hatte vom Premiersamt, um dann nach sechs Jahren als Retter zurückzukehren. In seinem Fall ist es jedoch wahrscheinlicher, dass er fortan viel Zeit mit Ehefrau Sara verbringen und sich um Mehrung des Vermögens bemühen müsste. (...)


Netanjahu führt die Opposition - aber hat er noch Chancen, wieder an die Macht zu kommen?

In zwei Wochen geht zudem die Amtszeit von Generalstaatsanwalt Mandelblit zu Ende. Netanjahu könnte darauf spekulieren, dass er diesen Fall noch zu einem Abschluss bringen will. Besseres dürfte aus seiner Sicht ohnehin nicht nachkommen. Der Nachfolger wird von Justizminister Gideon Saar ausgewählt, der aus Protest gegen Netanjahu die Likud-Partei verlassen hatte und noch einige Rechnungen mit ihm offen hat.

Zu guter Letzt: Allzu rosig sind Benjamin Netanjahus politische Zukunftsaussichten auch nicht mehr. Seine Hoffnung, die im Juni neu gebildete Regierung schnell wieder abzulösen, hat sich nicht erfüllt. Das bunte Acht-Parteien-Bündnis seiner Gegner erweist sich bislang als relativ stabil.

Einen Hebel allerdings hätte Netanjahu doch noch, um diese Regierung zu Fall zu bringen. Sollte er sich aus der Politik zurückziehen, hätten die rechten Koalitionsparteien kaum noch einen Grund, sich zum Regieren mit linken und arabischen Partnern herumzuschlagen. Der Vorteil: Seine Likud-Partei könnte an die Macht zurückkehren. Der Nachteil: Benjamin Netanjahu hätte nichts mehr davon.  Quelle

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Eine kleine Auswahl weiterer Nachrichten und  Texte,  in meist englischer Sprache

Palestinians protest in Umm al-Fahm in support of families facing Israeli apartheid in Naqab

UNRWA calls for immediate release of critically ill Palestine refugee child Amal Nakhleh

Israeli settlers break into houses in Hebron-district village (wafa.ps)

222 more cases of Omicron in Palestine, total hits 699, says MoH (wafa.ps)

Army Detains Five Palestinians from Tulkarem – – IMEMC News

WAFA: “Palestine TV crew attacked, bruised by Israeli settlers on a West Bank Road” – – IMEMC News

Israeli Soldiers Injure Dozens Of Palestinians Near Nablus – – IMEMC News

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WAFA: “Israel forces Palestinian to self-demolish store in Jerusalem-district camp” – – IMEMC News

‘Hashtag Palestine’: New report highlights rise in violations of Palestinian digital rights (wafa.ps)

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