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Das zynische Angebot
Israel will im Libanon Katastrophen-Hilfe leisten

Arn Strohmeyer - 6.08.2020


Wenn es irgendwo in der Welt zu Katstrophen kommt, ist Israel stets einer der ersten Staaten, der Hilfe leisten will. So auch jetzt nach der furchtbaren Explosion im Hafen von Beirut. Benjamin Netanjahu machte umgehend ein Hilfsangebot – und das Rathaus von Tel Aviv wurde in einem Lichtspektakel gleich mit den Flaggenfarben des Nachbarstaates angestrahlt. Die westlichen Medien verbreiteten schnell, dass das kleine Israel dem eigentlich verfeindeten Zedernstaat beistehen will. Eine großzügige und selbstlose Geste soll die Welt wohl denken…

Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die selbstlose Hilfsbereitschaft als blanker Zynismus. Denn der zionistische Staat hat im Laufe seiner Geschichte unendliches Leid über den Zedernstaat gebracht. Schon gleich nach der Gründung Israels 1948 planten die Zionisten, den Libanon zu erobern und ein ihnen freundlich gesinntes christlich-maronitisches Regime dort einzusetzen, also einen zionistischen Vasallenstaat zu schaffen. Israel bezweckte mit diesem Vorhaben auch, den Libanon aus dem arabischen Lager herauszulösen. Die Idee dazu kam von Ben Gurion und Moshe Dajan.

Der Plan beinhaltete auch einen Gebietsgewinn: Israel wollte das Gebiet südlich des Litani-Flusses für sich behalten. Der damalige Außenminister Moshe Sharett widersetzte sich diesen Plänen mit aller Vehemenz und warnte vor den unabsehbaren Folgen eines solchen militärischen Unternehmens. (Nachzulesen ist das alles in seinen Tagebüchern.) Die Realisierung des Überfalls auf den Libanon wurde durch ein anderes kriegerisches Projekt verhindert, auf das Israel sich zusammen mit Großbritannien und Frankreich damals vorbereitete: den Suezkrieg von 1956, bei dem diese drei Staaten Ägypten überfielen mit dem Ziel, Nasser zu stürzen und die Verstaatlichung des Suezkanals zu verhindern – und Israel den Besitz des Sinai zu sichern.
Ende der 70er Jahre mischte sich Israel auf maronitischer Seite in den libanesischen Bürgerkrieg ein. 1982 marschierten seine Truppen dann unter Führung von Ariel Sharon wieder in den Nachbarstaat ein, um die PLO zu vernichten, die sich nach ihrer Vertreibung aus Jordanien im Südlibanon festgesetzt hatte. Bei dieser Gelegenheit führten die Israelis im schiitischen Teil des Landes ein so brutales Regiment, dass die Folge die Entstehung der Hisbollah war, die den zionistischen Invasoren Widerstand leisteten und Israels Todfeind bis heute sind. Außerdem legten die Israelis große Teile Beiruts, in der sie PLO-Stellungen vermuteten, einschließlich des Flughafens in Schutt und Asche. Und sie leisteten mit ihrer militärischen Infrastruktur Beihilfe, dass die verbündeten maronitischen Milizen in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Shatila Tausende Menschen umbringen konnten.
 


 


Im Jahr 2006 fielen die Israelis erneut über den Libanon her, dieses Mal war die Vernichtung der Hisbollah das Ziel. Sie richteten wieder furchtbare Verwüstungen an. Nach dem von ihnen völlig zerstörten Beiruter Vorort Dahiya, in dem sich Hisbollah-Truppen verschanzt hatten, benannte Israel seine neue Militär-Strategie, die nach Aussagen des israelischen Generals Gadi Eisenkott besagt: „Das, was in Dahiya im Jahr 2006 geschah, wird in jedem Dorf geschehen, von dem aus Israel beschossen wird. Wir werden unverhältnismäßige Gewalt anwenden und große Zerstörungen anrichten. Nach unserer Meinung handelt es sich dabei nicht um zivile Dörfer, sondern um Militärbasen. Die ist keine Empfehlung, dies ist ein Plan, und er hat seine Bewährungsprobe bestanden.“

Das heißt im Klartext, dass Israel sich an ein wichtiges Gebot des Völkerrechts nicht mehr hält: die Schonung der Zivilbevölkerung im Kriegsfall. Diese schweren Verletzungen des Völkerrechts bedeuten juristisch ausgedrückt: Die Dahiya-Doktrin verletzt zwei Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts: Das Unterscheidungsprinzip und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Das Unterscheidungsprinzip, das in den vier Genfer Konventionen von 1949 und in zweien ihrer Zusatzprotokolle niedergelegt ist, besteht aus einer verbindlichen Regel: Zivilisten dürfen von Armeen nicht angegriffen werden. Im Gegenteil: Sie müssen geschützt werden. Gewalt gegen Leben und Personen ist streng verboten, ebenso wie ‚Handlungen, die gegen die persönliche Würde gerichtet sind.‘“

 



Und: „Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit (Proportionalität), das auch in den Protokollen zur Vierten Genfer Konvention von 1977 niedergelegt ist, sieht es als Kriegsverbrechen an, wenn absichtlich ein militärisches Objekt angegriffen wird, obwohl man weiß, dass die Anzahl der Zivilisten, die dabei verletzt werden, in Beziehung zum erwarteten militärischen Vorteil unverhältnismäßig hoch sein wird. ‚Die Anwesenheit von Personen innerhalb der Zivilbevölkerung, die nicht wirkliche Zivilisten sind‘, sagt Artikel 50 (3) des Protokolls Nr. 1, ‚beraubt die Bevölkerung als Ganzes nicht ihres zivilen Charakters.‘“

2006 stießen die israelischen Truppen aber auf den erbitterten Widerstand des Gegners, den sie selbst geschaffen hatten: der Hisbollah. Diese setzte den israelischen Invasoren so zu, dass sie das Land verlassen mussten. Noch immer hält Israel aber ein libanesisches Gebiet – die Shebaa-Farmen – im Süden des Landes besetzt.

Gute Voraussetzungen also für gute Nachbarschaft und freundschaftliche Hilfeleistungen. Anstatt aber der Welt Sand in die Augen zu streuen über die Humanität der Zionisten, sollten diese sich erst einmal im eigenen Herrschaftsbereich human betätigen: die grausame Besatzung über die Palästinenser beenden und damit auch die Unterdrückung und das Elend der Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen. Diese Geste würde die Welt verstehen und auch zu würdigen wissen. Das Hilfsangebot an den Libanon ist – es sei noch einmal betont – blanker Zynismus.    6.08.2020
 

Israel, Zerstörer des Libanon, gibt sich als sein Retter aus
Tamara Nassar - 6. August 2020
Selbst inmitten der Katastrophe kennt Israels Heuchelei keine Grenzen.

Eine massive Explosion erschütterte Beirut am Dienstag, bei der mindestens 135 Menschen getötet, mehr als 5.000 verletzt und Hunderttausende vertrieben wurden. Die Zahl der Todesopfer wird wahrscheinlich steigen, da Rettungskräfte die verwüstete libanesische Hauptstadt durchsuchen. Die Explosion blieb nur wenig unversehrt, da die Bürger Bilder und Videos von zerstörten Häusern, beschädigten Autos und eingestürzten Gebäuden in der ganzen Stadt veröffentlichten. Die Ursache der Explosion wird weiterhin untersucht. Libanesische Beamte brachten sie mit 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat in Verbindung, das in den letzten sechs Jahren ohne Sicherheitsvorkehrungen in Lagerhäusern am Hafen gelagert wurde.

Nun nutzt Israel die Tragödie aus, um seine eigenen Verbrechen gegen den Libanon auszuradieren, von der militärischen Besatzung abzulenken und sein Image aufzupolieren - eine Propagandastrategie, die als "bluewashing" bezeichnet wird.
Bluewashing

Israel kündigte an, dem Libanon über diplomatische Kanäle humanitäre Hilfe anzubieten. "Dies ist die Zeit, den Konflikt zu überwinden", twitterte der offizielle Bericht des israelischen Militärs. Am Mittwochabend erleuchtete Tel Aviv sogar sein Rathaus mit der libanesischen Flagge. Die atemberaubende Heuchelei ging auch den Twitter-Benutzern nicht verloren, (siehe das englische Original) die berüchtigte Bilder aus der Zeit der israelischen Invasion von 2006 veröffentlichten, auf denen israelische Kinder Nachrichten auf Artilleriegranaten schrieben, bevor die Armee sie in den Libanon abfeuerte.

"Werden Ihre Geschenkkörbe genau wie Ihre Raketen signiert werden? schrieb ein Social-Media-Benutzer.

Die Angebote "humanitärer" Hilfe kommen aus dem gleichen Land, das Zehntausende palästinensische und libanesische Zivilisten getötet und verletzt hat und regelmäßig damit droht, die zivile Infrastruktur des Libanon zu zerstören, wie es das immer wieder getan hat. Während der Invasion 2006 feuerte Israel mehr als eine Million Streumunition in das Land. "Was wir getan haben, war wahnsinnig und monströs, wir haben ganze Städte mit Streubomben bedeckt", sagte ein israelischer Armeeoffizier gegenüber der Tel Aviver Zeitung Haaretz.

Im Laufe dieses Krieges warf Israel rund 7.000 Bomben und Raketen ab und bombardierte alle Teile des Libanon mit Land- und Seeartillerie. Mehr als 1.100 Menschen wurden getötet und etwa 4.400 verletzt, in der überwiegenden Mehrheit Zivilisten.

Eine Untersuchung von Human Rights Watch entkräftete die Behauptungen Israels, dass der entsetzliche Tribut auf "Kollateralschäden" zurückzuführen sei, weil sich die Hizballah-Kämpfer unter der Zivilbevölkerung versteckten oder sie als "menschliche Schutzschilde" benutzten, vollständig. Human Rights Watch kam zu dem Schluss, dass Israel unterschiedslos auf zivile Gebiete abzielte - eine Strategie, die als "Dahiya-Doktrin" bekannt ist, nach dem südlichen Vorort von Beirut, den Israel absichtlich platt gemacht hat.

Und israelische Führer drohen häufig damit, es wieder zu tun
. - Im Jahr 2018 zum Beispiel drohte Yisrael Katz, ein hochrangiges Mitglied der Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, den Libanon bis in die "Steinzeit" und "das Zeitalter der Höhlenmenschen" zu bombardieren.

Und erst vor wenigen Tagen, nachdem er behauptet hatte, dass Kämpfer der Hizballah versucht hätten, die israelische Armee jenseits der Grenze anzugreifen, spielte Netanjahu auf den Krieg von 2006 an. Der israelische Führer sagte am 27. Juli, Hizballahs Führer Hassan Nasrallah habe 2006 "einen großen Fehler gemacht, als er Israels Entschlossenheit zur Selbstverteidigung auf die Probe stellte, und der libanesische Staat hat dafür einen hohen Preis bezahlt".

"Ich schlage vor, dass er diesen Fehler nicht wiederholt", fügte Netanjahu hinzu - eine kaum verhüllte Drohung, die gleiche massive Zerstörung zu wiederholen. Netanjahu wiederholte seine Drohungen nur wenige Stunden vor der Explosion in Beirut.

Gerüchte verbreiten - Um einen maximalen Propagandawert zu erzielen, besteht Israel Berichten zufolge darauf, hebräische Markierungen auf allen Hilfslieferungen beizubehalten, die den Libanon erreichen könnten - obwohl der Libanon solche Hilfe mit ziemlicher Sicherheit ablehnen wird.

In der Zwischenzeit eilte Israel zur Verbreitung unbegründeter Gerüchte, die Hizballah für die Explosion verantwortlich machen. "Nach der Tragödie in Beirut hat Israel dem Libanon offiziell humanitäre Hilfe angeboten", twitterte 4IL, ein Propagandabüro des israelischen Ministeriums für strategische Angelegenheiten. "Dies geschieht trotz der Beweise, dass die Explosion von einem Munitionslager in Hizballah ausging", fügte der Bericht hinzu. Absolut keine derartigen Beweise sind ans Licht gekommen.

UN verkauft Israel - Israel verletzt regelmäßig den libanesischen Luftraum und die Souveränität, indem es unbemannte Flugzeuge und Kampfflugzeuge über den Süden des Landes und sogar über seine Hauptstadt fliegt. Anstatt solche Verletzungen zu verurteilen und Gerechtigkeit für die Opfer der israelischen Kriegsverbrechen im Libanon zu fordern, lobte Nickolay Mladenov, der Friedensbotschafter der UNO für den Nahen Osten, Israel für sein Hilfsangebot:

Mladenow schien die Tragödie zynisch als Gelegenheit zu nutzen, um eine politische Agenda zur Normalisierung der regionalen Beziehungen mit Israel voranzubringen. Israels arabischsprachiger Propaganda-Twitter-Account verbreitete weiterhin schamlose Behauptungen der "Solidarität" mit dem libanesischen Volk:

Doch nicht alle waren auf Sendung. - Moshe Feiglin, der ehemalige stellvertretende Sprecher der israelischen Knesset, feierte die Explosion in Beirut als "spektakuläre Pyrotechnik-Show" und eine "wunderbare Feier", die mit einem Datum zusammenfällt, das die Juden als Feiertag der Liebe begehen.


Dies ist derselbe Feiglin, der während des israelischen Angriffs auf Gaza 2014 einen Plan zur "Konzentration" der Palästinenser in Grenzlagern und zur "Ausrottung" aller, die Widerstand leisteten, bei gleichzeitiger Zerstörung aller zivilen Wohnungen und Infrastruktur vorschlug. Aber die meisten israelischen Politiker haben anscheinend das Memo erhalten, dass diese Art von Erklärungen nicht das Bild sind, das Israel vermitteln will.

Selbst wenn Israel in einer zynischen Zurschaustellung von Unterstützung das Rathaus von Tel Aviv erleuchtet, werden nur wenige Libanesen vergessen, dass Israel auf den Tag genau vor fast 14 Jahren den libanesischen Himmel mit Raketen und Bomben erleuchtet hat.     Quelle

GÖAB-Newsletter Analysen/Dokumente Nr. 41/2020

Posted am 6.8.2020

Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen

Explosionen in Beirut

 

Noch ist ein endgültiges Urteil über die Ursachen der katastrophalen Explosionen im Hafen von Beirut nicht möglich, Gleiches gilt für das Ausmaß der menschlichen Opfer und der materiellen Schäden. Eines kann man aber schon jetzt feststellen: Es trifft den Libanon, der bereits seit längerer Zeit in einer äußerst tiefen wirtschaftlichen, sozialen und letztlich auch politischen Krise steckt, welche zusätzlich durch die Pandemie noch weiter verschärft worden ist, wahrlich in einer Phase, die nicht schlechter hätte sein können. Es wird daher einer immensen nationalen aber auch internationalen Kraftanstrengung bedürfen, die Schäden zu beheben, soferne das überhaupt möglich sein wird. Das Land, welches vor vielen Jahrzehnten einmal als die "Schweiz des Nahen Ostens" bezeichnet worden ist, wird zur Situation der 50er, 60er und beginnenden 70er Jahre kaum jemals mehr zurückkehren. Inwieweit dieser von ausländischen Beobachtern und Analysten geprägte Begriff jemals angemessen war, ist eine andere Frage, welche bereits kritische Historiker beschäftigt. Heute ist der Libanon jedenfalls ein vielfrach gespaltenes Land und die glänzende Fassade früherer Jahrzehnte ist längst nicht mehr vorhanden. Sektiererischer Egoismus, allerorts anzutreffende Korruption, die permanente Einmischung mehr oder minder "freundlich" gesinnter regionaler und internationaler Mächte*) haben das Land in eine Situation gebracht, die man ohne Übertreibung als prä-failed-state bezeichnen kann. Die Wirtschaft liegt total am Boden, die Arbeitslosigkeit hat ungeahnte Ausmaße erreicht, vor allem die junge Generation sieht absolut keine Zukunftschancen, die Verwaltung ist höchst ineffizient und inkompetent, die Politik weitgehend korrupt. Andererseits, und das sollte man trotz aller negativer Befunde nicht unerwähnt lassen, verfügt Libanon über herausragende Bildungs- und Kulturinstitutionen (die American University Beirut gilt nach wie vor als eine der besten - vor allem freiesten und liberalsten - Bildungseinrichtungen im gesamten Nahen Osten) und eine aktive und ambitionierte Jugend.

Die Explosionskatastrophe in Beirut trifft als den Libanon wahrlich im absolut schlechtesten Moment, in dem das Land ohnedies schon nahe am Abgrund stand. Dass Vieles, was nun wieder zutage tritt, nicht überraschend kommt, ist bereits eine Binsenweisheit. Ob dies der heilsame Schock sein wird, der zu der notwenigen radikalen Kursänderung führen wird, bleibt abzuwarten, die Aussichten sind meiner Ansicht leider nicht allzu gut.

Selbst die katastrophale Explosion kam für infomierte Insider nicht allzu überraschend. Die im Hafen gelagerten hochexplosiven Chemikalien waren bekannt und die Verantwortung wurde seit Jahren zwischen inkompetenten Verwaltungsorganen hin- und hergespielt. Wie einige der beiliegenden Informationen beweisen, hat es in der Vergangenheit - bereits in den "goldenen Jahren" - Zwischenfälle mit zumeist aus Europa stammendem gefährlichen Sondermüll gegeben. Wenn jetzt in Europa bereits die Spendensammlungen für Beirut angelaufen sind (was auf jeden Fall sehr zu begrüßen und zu unterstützen ist), wird es auch interessant sein, ob jene bereits viele Jahre und Jahrzehnte zurückreichende Verbindungen mit skrupellosen europäischen Geschäftsleuten noch an die Oberfläche kommen. Denn - und das zum Abschluss - bei vielen absolut inakzeptablen und verantwortungslosen Vorgängen in der europäischen Nachbarschaft sind die im Vordergrund Stehenden sehr oft nur die Handlanger von mächtigen und skrupellosen Auftraggebern, welche in den meisten Fällen auch ganz woanders leben und agieren. Die Zeit des Kolonialismus ist noch nicht so lange vorbei und manche der europäischen Kolonialherren trauern diesen Zeit noch heftig nach.

 

In der Beilage habe ich einige aktuelle Informationen zusammengestellt. Es ist durchaus möglich, dass wir bereits in Kürze weitere Nachrichten und Analysen aus dem Libanon verbreiten.

https://de.qantara.de/inhalt/libanon-bittere-armut-in-der-einstigen-schweiz-des-nahen-osten
https://video.tagesspiegel.de/mehr-als-100-tote-und-4000-verletzte-nach-explosionen-in-beirut.html
https://www.welt.de/print-welt/article657091/Neuer-Skandal-Deutscher-Giftmuell-in-Libanon.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/660535.muell-auf-reisen.html

Mit besten Grüßen!  Fritz Edlinger

*) Zumeist wird die Verantwortung für die Situation im Libanon den arabischen Regionalmächten und auch einigen europäischen Staaten (vor allem der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich) zugeschoben. Dies trifft jedoch nur teilweise zu. Der südliche Nachbar Israel spielt de facto seit seiner Gründung im Jahr 1948 (Libanon wurde von Frankreich bereits 1943 in die "Unabhängigkeit entlassen") eine höchst destruktive Rolle und ist mehrfach in das Land eingedrungen und hat Teiles davon auch über lange Zeiten besetzt gehalten. Zuletzt hat es auch wieder regelmäßige israelische Militäraktionen im Libanon gegeben.

medico-Newsletter: #Beirut Hilfe für den Libanon


medico_logoEs sind dramatische Bilder einer Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt, die um die Welt gehen. Beirut liegt in Trümmern, über 100 Menschen sind gestorben, mindestens 5.000 verletzt und nach ersten Schätzungen haben bis zu 250.000 ihre Wohnung verloren. Die medico-Partner leisten Hilfe vor Ort.

AMEL, eine der wichtigsten Gesundheitsorganisationen des Landes und langjähriger medico-Partner, ruft derzeit zu Blutspenden auf, sammelt Kleidung und Nahrungsmittel. AMEL betreibt mit medicos Unterstützung mehrere Gesundheitszentren in den südlichen Stadtvierteln Bourj el Barajneh, Hay el Sollom, und Haret Hreik. Dort werden zur Stunde Verletzte versorgt und an Krankenhäuser vermittelt.

Die medico-Partner vom Anti Racism Movement in Beirut berichten uns: „Fast jede Wohnung ist beschädigt, es gibt unzählige Verletzte, die Krankenhäuser sind überlastet und es ist noch gar nicht abzusehen, wie tief die Folgen langfristig sein werden. Der Hafen ist fast komplett zerstört“.

Die Explosion ist eine Katastrophe, die mit Ansage über die Menschen gekommen ist. Sie ist erneuter Ausdruck eines Regierungs- und Staatsversagens, gegen das seit Jahren und im letzten Herbst mit großen Demonstrationen aufbegehrt wurde. Unsere Partner streiten gemeinsam mit der libanesischen Zivilgesellschaft für politische Veränderung und Solidarität. Sie leisten die Unterstützung, die die Regierung nicht bietet.

Spendenkonto:
medico international
IBAN: DE21 5005 0201 0000 0018 00
BIC: HELADEF1822
Frankfurter Sparkasse

Spendenstichwort: Libanon

Jetzt spenden für den Libanon!


Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die medico-Partner bei akuten Nothilfemaßnahmen für die betroffenen Menschen in Beirut.
Vielen Dank! Mario Neumann

 

Die EU muss handeln, um die Freilassung des palästinensischen Menschenrechtsverteidigers und BDS-Aktivisten Mahmoud Nawajaa sicherzustellen

Deutsche Übersetzung eines offenen Briefes von ECCP-Mitgliedsorganisationen an Josep Borell, EU-Aussenbeauftragter, und Tomas Niklasson, Leiter der EU-Delegation für West Bank und Gaza.

#FreeMahmoud
#FreeThemAll

Zu Händen von
Herrn Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für auswärtige Angelegenheiten
Herrn Tomas Niklasson , Leiter der EU-Delegation für West Bank und Gaza

Brüssel, 6. August 2020

Betreff: Die EU muss handeln, um die Freilassung des palästinensischen Menschenrechtsverteidigers und BDS-Aktivisten Mahmoud Nawajaa sicherzustellen

Sehr geehrter Herr Borrell,
sehr geehrter Herr Niklasson,

am 30. Juni verhafteten Dutzende bewaffneter israelischer Besatzungssoldat*innen mitten in der Nacht den palästinensischen Menschenrechtsverteidiger Mahmoud Nawajaa in seinem Haus in der Nähe von Ramallah, legten ihm vor den Augen seiner Familie Handschellen und Augenbinden an und brachten ihn ins Jalameh-Gefängnis, ein Hochsicherheitsverhörzentrum  in Israel. Herr Nawajaa ist ein angesehenes Mitglied seiner Gemeinde und Generalkoordinator des palästinensischen BDS-Nationalkomitees[1].

Die israelischen Behörden halten Herrn Nawajaa ohne Anklage fest und verweigern ihm seit seiner Verhaftung das Recht, mit seinen Anwält*innen zu sprechen. Darüber hinaus stellt seine Inhaftierung im Jalameh-Gefängnis, das sich innerhalb des Staates Israel befindet, einen Akt der unrechtmäßigen Deportation, einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vierte Genfer Konvention (Artikel 49 und 147) und ein Kriegsverbrechen nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (Artikel 8) dar[2].

Die Verhaftung des palästinensischen Aktivisten Mahmoud Nawajaa durch israelische Soldat*innen ist ein weiterer Versuch, palästinensische Menschenrechtsverteidiger*innen und führende Gemeinde-Persönlichkeiten zu unterdrücken und  insbesondere ihn zu verfolgen, den Generalkoordinator der gewaltlosen, von Palästinenser*innen geführten Boykott-, Desinvestitionen- und Sanktionsbewegung (BDS), die den weltweiten zivilen Widerstand gegen das Apartheidregime, das Israel dem palästinensischen Volk auferlegt, anführt.

Diese Festnahme ist jedoch kein Einzelfall; in jüngster Zeit wurden viele führende Persönlichkeiten von Gemeinden und Studierende in israelischen Gefängnissen und Haftanstalten inhaftiert. Gegenwärtig sind etwa 4.700 politische Gefangene in israelischen Gefängnissen inhaftiert, darunter 160 Kinder und 365 Personen, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Administrativhaft interniert sind.

Es ist wichtig festzuhalten, dass nach der Internationalen Konvention der Vereinten Nationen über die Bekämpfung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid die „Verfolgung von Organisationen und Personen durch den Entzug von Grundrechten und -freiheiten wegen ihres Widerstands gegen die Apartheid” eine der unmenschlichen Handlungen ist, die zur Aufrechterhaltung eines Apartheidsystems begangen werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Verhaftungen, einschließlich der von Herrn Nawajaa, Teil eines solchen Verfolgungsmusters sind.

Mahmoud Nawajaa ist ein führender palästinensischer Menschenrechtsverteidiger, der in Palästina und auf der ganzen Welt für sein unermüdliches und leidenschaftliches Eintreten für die Rechte seines Volkes, der indigenen Palästinenser*innen und für BDS als Mittel zur Verwirklichung dieser Rechte hoch geschätzt wird. Front Line Defenders, eine der weltweit angesehensten Menschenrechtsgruppen, die sich auf den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen spezialisiert hat, hat seine sofortige Freilassung gefordert.

Wie in einer Erklärung der ehemaligen Hohen Vertreterin der EU für Auswärtige Angelegenheiten, Frau Federica Mogherini, zum Ausdruck gebracht wurde, “tritt die EU entschlossen für den Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein, (…) auch im Hinblick auf BDS-Maßnahmen”. 

Darüber hinaus entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 11. Juni einstimmig, dass der Aufruf zum Boykott Israels als Bürgerrecht anerkannt wird.

Die EU hat sich außerdem verpflichtet, Menschenrechtsverteidiger*innen in Nicht-EU-Ländern gemäß ihren Leitlinien für Menschenrechtsverteidiger*innen zu unterstützen und zu schützen.

Wir, die Europäische Koordination von Komitees und Verbänden für Palästina, eine Koalition von 40 Organisationen der Zivilgesellschaft und NRO aus 20 europäischen Ländern, schließen uns den bereits zahlreichen Forderungen nach einer sofortigen Freilassung von Mahmoud Nawajaa an.

Wir bitten Sie als EU-Vertreter, anzugeben, welche Maßnahmen die EU ergreifen wird, um die sofortige Freilassung von Herrn Nawajaa und aller palästinensischen Gefangenen, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden, zu gewährleisten,.

Wir glauben, dass es für die EU höchste Zeit ist, über die Kritik an Israels Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des Völkerrechts hinauszugehen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

Es ist an der Zeit, dass die EU und die europäischen Regierungen konkrete Maßnahmen umsetzen, einschließlich der Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel und des Ausschlusses von der Teilnahme an EU-Rahmenprogrammen, die aus Geldern der europäischen Steuerzahler finanziert werden. Der EU stehen Instrumente zur Verfügung, die die gefährliche Dynamik vor Ort verändern und die Wirksamkeit der Rechenschaftspflicht und der internationalen Verantwortung verbessern können, wie in den internationalen und europäischen Gesetzen dargelegt.

[1] The Palestinian BDS National Committee (BNC), is a broad coalition of over 200 Palestinian civil society organisations – NGOs, trade unions, faith groups, artistic, community and refugee organisations – and leads the global, peaceful Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) movement for freedom, justice and equality for Palestinians. BDS is an anti-racist and anti-colonial movement largely inspired by the South African anti-apartheid movement and the U.S. Civil Rights movement

[2] Article 8(2)(a)(vii), Rome Statute of the International Criminal Court. Articles 49 and 147, Fourth Geneva Convention

EU must act to secure release of Palestinian human rights defender and BDS activist Mahmoud Nawajaa
Übersetzung Redaktion BDS-Kampagne.de

 

Weitere Nachrichten und  Texte
 

 


Was steht an erster Stelle, eine israelische Militär-Schießzone oder palästinensische Dörfer?
Amira Hass - 3. Aug. 2020

Am kommenden Montag werden die Richter des Obersten Gerichtshofes die Forderung des Staates Israel, acht palästinensische Dörfer im Süden der Westbank zu zerstören, diskutieren. Ich sollte (besser) sagen: werden wieder einmal darüber diskutieren, denn diese Forderung der Regierung ist nichts Neues.

40 Jahre lang taten die israelischen Verteidigungskräfte und die zivile Verwaltung alles in ihrer Macht Stehende, um diese Gemeinden verschwinden zu lassen, wobei diese sich bei ihrem heroischen und langwierigen Kampf gegen den Ausrottungsbefehl juristischer Kanäle und Petitionen bedienten. Im militärischen Hebräisch ist dieses Gebiet, das zum Abriss bestimmt ist und dessen palästinensische Bewohner vertrieben werden sollen, als Schießzone 918 bekannt. In herkömmlichen Arabisch und Hebräisch ist es „Masafer Yatta“.

Jetzt verlangt man von den Richtern des Obersten Gerichtshof, ein für allemal zu entscheiden, was an erster Stelle kommt: ein Gebiet für Militärübungen oder ein uraltes Geflecht von Leben und Beziehungen zwischen einer Stadt und den Dörfern, die um sie herum entstanden sind.

Die Frage: „Was kommt zuerst?“, ist eine Frage der Chronologie, des Prinzips und der Ethik. Israel behauptet, die Schießzone sei als solche bereits 1980 erklärt worden und deren Bewohner seien „illegale Hausbesetzer“. Sie hätten sich dort (erst) danach angesiedelt. Die geo-historischen Fakten, die nicht von Daten, Karten, offenen oder verdeckten Absichten der Besetzungsmacht abhängig sind, beweisen etwas Anderes.

Die ländlichen Wurzeln der Stadt Yatta, bereits zur osmanischen Zeit, lassen keine Zweifel übrig. Schafzucht und Landwirtschaft bildeten die Grundlage ihrer Existenz und das kulturelle Erbe ihrer Familien. Ihr Expansions- und Urbanisierungsprozess, den sie durchlaufen hat, sind natürliche Phänomene. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten dort circa 2.000 Einwohner. Heute sind es 70.000. Die gesamte Fläche ihres Landes, die bereits lange vor 1967 anerkannt und bestimmt wurde, beträgt 170.000 Dunam. Die ständige Zunahme der Einwohnerzahl und der Größe der Herden führte zur Entstehung der Ausläufer (Landstriche), weil die Menschen mehr verfügbares Land für Weiden und Anpflanzungen suchten sowie zusätzliche Wasserquellen oder einen Platz, um ein Loch für eine neue Zisterne zum Sammeln von Regenwasser zu graben.

In Yatta, wie auch im übrigen Land, blieben sie mehrere Tage und Wochen an dem entfernten Ort, je nach Jahreszeit, Abkalben und Schafescheren. Naturhöhlen wurden manchmal zu Wohnzwecken angepasst. Nach und nach wurden die saisonalen zu dauerhaften Ausläufern (Landstrichen). Die familiären, wirtschaftlichen und sozialen Verbindungen zu dem ursprünglichen Dorf – nun eine Stadt – blieben bewahrt. Aber mit der Zeit entwickelte jede Gemeinde auch seine eigene unabhängige Charakteristik. Wieviel Schönheit liegt in diesem geo-humanen Kontinuum und in der universellen Natur des Prozesses, der auf dem gesamten Erdball erkennbar ist.

Israel agierte und agiert mittels zahlreicher Methoden, um dieses natürliche palästinensische Kontinuum zu zerschneiden. Es zu einer Schießzone erklären, ist eine davon. Andere Methoden sind, den Anschluss an das Wassernetz zu verbieten, Räumungsbescheide und tatsächliche Räumungen, ein Verbot gegen den Bau von Schulen, Kliniken und Toiletten – und deren Zerstörung, Beschlagnahmung von Traktoren und Wasserleitungen, außerdem Straßenblockaden, die Weigerung, Masterpläne oder begrenzte Masterpläne zu erstellen, was keine echte Entwicklung ermöglicht.

All diese Methoden wurden und werden ebenso bei Dutzenden von natürlichen, vor 1948 geschaffenen Ausläufern von Yatta ausprobiert, in denen Tausende von Menschen leben. Und so blieb die Anzahl der Menschen in jeder Gemeinde auf unnatürliche Weise begrenzt.  Zuerst erstreckte sich “918” über 32.000 Dunam von Yattas Land. Im Laufe der Jahre wurden etwa 7.000 Dunam entnommen. Das ist präzise das Gebiet, in dem mehrere israelische Außenposten auftauchten und zunahmen, und einige Siedlungen ausgedehnt wurden.

Israel bietet seiner Meinung nach nun einen großzügigen “Plan” an: Die Schafhirten und Bauern sollen ihre Dörfer aufgeben und nur an Wochenenden und an jüdischen Feiertagen kommen, um ihr Land zu kultivieren und es zum Weiden zu nutzen. Die Regierung erwägt ebenso, ihnen zu ermöglichen, an weiteren zwei Monaten pro Jahr zu kommen, wenn eine intensive Kultivierung oder ein intensives Weiden erforderlich ist.

Wie wir aus der Reaktion der Regierung auf die Petitionen der Dorfbewohner schließen können, erwartet die Regierung von den Richtern, Esther Hayut, Uzi Vogelman and Hanan Melcer die Entscheidung, dass zu allererst immer die Juden kommen und dass es immer koscher, geeignet und angemessen ist, das natürliche human-geografische Kontinuum der palästinensischen Gemeinden auszumerzen.     Quelle           (Übersetzung: Inga Gelsdorf)

Weitere EU-Länder würden Palästina bei Annexion anerkennen
5. 8. 2020

Nach den Worten von Luxemburgs Außenminister Asselborn werden im Fall einer Annexion von Teilen des Westjordanlandes durch Israel mehrere EU-Länder Palästina als unabhängigen Staat anerkennen. “Bisher erkennen neun von 27 EU-Ländern Palästina als eigenen Staat an”, sagte Asselborn der “Welt” (Mittwochausgabe). Die meisten dieser EU-Länder, wie Ungarn oder Polen, hätten diesen Schritt während ihrer Zugehörigkeit zu kommunistischen Systemen vor 1989 vollzogen.

“Ich denke aber, dass sich weitere EU-Länder, darunter auch große Staaten, zur Anerkennung Palästinas als eigener Staat bereit erklären werden, falls Israel demnächst Teile des Westjordanlandes annektieren sollte. Es gibt bereits interne Überlegungen in diese Richtung”, erklärte der Minister. Ein solcher Schritt würde nach den Worten Asselborns die von der EU geforderte Zwei-Staaten-Lösung weiter unterstützen und für eine “faire Ausgangslage” sorgen. “Das wäre nicht gegen Israel gerichtet, im Gegenteil: Die Israelis werden erst dann in Ruhe leben, wenn die Palästinenser einen eigenen Staat haben”, sagte Asselborn. Israels Regierung hatte angekündigt, auf der Grundlage des Nahost-Plans von US-Präsident Trump bis zu 30 Prozent des Westjordanlandes zu annektieren. Die ersten Schritte hätten schon am 1. Juli eingeleitet werden können. Die Annexionspläne sind international hoch umstritten. Allerdings   >>>

 

Die Zeit ist nicht auf Israels Seite
Sam Bahour - 3. 8. 2020

Die Uhr tickt jetzt für Israel. Während Israel historisch gesehen die Palästinenser auf Sparflamme setzte und an ihrem Land und ihren Lebensgrundlagen nagte, war die Zeit zu Israels Gunsten, als die Welt ein Auge zudrückte. Diese Zeiten sind vorbei.

Die Israelis müssen jetzt wählen, den Staat Palästina entstehen lassen oder ihn sich aufzwingen lassen. Die traditionellen Optionen von zwei Staaten gegen einen Staat Israel ohne Gleichheit für alle seine Bürger sind längst vorbei. Israelis können Palästina in allen besetzten Gebieten des Westjordanlandes, einschließlich Ostjerusalem und des Gazastreifens, akzeptieren oder letztlich gezwungen werden, Palästina vom Fluss bis zum Meer zu akzeptieren.

Für uns Palästinenser, wie für jeden normalen Menschen auf dieser Erde, ist es selbstverständlich, dass wir erwarten, als ein Volk angesehen zu werden, das unserer Rechte, Freiheit und Unabhängigkeit würdig ist. Auch die Zeiten, in denen dies ignoriert werden kann, sind vorbei.

Heute ist alles mit bloßem Auge gesehen worden. Dank: der jahrzehntelangen Leugnung durch jüdische israelische Bürger und die jüdische Diaspora, US-Präsident Trump und seinem messianischen Gefolge von Jared Kushner und David M. Friedman, Israels staatlich sanktioniertes Siedlungsunternehmen, dem Fanatismus des Finanziers Sheldon Adelson, christlichen Evangelikalen, die den Harmagedon persönlich miterleben wollten, und keinem Geringeren als Israels eigenem extremistischen Premierminister Benjamin Netanjahu, der im Annexionswahn, einem Rausch von Steroiden, seinen Weg ins Gefängnis wegen dreier Korruptionsvorwürfe umzuleiten versuchte.

Um den Timer noch schneller ticken zu lassen, verkündete der scheidende israelische Botschafter bei der UNO, Danny Danon, in einem Interview mit Stephen Sackur von der BBC Hardtalk-Sendung stolz: "Ich vertrete nicht nur das israelische Volk, ich repräsentiere [sic] das jüdische Volk in der UNO". Er fuhr fort: "Wir [Juden] haben biblische Rechte auf das Land. Ob Sie Christ, Moslem oder Jude sind - Sie lesen die Bibel, Sie lesen die Geschichten der Bibel - es ist alles da." Es wurde noch schlimmer. Er fuhr fort: "Das ist unsere Besitzurkunde für das Land. Das ist biblisch." Dies von Israels internationalem Spitzendiplomaten! Unabhängig davon, wie man die Bibel betrachtet, ist sie ein religiöser Text, kein Dokument, das in einem Fall von internationalem Recht vorgelegt werden kann.

Je weiter Israel in der Zeit zurückliegt, desto schneller tickt die heutige Zeituhr. Im Folgenden werde ich auf drei bedeutsame Entwicklungen eingehen, die die Zeituhr schmieren.

Peter Beinart, Zionismus und der "jüdische Staat".
- Geben Sie Peter Beinart ein. Ein prominenter und freimütiger, religiös-beobachtender jüdisch-amerikanischer Kolumnist, Journalist, politischer Kommentator und Professor für Journalismus und Politikwissenschaft an der City University of New York. Geboren in Cambridge, Massachusetts, waren seine Eltern jüdische Einwanderer aus Südafrika. Er ist ein selbstdefinierter Zionist, wenn auch von dem Geschmack, den die meisten israelischen Juden ablehnen würden.

Anfang dieses Monats verfasste Beinart einen lang gelesenen Essay mit dem Titel Yavne: Ein jüdischer Fall für Gleichberechtigung in Israel-Palästina, und dann folgte ein Meinungsartikel in der New York Times mit dem Titel "Ich glaube nicht mehr an einen jüdischen Staat". Er vollzieht einen monumentalen Wandel von der Unterstützung einer Zwei-Staaten-Lösung, Israel und Palästina Seite an Seite, hin zu dem Argument, dass der Zionismus überhaupt keinen "jüdischen Staat" benötige, und fordert seine jüdischen Mitbürger auf, zu diesem Verständnis zu gelangen.

Es ist interessant festzustellen, dass die Palästinenser immer darauf hingewiesen haben, dass sie nichts gegen das Judentum haben, sondern dass sie den Zionismus als eine Entführung dieser edlen Religion zum Nachteil von Israelis und Palästinensern gleichermaßen betrachten. Um es klar zu sagen: Die einzige Version des Zionismus, die die Palästinenser erlebt haben, ist die einer politischen Ideologie, die auf Überlegenheit beruht. Dieser Zionismus hat seit 1897 Konferenzen in Basel, Schweiz, abgehalten und eine belastende und blutige Papierspur hinterlassen.

Peter ist mein Freund. Wir haben uns als Redakteur und Schriftsteller verzahnt, er sprach auf demselben Podium auf dem Nationalkongress der Demokraten 2016 in Philadelphia, und er hat an vielen der Vorträge teilgenommen, die ich vor jüdisch-amerikanischen Zuhörern gehalten habe, als sie Bethlehem besuchten. Er hat universelle Werte und diskriminiert nicht, wenn er sie anwendet. Er versteht es, aktiv zuzuhören, bohrende Fragen zu stellen und in Bezug auf die Realität zu analysieren, anstatt die Realität blindlings einer Reihe von Gesprächspunkten des israelischen Staates aufzuzwingen. Am wichtigsten ist, dass er die Büchse der Pandora für die Debatte über Israel im globalen Judentum geöffnet und den Kern des Zionismus öffentlich in Frage gestellt hat. Dafür wird er neben namhaften frühen zionistischen Denkern wie Ahad Ha'am, Martin Buber, Judah Magnes und anderen in die Geschichte eingehen.

Es wird viel zu sehr über Peters neue Offenbarung diskutiert, aber das ist für einen anderen Tag. Vorerst wird er in seinen jüdischen Gemeindekreisen alle Hände voll zu tun haben. Es ist eine Schande, dass die israelischen Juden dieses Gespräch zum größten Teil verpassen. Die israelischen Medien haben sich weitgehend dafür entschieden, so zu tun, als gäbe es die Forderung nach gleichen Rechten in einem Staat nicht.

Yesh Din, Israel und die Apartheid
- Zur gleichen Zeit, als Petrus die Weltbühne betrat, braute sich in der Nähe von Jerusalem ein weiterer Sturm zusammen. Die renommierte israelische Menschenrechtsorganisation Yesh Din (Es gibt ein Gesetz) veröffentlichte ein wegweisendes Rechtsgutachten mit dem Titel "Die Besetzung des Westjordanlandes und das Verbrechen der Apartheid": Rechtsgutachten. Dieses wurde von Adv. Michael Sfard geschrieben, einem der führenden juristischen Köpfe Israels, der sich auf internationale Menschenrechtsgesetze und Kriegsgesetze spezialisiert hat. Das Gutachten ist für Israel vernichtend.

"Die Schlussfolgerung dieses Rechtsgutachtens ist, dass das Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Apartheid in der Westbank begangen wird. Die Täter sind Israelis, und die Opfer sind Palästinenser." Im Bericht heißt es weiter, dass dies mit oder ohne eine weitere Runde der israelischen Annexion der Fall ist, oder wie Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Benjamin Gantz und Botschafter Danon es gerne nennen, "bei der Anwendung der Souveränität über Teile von Judäa und Samaria". Nennen Sie es, wie Sie wollen, denn es ist alles illegal.

Aber das ist nicht alles. Die Annexion spielt eine Rolle; in der Stellungnahme heißt es: "Die fortgesetzte schleichende legale Annexion, ganz zu schweigen von der offiziellen Annexion eines bestimmten Teils des Westjordanlandes durch Gesetze, die das israelische Recht und die israelische Verwaltung dort anwenden würden, ist eine Verschmelzung der Regime. Dies könnte bedeuten, dass das Argument, das bereits gehört wird, dass das Verbrechen der Apartheid nicht nur im Westjordanland begangen wird, verstärkt wird. Dass das israelische Regime in seiner Gesamtheit ein Apartheid-Regime ist.

Dass Israel ein Apartheidstaat ist. ” - Sie haben das richtig gelesen. Israel hat nicht mehr den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter angegriffen, weil er das "A"-Wort im Titel seines 2006 erschienenen Buches "Palästina" verwendet hat: Frieden, nicht Apartheid, bis hin zu dem Umstand, dass es mit einer israelischen Organisation zu tun hatte, die den Rechtsanspruch erhob, dass der gesamte Staat ein Apartheidstaat sein könnte.

Israelis sollten dies zur Kenntnis nehmen. Yesh Din ist kein Neuling in dieser Frage. Genauso wenig wie die vielen anderen israelischen Menschenrechtsorganisationen, die seit Jahren die Realität als das entlarven, was sie ist. Organisationen wie B'Tselem, Gisha, HaMoked (Zentrum zur Verteidigung des Individuums), Physicians for Human Rights (Israel), Rabbis for Human Rights, Shalom Achshav (Frieden jetzt), Shovrim Shtika (Das Schweigen brechen), Who Profits? und Yesh Gvul (Es gibt eine Grenze) und viele andere.

Der Timer tickt immer schneller.
- Die oben genannten gebrochenen Tabus haben viele Juden auf der ganzen Welt wachgerüttelt. Aber jeder, der die letzten drei Jahrzehnte verpasst hätte, in denen vor Ort mit Kanonenbooten und Bulldozern, die den "Davidstern" zeigen, Fakten geschaffen wurden, hätte in einem Ende letzten Jahres veröffentlichten Bericht eine Zusammenfassung dessen gefunden, was auf ihn zukommt. Lesen Sie weiter.

UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD)

Eines der wichtigsten Organe der UNO ist der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD). Dieses Gremium besteht aus einem Gremium unabhängiger Experten, das die Umsetzung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung durch seine Vertragsstaaten überwacht. Kurz gesagt, dieses Gremium gibt Land für Land den Puls der heutigen, auf Regeln basierenden Weltordnung.

Da Israel ein "Vertragsstaat" ist, ist es verpflichtet, diesem Ausschuss Bericht zu erstatten, und sie kommen dem nach. Und seit dem 29. November 2012, als Palästina ein "Nichtmitgliedstaat mit Beobachterstatus" wurde, legt auch Palästina diesem Ausschuss Berichte vor.

In seinen Abschließenden Beobachtungen zu Israel vom Dezember 2019 stellte der Ausschuss fest, dass die israelische Politik und Praxis in Bezug auf das palästinensische Volk auf beiden Seiten der Grünen Linie aus Rassentrennung und Apartheid besteht. Dies erschütterte die Erde. Palästinensische, regionale und internationale Menschenrechtsorganisationen arbeiteten hart daran, die Fakten der Angelegenheit in die Beratungen einzubringen. Interessanterweise engagierte Israel den Ausschuss, obwohl Israels Premierminister die UNO bei jeder sich bietenden Gelegenheit schlecht machte, aber ohne Erfolg.

Der Bericht der Abschließenden Beobachtungen des Ausschusses war jedoch ein interessanter Fang. Er stellte fest: "Der Ausschuss erkennt zwar die Bereitschaft der Delegation der Staatspartei [Israels] an, Fragen im Zusammenhang mit den besetzten palästinensischen Gebieten zu erörtern, bedauert jedoch, dass der Bericht keine Informationen über die in diesen Gebieten lebende Bevölkerung enthielt.

Während also die israelische und jetzt die amerikanische Führung behauptet, es gäbe keine militärische Besetzung, über die man sprechen könnte, engagiert sich Israel in den Kammern des Völkerrechts, die für Israel wichtig sind, um Mitglied der Völkergemeinschaft zu bleiben, aktiv in Fragen, die mit den "besetzten palästinensischen Gebieten" zusammenhängen, auch wenn sie dies blind gegenüber den Palästinensern tun, die sie unterdrücken.

Tick, tick, tick, tick. Man kann hören, wie die Uhr im Schlaf vorwärts rast.

Israel hat immer noch die Wahl
- Hier geht es nicht um Peter Beinart, Yesh Din oder die UNO. Es geht darum, dass Israel endlich in den Spiegel schauen und mit sich selbst rechnen muss.

Für uns Palästinenser ist unser Fall glasklar. Wir fordern unsere Rechte, Freiheit und Unabhängigkeit.

Es bedurfte des US-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders, des jüdischen Senators aus Vermont, der im November 2019 bei der MSNBC/Washington Post Democratic-Vorwahldebatte in Atlanta anhaltenden Beifall aus der Menge erhielt, um zu erklären: "Es reicht nicht mehr aus, dass wir pro Israel sind, ich bin pro Israel, aber wir müssen die Palästinenser mit der Würde behandeln, die sie verdienen. Der Beifall des Publikums war zu Recht angebracht, weil Sanders die Frage des Menschseins der Palästinenser in die Debatte einbrachte. Das ist eine extrem niedrige Messlatte.

Sanders verdoppelte sich bei der nächsten Debatte der Demokraten in South Carolina im Februar dieses Jahres, als er "den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu als "reaktionären Rassisten" bezeichnete und sagte, er werde erwägen, den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem durch Präsident Donald Trump rückgängig zu machen".

Der damalige israelische Außenminister Israel Katz knallte Sanders in einem "schrecklichen Kommentar" nieder, während er verkündete, Israel greife "nicht in den internen amerikanischen Wahlprozess ein...". Letztere Bemerkung wäre für jeden, der auch nur annähernd mit der pro-israelischen Lobby in den USA vertraut ist, urkomisch, wenn die Situation nicht so schlimm wäre.

Erinnern Sie sich noch, als Netanjahu 2015 ohne Zustimmung des Weißen Hauses in den Kongress eindrang - ein Schritt, der auf die Einwände vieler Unterstützer Israels stieß, darunter prominente amerikanisch-jüdische Führer? Dieser Fehler von Bibi löste einen Brief der in Washington ansässigen Lobbygruppe J Street aus, in dem sie feststellte: "Unser Kongress sollte nicht als Stütze bei der Wahl einer anderen Nation benutzt werden. Eines der zentralen Elemente, die das Bündnis zwischen unseren beiden Nationen untermauern, ist unser gemeinsames Engagement für Demokratie und Wahlen. Das bedeutet, dass sich beide Nationen aus dem demokratischen Prozess der anderen Nation heraushalten. So viel dazu, sich nicht in die US-Politik einzumischen.

Dennoch bleiben viele jüdische Amerikaner und Israelis blind für die deutlichen Verschiebungen, die in der Demokratischen Partei bereits stattgefunden haben.

Aber die Palästinenser brauchen von niemandem die Bestätigung, dass sie Menschen sind. Wenn das, was Sie antreibt, einzig und allein Ihre Liebe zu Israel ist, selbst wenn es blinde Liebe ist, dann ruft der gesunde Menschenverstand zur Aufklärung auf - jetzt ist es an der Zeit zu handeln, um Israel vor sich selbst zu retten.

Israel kann seine 53 Jahre alte militärische Besetzung beenden und die Entstehung eines echten palästinensischen Staates zulassen oder am Ende all das Land bekommen, das es sich wünscht, vom Jordan bis zum Mittelmeer, zusammen mit einer Bürgerschaft von 7 Millionen Palästinensern und 7 Millionen jüdischen Israelis. So oder so werden immer noch 5 Millionen palästinensische Flüchtlinge die Rückkehr in ihre Heimat fordern.

Andernfalls müssen Israel und die Juden überall auf der Welt für immer schweigen (und Haschisch halten), denn die Geschichte wird bald geschrieben, wiederum auf der Grundlage der Tatsachen, die die aufeinander folgenden israelischen Regierungen der Realität zwischen Fluss und Meer in 73 Jahren mit ihrer "Macht ist richtig"-Politik aufgezwungen haben.

Bald wird die Entscheidung nicht mehr von Israel getroffen werden müssen. Tick, tick, tick, tick.      Quelle

*Indo-Palestine Solidarity Network (IPSN)*
Palestine Update Nr. 391… 28.7.20 …

*Die Indische Soli-Gruppe protestiert gegen Verordnung des israelischen Gerichtshofes, dass palästinensische Gefangene kein Recht haben auf sozialen Abstand*



Das *Indisch-palästinensische Solidaritäts Netzwerk (IPSN) ist ein wachsendes Netzwerk von Menschen der gleichen Meinung, die aus allen Teilen des Landes kommen und sich für Gerechtigkeit und Freiheit für Palästina einsetzen. Es sucht ein Ende der rassistisch-kolonialistischen Apartheid-Politik Israels, durch die Israels Okkupation der Palästinenser und ihres Landes während der vergangenen 53 Jahre vor sich gegangen ist. Um unseren Einfluss-bereich zu erweitern tun wir uns zusammen mit anderen Organisationen, deren Hauptanliegen Palästina ist. Wir sehen die Notwendigkeit, die Gewissen aufzurütteln und die Solidarität mit den Palästinensern auf allen Gebieten der Gerechtigkeit und Gleichheit zu schaffen, und stellen uns gegen die illegale Annexion ihres Landes. Wir wünschen uns einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israel und Palästina. IPSN ist global verbunden durch tausende palästinensische Christen und Menschen anderer Glaubensrichtungen durch Kairos Palestine und die Globale Kairos Koalition für Gerechtigkeit.

IPSN war schockiert, als wir die Nachrichten hörten, dass der israelische oberste Gerichtshof verfügt hatte, dass Palästinenser, die sich im Gefängnis befinden, nicht anders zu sehen sind als Familienmitglieder oder Bewohner einer Wohnung, die miteinander wohnen. Die Verfügung des israelischen obersten Gerichtshofes, dass palästinensische Gefangene kein Recht auf sozialen Abstand haben und damit Schutz gegen den Corona-Virus, ist daher ein Schlag von äußerster Grausamkeit und ist eine Vergewaltigung der elementarsten menschlichen Standards. Die Gefängniseinrichtung, auf die sich diese Verordnung beruft, ist das Gilboa-Gefängnis, eine Einrichtung im nördlichen Israel, worin sich ungefähr 450 Palästinenser befinden, die von Israel als „Hochsicherheits-Gefangene“ eingestuft werden. Auch rechtsgültig gesprochen klingt dieses bizarr. Wir sind den Argumenten von „Adalah“ gefolgt, der unabhängigen Menschenrechtsorganisation und dem Rechtszentrum für diesen Fall. In einer Stellungnahme, die auf diese Verfügung gefolgt ist, warf Adalah dem Gerichtshof vor, die ziemlich absurde Narrative zu akzeptieren, die die israelischen Behörden vorgelegt haben, dass nämlich die Praxis, wegen Covid-19 den sozialen Abstand einzuführen – der für alle anderen von Bedeutung ist – für palästinensische ‚Hochsicherheits-Gefangene‘ nichts zu bedeuten hat, die sie hinter Gittern halten.

Alle Bürger, aus welchem Grund immer sie im Gefängnis sind, haben das Recht auf anständige und lebenswerte Bedingungen, die sogar noch wichtiger sind in Zeiten, wenn eine Pandemie wie Covid-19 unsere Welt im Griff hat. Worin besteht die Logik, dass der israelische Gerichtshof angibt, dass Praktiken zum sozialen Abstand wichtig sind für Leute, die aufgrund von kriminellen Taten Gefängnisstrafen abbüßen, irgendwie aber nicht gelten für „(Hoch-)Sicherheits-Gefangene“? Adalah fordert in seinen Argumenten bei Gericht, dass der Gerichtshof Schutz für die Gefangenen zu garantieren habe, für deren Gesundheit und Sicherheit er die Verantwortlichkeit hat.

Gefängniszellen mit Familien-Wohnzimmern zu vergleichen, während die Gefangenen mit Wärtern täglich in Kontakt zu kommen gezwungen sind, die womöglich außerhalb der Gefängnismauern mit Covid-19 angesteckt sein können, ist absurd und unmenschlich. Adalah führt weiter an, dass Verfügungen nach Präzedenzfällen (precedent-setting ruling) Leben und Gesundheit von Palästinensern gefährde, die von Israel festgehalten werden, und das stelle eine Gefahr für die Gesellschaft als Ganzes dar. Die Behauptung des Gerichtshofes steht in scharfem Kontrast mit dem, was Gesundheits- und Menschenrechtsexperten rund um die Welt fordern, die sozialen Abstand innerhalb von Gefängnissen verlangen. Palästinenser, die von Israel festgehalten werden, werden grausam allein gelassen mit dem Virus und mit keiner Möglichkeit, sich dagegen zu schützen.

Erst vor drei Monaten verlangte eine Gruppe von UNO-Menschenrechtsexperten von Israel, „nicht diskriminierend vorzugehen“ gegen tausende palästinensische Gefangene, die sich einem hohen Risiko für Ansteckung mit dem Corona-Virus gegenüber sehen, und forderte das Land auf, die verletzlichsten von ihnen zu entlassen. Zurzeit sind 4.520 Palästinenser in israelischen Gefängnissen inhaftiert, darunter 183 Kinder, 43 Frauen und 700 Gefangene mit schon früher vorhandenen Krankheiten. In einer diskriminierenden Geste hat Israel hunderte von israelischen Gefangenen wegen der Pandemie entlassen, sich jedoch geweigert, irgendwelche seiner palästinensischen Einsitzenden freizugeben. „Das zeigt diskriminierende Behandlung der palästinensischen Gefangenen – eine Verletzung des Völkerrechts“, sagte die Gruppe der UNO.

Nach Angabe von VertreterInnen des israelischen Staates haben sich allein im Gilboa-Gefängnis mindestens 30 Gefangenenwärter und sieben Einsitzende mit dem Corona-Virus angesteckt, und 489 Wärter und 58 Gefangene sind zurzeit in Quarantäne. Mindestens einer der Corona-Virus-Patienten kämpft auch gegen Krebs. Die Zustände im Gilboa-Gefängnis machen es für die Einsitzenden unmöglich, den sozialen Abstand zu wahren, weil je sechs Gefangene in einer Zelle von 22 Quadratmetern untergebracht sind; das bedeutet drei Stockbetten, eine abgeteilte Toilette und ein Badezimmer. „Unter diesen Umständen sind die Gefangenen nicht in der Lage, die vom israelischen Gesundheitsministerium verlangten Guidelines für soziale Distanz zur Verhinderung der Ausbreitung des Covid-19 zu befolgen, und gefährden somit ihre Sicherheit und ihr Leben“, stellte Adalah fest. Das internationale Menschenrechtsgesetz verbietet Israel, Palästinenser aus der Westbank, aus Ostjerusalem und Gaza in Gefängnissen innerhalb von Israel festzuhalten, ebenso wie das Gesetz verbietet, Zivilisten – einschließlich Festgenommenen und Gefangenen – aus dem besetzten Land in das Staatsgebiet der besetzenden Macht zu überführen. Israel verletzt dieses Gesetz ungestraft.

*IPSN fordert, dass Israel alle erforderlichen Gesetze ohne Diskriminierung von palästinensischen Gefangenen erfüllt. Es wird im Besonderen festgestellt, dass dieses Gesetz angewandt werden muss, weil fast alle palästinensischen Gefangenen aus politischen Gründen festgehalten werden und nicht wegen gewöhnlicher Verbrechen.*

Rev. Dr. Roger Gaikwad Zita Fernandes - Präsident Generalsekretär(in) - Montag, 27. Juli 2020

Sekretariat: Ranjan Solomon 149/D, Gina, Maina- Curtorim, Salcete, Goa 403709, India - *E-mail **indopalestinesolidaritynetwork@gmail.com* - indopalestinesolidaritynetwork@gmail.com* Mobile: +91-9881181350 & +91-832-2787667*        Quelle Update - (Übers.: Gerhilde Merz)

 

„Der Antisemitismus, mit dem es Probleme gibt, ist der, der sich in Israelkritik versteckt“
Professor Gideon Freudenthal ist Mitunterzeichner eines Briefs, der den Antisemitismusbeauftragten Felix Klein in die Kritik nimmt. Eine Stellungnahme.
5.8.2020 -  Hanno Hauenstein

BerlinDer emeritierte israelische Professor Gideon Freudenthal ist Mitunterzeichner eines offenen Briefs an Angela Merkel vom Ende letzten Monats. Darin heißt es, der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein fördere Schmähkritik. Auch in Deutschland werde Kritik an der israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik oft vorschnell als antisemitisch gebrandmarkt. Neben Freudenthal unterschrieben den Brief unter anderem auch Aleida und Jan Assmann sowie Micha Brumlik.

Herr Freudenthal, stellen wir uns eine fiktive Situation vor: Sie sitzen mit Felix Klein im Café. Was würden Sie ihm raten? Wie sollte er sein Amt besser nutzen?

Ich glaube, man muss besser unterscheiden: Es gibt traditionellen Antisemitismus von rechts, den aus faschistischen, rassistischen Kreisen. Der ist quasi ‚unproblematisch‘. Nicht, dass er kein Problem darstellt: Er ist ein brennendes Problem! Aber zu erkennen, wer dazugehört und wer nicht, ist nicht schwer. Der Antisemitismus, mit dem es Probleme gibt, ist der, der sich in der Israelkritik versteckt. Der kommt manchmal aus einer radikal-islamistischen Ecke. Aber davon ausgehend auf jede Kritik an der israelischen Regierung zu schließen, ist eine große Fehlleistung. Ich glaube, die Unterschiede zwischen jemandem, der Israel mit antisemitischen Argumenten attackiert, und jemandem, der die Politik der israelischen Regierung kritisiert, sind sehr klar zu erkennen.

Was genau hat Sie bewogen, den offenen Brief an Angela Merkel zu unterschreiben?

Mich hat zweierlei bewogen. Erstens, dass der Vorwurf des Antisemitismus in jüngsten Jahren auch in Deutschland systematisch genutzt wird, die Kritik der Politik Israels zu unterbinden. Es war nicht das erste Mal, dass ich einen derartigen Aufruf unterzeichnet habe. Und ich werde auch weitere Aufrufe in diesem Sinn unterschreiben, weil ich glaube, dass jedes Maß überschritten wurde. Der zweite, etwas konkretere Anlass ist der Vorwurf an Rainer Bernstein, er sei Antisemit. Ich kenne Rainer Bernstein seit einigen Jahrzehnten. Er vertritt den Standpunkt der Genfer Initiative, die Jossi Beilin ins Leben gerufen hat und von der israelischen Arbeiterbewegung vertreten wurde. Wenn schon diese Position heute als antisemitisch gilt, dann gibt es tatsächlich gar keine Möglichkeit mehr, Kritik an der israelischen Politik zu üben. Rainer Bernstein ist der Letzte, der diesen Vorwurf verdient hat.  >>>

 

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