Sonntag, 25. Oktober 2020  -  16:57

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„Äußert Kritik und sagt, was Ihr denkt!“

Der israelische Philosoph Omri Bohm appelliert an die Deutschen: Bekämpft die Situation, in der einen das Aussprechen der Wahrheit zum Antisemiten macht!

Arn Strohmeyer
 

Boehm, Omri:
 Israel – eine Utopie
Propyläen-Verlag Berlin 2020,
ISBN 978-3-549-10007-3
20 Euro

Der israelische Philosoph Omri Boehm hat ein neues Buch herausgebracht, das den Titel „Israel – eine Utopie“ trägt. Im Vorwort der deutschen Ausgabe des Buches geht er auf die gegenwärtig in Deutschland herrschende Antisemitismus-Hysterie ein. Seine kritischen Ausführungen zu dieser deutschen Anomalie sind für die Debatte hierzulande so bedeutend, dass sie hier – unabhängig vom restlichen Text – ausführlich dargestellt werden.

Boehm erinnert zu Beginn seines Vorworts an eine Aussage des deutschen Philosophen Jürgen Habermas. Er wurde 2012 bei einem Besuch in Jerusalem von einem Journalisten der Zeitung „Haaretz“ nach seiner Meinung zur israelischen Politik gefragt. Habermas antwortete, dass zwar die gegenwärtige Lage und die Grundsätze der israelischen Regierung eine politische Bewertung erforderten, dies aber nicht Sache eines privaten deutschen Bürgers seiner Generation sei. Boehm hält dem entgegen, dass man Habermas, der eine Philosophie der Diskursethik begründet habe, schwerlich als „deutschen Privatbürger“ bezeichnen könne. Schweigen sei hier selbst ein Sprechakt und zwar ein höchst öffentlicher.

Boehm geht dann auf Immanuel Kants Begriff der Aufklärung zurück. Der Königsberger Philosoph verstand diese geistige Haltung als „Ausgang der Menschen aus ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit“ – ein Prozess des Erwachsenwerdens, der darin besteht, den „Mut zu finden, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Dieser Gebrauch der eigenen Vernunft ist aber – so Kant – kein privater Monolog mit sich selbst, also kein inneres Zwiegespräch, sondern ist nur im Dialog mit anderen sinnvoll, um zu guten Ergebnissen zu kommen. Der Gebrauch der eigenen Vernunft bedarf also der öffentlichen Sphäre.

Damit ist Boehm wieder bei Habermas angelangt. Er wirft ihm vor, mit seiner Weigerung, über Israels Politik zu sprechen, nicht den Standpunkt der Aufklärung einzunehmen, sobald es um jüdische Angelegenheit gehe. Er weigere sich buchstäblich, selbst zu denken. Boehm hält Habermas und anderen deutschen Intellektuellen deshalb entgegen: „Die Aufgabe der deutschen Intellektuellen besteht wegen und nicht trotz der deutschen Geschichte darin, sich mit Israel im Forum der öffentlichen rationalen Diskussion auseinanderzusetzen, und gerade nicht darin, es in irgendeine metaphysische Sphäre auszulagern, von der man nicht sprechen kann und über die man schweigen muss.“ Mit anderen Worten: Die Rückkehr zu Kant wird – so Boehm – nicht vollendet, wenn die deutschen Intellektuellen nicht den Mut finden, aufrichtig über Israel nachzudenken und zu sprechen.

Boehm geht dann auf den altgriechischen, aber sehr modernen und aktuellen Begriff der Parrhesia ein, der bedeutet: den Mut zu haben, der Macht die Wahrheit zu sagen. Denn deutsche Intellektuelle, die den Mut haben, die israelisch-jüdische Politik zu kritisieren, müssten befürchten, geächtet und zensiert zu werden oder sogar ihre berufliche Existenz zu verlieren. Boehm sieht natürlich die Gefahr für die Betroffenen, hat aber nur die eine Antwort darauf, die ganz im Sinne der Aufklärung ausfällt: „Äußert eure Kritik, sagt, was ihr denkt, kritisiert und lasst euch kritisieren. Lasst das Licht der öffentlichen Debatte dazu beitragen, ein rationales Urteil über den jüdischen Staat zu fällen. Es nicht zu tun, macht den Juden zum gefährlichen Anderen; die Angst, kritisiert zu werden, ist bereits mit dem Mythos der jüdischen Macht behaftet. Nur eine vernünftige Perspektive auf den jüdischen Staat in einer Öffentlichkeit, die diesen Staat als normalen Gegenstand einer Debatte behandelt, kann den Antisemitismus überwinden. Aus dieser Perspektive wäre die einzig akzeptable Antwort, die ein Habermas in ‚Haaretz‘ hätte geben können, diese gewesen: ‚Als deutscher Staatsbürger meiner Generation habe ich Folgendes zu sagen…‘“


Boehm schreibt den deutschen Intellektuellen ins Stammbuch, dass man nicht den Grundsätzen eines universalen Humanismus verpflichtet sein und zugleich zu Israels Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte schweigen könne. Der darin liegende Widerspruch trage dazu bei, dass Europa und speziell Deutschland an der Unterscheidung zwischen Antisemitismus und Israelkritik „verrückt“ würden. Deutschland entziehe sich seiner Verantwortung, wenn es nicht auf den gleichen humanistischen Grundsätzen bestehe und auch Juden in deren Namen kritisiere. Es konterkariere darüber hinaus auch die politische Bedeutung des Holocaust.


Als Musterbeispiel eines solchen „Verrücktseins“ führt Boehm die Ideologie der Antideutschen an, die beinhaltet, dass die jüdische Politik bedingungslos zu unterstützen sei. Er zitiert den antideutschen Politologen Stephan Grigat, der eine „verdrehte“ kantianische Formel eines „materialistisch zu interpretierenden zionistischen kategorischen Imperativs“ konstruiert hat. Dessen zentrale Maxime verlangt, „alles zu tun, um die Möglichkeiten reagierender und präventiver Selbstverteidigung des Staates der Shoa-Überlebenden aufrecht zu erhalten.“ >>>

 

"Israel – eine Utopie" - In Haifa liegt die Lösung!
Der Philosoph Omri Boehm reaktiviert in "Israel – eine Utopie" vergessene Ideen für ein Ende des Nahostdramas.
Eine Rezension von Micha Brumlik - 1. Juli 2020

Vor nunmehr 53 Jahren, im Juni 1967, eroberte der von mehreren arabischen Staaten bedrohte, gerade einmal 19 Jahre alte Staat Israel in einem militärisch brillanten Präventivschlag die Golanhöhen, den Sinai, das Westjordanland sowie den östlichen Teil Jerusalems. Während Israel später den Sinai räumte, Ostjerusalem und die Golanhöhen jedoch förmlich annektierte, blieb das Westjordanland offiziell unter Besatzungsherrschaft und in drei Verwaltungszonen israelischen, palästinensischen und gemischten Charakters aufgeteilt. Vor diesem historischen Hintergrund muss man das wohl bedeutendste Buch zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts lesen, das in den vergangenen Jahren erschienen ist. Omri Boehms Israel – eine Utopie könnte die lähmende Resignation des immerwährenden Mantras von der Zweistaatenlösung überwinden. Der Autor des Buches, der 1979 in Israel geborene und in New York lehrende Philosoph Omri Boehm – ein ausgewiesener Spezialist für die Philosophen Immanuel Kant, Baruch Spinoza und Leo Strauss –, greift dazu auf die Gründerväter des Zionismus zurück. Sein Buch erscheint in einer denkbar brisanten Lage. >>>

Israels Annexionspläne
:Der amerikanische Freund zögert noch
1. Juli 2020 - Alexandra Föderl-Schmid

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu möchte gerne mit der Annexion des Westjordanlandes beginnen - muss aber auf das Einverständnis aus Washington warten.

Benjamin Netanjahus Vertrauter Ofir Akunis, der Minister für regionale Zusammenarbeit in Israel, sprach es als Erster offen aus: Es gebe Unstimmigkeiten mit der US-Regierung. Deshalb konnte Netanjahu seine Zusage, am 1. Juli mit der Annexion von Teilen des Westjordanlandes zu beginnen, nicht einhalten.

"Von mir aus hätte es heute passieren können, aber es fehlte die volle Zustimmung der US-Regierung", sagte der Minister in einem Gespräch mit Israels Armeeradio am Mittwoch. Es werde "noch im Juli passieren, aber nicht vor einer Erklärung des US-Präsidenten Donald Trump".

Am Vorabend hatte sich Netanjahu in Jerusalem mit dem US-Nahostgesandten Avi Berkowitz und US-Botschafter David Friedman getroffen. Danach sagte Netanjahu, die Gespräche würden "in den nächsten Tagen fortgesetzt". Damit war klar, dass er den von ihm genannten Stichtag für die Umsetzung seiner Pläne, die auf Trumps Nahostvision gründen, nicht einhält.  >>>

 

Der Siedler-Chef macht Netanjahu Ärger
 Alexandra Föderl-Schmid  - 1. Juli 2020

Einst galt David Elhajani als größter Verbündeter des Ministerpräsidenten. Dann hat er gewagt, was Netanjahu für Majestätsbeleidigung hält: Er hat US-Präsident Trump öffentlich kritisiert.

Die Kür von David Elhajani verkündete die Times of Israel mit der Schlagzeile: "Netanjahu-Verbündeter als Chef der Siedler-Dachorganisation gewählt". Das war vergangenen November. Jetzt gilt der Chef des einflussreichen Jescha-Rats als größter Widersacher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, ihr Streit hat sogar eine Debatte über die Meinungsfreiheit in Israel ausgelöst. Präsident Reuven Rivlin schaltete sich ein und ergriff Partei für Elhajani.

Der 60-jährige Mann mit dem markanten Glatzkopf und der stets griffbereiten Sonnenbrille hat gewagt, was Netanjahu für eine Majestätsbeleidigung hält: Er hat US-Präsident Donald Trump öffentlich kritisiert. Dessen "Deal des Jahrhunderts" für den Nahen Osten zeige, dass Trump "kein Freund Israels ist", sagte Elhajani und legte wenige Tage später nach: Trump präsentiere "einen Plan, der die Existenz Israels gefährdet".  >>>

 

 

 

Israel
Gespaltene Gleichgesinnte
Alexandra Föderl-Schmid - 30. Juni 2020

Über Trumps Nahostplan sind sich die Siedler uneinig: Für die einen ist er eine historische Chance - den anderen geht er viel zu weit.

Eines haben der palästinensische Präsident Mahmud Abbas und der Vorsitzende der israelischen Siedlerorganisation Jescha, David Elhajani, gemeinsam: Sie sind der Meinung, dass der Nahostplan von US-Präsident Donald Trump in den Mistkübel gehört.

Während Abbas nach der Präsentation des Plans im Januar davon sprach, dieser werde "im Mülleimer der Geschichte landen", wendet sich der Siedlervertreter direkt an den US-Präsidenten. "Wir sagen Trump: Nimm diesen Plan und schmeiß ihn in den Mistkübel!" Seit 1967, als   >>>

 

Bundestag gegen Annexion des Westjordanlandes
 2020-07-01

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat die israelische Regierung aufgerufen, auf eine völkerrechtswidrige Annexion palästinensischer Gebiete zu verzichten. Die angekündigte Annexion von Teilen des Westjordanlandes und der dortige Ausbau jüdischer Siedlungen stünden «im Widerspruch zu internationalem Recht», heißt es in einem gemeinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD, den das Berliner Parlament am Mittwoch ohne Gegenstimmen gebilligt hat.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte in der Debatte, das israelische Vorhaben bedrohe die Stabilität der gesamten Nahost-Region: «Frieden lässt sich nicht durch einseitige Schritte erreichen.» Der Koalitionsvertrag der israelischen Regierungsparteien sah für den 1. Juli erstmals die Möglichkeit vor, entsprechende Annexionsschritte einzuleiten.

Fast alle Fraktionen im Bundestag warnten vor diesem Plan, weil dadurch die Sicherheit Israels und die angepeilte Zweistaatenlösung in Gefahr sei.


Nur die AfD zeigte sich offen für eine Annexion: Sie sei im nationalen Interesse Israels, erklärte der AfD-Abgeordnete Anton Friesen. Die anderen im Bundestag vertretenen Parteien distanzierten sich hingegen von dem israelischen Vorhaben. So warnte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, ein solcher Völkerrechtsbruch bedrohe nicht nur den internationalen Ruf Israels, sondern verschlechtere auch die Lage der Juden weltweit. «Weder sie noch Israel werden dadurch sicherer - im Gegenteil.»    Quelle
 

 


 

GroKo-Antrag Bundestag sieht Israels Annexionspläne "im Widerspruch zu internationalem Recht"
Die israelische Regierung will Teile des Westjordanlands annektieren - und stößt weltweit auf scharfe Kritik. Auch im Bundestag wurde nun ein Antrag beschlossen, der das Vorgehen Israels anprangert.
01.07.2020

(...) In dem Antrag wird zugleich gemahnt, Ankündigungen der Palästinensischen Autonomiebehörde über eine Aufhebung aller politischen Vereinbarungen mit Israel trügen nicht zu einer "lösungsorientierten Atmosphäre" bei. Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, dafür einzutreten, "dass einseitige Initiativen zur Anerkennung einer palästinensischen Staatlichkeit unterlassen werden, um eine verhandelte Zweistaatenlösung nicht zu gefährden". >>>

 

 

 

 



(Morgen 3. Juli 2020) folgt der Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 169. Sitzung )

 

Die Anträge
 

"Annexion von Teilen des Westjordanlands verhindern - Friedenlösung im Nahen Osten retten" lautet der Titel eines Antrags der Fraktion Die Linke (19/20544).

Darin fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem auf, auf die israelische Regierung einzuwirken, die geplanten Annexionsbestrebungen nicht umzusetzen und andernfalls, also im Falle einer Annexion, "die Militärkooperation mit Israel zu beenden und einen Waffenexportstopp für den Gesamten Nahen Osten, der auch Israel einschließt, zu erlassen". In diesem Falle soll aus Sicht der Abgeordneten das EU-Assoziierungsabkommen, das auf der Osloer Friedensvereinbarung von 1993 beruht, ausgesetzt und Palästina als souveränen Staat anerkannt werden.

Die Bundesregierung solle die Initiative für eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten ergreifen, um den sich immer weiter zuspitzenden Konflikt diplomatisch zu lösen und zu einer zwischen Israel und den Palästinensern ausgehandelten Konfliktlösung zu kommen. Dazu sei die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Israel und Palästina zu befördern sowie intensiv zu begleiten, "damit ein System der gegenseitigen Sicherheit zwischen Israel und Palästina möglich wird".      Quelle

 

 

Deutscher Bundestag - Drucksache 19/2058319. - Wahlperiode 30.06.2020 - Antrag der Abgeordneten Renata Alt, Bijan Djir-Sarai, Alexander Graf Lambsdorff, Olaf in der Beek, Alexander Kulitz, Ulrich Lechte, Michael Link, Frank Müller-Rosentritt, Johannes Vogel, Sandra Weeser und der Fraktion der FDP - Für eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses – Zweistaatenlösung als Chance auf Sicherheit und Stabilität in der Region erhalten  >>>


 

Deutscher Bundestag - Drucksache 19/2058619. Wahlperiode30.06.2020 - Antragder Abgeordneten Omid Nouripour, Sven-Christian Kindler, Jürgen Trittin, Margarete Bause, Dr. Franziska Brantner, Dr. Konstantin von Notz, Agnieszka Brugger, Kai Gehring, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Ottmar von Holtz, Luise Amtsberg, Britta Haßelmann, Filiz Polat,Tabea Rößner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Nahost-Friedensprozess – Zwei-Staaten-Regelung offen halten und vorantreiben  >>>

 

 




Deutscher BundestagDrucksache 19/2059419. Wahlperiode30.06.2020 - Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
Frieden, Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten fördern – Am Ziel der verhandelten Zweistaatenlösung festhalten >>>


BCaabu hat ein Briefing über die illegale Annexion des besetzten palästinensischen Gebiets durch Israel erstellt .

 

Jede israelische Annexion des besetzten Gebiets wird enorme Konsequenzen für die Friedenschancen haben. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die unter Besatzung stehenden Palästinenser und ist ein schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht und das regelbasierte System. Die Annexion soll die Besatzung dauerhaft machen - und damit ungleiche Rechte und Diskriminierung. Getrennt und ungleich, wie John Kerry in seiner Abschiedsrede als US-Außenminister im Jahr 2016 vorausgesagt hatte.


Das Briefing kann hier gelesen werden >>>

 

Eine Liste der Ressourcen zur Annexion (einschließlich Berichten und Briefings anderer Organisationen)  hier  >>> .



Proteste gegen die israelischen Annexionspläne in Jericho.


Annexion: Bitte nicht!
Israels geplante Aneignung palästinensischer Gebiete ist eine grobe Verletzung des Völkerrechts. Es ist Zeit für eine deutliche Haltung dazu.
 Hannes Alpen - Paul Pasch
 

In Israel tagt bis zum 1. Juli 2020 ein amerikanisch-israelisches Komitee, das über die palästinensischen Gebiete berät, die die israelische Regierung dann unilateral annektieren können soll. Dass die israelische Regierung daran ein grundsätzliches und sehr konkretes Interesse hat, hat sie in ihrem Koalitionsvertrag im Mai 2020 festgeschrieben. Es ist noch unklar, wann und in welchem Ausmaß Israel sich zu einem solchen Schritt entscheiden wird. Allerdings hat die Intention allein bereits eine verheerende Signalwirkung.

Eine unilaterale Annexion von Teilen der palästinensischen Gebiete, egal wie groß oder klein sie am Ende ausfällt, wäre nicht nur ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, sie würde auch der ohnehin schwindenden Aussicht auf eine friedliche Zweistaatenlösung erheblich zuwiderlaufen. Es gibt bereits massive Kritik an dem Vorhaben. Die israelische Linke befürchtet, eine unilaterale Annexion könne die israelische Kontrolle über die palästinensische Bevölkerung zementieren und Israel seinen demokratischen Charakter verlieren.

Israelische Sicherheitsexperten sehen ein großes Sicherheitsrisiko für Israel und eine deutliche Verschlechterung der guten Beziehungen zu Jordanien und Ägypten. Auch international, mit Ausnahme der Trump-Administration, hagelt es Kritik, die bis zu klaren Sanktionsforderungen reicht. Ein offener Brief, initiiert von ehemaligen Knesset-Abgeordneten der sozialdemokratischen Familie, der die Worte des EU-Außenbeauftragten Josep Borell aufgreift, dass eine Annexion „nicht unangefochten“ bleiben könne, wurde europaweit von 1 080 Parlamentsabgeordneten unterschrieben.

In der deutschen Politik hält man sich traditionell mit Kritik an Israel zurück. In der Regel bringt man allein seine Sorgen zum Ausdruck, dies aber nur nach langen Vorreden und dem Betonen gemeinsamer Werte. Ob dies in der aktuellen Frage der richtige Weg ist, ist fraglich. Denn offensichtlich divergieren die Werte in puncto Annexion erheblich. Deutschland ist viel gelegen an der rechtsbasierten internationalen Ordnung. Eine unilaterale Annexion und auch die andauernde israelische Besatzung mit dem stetigen Siedlungsbau stehen in einem diametralen Verhältnis dazu. Auch aus Israel mehren sich die Stimmen, die für eine offenere Debatte in Deutschland werben. So schrieb der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, im Tagesspiegel, „Deutschland muss endlich den Mund aufmachen“. Am 1. Juli soll im Bundestag zu dem Thema diskutiert werden. >>>

 Deutsche Doppelstandards beim Völkerrecht?
Berlin, 1.07.2020

pax christi sieht die Bundesregierung bei der Ablehnung der von der israelischen Regierung geplanten Annexion von Teilen des
Westjordanlandes in der Pflicht pax christi fordert die Bundesregierung und die EU auf, die von der israelischen Regierung geplante Annexion von Teilen des Westjordanlandes mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern.

Am 1. Juli will die israelische Regierung Gesetze zur Annexion von Teilen des Westjordanlands vorlegen. Damit sollen alle 132 Siedlungen mit ca. 440.000 Israelis und das Jordantal, der fruchtbarste Teil Palästinas, annektiert werden.

Der geschäftsführende pax christi-Bundesvorstand sieht eine solche Annexion wie fast die gesamte internationale Gemeinschaft als eine schwere Verletzung des internationalen Rechts/des Völkerrechts an und weist darauf hin, dass Doppelstandards bei der Anwendung internationalen Rechts, sozusagen zweierlei Maß, nicht akzeptabel sind, egal um welches Land es sich handelt. Ansonsten würde ein Präzedenzfall geschaffen, der die zukünftige Akzeptanz von Völkerrecht untergräbt.

Eine Annexion muss nach Auffassung von pax christi zu konkreten Maßnahmen führen, ungeachtet der besonderen und engen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel, zwischen der EU und Israel. pax christi fordert im Falle einer Annexion folgende Maßnahmen:

- Die Aussetzung des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Israel, da Israel nicht auf die in Art. 2 geforderte Einhaltung der Menschenrechte achtet.

- Die Aussetzung der militärischen Zusammenarbeit Deutschlands mit Israel einschließlich des Rüstungshandels

- Ein Einfuhrverbot Deutschlands und der EU für alle Produkte aus illegalen israelischen Siedlungen. Zudem die Untersagung jeglicher Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den illegalen israelischen Siedlungen und dort tätigen israelischen Unternehmen.

pax christi fordert die Bundesregierung auf, den Staat Palästina anzuerkennen und ihre aktuellen herausragenden Rollen im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im UN Sicherheitsrat, wo sie im Juli 2020 den Vorsitz innehat, sowie ab 1. Juli 2020 innerhalb der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen, sich aktiv für einen gerechten Frieden, d.h. ein Ende der Besatzung und für gleiche Rechte für Palästinenser*innen und Israelis stark zu machen.

Dafür sollte es bald zu einer internationalen Friedenskoalition unter starker Beteiligung der EU kommen, einen Friedensplan zu entwickeln, der beiden Seiten gerecht wird.
 



INFORMATIONEN

Den gesamten Wortlaut der Erklärung des geschäftsführenden pax christi-Bundesvorstandes finden Sie hier  >>>

Ausführliche Informationen zu israelischen Siedlungen in besetzten palästinensischen Gebieten finden Sie hier im pax christi-fact-sheet  >>>


Besorgnisse um Friedensprozess in Israel und Palästina
28. Juni 2020

DRESDEN – Eine Delegation des Kairos-Palästina-Solidaritäts-Netz Deutschland sowie andere Unterstützer übergaben am 26. Juni im Landeskirchenamt in Dresden einen Brief von Kirchen in Palästina mit dem Titel „Cry for Hope“. An verschieden Orten in Deutschland sollte vor Kirchenämtern mit Mahnwachen sowie mit Schreiben auf die Situation der Palästinenser in den besetzten Gebieten hingewiesen werden. So auch in Dresden.

Hier fand sich eine ökumenische Abordnung am Landeskirchenamt ein, deren Sprecher, Friedrich Brachmann, die Aktionen von Christen als „Baustein der Hoffnung“  bezeichnete. Die ökologischen und ökonomischen Leiden der Palästinenser würden zunehmen und mit vollständiger Kontrolle der besetzten Gebiete sei das Recht auf Selbstbestimmung zerstört. Die Vertreter verschiedener Gruppen aus dem ökumenischen Kontext unterstützten die „Befreiung der Unterdrücker und der Unterdrückten“ als politisches Ziel.

Die Vertreter der Aktion baten die Landeskirche, das Anliegen der christlichen Initiativen zu unterstützen. Oberlandeskirchenrat Dr. Thilo Daniel nahm das Schreiben entgegen und übermittelte Grüße des Landesbischofs, der sich am Freitagvormittag beim geplanten Antrittsbesuch im Sächsischen Landtag befand.

Die Aktionen verfolge das Ziel, dass der „Schrei nach Hoffnung“ auch in Deutschland Aufmerksamkeit erhalte und kirchliche Synoden, Kirchenvorstände und Gemeinden erreichen solle. Die geplante Annexion von Teilen der Westbank werde als Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzung angesehen und auch vom Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und dem Rat der Kirchen im Nahen Osten (MECC) kritisch gesehen.
 

Stellungnahme der EMOK zu den  Annexionsplänen der israelischen Regierung  >>>

Stellungnahme der Bischofskonferenz der VELKD zu den Annexionsplänen  >>>


 

 Stefan Reinecke über den Antisemitismusbeauftragten Felix Klein
:Schnöder Amtsmissbrauch


Stefan Reinecke - 2. 7. 2020

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, ist ein meinungsfreudiger Mann. In der Debatte um den Philosophen Achille Mbembe hatte er den Anti­semi­tis­­musvorwurf schnell parat. Dabei ist die Aufgabe des Regierungsbeauftragten weniger, den Diskurs-Schiedsrichter in Debatten zu geben als, so die Jobbeschreibung, „die Antisemitismus-Bekämpfung der Bundesregierung ressortübergreifend zu koordinieren“.

Klein scheint aus der heftig ausgetragenen Mbembe-Debatte, in der es auch Rücktrittsforderungen gegen ihn gab, gelernt zu haben – und zwar das Falsche. Anstatt umsichtig sein Kerngeschäft zu bearbeiten, stempelt er noch großflächiger KritikerInnen zu Antisemiten und hat eine neue Spezies entdeckt: den linksliberalen Antisemiten. „Der Antisemitismus aus dem linksliberalen Milieu“ sei nicht zu unterschätzen, „auch wenn rechte Erzählungen zurzeit höheres Gewaltpotential haben“, so seine jüngste Erkenntnis.

Nun sind die linksliberalen KritikerInnen, die seinen Rücktritt forderten, überwiegend jüdisch. Es wäre schon in einer Kneipe ein Unding, wenn nichtjüdische Deutsche so fahrlässig Juden mit dem Antisemitismus-Label bekleben. Bei einem Repräsentanten der Bundesregierung, der auch noch Antisemitismusbeauftragter ist, ist dies ein Offenbarungseid – und ein Fall von Amtsmissbrauch. Es ist kläglich, honorige jüdische Intellektuelle, die es sich erlauben, den Begriff Antisemitismus nicht so grobschlächtig zu handhaben wie Klein, als Antisemiten zu denunzieren. Dies zeigt  >>>

Quelle Facebook - um die Bilder zu vergrößern auf das Bild oben klicken

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