Claude Lanzmann im Kempinski
- Reiner & Judith Bernstein -
Wer in diesen Wochen im Vorfeld der
Landtagswahlen am 04. September
durch Mecklenburg-Vorpommern fährt,
erschrickt in den kleineren Städten
und besonders auf dem flachen Land
vor zahllosen Plakaten der NPD und
der AfD – und Aufklebern an Stränden
mit den Beschriftungen „RAPEfugees
not welcome!“ und „Asylchaos
beenden“. Das nördliche Bundesland
mit seinen rund 1,6 Millionen
Einwohnern hat 4.500 Flüchtlinge
aufgenommen, von denen man weit und
breit nichts bemerkt.
Claude Lanzmann hat im Berliner
Kempinski-Hotel den Staat Israel im
Verzeichnis der 35 von 193
Vorwahlnummern vermisst.
Unbestritten ist, dass im Rahmen des
allzu pauschal bezeichneten
Fremdenhasses der Antisemitismus
eine historisch einzigartige
Katastrophen-Bedeutung einnimmt. Wer
Flüchtlinge aus dem Nahen und
Mittleren Osten sowie aus Afrika
ablehnt, wird sich auch antijüdische
Gefühlslagen erlauben. Halbrassisten
gibt es nicht. Das trifft ebenfalls
auf Flüchtlinge und jene zu, die
üblicherweise als „Menschen mit
einem Migrationshintergrund“
sortiert werden. (...
)
Bis in die späten 1970er Jahre
hinein galt jeder auswärtige Tourist
als der beste Botschafter Israels.
Wer hingegen heute mit halbwegs
offenen Augen reist, wird von seinen
Gesprächspartnern im Regelfall mit
der Aufforderung behaftet, er und
sie möge doch gefälligst die
Menschenrechtsverletzungen in
Syrien, Saudi-Arabien und anderswo
kritisieren, statt sich in
innerisraelische Angelegenheiten
einzumischen. Palästina als
innerisraelische Angelegenheit
bedeutet jedoch faktisch Annexion
>>>
Ist
Lanzmann paranoid oder nur ein
Idiot?
Abraham Melzer
Für mich steht ohne Zweifel fest,
dass Claude Lanzmann paranoid ist.
Insofern wundere ich mich nicht über
seinen schwachsinnigen Artikel, bei
dem man nicht weiß, ob man weinen
oder lachen soll. Ist es eine
Satire?
Dass Lanzmann fähig ist, einen
solchen Schwachsinn zu schreiben,
hat er nun bewiesen. Ich frage mich
nur, was die FAZ bewogen hat, es
abzudrucken. Oder druckt das
Feuilleton der FAZ jetzt jeden
Irrsinn und Schwachsinn oder nur den
von Juden?
Ich habe aber einen merkwürdigen
Verdacht, der in letzter Zeit immer
mehr an Gewicht gewinnt und mir
keine Ruhe lässt.
Weil Israel nicht auf der
Vorwahlliste des Kempinski Hotels
aufgeführt ist, spekuliert Lanzmann,
ob Israel „hier nicht mehr
existiert“. Per Zufall ist Lanzmann
darauf gekommen. Er überflog
flüchtig die Vorwahlnummern und
seine Augen stießen auf Italien, und
Italien löste bei ihm eine
reflexartige Reaktion aus, denn da
wo Italien ist, da ist auch Israel
nicht weit.
Aber das Hotel hat nur 35 von 193
Staaten aufgeführt und Israel fehlte
auf der Liste.
Stattdessen konnte man lesen: „Für
Länder, welche hier nicht
aufgelistet sind, erfragen Sie bitte
die Nummer bei der Telefonzentrale
unter der Durchwahl 9“.
Soweit so gut und jeder halbwegs
normale Gast hätte die Liste
weggelegt, weil er erstens Israel
nicht anrufen will, oder zweitens
sowieso sein eigenes Handy benutzt
und darauf sind alle Nummern
inklusiv Vorwahlnummern gespeichert
oder die Vorwahlnummer, von Israel
972, auswendig kennt.
Nur ein paranoider Jude wie Lanzmann
rennt voller Angst und Empörung zur
Rezeption und fragt nach einem
Verantwortlichen. Durch seinen Kopf
schwirren die merkwürdigsten
Gedanken, dass Israel eliminiert,
getilgt oder ausgemerzt wurde.
Immerhin hat er schon einmal erlebt,
dass Israel ausradiert wurde,
nämlich in Gaza, ausgerechnet in
Gaza, in einer Schule zeigte man ihm
eine Karte der Region, auf der
Israel nicht verzeichnet war. Das
war in Gaza. Wäre er nach Tel Aviv,
Haifa oder Jerusalem gefahren und in
>>>>
SZ v.
12. 8. 16 Sofia Glasl, Thorsten
Schmitz: Vorwahlkampf –
Beugen sich Luxushotels ihren
arabischen Gästen?
. Ulrike Vestring, Bonn . Meine
Frage an Herrn Lanzmann: Hat er
einmal in einem Hotel in Tel Aviv
oder in Jerusalem eine entsprechende
Telefonliste konsultiert? Hat er
dort die Durchwahlnummer zum
Nachbarland, Palästina, gefunden?
Ist ihm aufgefallen, dass der von
ca. hundert Staaten anerkannte Staat
Palästina auf der Wikipedia
Landkarte des Nahen Ostens nicht
vorkommt? Und dass in offiziellen
israelischen Verlautbarungen von
„besetzten Gebieten“, ja nur von
„Gebieten“ die Rede ist? Der
nördliche Teil des Westjordanlandes
gilt den Israels unter dem Namen
Judäa und Samaria als Teil ihres
Landes. Deutsche Medien haben sich
dem Sprachgebrauch der Besatzung
weitgehend angepasst und sprechen
von palästinensischen Gebieten. Das
macht das Versehen der
Kempinski-Geschäftsführung doch
wirklich unverzeihlich, nicht wahr?
Der sehr einseitige Blick
des Filmemachers Claude
Lanzmann auf den
Palästina-Konflikt
- Arn Strohmeyer - Wenn
zweit dasselbe tun, ist es
noch lange nicht dasselbe.
Diese alte Weisheitssentenz
fällt einem ein, wenn man
liest, dass der
französisch-jüdische
Filmemacher Claude Lanzmann
sich beschwert hat, dass im
Haus-Telefonbuch des
Berliner Luxus-Hotels
Kempinski die Vorwahl des
Staates Israel nicht
vermerkt sei – und zwar auf
Betrieben arabischer
Hotelgäste. Das ist in der
Tat peinlich und
unentschuldbar, noch dazu da
der Begründer des
traditionsreichen Hauses
Jude war. Dennoch klingt die
Kritik merkwürdig
aufgesetzt, zu einem
Zeitpunkt, wo bekannte
Atlanten und selbst Google
Map Palästina auf ihren
Nahost-Karten völlig
weglassen. Da gibt es nur
noch den Staat Israel. Denn
das bedeutet doch, dass hier
ein ganzes Volk und sein
Land von der Weltbühne
einfach verschwinden, für
nicht mehr existent erklärt
werden. (Man darf doch daran
erinnern, dass über 100
Staaten das Palästina der
Autonomiebehörde anerkannt
haben.) Hat Claude Lanzmann
sich auch zu diesem
Streichen Palästinas von der
Landkarte kritisch zu Wort
gemeldet? Nein, hat er
natürlich nicht,
interessiert ihn auch gar
nicht.
Auf den einseitigen Blick
dieses prominenten
Filmemachers hat Moshe
Zuckermann schon 2010 in
seinem Buch „‘Antisemit!‘
Ein Vorwurf als
Herrschaftsinstrument“
hingewiesen. Da moniert
Zuckermann, dass Lanzmann in
seinem Film „Warum Israel“
(dem ersten Teil der
Trilogie „Shoah“ und „Tsahal“)
im Zusammenhang mit Israel
und seiner Entstehung die
Palästinenser fast völlig
ignoriert. >>>
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