Es ist eine Schande
Jimmy Carter, Times of India,
21.Mai 2008-05-26
Atlanta: Die
Welt ist Zeuge eines schrecklichen Menschenrechtsverbrechen im Gazastreifen, wo
anderthalb Millionen Menschen gefangen gehalten werden mit so gut wie keinem
Zugang zur Außenwelt, weder vom Meer oder aus der Luft noch vom Land. Eine ganze
Bevölkerung wird brutal bestraft.
Diese
ungeheuerliche Misshandlung der Palästinenser im Gazastreifen eskalierte
dramatisch durch Israel, das von den USA darin unterstützt wird , nachdem
politische Kandidaten, die die Hamas vertreten, die Mehrheit der Sitze im
Parlament der palästinensischen Behörde 2006 gewonnen hatten. Die Wahl war
einstimmig als korrekt und fair von allen internationalen Beobachtern beurteilt
worden.
Israel und die
USA verweigerten den Palästinensern das Recht einer Einheitsregierung mit Hamas
und Fatah zu bilden und jetzt – nach internem Kampf kontrolliert die Hamas
allein den Gazastreifen. 41 der 43 siegreichen Hamaskandidaten, die in der
Westbank , sind jetzt in israelischen Gefängnissen, dazu zehn weitere, die
Positionen im kurzlebigen Koalitionskabinett angenommen hatten.
Ungeachtet der
Wahl, die man in diesem Partisanenkampf zwischen Fatah und Hamas innerhalb des
besetzten Palästinas eingenommen hätte, müssen wir daran erinnern, dass
wirtschaftliche Sanktionen und Restriktionen bei der Wasser-,Strom. und
Nahrungsmittel- und Kraftstoffversorgung die Not unter der unschuldigen
Bevölkerung im Gazastreifen drastisch verschärft ht, von denen 1 Million
Flüchtlinge sind. Israelische Bomben und Granaten treffen regelmäßig das
abgesperrte Gebiet und verursachen eine hohe Todesrate unter den Militanten und
unschuldigen Frauen und Kindern.
Bei einem
kürzlichen Aufenthalt im Nahen Osten versuchte ich ein besseres Verständnis für
die Krise zu bekommen. Einer meiner Besuche galt Sderot, einer Gemeinde mit ca.
20 000 im südlichen Israel, die häufig von den rudimentären Raketen vom
Gazastreifen aus getroffen wird.
Ich
verurteilte diese Angriffe als abscheulich und als Terrorakte, da die meisten
der 13 Opfer während der letzten sieben Jahre Zivilisten waren.
Danach traf
ich mich mit Führern der Hamas, eine Delegation aus dem Gazastreifen und höchste
Vertreter in Damaskus, Syrien. Ich verurteilte auch ihnen gegenüber ( diese
Terrorakte) und drängte sie, sie mögen eine einseitige Feuerpause erklären oder
mit Israel eine gegenseitige Vereinbarung abzustimmen, um alle militärischen
Aktionen in und um den Gazastreifen für einen größeren Zeitraum zu vereinbaren.
Sie
antworteten, dass durch sie solch eine Aktion vorausgegangen, aber nicht
anerkannt wurde, und sie erinnerten mich daran, dass Hamas vor kurzem auf einer
Feuerpause in allen besetzten Gebieten, im Gazastreifen und in der Westbank,
bestanden hat, was Israel abgelehnt hat. Dann machte die Hamas einen
öffentlichen Vorschlag, alle Kampfmaßnahmen einzustellen, der nur auf den
Gazastreifen beschränkt bleibt. Auch den wies Israel zurück.
Von beiden
Seiten hört man leidenschaftliche Argumente, wer die Schuld am Mangel von
Friedensbereitschaft im Heiligen Land hat. Israel hat die palästinensische
Westbank, die etwa ein Viertel der Größe Israels ( 28,5%) ausmacht, besetzt und
kolonisiert, was von der internationalen Gemeinschaft anerkannt wird. Einige
israelische religiöse Fraktionen beanspruchen ein Recht auf das Land auf beiden
Seiten des Jordan und andere beteuern, dass ihre 205 Siedlungen mit etwa 500 000
Siedlern für die Sicherheit nötig seien.
Alle
arabischen Nationen sind damit einverstanden, Israel voll anzuerkennen, wenn es
in die wichtigsten UN-Resolutionen einwilligen würde. Hamas ist damit
einverstanden, jedes Friedensabkommen, das zwischen dem Präsidenten der
palästinensischen Behörde und dem israelischen Ministerpräsidenten ausgehandelt
wurde , anzuerkennen, vorausgesetzt, es ist in einem Referendum vom
palästinensischen Volk angenommen worden.
Dies
verspricht Fortschritt, aber trotz des kurzzeitigen Traras und der positiven
Statements bei der Friedenkonferenz im letzten November in Annapolis, Maryland,
ist im Prozess eine Rückentwicklung eingetreten. 9000 neue israelische
Wohneinheiten sind in den Siedlungen in Palästina angekündigt worden, die Anzahl
der Straßensperren ist gewachsen ,(obwohl eine Verringerung versprochen worden
war ER)) und der Würgegriff um den Gazastreifen hat sich verstärkt.
Es ist eine
Sache wenn andere Führer den USA bei den äußerst wichtigen
Friedensverhandlungen den Vortritt lassen, doch sollte die Welt nicht tatenlos
daneben stehen, während unschuldige Menschen grausam behandelt werden. Es wäre
an der Zeit, dass sich starke Stimmen in Europa, den USA und Israel und
anderswo erheben und diese Menschenrechtstragödie des palästinensischen Volkes
verurteilen.
In der
NZZ-online (26.5.08) findet man noch folgenden Satz : Jimmy Carter hat die
Blockade des Gazastreifens als eines der größten, derzeit auf der Erde
existierenden Menschenrechtsverbrechen bezeichnet. Es gibt keinen Grund, dieses
Volk so zu behandeln.
(dt. Ellen
Rohlfs)
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