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INTERNATIONAL SOLIDARITY MOVEMENT

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AK Palästina Tübingen
Ich habe mir ausnahmsweise die Mühe gemacht, einige Texte der Internationalen Solidaritätsbewegung zu übersetzen, weil jeder darüber Bescheid wissen sollte und ich fürchte, dass viele sich nicht die Mühe machen, die Texte in Englisch zu lesen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr meine Mühe damit belohnen würdet, diese Texte bei Gelegenheit zu lesen und auch weiter zu verschicken.
Ich möchte etwas dramatisch werde: niemand kann sagen, dass er nichts gewusst haben. Dies ist nur eine kleine Auswahl von dem, was jeder jeden Tag erfahren kann.
Herzliche Grüße
Ingrid Rumpf

 


1. „Helft uns Israel`s Mauer friedlich zu stoppen!“ von Mohamed Khatib aus Bilin
International Herald Tribune, 12.7.2005

2. 13.7.05 Update der Internationalen Solidaritätsbewegung (ISM) über Ramzi Yasin aus dem Dorf Bilin
3. 12.7.05 Dorf zerstört, ISM
4. „Ist die Welt blind?“ Zwei weitere Familien verlieren ihre Häuser in Ost.Jerusalem, Merijn De Jong, ICAHD (Israeli Committee Against House Demolitions)
5. Zweites Kind aus dem Balata Flüchtlingscamp gestorben, ISM Nablus, 12.7.2005

 



1. „Helft uns Israel`s Mauer friedlich zu stoppen!“ von Mohamed Khatib aus Bilin
International Herald Tribune, 12.7.2005


Bilin, Westbank: Während die internationalen Medien auf Israel`s geplanten Abzug aus Gaza starren, passiert in meinem Dorf Bilin, in der Nähe der Westbank-Stadt Ramallah, eine genauso wichtige, aber übersehene Geschichte. Während israelische Truppen den Abzug aus Gaza planen, bauen sie gleichzeitig die Siedlungen in der Westbank weiter aus. Auf dem Boden unseres Dorfes baut Israel eine neue Siedlung und baut 5 andere aus. Diese Siedlungen werden eine Stadt bilden, die Modiin Illit heißt, mit Zehntausenden von Siedlern, ein Vielfaches derjenigen, die aus Gaza evakuiert werden. Diese Siedler verbrauchen das meiste unsres Wassers aus der Region. Überall in der Westbank geht der Bau von Siedlungen und der Mauer, gehen Verhaftungen, Tötungen und Besatzung weiter.

Vor einem Jahr hat der Internationale Gerichtshof ein Gutachten verabschiedet, das den israelischen Mauerbau als völkerrechtswidrig einstuft. Heute kämpfen die Palästinenser in Dörfern wie dem unsrigen für die Umsetzung der Gerichtshof-Entscheidung und für den Stopp des Baus mit gewaltfreien Mitteln. Aber die Welt hat nicht viel getan, um uns zu unterstützen.

Bilin wird durch Israel`s Mauer stranguliert. Obwohl unser Dorf zwei und eine halbe Meile von der Grünen Linie entfernt liegt, nimmt Israel etwa 60% unseres Landes von 1000 Morgen, um  die Siedlungen zu annektieren und die Mauer um sie herum zu bauen. Das Land ist Kapital für uns – wir bebauen es. Bilin`s 1600 Einwohner leben von der Landwirtschaft und die Olivenernte ist unsere Lebensgrundlage. Die Mauer wird Bilin in ein Open-air-Gefängnis verwandeln wie Gaza.

Nachdem israelische Gerichte unsere Forderungen, die Mauer zu verhindern, zurück wiesen, begannen wir, zusammen mit Israelis und Menschen aus der ganzen Welt friedlich gegen die Beschlagnahme unseres Bodens zu protestieren. Wir entschieden, gewaltfrei Widerstand zu leisten, weil wir friedliebende Menschen sind, die Opfer der Besatzung sind. Wir haben unsere Häuser für die Israelis geöffnet, die uns begleiten. Sie sind unsere Partner im Kampf geworden. Zusammen senden wir eine starke Botschaft aus: dass wir in Frieden und Sicherheit gemeinsam leben können. Wir heißen jeden willkommen, der zu uns als Gast kommt und mit uns arbeitet für Frieden und Gerechtigkeit für beide Völker, aber wir widerstehen jedem, der als Besatzer zu uns kommt.

Seit Februar haben wir mehr als 50 gewaltfreie Demonstrationen durchgeführt. Wir haben aus der Erfahrung und den Ratschlägen von Budrus und Biddu gelernt, die dem Mauerbau gewaltfrei widerstanden. Palästinenser anderer Regionen nennen uns von Bilin nun „Palästinensische Ghandis“. Unsere Demonstrationen zielten darauf, die Bulldozer bei der Zerstörung unseres Landes zu stoppen und eine Botschaft über die Folgen der mauer auszusenden. Wir haben uns an die Olivenbäume gekettet, um zu zeigen, das das Leben der Olivenbäume unser Leben ist. Wir haben die Soldaten in Briefen aufgefordert zu denken, bevor sie auf uns schießen und erklärten ihnen, dass wir nicht gegen das israelische Volk, sondern gegen den Mauerbau auf unserem Boden sind. Wir weigerten uns, uns schweigend von der Mauer strangulieren zu lassen. In einer berühmten palästinensischen Kurzgeschichte „Menschen in der Sonne“ ersticken palästinensische Arbeiter in einem Tankwagen. Als der Fahrer sie entdeckte, schrie er: „Warum schlagt ihr nicht an die Wände?“ Wir schlagen und wir schreien.

Angesichts unseres friedlichen Widerstands griffen uns israelische Soldaten mit Tränengas, Gummiknüppeln, Gummi-ummantelten Geschossen und scharfer Munition an, sie verletzten mehr als 100 Dorfbewohner. Sie drangen nachts ins Dorf ein, trieben die Familien hinaus und verhafteten Menschen. Bei einem friedlichen Protest am 17. Juni verhafteten Soldaten die Brüder Abdullah und Rateb Abu Rahme, zwei Führer des Dorfes. Soldaten behaupteten, sie hätten Steine geworfen. Ein israelischer Militärrichter befahl kürzlich die Freilassung der beiden, da Videoaufnahmen zeigten, dass die Aussagen der Soldaten falsch waren.

Das palästinensische Volk hat einen Waffenstillstand ausgerufen und eine Botschaft des Friedens durch die neu gewählte Führung. Aber ein Jahr nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs geht der Mauerbau auf palästinensischen Boden weiter. Hinter der Nebelwand des Rückzugs aus Gaza ist die wahre Geschichte der Versuch Israels, die Westbank durch den illegalen Mauer- und Siedlungsbau zu kontrollieren, was Dutzende von Dörfern wie Bilin und jede Hoffnung auf Frieden zu zerstören droht.

Bilin schlägt Alarm, Bilin schreit. Bitte helft uns dabei, dass wir den Frieden mit friedlichen Mitteln erreichen können.

Mohamed Khatib ist ein führendes Mitglied von Bilins Dorfkomitee gegen den Mauerbau und Geschäftsführer des Ortschaftsrats.



2. 13.7.05 Update der Internationalen Solidaritätsbewegung (ISM) über Ramzi Yasin aus dem Dorf Bilin:
Am 8. Juli wurde der 24jährige Ramzi Yasin bei einer Kundgebung des Dorfes Bil`in, das seit Wochen gewaltfrei gegen die Enteignung seines Bodens für den völkerrechtswidrigen israelischen Mauerbau in der Westbank demonstriert, durch die israelische Armee neben 17 anderen Demonstranten verletzt. Er wurde am Kopf von einem Gummi-ummantelten Geschoss getroffen und musste operiert werden. Ramzi war bewusstlos und war seitdem in einem ernsten Zustand. Er wurde vom Hospital in Ramallah zum Muquassed Hospital in Jerusalem überstellt, wo seine Eltern ihn nicht besuchen konnten, weil sie keine Passier-Erlaubnis erhielten. Heute hat Ramzi das Bewusstsein wiedererlangt und hat ein paar Schritte gemacht und alleine gegessen. Er ist noch erschöpft und hat Schmerzen, aber die Ärzte sagen, dass er in zwei Wochen nach Hause gehen kann.


3. 12.7.05 Dorf zerstört, ISM
Am 5. Juli zerstörten israelische Truppen das ganze Dorf Tana, nahe bei Beit Furik, Nablus. Die Bewohner hatten eine Nachricht bekommen (auf einem Stück Papier, das an einer ihrer Hütten angebracht war), dass ihre Häuser zerstört werden würden. Die Bewohner wussten niemanden, den sie anrufen konnten; so geschah die Zerstörung ihrer Häuser ungehindert. Die UN schätzen, dass 170 Personen obdachlos geworden sind, die Bewohner sagen, dass Tana Heimat für 100 Familien gewesen sei. Die Bewohner beabsichtigen, heute gegen die Zerstörung zu protestieren und ihr Land zurück zu fordern.

Tana ist ein kleines, lange bewohntes Bauerdorf im Jordantal.........Die Dorfmoschee, das einzige Gebäude, das nicht zerstört wurde, ist einige Hundert Jahre alt. Das Papier, das die Zerstörung ankündigte, gab an, dass die Bewohner das Dorf ohne Genehmigung Israels gebaut hätten. Ihre Höhlen und Steinkonstruktionen sind Hunderte von Jahren alt. In den zurückliegenden Jahren haben sie Stahl- und Betonkonstruktionen am Eingang ihrer Höhlen angebaut. Vor 6 Jahren wurde auch eine Schule gebaut und im Widerspruch zum UN-Bericht, wurde diese ebenfalls in der vergangenen Woche zerstört. Die Armee zerstörte nicht nur die Stahlkonstruktionen, sondern die Höhlen selbst und sogar die Autos der Bewohner.

1989 war den Bewohnern in einem Gerichtsprozess zugesagt worden, dass sie den westlichen Teil ihres Landes bearbeiten dürften. In den zurückliegenden Jahren sind sie auch durch die Siedler von Itamar bedroht worden, die kamen und in ihrem Trinkwasserreservoir badeten.

Die Dorfbewohner geben sich nicht geschlagen und wollen sich nicht einschüchtern lassen. Sie beabsichtigen zu ihrem Land zurückzukehren, ihre Häuser neu zu errichten und ihr Land weiter zu bebauen. Internationale und israelische Aktivisten, die sie dabei unterstützen, treffen sich am 14.7. um 10 Uhr am Rathaus von Beit Furik.


4. „Ist die Welt blind?“ Zwei weitere Familien verlieren ihre Häuser in Ost.Jerusalem, Merijn De Jong, ICAHD (Israeli Committee Against House Demolitions)

In einer neuen Welle von Häuserzerstörungen in Dahiat Al-Salam und Silwan haben zwei weitere Familien in Ost-Jerusalem ihre Häuser verloren und bei zwei anderen Familien wurden die Habseeligkeiten auf die Straße geworfen. In Dahiat Al-Salam in Ost-Jerusalem wurde das Haus der Familie Hannafiya um 9.30 Uhr heute morgen zerstört. 8 Menschen wurden obdachlos, weil ihr Haus ohne Genehmigung errichtet worden ist. Die Stadtverwaltung von Jerusalem macht es für die meisten Palästinenser praktisch unmöglich, eine Baugenehmigung zu bekommen.

Während die Kinder der Familie ihre Spielsachen auf dem Trümmerhaufen, der einst ihr Zuhause war, einsammeln, erzählt der Hausbesitzer von seinem Sohn, der bald aus den USA zurückkommen will, um zu heiraten: “Wie soll ich ihm erklären, dass das Haus nicht mehr da ist?“

Die zwei Hamdan-Brüder, die mit ihrer Familie straßabwärts der Hannafiya-Familie wohnen, hatten alle ihre Habseligkeiten aus dem Haus geräumt, bevor es zur Zerstörung vorbereitet werden sollte. Während der Anwalt der Familie, Sami Arshid, die Zerstörung durch einen Gerichtsbeschluss stoppen konnte, wurde der größte Teil des Eigentums durch die Arbeiter beim Vorbereiten auf die Zerstörung kaputt gemacht. Unnötig zu sagen, dass sie von der Stadtverwaltung keine Entschädigung erwarten können. Und während die Zerstörung für heute aufgeschoben wurde, besteht für die Zukunft weiterhin die Gefahr der Zerstörung.

Die Mutter der Familie, deren Habseeligkeiten auf die Straße geworfen worden waren, führte uns herum und fragte: “Ist die Welt blind?“, als sie uns die zerstörten Bilder zeigte, die von ihrem Sohn gemalt worden waren.

Nach der Zerstörung des Hauses in Dahiat Al-Salam, wurde ein weiteres Haus in Ein Luze zerstört, nahe der El-Bustan-Region in Silwan. Das kürzlich fertiggestellte Haus gehörte der Familie Musa Siam, die kurz vor dem Einzug stand. Als die Bulldozer das Haus nicht erreichen konnten, schickte die Stadtverwaltung Arbeiter, die das Haus von Hand abrissen.



5. Zweites Kind aus dem Balata Flüchtlingscamp gestorben, ISM Nablus, 12.7.2005

Am Montag erlitten die Einwohner von Balata ein zweites Kind als Opfer innerhalb von 5 Tagen. Der 14jährige Noor Faris Njem wurde letzten Mittwochabend in den Kopf geschossen, als die israelische Armee ins Balata Lager eindrang und ohne Warnung das Feuer auf unbewaffnete Zivilisten eröffnete. Noor („Licht“) sah hinter einer Hauswand hervor, um zu sehen, ob der Jeep noch da war, als ein Soldat ihn in den Kopf schoss. Nach den größten Bemühungen der Ärzte starb er am Sonntag Nachmittag: das zweite Kind, das seinen Verletzungen durch die israelische Armee jener Nacht erlag. Als Reaktion auf Noors Tod begaben sich zwei 16jährige Kämpfer in Stellung, um auf die israelische Armee zu schießen, sobald sie weiter ins Lager kam. Dabei wurde Khalid Mohammad Msyme erschossen und der andere Junge schwer verletzt.

Balata ist ein Flüchtlingslager im Herzen der Westbank, viele Kilometer von israelischen Städten entfernt. Es gab keinen Grund für die israelischen Soldaten, in jener Nacht nach Balata zu kommen. Es gab keine israelische Militäroperation, keine Behauptung irgendeines Risikos für irgendeinen israelischen Zivilisten, Siedler oder Soldaten. Es gab keinen Grund für die israelischen Soldaten, auf Noor, ein unbewaffnetes Kind, zu schießen. Es gab keinen Grund für sie, weiter in die palästinensischen Straßen tief in der Nacht hinein zu fahren, wo sie wussten, dass sie Jugendliche finden würden, die durch die Schüsse auf einen ihrer Freunde aufgebracht und verletzt waren. Es gab keinen Grund, durch das Lager zu fahren und zu feuern bis sie zwei weitere Jungen herausforderten, nur um ebenfalls auf sie zu schießen. Zwei weitere Kinder starben unnötig, nach den Hunderten, die hier bereits gestorben sind.

.....In den letzten vier Monaten galt für Palästina ein Waffenstillstand. Es fühlte sich nicht wie Frieden in Balata an. In dieser Zeit fanden zahllose Überfälle statt, gab es Dutzende von Verletzten durch israelische Soldaten, unzählige Verhaftungen, eine Invasion, Ausgangssperre, die Ermordung von zwei Bewohnern von Balata und jetzt die Schüsse auf drei Kinder, von denen zwei tot sind.

Am Donnerstag morgen haben die Al Aqsa Brigaden und andere palästinensische Wiederstandsbrigaden angekündigt, dass der Waffenstillstand von ihrer Seite her beendet ist. Das bedeutet, dass sie ab jetzt den Angriffen der israelischen Besatzungsarmee auf sie begegnen werden.

Ich hoffe, dass die Medien der Welt hierüber aufrichtig berichten werden und erklären, dass die israelische Armee sich nie an den Waffenstillstand gehalten hat.


www.palsolidarity.org

ISM (International Solidarity Movement) ist einer Bewegung palästinensischer, internationaler und israelischer Friedens- und Menschenrechtsaktivistinnen, die mit gewaltfreien Mitteln für ein Ende der israelischen Besatzung arbeiten und sich für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina einsetzen.

 

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