oo


Das Palästina Portal

Täglich neu - Nachrichten, Texte aus dem besetzen Palästina die in den deutschen Medien fehlen.

Archiv - Themen - LinksFacebook  - Sponsern Sie  -  Aktuelle TermineSuchen

 

Kostenlos  IST nicht
Kostenfrei

Unterstützen Sie
unsere Arbeit

Texte von Arn Strohmeyer

artnerschaft zwischen Südafrika und Israel
Brief an den  Dr. Nils Minkmar - SZ
Antwort auf Aleida Assmanns Versuch - Judenhass
Habeck - Apostel der doppelten Moral
Die israelische Tragödie
Tamar Amar-Dahl - "Siegeszug des Neozionismus"
Weltbild von Mathias Döpfner
Gerechtigkeit für Roger Waters!
Israel-Politik radikal überdenken
Andenken an Toten des Holocaust missbraucht
Omri Boehm ein antisemitisches Buch?
Zionistenschreiben vor, wie an Holocaust zu erinnern.
Tragödie des Zionismus
Palästinenser dürfen in Erinnerungspolitik nicht vorkommen
Genozid wäre besser gewesen
Deutsche Erinnerungspolitik ohne Palästinenser
Plädoyer Ungleichheit der Menschen
Deutschland eine Bananenrepublik?
Situation derPalaestinenser unter zionistischer Besatzung
Ist Banksy ein Antisemit?
Israel ein Apartheidstaat wie Südafrika?
Streit um die Kasseler Documenta
Rezension - Abraham Melzer-  Ich bin (k)ein Antisemit!
Afghanische Sanndalentraeger besiegten USA
Gemeinsame Werte mit einem Apartheidstaat?
Der Welt droht ein neuer Kalter Krieg
Die Antideutschen
Chefs des Springer-Konzerns Mathias Döpfner
„Apeirogon“ des irischen Autors Colum McCann
Lapid - Imagpflege, neue Einsichten?
„1984“ - israelische Cyber-Software“
BDS -  Hoffnung der Palästinenser“
Das Ende einer Illusion
Kampf gegen Windmühlenflügel
Die grüne Kanzlerkandidatin
Palästina in israelischen Schulbüchern
Die Nakba soll zu Ende gebracht werden
Westliche Propaganda - Aufteilung der Welt in Gut+ Böse
Die Jerusalemer Erklärung - Antwort auf die IHRA
Werder Bremen übernimmt die IHRA-Definition
Joseph Melzer - Ich habe neun Leben gelebt.
Holocaustgedenktag 2021
Inhalt der BDS-Resolution nicht erwähnen
Bücher - Positionen zum israelbezogenen Antisemitismus
Kariere von Sawsan Chebli
Martialisches Erinnern
Das zynische Angebot
Omri Boehms - liberaler und humaner Zionismus!
Omri Bohm - Israel - eine Utopie
Darstellung des Zionismus  für Israels Politik Problem
Zionismus untergräbt Werte des Judentums
Gaza ist Überall!
Israel und das Apartheid-Südafrika
Fall Achille Mbembe kein Einzelfall
Eine deutsche Debatte im Jahr 2020
Achille Mbembe - Eigentor von Felix Klein
Was trägt Israel  zum Judenhass bei?
Antideutsche - Antisemitismus und Nahostkonflikt
Nirit Sommerfeld - Stimme des anderen Israel
Symbol für den Freiheitskampf
Krieg gegen das palästinensische Volk
Treueschwüre für einen Besatzerstaat
Zur Kriegsgefahr im Nahen Osten
Der  ideologische Blick auf Israels Geschichte
Kein Friedensstern über Bethlehem
G. Hanloser - Abgesang auf die Antideutschen
Bundesregierung will Hisbollah verbieten
Jürgen Todenhöfer - Die große Heuchelei
Spiegel - zu Israel-kritischer Positionen kein Wort
Gegenwärtige Hexenjagd auf „Antisemiten“
Hungert sie aus!
Das Beispiel Dr. Dr. Marcus Ermler
Hans-Jürgen Abromeit sagt die Wahrheit
Israel zieht belastende Dokumente aus dem Verkehr
Definiert Israels Regierung was Antisemitismus ist
Der Kushner-Plan -Totgeburt
Israels Politik -  zynisch, autoritär und reaktionär
Bremen verweigert Kritik an Israel
Wahlen ohne Opposition und Alternative…
Man unterscheidet zwischen "guten" und "bösen" Juden
BDS-Aktivisten auf „Krawall“ reduziert
Israel Siedlungen auf dem Mond?
Die Mauer als Symbol des Scheiterns
Wider den Mainstream
Triumph des moralischen Nihilismus
Mythos - Vertreibung der Juden aus arabischen Ländern
Frieden auf Erden“ –  nicht in Palästina
Zensur der evangelischen Kirche
Lehrer nach Yad Vashem
Evangelische Kirche und Israels Unrechtspolitik
Hysterie bis zur Paranoia
Klassischer Fall von Geschichtsfälschung
Bremer Innensenator Mäurer hat Recht
Die „Israelisierung der Welt“
Trumps "Deal" Verrat an Palästina
Wikipedia ist der Manipulation überführt
Klassischer Fall von Geschichtsfälschung
Juden und Muslime in Auschwitz
Israels Sanktionen - Iran
Zum Tod von Felicia Langer
„WerteInitiative“  - Schlag gegen Bettina Marx
Stopp gegen Antisemitismus-Hysterie
Palästina - Realität wird zum Tabu
Tom Segevs Ben Gurion-Biographie
Deutschland, Israel + der Antisemitismus:
Präsident Abbas‘ missverständliche Rede
Unterstützung Arbeit Antisemitismus-Beauftragten
Die inszenierte Hysterie
Entstehung Israels als Heldenepos
70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus
Skandalöse Geschichtsklitterung
Heiko Maas  in Israel
Was für ein Staat!
Heiko Maas - Kniefall nach Israel
Meinungsfreiheit für Palästinenser in Bremen
Rolf Verleger - Hundert Jahre Heimat_Land
Israel hat den Frieden nie gewollt.
Weihnachten 2017
Gefängnisstrafen und Sippenhaft
Nimmt der Antisemitismus zu?
Stramm hinter Trump
Hermann Kuhn demonstriert  Nichtwissen
Deutsche Kampfflieger über Israel
„Sie weichen den wirklichen Problemen aus“
Rezension - Abraham Melzer: Die Antisemiten-Macher
Rezension - Abraham Melzer: Mit Feuer und Blut
Die kopernikanische Wende
Martin Schulz Kotau vor der Israel-Lobby
„1984“ auf israelisch
Rückfall in die Vormoderne
Michael Wolffsohn hat sich disqualifiziert
Rezension - M. Peled - Der Sohn des Generals
Analysen des antizionistischen Isaac Deutscher
Film - Der Hass auf Juden in Europa
14. Dokumenta - Ahlam Shibli
Michael Lüders Buch „Die den Sturm ernten“
Jenseits aller Wirklichkeit
„Im Gefängnis, weil  Palästinenser“
Das Lehrbeispiel BDS
DIG Aufruf gegen Kritiker
Broder - BDS + die Endlösung
Zwischen „Lügen- “ und „Lückenpresse“
Frieden auf Erden... nicht im Heiligen Land
Ist Deutschland eine Bananenrepublik?
Hat Jakob Augstein der Mut verlassen?
Israel-Berichterstattung - doppelte Standards
Propaganda-Lügen gegen den Frieden
Antisemitismus – „Missverständnis der Geschichte“?
Wann ist Kritik an Israels antisemitisch
Die Lobby schlägt zu
Geheimsache Heron TP
Claude Lanzmann -  Palästina-Konflikt
Die Israel-Lobby und die HAWK
Ein Humanist?
„Die Hamas ist an allem schuld“
Ein Krieger und Verächter des Völkerrechts
Proteste und Demonstrationen nicht Antisemitisch
Der Streit um Israels „Existenzrecht“
„Journalismus“ á la Benjamin Weinthal
„Methodisch betriebener Wahnsinn“
Dank an Benjamin Weinthal
Albert Einstein muß als Zeuge herhalten
Wenn Weinthal wieder einmal zuschlägt ...
Rezension von  Kurt O. Wyss
Noch mehr Israel-Kritiker geschafft
Interview mit Abdallah Frangi
Benjamin Weinthal verhindert Vortrag Arn Strohmeyer
„Lügenpresse“ oder kritikloser Philosemitismus?
Ein Weihnachtswunsch
Abraham Melzers Buch „Israel vor Gericht“
Rezension - Petra Wild: Die Krise des Zionismus
Gipfel der Absurdität
Daniel Killy diffamierte seinen früheren Arbeitgeber
Rezension - Die Hölle von Gaza - Spiewak
Rote Karte für Israel!
Der Antisemitismus-Vorwurf als Rufmord
Ist Israel ein verrückter Staat?
„Oslo war ein Kapitulationsabkommen“
Rezension - Ilan Pappe -  „Die Idee Israel"
Wenn eine Jüdin den Zionismus kritisiert...
Leseprobe 3 - Antisemitismus – Philosemitismus
Leseprobe 2 - Antisemitismus – Philosemitismus
Leseprobe 1 - Antisemitismus – Philosemitismus
Inhalt - Antisemitismus – Philosemitismus
Buch - Antisemitismus – Philosemitismus
Kontrolle über Israels Atomwaffen?
Rezension - Sven Severin: Shalom ist nicht Frieden.
Werte der USA und Europas Doppelmoral
Antwort auf Uri Avnerys Artikel Die wirkliche Nakba
Rezension - Israel – Im permanenten Kriegszustand
Zwischen Doppelmoral und Lebenslügen
Die Herren über Leben und Tod
Dauerbrenner Antisemitismus
Weglassen, vertuschen und manipulieren
Napoleoni - Die Rückkehr des Kalifats.
Presseboykott gegen  Nakba-Ausstellung Bremen?
Der Streit um die historische Wahrheit
Am besten das Völkerrecht abschaffen.
Anschläge Paris - Stunde der Heuchler
Die Legenden von den vertriebenen Juden
Linkspartei und die Verletzer der Völkerrechte
Für Israel Frieden unmöglich.
Zionismus vor seinem historischen Ende?
Antisemitismus-Gefahr als politische Waffe
Eine genau kalkulierte Kampagne
„Ein Massaker schlimmsten Ausmaßes!“
Dieter Graumann und die westlichen Werte
Willkommener Anlass
Die EU als zahnloser Papiertiger
Antisemiten überall
Uri Avnery relativiert die Nakba
H. Baumgarten - Kampf um Palästina
Ein bedeutender Schritt zur Versöhnung
Bremer Evangelische Kirche -  Frieden Nah Ost
„Warum provoziert Ihr Israel immer so?“
Interview mit  Reuven Moskowitz
Israels große Propagandainszenierung
Unkritische Unterstützung Israels.
Tumulte in der Knesset
Rezension - Israel kontrovers
Ariel Sharons brutale Gewaltpolitik
Neuerscheinung Ilan Pappes Buch?
Ilan Pappe - „Eethnische Säuberung Palästinas
Schweigen der Christen im Nahen Osten
Feldmans Film „The Lab“
Mythos - Vertreibung der Juden
Rezension - Viktoria Waltz -  „Monopoly“
Shlomo Sand - Ich steige aus.
Palästinenser Testpersonen für Rüstungsindustrie
Israel steht unter Verdacht
Rezension - Buch Ekkehart Drost
3. Israelkongress in Berlin
Die Angst vor der Wahrheit
Was kommt nach dem Zionismus?
Führt Obama Israels Krieg?
Haben nur Palästinenser „Blut an den Händen“?
Ein Bantustan-Staat für die Palästinenser?
Zionismus + arabischer Antisemitismus
Ethnische Säuberungen
Juden unerwünscht?
Wenn Israel fällt, fällt auch der Westen!“
Nachruf auf Stéphane Hessel
Streit um Augsteins „Antisemitismus“ geht weiter
Zerstört Israel sich selbst?
Broders taktischer Rückzieher
Solidarität mit Jakob Augstein!
Sollen Patriot-Raketen Israel schützen?
Von der Macht der Denunzianten
Rezension Rudolph Bauer - Wer rettet Israel
Netanjau in Berlin zum völlig falschen Zeitpunkt
Mit der UNO auf Kriegsfuß
Generalangriff auf die Mythen des Zionismus
Gaza - Schweigen die Waffen?
"Sicht der Armee  kein ethisches Problem“
Erwiderung auf Charlotte Knobloch
Atmosphäre der Angst
Keine Chance für die Vernunft?
These vom Mord an Arafat
„Hier wird Israel pauschal diffamiert“
D. Barenboim:„Nur ein Psychiater kann  helfen!“
In Nibelungentreue an Israels Seite?
Merkels abenteuerlicher Kriegskurs
Der Dichter, Israel und die Denkverbote
Genug der Heuchelei! - Günther Grass
Auf Mythen keinen Frieden aufbauen
Brief an Ralph Giordano
Ilan Pappe -  Wissenschaft als Herrschaftsdienst
Nazi-Analogien in Israel
Interview mit Abdallah Frangi
Abdallah Frangi - Der Gesandte
Israeltag 2011 - Bremer Schulen
Ein Akt historischer Gerechtigkeit
Israel-Propaganda an deutschen Schulen ?
„Boykott ist eine absolute Notwendigkeit“
Rezension - Finkelstein „Israels Invasion in Gaza“
Die Partei „Die Linke“ + das Existenzrechts Israels
„Wir wollen die ganze Region befreien“
Ergänzung - Brief Bürgermeister Jens Böhrnsen
Offener Brief - Bürgermeister Jens Böhrnsen
Helmut Schmidt + R. von Weizsäcker Antisemiten?
Sind Boykottaktionen antisemitisch?
Boykott gegen Früchte aus Israel
Stéphane Hessel - Empört Euch!
Todenhöfer - Warum tötest Du, Zaid?
Arabische Aufstände düpieren den Westen + Israel
Verzweifeln an Israel
In der Falle der Stammesideologie
Wer glaubt an Friedensbotschaften
Kotau vor Merkels Nahost-Politik
Wie man Antisemiten produziert
Im Gleichschritt mit Israel?
Was ist Antisemitismus
Gibt es  "neuen" Antisemitismus? - Klug Brian
Was sind "jüdische Gene"? - Thilo Sarrazin
Zionistischer Angriff auf Wikipedia
Moshe Zimmermann: Angst vor Frieden
Verwirrung der Begriffe?
Offener Brief  Weser-Kurier-Artikel - 16. 06. 2010
Iris Hefets gewann Prozess gegen Lala Süsskind
Mordaktion nach Piratenmanier
Israel will keinen Frieden
Solidarität mit Iris Hefets!
Sieg der Spermien und Gebärmütter
Hajo Meyer - Radikale Kritik am Zionismus
Interview mit Norman G. Finkelstein
Gespräch mit Yehuda Shaul
Interview mit Yahav Zohar
Broder - Aufklärung + Untergang
„Israel streut der Welt Sand in die Augen“
„Hitler besiegen“
Interview mit Moshe Zuckermann
Bethlehem 2008
Volk ohne Hoffnung
Brief Präsidium J. G. Bremen
Interview Felicia Langer

 

TRANSLATE

 

Der Dichter, Israel und die Denkverbote

 Die Kampagne gegen Günter Grass offenbart die eklatanten Schwächen der deutschen und westlichen Position im Nahostkonflikt

Arn Strohmeyer

 

Günter Grass hat in seinem Gedicht „Was gesagt werden muss“ einige Wahrheiten über Israels äußerst aggressive Politik niedergeschrieben, die auszusprechen bisher in diesem Lande offiziell tabu war. Aber Tabus verschleiern die Wirklichkeit, lähmen das Denken, stoppen nötige politische Aktivitäten, ja machen politisch handlungsunfähig. Insofern muss man Günter Grass dankbar sein, dass er den Mut gehabt hat, auf die Gefährlichkeit der israelischen Politik für den Weltfrieden hinzuweisen und eine Diskussion darüber auszulösen. Zugleich spricht er aber auch die moralische Sackgasse an, in der die deutsche Nahost-Politik steckt, wenn sie meint, mit der Zusicherung von „Staatsräson“ und Waffenlieferungen an Israel (übrigens nicht erst neuerdings, sondern schon seit der Adenauer-Zeit) „Wiedergutmachung“ betreiben zu wollen für das, was Auschwitz symbolisiert, ohne dabei die gefährlichen Folgen zu bedenken. Und schließlich hat Grass auf den unhaltbaren Widerspruch hingewiesen, den sich der Westen leistet, wenn er vom Iran die Kontrolle seiner Atomanlagen fordert, Israel in dieser Hinsicht aber unkontrolliert gewähren lässt. Man kann das auch ein moralisches Debakel nennen. Denn man sollte doch meinen, vor dem Völkerrecht sind alle Staaten gleich. Aber ein Staat ist offenbar gleicher als die anderen, weil er Sonderrechte genießt.

 

Was nach Erscheinen des Gedichts an Kübeln von Dreck, Unrat, Lügen und Denunziation über Grass ausgekippt worden ist, ohne dabei überhaupt auf seine Argumente einzugehen, ist in der an Skandalen und Affären reichen Geschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Grass selbst hat es noch milde als freiwillige „Gleichschaltung der Medien“ bezeichnet, die zweifellos vorliegt. Der israelische Historiker Moshe Zuckermann hat den Sturmlauf gegen Grass als „orchestrierte Hysterie“ bezeichnet und nennt auch die psychologischen Gründe für diesen Aufstand des Irrationalen: Grass‘ Tabu-Übertretung sei der Ausbruch aus einer für schier unantastbar gehaltenen Konvention. Das bisherige Einhalten dieses Denkverbots sei aber interessengeleitet, also ideologisch motiviert. Der Tabubruch wirke sich dann als narzisstische Kränkung der Verteidiger des Tabus aus, eine Kränkung, die ein erhebliches Aggressionspotenzial freisetze. Zuckermann fügt im Übrigen hinzu, dass Grass nichts geschrieben oder gesagt habe, was in Israel nicht schon hundertfach erörtert worden sei.

 

Deshalb wirkt der Vorwurf des Antisemitismus so infam, aber auch so absurd und lächerlich, der in der Gleichsetzung von Grass mit Hitler durch die Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei, Beate Klarsfeld, seinen Höhepunkt fand. Was geht in den Köpfen solcher Leute vor? Wie ist es um ihr Vermögen bestellt, Realität wahrzunehmen? Da wurde dem 84jährigen Grass seine kurze unfreiwillige, weil erzwungene Mitgliedschaft in der Waffen-SS als 17jähriger um die Ohren gehauen, die er - darüber besteht ja gar kein Zweifel - früher hätte outen müssen. Aber niemand von den Schlammwerfern hat es für nötig gehalten, das literarische Werk und das politische Leben dieses Autors mit in sein Urteil einzubeziehen, das nun alles andere als die Fortsetzung seiner Tage in der Waffen-SS ist. Lesen und Schlammwerfen passen ohnehin nicht zusammen, also muss man wohl davon ausgehen, dass die Dreckschleuderer nie einen Blick in die Bücher von Grass geworfen haben.

 

Dann hätte man erfahren können: Dieser Autor selbst muss tief unter seiner eigenen und der Deutschen Schuld zutiefst gelitten haben, denn auch wenn er als Soldat nichts mit Auschwitz zu tun hatte, das deutsche Mega-Verbrechen war ein Lebenstrauma und -thema für ihn. Bis in die 90er Jahre hinein hat er immer wieder die These vertreten, dass es als Vergeltung für Auschwitz keine deutsche Wiedervereinigung geben dürfe. Grass hat nicht Recht behalten, die Geschichte hat ihn widerlegt, die Einheit ist Realität geworden, aber sein langes Beharren auf dieser Position belegt, wie ihn das Schuldbewusstsein gequält hat.

 

Er hat dem geistig muffigen, aber wirtschaftlich sehr erfolgreichen Wirtschaftswunderland Bundesrepublik Deutschland, das unter gar keinen Umständen an die eigene Vergangenheit zwischen 1933 und 1945 erinnert werden wollte, in seinem 1959 erschienen Roman „Die Blechtrommel“ - noch vor dem ersten Auschwitz-Prozess - am Beispiel des Mikrokosmos Danzig vor Augen gehalten, was damals geschehen war: das Wüten des Nazi-Mobs, das Morden an Juden und Polen sowie die Euthanasie an Krüppeln, geistig Behinderten und Ostarbeitern. Während die ältere Generation am Verdrängen beharrlich festhielt, erfuhren junge Leute, die darüber natürlich nichts in der Schule lernen konnten, bei der Lektüre dieses Romans zum ersten Mal von diesen deutschen Ungeheuerlichkeiten.

 

1970 hat Grass in Westberlin anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Menschen in Auschwitz“ eine aufklärerische und zugleich prophetische Rede mit dem Titel „Schwierigkeiten eines Vaters, seinen Kindern Auschwitz zu erklären“, gehalten. Grass griff die Überdrüssigkeit auf, die viele Menschen damals beim Thema Holocaust befiel - nach dem Motto: „Schon wieder Auschwitz. Immer noch Auschwitz? Wird das nicht aufhören? Will das nicht aufhören?“ Grass antwortete darauf: „ Ich hoffe, nein! ... Denn Auschwitz war kein Mysterium, dem gegenüber Scheu distanzierte und verinnerlichte Betrachtung befiehlt, sondern Realität, also zu untersuchendes Menschenwerk.“ Seit Auschwitz sei zwar keine neue Kalenderzeitrechnung eingeführt worden, aber seitdem habe sich - wenn auch vielleicht unbewusst - dennoch eine neue Zeitrechnung niedergeschlagen, die erstmals die Perfektion der anonymen Reibungslosigkeit des Mordens durch fleißig zu nennende Schreibtischarbeit zur Kategorie habe werden lassen.

 

Wie aber die abstrakte Zahl von sechs Millionen toten Juden Kindern erklären? Bestenfalls sei das am Beispiel eines Einzelschicksals wie etwa dem von Anne Frank möglich. Grass konstatiert - wohlgemerkt 1970! - , dass die junge, im Frieden aufwachsende Generation nicht nur geschichtsmüde sei, sondern sogar vor der Geschichte Ekel empfinde. Grass befiel Angst: „Diese von mir hier nur angedeutete Flucht aus der Geschichte kann, so steht zu befürchten, die zunehmende Ablehnung der aufklärerischen Vernunft zur Folge haben ... Ein neuer Irrationalismus droht Zukunft zu haben. Dem ist, wie ich weiß, mit Appellen an die Vernunft nicht beizukommen.“ Man könnte diese prophetischen Worte auf die Medienvertreter und Politiker beziehen, die - inzwischen in die Jahre gekommen - wie die Barbaren über ihn herfallen. Grass beendete seine Rede mit den Sätzen: „Es gilt, Auschwitz in seiner geschichtlichen Vergangenheit zu begreifen, in seiner Gegenwart zu erkennen und in Zukunft nicht blindlings auszuschließen. Auschwitz liegt nicht nur hinter uns.“

 

Günter Grass ein Antisemit? Die Kontroverse um den Autor zeigt einmal mehr, wie absurd der Antisemitismus-Vorwurf inzwischen geworden ist, was nicht heißt, dass es keinen realen Antisemitismus mehr gibt, den es zu bekämpfen gilt. Aber um es mit dem Israeli Moshe Zuckermann zu sagen: Dieser Vorwurf ist zur politischen Waffe und zur banalisierten Ideologie verkommen und stellt nicht mehr dar als ein von Israels Politikern und den Freunden und Anhängern dieses Staates verhängtes Denkverbot, ein Herrschaftsinstrument, um jegliche Kritik an der menschenrechts- und völkerrechtswidrigen Politik gegenüber den Palästinensern im Keim zu ersticken. Aber natürlich auch die Kriegsabsichten gegen den Iran sollen unter Denkverbot gestellt werden. Man verfährt dabei nach dem altbekannten Motto: Wer Antisemit ist, bestimmen wir! - eine für eine Demokratie, die Israel ja sein will, gefährliche Entwicklung, die totalitäre Elemente in sich trägt. Und außerdem: Auschwitz als politische Waffe zu benutzen, ist eine furchtbare Verhöhnung der Opfer dieses Mega-Verbrechens.

 

Zieht man die Bilanz aus der organisierten Hysterie-Kampagne gegen Grass, dann kann sie nur lauten: Er hat mit seinen Gedicht mitten ins Schwarze getroffen, wäre dem nicht so, hätten seine Prosaverse niemanden hinter dem Ofen hervorgelockt. Israels Politikern wird der ganze Aufruhr aber gar nicht so unrecht sein, lenkt er doch wie zuvor schon die Kriegsdrohungen gegen den Iran vom eigentlichen Streitpunkt des Nahostkonfliktes - eben dem Palästinenser-Problem - ab. So kann die Regierund Netanjahu in aller Ruhe ihre Siedlungspolitik auf Land, das Israel nicht gehört, ausweiten.

 

Die Israelis sind ein traumatisiertes Volk, und das vorherrschende Gefühl eines Traumas ist Angst. Und das zionistische System tut alles, um diese Angst nicht zu überwinden, sondern sie aufrechtzuerhalten und zu instrumentalisieren. Wer das für eine antisemitische Behauptung hält, lese Abraham Burgs aus tiefer Sorge um Israel heraus geschriebenes Buch „Hitler besiegen. Warum sich Israel endlich vom Holocaust lösen muss“. Und Atomwaffen in Händen von traumatisierten Menschen zu wissen, ist keine beruhigende Vorstellung, denn Angst verstellt die Wahrnehmung der Realität. Und das ist es, woran es im Nahen Osten und auch bei uns offenbar am meisten fehlt. Denn: Die einen haben die Bombe und können damit drohen, die anderen haben sie nicht. Die einen sollen sich Kontrollen stellen, die anderen nicht. Deshalb kann man und darf man nicht mehr schweigen, wie Grass schreibt, weil man der „Heuchelei des Westens“ überdrüssig ist.

Zurück | Weiter      Start | oben

 Impressum           Haftungsausschluss        KONTAKT           Datenschutzerklärung             facebook