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Kommentar des
Monats Mai 2011
von Abraham Melzer
Die
Palästina-Konferenz
und die "final
solution"
Auch
Timo Stein von
"Cicero" meint,
seinen Senf zur
Kritik an dem
Treffen europäischer
Palästinenser und
Sympathisanten in
Wuppertal
niederschreiben zu
müssen, wobei
sich sein Beitrag
wie eine
Verlautbarung des
Propagandaministeriums
der Israelis liest.
Immer wieder das
Jammern über
Einseitigkeit, als
ob es die Aufgabe
der Palästinenser
wäre, neben ihrer
berechtigten Kritik
auch noch die
absurden
nationalistischen
Positionen des
Staates Israel und
der fanatischen
Zionisten zu
wiederholen.
Er
beschwert sich, dass
die Veranstalter den
Begriff "final
solution" benutzt
haben, was ja auf
deutsch "Endlösung"
bedeutet und üble
Assoziationen zu den
Nazis weckt. Es war
vielleicht
tatsächlich nicht
klug von den
Organisatoren der
"Palästina
Konferenz", diesen
stark belasteten
Begriff zu benutzen.
Wenn aber die
jüdische Gemeinde in
Aachen den Begriff
"judenrein" benutzt,
ist es auch nicht
besser. Da habe ich
aber noch nie
jemanden aus dieser
rechten Ecke erlebt,
der sich darüber
erregt und dagegen
protestiert.
Als
im November 2010 in
Frankfurt der erste
"Israel-Kongress"
stattfand, auf dem
nicht minder gegen
Palästinenser
gehetzt und
geschimpft wurde, da
schrieb "Cicero"
nichts darüber, weil
man jüdische Hetze
in diesem Land
offensichtlich
toleriert. Oder hat
man vielleicht Angst
vor der
Auschwitzkeule bzw.
davor, als
Antizionist und
damit automatisch
als Antisemit
diffamiert zu
werden?
Deidre Berger,
Direktorin des
American Jewish
Committee, hat
natürlich nichts
Besseres zu tun
gehabt, als bei der
Stadt Wuppertal zu
protestieren und
dazu aufzufordern,
das Treffen
abzusagen. "Es darf
nicht sein", meinte
sie, "dass eine
solche Veranstaltung
in einer
öffentlichen
Einrichtung
stattfinden kann".
Die
Stadt Wuppertal
teilte jedoch diese
Bedenken nicht. Gott
sei Dank und
Chapeau. Von Seiten
der Stadt wird
betont, dass es ein
Gebot der Toleranz
sei, eine solche
Veranstaltung zu
dulden. Insofern
gebe es keinen
Anlass, vom
Hausrecht Gebrauch
zu machen.
Natürlich stößt
diese Erklärung bei
der einseitigen
Direktorin des
American Jewish
Committee auf
Unverständnis. Es
kann nicht sein, was
nach ihrem
einseitigen
Verständnis nicht
sein darf.
Versammlungsrecht
hin oder her. Sie
meint, dass ihre
Kritik berechtigt
sei, da auf der
Internetseite der
Veranstalter
israelische Politik
in Verbindung
gebracht wird mit
Begriffen wie
"Apartheid" oder "ethnic
cleansing". Sie weiß
offensichtlich
nicht, und der naive
Berichterstatter von
"Cicero" ebensowenig,
oder sie
verschweigen es nur,
dass israelische
Politiker,
Historiker,
Intellektuelle und
Journalisten schon
seit Jahren diese
Begriffe verwenden.
Ob die israelische
Knessetabgeordnete
Shulamit Aloni, ob
die Journalisten Uri
Avnery, Gideon Levy,
Amira Hass u.a., ob
die neuen
israelischen
Historiker Avi
Shlaim, Ilan Pappe
oder Benny Morris:
alle sprechen und
schreiben sie von
der ethnischen
Säuberung im Krieg
von 1948, und selbst
David Ben-Gurion,
Menachem Begin und
Itzchak Rabin haben
darüber in ihren
Memoiren geschrieben
und zugegeben, dass
es Pläne und Befehle
für eine ethnische
Säuberung gegeben
hat.
Nur
die ewiggestrigen
Zionisten und
Pseudozionisten
wollen es nicht
wahrhaben.
Timo
Stein, den ich nicht
kenne, erinnert
daran, dass der
überwiegende Teil
der mittlerweile ca.
fünf Millionen
"Flüchtlinge" nach
der israelischen
Staatsgründung und
in der "Diaspora"
geboren worden ist.
Damit hat er zwar
recht, aber er
sollte in Zukunft
nicht vergessen
hinzuzufügen, dass
sie nur deshalb in
der Diaspora geboren
wurden, weil Israel
ihre Eltern
vertrieben oder
zumindest zur Flucht
gezwungen hat.
Israel und die Juden
dort nehmen für sich
weit länger
zurückreichende
Rechte in Anspruch.
Sie reden öffentlich
und voller Stolz von
der "Rückkehr" nach
zweitausend Jahren,
und ihre "Rückkehr"
hatte tatsächlich
das Ende Palästinas
zur Folge.
Von
der ersten
Generation der
"Rückkehrer" und
Gründer des Staates
war kein einziger in
Palästina,
geschweige denn in
Israel, geboren. Es
ist auch nach den
Thesen des
israelischen
Historikers Shlomo
Sand sehr
zweifelhaft, ob die
Vorfahren dieser
Juden überhaupt aus
Palästina stammen.
Diese These von
Prof. Sand beruft
sich schließlich
auch auf keine
Geringeren als David
Ben-Gurion und
seinen damaligen
Partner, Israels
zweiten Präsidenten,
Itzchak Ben-Zwi, die
schon 1908 eine
solche These in
einem Buch
veröffentlicht
haben, wonach die
wahren Juden die
Palästinenser seien,
die seit der
Zerstörung des
Tempels durch Titus
im Lande leben und
zuerst Christen und
später, im Verlauf
der moslemischen
Eroberung, Moslems
geworden sind.
Moderne genetische
Untersuchungen haben
übrigens diese These
bestätigt.
Die
immer wieder
vorgebrachte
israelische
Entschuldigung, die
Palästinenser seien
von selbst geflohen
bzw. "ausgewandert",
wie es in einem
Pamphlet der
Deutsch-Israelischen
Gesellschaft in
Aachen erst neulich
hieß, überzeugt
nicht, da kein
Mensch von selbst
flieht oder
auswandert und
seinen ganzen Besitz
den Feinden
überlässt. Sie
überzeugt auch
deshalb nicht, weil
Israel die
Flüchtlinge
zurückkehren lassen
könnte, wenn es so
gerecht dastehen
wollte, wie es heute
tut. Es mag sein,
dass die Rückkehr
das Ende eines
"jüdischen" Staates
zur Folge hätte,
aber nicht das eines
demokratischen
Staates, in dem alle
Bürger gleiche
Rechte hätten.
Immer
wieder und auch
diesmal wird der Ruf
nach der
bedingungslosen
Anerkennung des
Existenzrechts
Israels erhoben.
Niemals aber auch
die Forderung nach
dem Existenzrecht
der Palästinenser.
Immerhin hat die UN
1947 zwei Staaten
ausgerufen, einen
jüdischen und einen
arabischen. Der
jüdische Staat
existiert seit 63
Jahren. Es ist
langsam an der Zeit,
auch die Gründung
eines
palästinensischen
Staates zu fordern.
Wer es aber tut, ist
für die üblichen
Verdächtigen, von
Broder und Giordano
bis zu solchen
unbedeutenden
Schreiberlingen wie
Timo Stein, ein
Antizionist und
demzufolge ein
Antisemit, zumindest
jedoch suspekt. Man
muss aber kein
Antisemit sein, um
sich für das
berechtigte
Verlangen der
Palästinenser
einzusetzen.
Und
immer wieder
kritisiert Timo
Stein die
"Einseitigkeit" der
Diskussion, als ob
in einer Debatte
nicht jede Partei
per Definition
einseitig wäre, und
als ob Israel keine
Stimme hätte, die es
vertritt, und als ob
die gesamte deutsche
Presse einseitig
antizionistisch oder
gar antisemitisch
wäre. Wo bleibt denn
die Stimme der
Springer-Presse, die
sich immerhin per
Hausgesetz selbst
dazu verpflichtet,
Israels Position
blind zu
verteidigen, frei
nach dem Motto:
"Right or wrong, my
country"?
Als
Beispiel dafür wird
die
abrüstungspolitische
Sprecherin der
Linksfraktion Inge
Höger angeführt, die
auf ihrer Homepage
Sätze stehen hat
wie: "Seit Jahren
wird die Bevölkerung
Gazas ausgehungert
und wahllos
bombardiert, auch
weil sie
demokratisch gewählt
hat." Wenn dies das
"krude
nahostpolitische
Verständnis der
Genossin Höger"
zeigt, dann fragt
man sich, welches
Verständnis der
"Cicero" vom
Konflikt hat. Was
ist falsch an den
Begriffen
"unterdrückte
Palästinenser" oder
"israelische
Besatzer"? Das soll
ein Beweis für einen
"unsäglichen
Antizionismus
stalinistischer
Prägung" sein? Der
Springer-Mitarbeiter
und zionistische
Journalist Henryk M.
Broder, der von sich
selbst behauptet, er
sei reaktionär, hat
doch selber
geschrieben: "Es
stimmt, die Israelis
sind Täter
(Besatzer!), aber
Täter sein macht
Spaß." Wenn das
nicht stimmt und
damit die Aussagen
von Frau Höger wahr
sind, dann bin ich
bereit, mich beim
American Jewish
Committee zu
entschuldigen.
"Cicero" beklagt,
dass es bei solch
einseitigen
Positionen keine
ernsthaften Debatten
darüber geben werde,
wie eine friedliche
Koexistenz von
Israelis und
Palästinensern
erreicht werden
könne. Vielleicht
sollte man den
israelischen
Außenminister
Avigdor Lieberman
fragen, ob er an
einer ernsthaften
Debatte über
Koexistenz überhaupt
interessiert ist?
Erst vor wenigen
Tagen sagte er, als
er aufgefordert
wurde, für drei
Monate die
Bautätigkeit in den
völkerrechtlich
verbotenen
Siedlungen
einzustellen: "Nicht
für drei Monate,
nicht für drei
Wochen, nicht für
drei Tage und nicht
für drei Stunden."
Wenn das keine
einseitige Position
ist, ist es
zumindest eine sehr
eindeutige.
Für
Frau Berger stellt
sich trotz aller
Widersprüche die
Frage, warum für
eine solche
Veranstaltung
öffentlicher Raum
zur Verfügung
gestellt wird und
warum eine deutsche
Großstadt sich damit
arrangiert, wenn es
heißt: Bühne frei
für antiisraelische
Propaganda.
Die
Antwort kann man
freilich auch im
"Cicero" lesen: In
dem
Verfassungsschutzbericht
über die Versammlung
im Jahre 2010 in
Berlin heißt es:
"Die Veranstalter
der Konferenz halten
sich mit
martialischen
Aussagen
weitestgehend
zurück, rufen nicht
zur Gewalt oder zum
bewaffneten Kampf
auf und betonen
stattdessen die
Rechte der
Palästinenser auf
Selbstbestimmung
sowie auf Rückkehr
und betreiben
politische
Lobby-Arbeit."
Das
ist nun mal nach dem
deutschen
Grundgesetz erlaubt,
und es ist gut, dass
es in Deutschland
mutige Bürgermeister
gibt, die vor der
zionistischen Lobby
nicht einknicken und
die Rechte anderer
Gruppen und
Minderheiten in
Deutschland nicht
mit Füßen treten.
Damit müssen diese
zionistischen Juden
nun mal leben.
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