TRANSLATE
Rede von Inge Höger
Berlin 12. 09. 2014
Liebe Freundinnen und Freunde!
Ich
freue mich sehr, dass Sie mich eingeladen haben. Und ich freue mich
sehr, dass – zumindest vorerst – keine Bomben mehr auf Gaza fallen.
Aber ich bin immer noch sehr betroffen – betroffen nicht nur von den
mehr als 2.000 ermordeten Palästinenserinnen und Palästinensern,
nicht nur durch die schockierende Zerstörung Gazas, nicht nur von
der Bombardierung von Krankenhäusern, Schulen und Flüchtlingen durch
die israelische Armee.
Ich bin vor allem
betroffen und erschrocken über das Schweigen unserer Regierungen.
Ich bin erschrocken über die Waffen, die trotzdem weiterhin nach
Israel geliefert werden. Vor allem die Bundesregierung klage ich an.
Sie kollaboriert mit der israelischen Besatzung, sie bildet Soldaten
aus, wie die Besatzung des gerade ausgelieferten deutschen U-Bootes.
Deutsche und israelische Firmen stellen gemeinsam grausame Waffen
her und testen sie im Gazastreifen. Als eine
deutsch-palästinensische Familie von einer israelischen Bombe
getroffen wurde, machte die Bundesregierung – NICHTS! Alle zwei
Jahre muss die Bevölkerung Gazas nicht mehr nur das Aushungern durch
die Blockade ertragen, nein: Alle zwei Jahre kommen die israelischen
Todesflieger und ermorden wahllos Tausende. Und die Welt schaut zu.
Obwohl, das stimmt nicht, die Regierungen schauen zu:
Denn weltweit sind
tausende, sogar Hunderttausende Menschen auf die Straßen gegangen.
In NRW, wo ich herkomme, gab es in jeder größeren und auch in vielen
kleineren Städten Mahnwachen und Demonstrationen. Ich bin sehr froh,
dass DIE LINKE dort sehr aktiv mitgeholfen hat. Ich freue mich auch,
dass mein Landesverband der LINKEN in NRW sich entschlossen hat,
gemeinsam mit der
Deutsch-Palästinensischen Medizinischen Gesellschaft Spenden
für die Opfer dieses Krieges zu sammeln.
Auch hier in Berlin
gab es erstmals ernsthafte und auch erfolgreiche Versuche,
gemeinsame Demonstrationen von Menschen ohne Migrationshintergrund,
türkischen Mitbürgern und PalästinenserInnen zu organisieren. Ich
habe gerne auf Demonstrationen in NRW und hier in Berlin gesprochen
und die Politik angeklagt, die diese erneute Bombardierung Gazas
ermöglichte. Ich freue mich auch, dass Mitglieder meiner Partei den
Mut haben, eine Tour zu organisieren mit Martin Lejeune, dem
einzigen deutschen Journalisten, der die Angriffe in Gaza miterlebt
hat. All das reicht noch nicht aus, aber ich denke, wir sind auf
einem guten Weg, eine stärkere Solidaritätsbewegung auch in
Deutschland aufzubauen. Und ich denke auch, dass wir aufstehen
müssen gegen die Anschläge auf Moscheen, die in den letzten Wochen
überall in Deutschland, auch hier in Berlin, verübt worden sind. Ich
denke, dass die Angriffe auf Gaza und die islamfeindlichen Angriffe
zwei Seiten einer Medaille sind.
Liebe Freundinnen und
Freunde, über die vielen Toten und die 10.000 Verletzten sind wir
alle sehr traurig. Und wir wissen, dass das vorläufige Ende der
Bombardierung viel zu wenig ist. Die Blockade geht weiter und wird
immer schlimmer. Ägypten kollaboriert inzwischen wieder mit Israel.
Auch die Politik von Mahmood Abbas lässt sehr zu wünschen übrig.
Aber, lasst uns nicht vergessen, was uns ermutigen sollte. Israel
hat diesen Krieg nicht gewonnen. Jeder Mensch auf dieser Welt konnte
sehen, wer wirklich auf Zivilisten zielt. Während der
palästinensische Widerstand auf militärische Ziele konzentriert war,
bombardierte Israel Wohnviertel, Schulen und Krankenhäuser. Der
palästinensische Widerstand hat die Herzen aller mitfühlenden
Menschen erreicht. Israel hat verloren – moralisch und militärisch.
Es
ist unsere Aufgabe, die Palästinenserinnen und Palästinenser in
ihrem Widerstand zu unterstützen und uns für Ihre Rechte
einzusetzen. Und es gibt ja auch nicht nur den bewaffneten
Widerstand. Die meisten Medien hier im Westen blenden das aus, aber
in der Westbank protestieren Tausende gegen die Besatzung, Dörfer
wie Bil’in und natürlich Nil’in leisten jede Woche, jeden Tag
Widerstand mit friedlichen Mitteln gegen eine hochgerüstete und
zutiefst rassistische Besatzungsmacht, gegen die viertstärkste Armee
der Welt. Das müssen wir LINKEN unterstützen, indem wir davon
erzählen, indem wir Saeed Amireh und andere immer wieder einladen
und allen ein Podium bieten, die gegen die Besatzung kämpfen. Und
wir müssen die Bundesregierung dazu zwingen, ihre katastrophale
Kooperation mit der israelischen Regierung zu beenden. Wir brauchen
außerdem die Kennzeichnung von Siedlungsprodukten. Die
wirtschaftliche Zusammenarbeit vor allem in der Rüstungsindustrie
muss beendet werden.
Ganz aktuell geht es
natürlich darum, den Wideraufbau in Gaza zu unterstützen und die
medizinische Versorgung der vielen Verletzten und Kranken zu
ermöglichen. Die Blockade des Gaza-Streifens muss endlich beendet
werden. Schon einmal – nach dem Krieg 2008/2009 - mussten wir
zusehen, wie ein Wideraufbau durch die Blockade sabotiert wurde. Ich
habe 2010 an der Gaza-Flottille teilgenommen, um auf die Folgen der
Blockade aufmerksam zu machen und Hilfsgüter nach Gaza zu bringen.
Die Geschichte darf sich nicht immer wiederholen. Dafür lasst uns
kämpfen!
Ich danke noch einmal
für die Einladung und dass Sie mir zugehört haben. Palästina ist in
unseren Herzen.
Assalaamu Aleikum.
Freiheit für Palästina!
|