Es gibt viele
mehr oder minder literarische
Vorbilder, die auf den Dienstag
vergangener Woche in Washington
stattgefundenen Dreier-Gipfel
anwendbar sind. Der unermüdliche
Nestor der israelischen
Friedensbewegung Uri Avnery
bemüht das legendäre Zitat von
Karl Marx, wobei sich die Frage
erhebt, ob dieses Treffen trotz
seines würdigen äußeren Rahmens
überhaupt das Etikett
„historisch" verdient. Eine
Farce war es allemal. Mir fiele
ein weitaus profaneres Bild ein,
nämliches jenes von den
kreißenden Bergen und dem
geborenen Mäuslein. Aber selbst
bei diesem Bild wird sich erst
herausstellen, was da überhaupt
geboren worden ist, wenn
überhaupt…… . Jedenfalls
verdient aus meiner Sicht dieses
Treffen die hochtrabenden
Kommentare, die man da in der
internationalen und auch in der
österreichischen Presse fand,
absolut nicht. Offensichtlich
sind die Erwartungen an die
internationale Nah-Ost-Politik
bereits derart niedrig, dass
bereits derartige Treffen ohne
jegliche konkrete Ergebnisse
sensationellen Neuigkeitswert
haben. Dies ist zumindest die
Sicht jener „Optimisten", welche
nach jahrzehntelangen
Rückschlägen noch immer nicht
die Hoffnung auf eine
konstruktive Konsenslösung
aufgegeben haben.
Es existiert
aber noch eine weitere Sicht.
Jene nämlich, wonach es Israel
seit vielen Jahren (de facto
sind es eigentlich bereits
Jahrzehnte!) in Wirklichkeit nur
um Zeitgewinn und Verzögerung
geht, um seine Expansions- und
Landraubpläne möglichst
unbehelligt weiter führen zu
können. Zweifellos ist Benjamin
Netanjahu Repräsentant jener
Richtung in der israelischen
Politik, welche diese Linie seit
Jahren konsequent und
rücksichtslos verfolgt. Aber
selbst Yitzhak Rabin und danach
auch Shimon Peres und Ehud Barak
haben – trotz anderslautender
Vereinbarungen (siehe Oslo
Grundsatzvereinbarung oder auch
die Road Map) - klar
völkerrechtswidrige Projekte wie
die Siedlungspolitik und den
Mauerbau fortgesetzt. Diese
Politik, zu der die
Internationale
Staatengemeinschaft mehr oder
minder tatenlos zugesehen hat,
ist schließlich für eine nahezu
ausweglose Situation
verantwortlich. Ich habe daher
ein hohes Maß an Verständnis für
die Meinung jener Experten,
welche eine Zwei-Staaten-Lösung
bereits für obsolet halten, da
eine Evakuierung von mehr als
300.000 Siedlern (und da sind
jene rund 200.000 in
Ost-Jerusalem noch nicht einmal
mitgezählt!) kaum vorstellbar
ist. Und schon gar nicht unter
einer Regierung, der
bedingungslose Anhänger der
Siedlerbewegung an führender
Stelle angehören. Die
Siedlungspolitik ist – neben dem
„Recht auf Rückkehr" der 1948
vertriebenen PalästinenserInnen
- zweifellos das Kernstück jeder
Friedensregelung und in diesem
Zusammenhang ist es daher
äußerst enttäuschend und lässt
für die nähere Zukunft kaum
Hoffnung entstehen, dass
Präsident Obama von seiner
ursprünglichen Forderung nach
einem bedingungslosen Stopp des
Siedlungsbaues abgegangen ist.
Insoferne sind die Reaktionen in
Israel, wo man Netanjahu für
sein erfolgreiches Auftreten in
Washington in höchsten Tönen
gelobt hat, entlarvend.
Die Situation
ist – entgegen der
weitverbreitenden Meinung in den
westlichen Medien und auch in
den meisten westlichen
Regierungen – äußerst
unbefriedigend und höchst
gefährlich. Die USA und mit
ihnen auch Europa ist am besten
Wege die vagen Hoffnungen der
letzten Monate absolut zu
zerstören und zur Politik der
Doppelstandards zurückzukehren.
Die folgenden
Kommentare treten dem
weitverbreiteten westlichen
Zweckoptimismus entgegen und
geben auch die Frustration des
wieder einmal enttäuschten
Friedenslagers wider.