Hermann
Dierkes
Duisburg, den 20.03.09
Offener Brief
An die Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung
c/o Bundesgeschäftsführer DIE LINKE
Dietmar Bartsch
Lieber Dietmar,
nachdem ich mich wieder einigermaßen stabilisiert habe, möchte ich
auch Dir und den 33 weiteren Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern
der Erklärung „Mit Boykottaufrufen ist eine Lösung im
Nahost-Konflikt nicht zu erreichen“ – antworten. Ich bitte Dich,
mein Schreiben auch den übrigen Unterzeichnerinnen und
Unterzeichnern zukommen zulassen. Da Eure gemeinsame Erklärung
öffentlich gemacht und auch im parteiinternen Newsletter abgedruckt
worden ist, ohne zumindest meine Erklärung vom 24.02.09 (siehe
Anlage) ebenfalls zu dokumentieren, bitte ich nun auch um Abdruck
meines heutigen Antwortschreibens.
Genossinnen und Genossen,
die heftige Kontroverse um den Israel-Boykott hat eine Reihe von
programmatischen, politischen und Organisationsfragen aufgeworfen.
Wir sollten größtes Interesse daran haben, sie Zug um Zug zu klären
und nicht durch Stopschilder und Ausgrenzung zu beenden. Die
öffentliche und parteiinterne Resonanz beweist, dass Klärungsbedarf
besteht, die Partei ist gefordert.
Zunächst möchte ich nochmals klarstellen, dass ich nicht im Namen
der Partei zu Boykott und Sanktionen gegen Israel aufgerufen habe.
Im Rahmen eines persönliches Diskussionsbeitrags gegen Ende einer
örtlichen Veranstaltung des Duisburg-Hamborner Ortsverbands der
LINKEN zum Thema „Palästinensische Realität heute – Wege zu einem
gerechten Frieden in Nahost und nach dem Film „Die Eiserne Mauer“
des palästinensischen Filmemachers M. Alatar habe ich auf den Aufruf
der sozialen Bewegungen beim Weltsozialforum von Belém hingewiesen.
Referent war übrigens ein kompetenter Vertreter der
Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft.
Des Weiteren möchte ich wiederholt klarstellen, dass das mir
unterschobene „Zitat“ der WAZ, ich hätte mich „bewusst“ in den
Zusammenhang von Boykottaufrufen gegen Juden durch die Nazis
gestellt, eine absichtliche Verkürzung dessen war, was ich dem
WAZ-Journalisten auf seinen Anruf hin gesagt habe und eine geradezu
infame Verfälschung meiner Argumentation. Von Euch hätte ich
erwartet, dass Ihr zumindest beim Duisburger Kreisverbandsvorstand
nachfragt, bevor Ihr in den Chor der „Verurteiler“ einstimmt. Nach
den Erfahrungen in Hessen und anderswo sollte das endlich die
übliche Verfahrensweise in unserer Partei werden, anstatt sich von
Presseterminen unter Zugzwang setzen zu lassen und im Zweifel über
die eigenen Leute herzufallen.
Nach Eurer gemeinsamen Erklärung gehe ich allerdings davon aus, dass
es nicht in erster Linie um ein Missverständnis auf Grund einer
Verfälschung geht, sondern um unterschiedliche Positionen in der
Frage von Boykott und Sanktionen gegen Israel generell. So ist das
nach meiner Einschätzung auch von sehr vielen aufgefasst worden, die
diese Kontroverse verfolgt haben. Zahlreiche Menschen, die mich aus
langjähriger gewerkschaftlicher und politischer Arbeit kennen, haben
das böse Spiel durchschaut und mich ihrer Solidarität versichert.
Wir – d.h. der Kreisverband und ich selbst bekommen bis heute einen
Strom von Mails, Briefen und Solidaritätsbeweisen – wie bei keinem
anderen Thema zuvor - von innerhalb und außerhalb der Partei, aus
dem In- und Ausland. Das Thema bewegt die Mitmenschen spätestens
nach dem Gaza-Krieg ganz offensichtlich und die politischen
Mainstream-Antworten haben massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Und
ich füge hinzu: Das gilt in gewisser Weise auch für die Partei DIE
LINKE, die sich an den Antikriegsdemonstrationen im Januar nur sehr
schwach beteiligt hat und durch die Teilnahme des einen oder anderen
Vertreters an Pro-Israel-Aktionen Verwirrung erzeugt hat, darunter
Mitunterzeichner Klaus Lederer.
Unter den vielen Solidaritätsbekundungen befinden sich zahlreiche
von GewerkschafterInnen, GlobalisierungsKritikerInnen, Menschen, die
sich erklärtermaßen bisher nicht politisch an der LINKEN orientiert
haben, viele MigrantInnen und etliche jüdische Stimmen.
Stellvertretend dafür, dass nicht alle Medien in den Chor der
Verleumdungen gegen mich eingestimmt haben, will ich nur den
Chefredakteur von Radio Duisburg erwähnen, der die über meinen
„Fall“ erneut angestoßene Diskussion über einen Boykott angesichts
der, so wörtlich, „israelischen Gräueltaten“ im Gaza-Krieg in seinem
viel beachteten Wochenkommentar für legitim hält.
Gegen den medialen Popanz, der aus mir gemacht wurde und gegen die
daraus erfolgte schwere Rufschädigung habe inzwischen eine wohl
dokumentierte Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht. Ich
kämpfe um meine Rehabilitierung, ich will dazu beitragen, dass auch
die verleumderischen Angriffe auf die LINKE zurück genommen werden
und eine faire Diskussion innerhalb der Partei stattfinden kann über
die vielen programmatischen und politischen Fragen, die mit der
Kontroverse aufgeworfen sind.
Viele Hinweise und Beweise deuten darauf hin, dass die WAZ dieses
Thema so hoch gezogen und an erster Stelle den politischen Rufmord
betrieben hat, um einen aussichtsreichen OB-Kandidaten der LINKEN in
Duisburg aus dem Feld zu schlagen und der LINKEN gerade im
Superwahljahr insgesamt zu schaden. Der Vorwurf des Antisemitismus
war nichts anderes als das Instrument dazu. Inzwischen gibt es
etliche Hinweise darauf, dass Parteien und Verbände, die zunächst in
den Chor der Verurteilungen eingestimmt hatten, erste Neubewertungen
vornehmen, nachdem ihnen deutlich geworden ist, was sich eigentlich
abgespielt hat. Die politische Entwicklung in Israel selbst und
erschreckende Nachrichten mit weiteren Einzelheiten von den
Kriegsverbrechen in Gaza scheinen nüchterne Analysen zu begünstigen.
Eure Erklärung bedient leider auch den Mainstream und eine sehr
problematische außenpolitische Doktrin der Bundesrepublik. Ich halte
das für sehr bedauerlich und es hat mich sehr betrübt, dass Ihr mich
nicht wenigstens mit einem einzigen Satz gegen die unsäglichen
Verleumdungen in Schutz genommen habt. Ich gestehe: Angesichts Eurer
Erklärung hatte auch ich so meine Assoziationen, um einen Begriff
von Euch zu verwenden. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, es war
Ende der sechziger Jahre, als ich auf meine ersten Leserbriefe als
Abendgymnasiast gegen die Apartheid in Südafrika böse Antworten
erhalten habe, wo die erbärmlichen Unterdrückungsverhältnisse dort
buchstäblich schön geredet wurden. Schlagartig kam mir die
Erinnerung daran hoch, wie es bei uns jungen Gewerkschaftern Anfang
der siebziger Jahre ankam, als der damalige IG Metall-Vorsitzende
und stv. Aufsichtsratsvorsitzende von VW, Eugen Loderer, nach einer
Südafrikareise erklärte, ein Land mit den Problemen Südafrikas könne
„nicht rundum demokratisch sein“ und von den damals geforderten (und
praktizierten) Boykottmaßnahmen abriet, „weil sie nur die
Arbeitnehmer träfen ...“. Des Weiteren hatte ich noch einmal die
Zeit vor Augen, wo uns Flugblätter der PDS in Duisburg vor die Füße
geworfen wurden nach dem Motto: „Ihr habt uns gerade noch gefehlt“.
Eine Zeit, wo die Partei ständig verleumdet und für alles Mögliche
verantwortlich gemacht wurde, wo schließlich unsere beiden
Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau im Bundestag gedemütigt
wurden und noch nicht einmal ein Tischchen bekamen.
Mit vielen anderen Genossinnen und Genossen haben wir gegen
gehalten, mutig weiter gekämpft, wir haben unsere Glaubwürdigkeit
und persönliche Integrität in die Waagschale geworfen. Wir haben
hier über die Jahre erhebliche politische und organisatorische
Erfolge erzielt. Ich erwarte dafür von Euch keinen Dank, ich will
Euch nur den Spiegel vorhalten. Seid sicher, dass Eure abwertende
Stellungnahme, in der ihr es noch nicht einmal für nötig haltet,
meinen Namen zu erwähnen, auch vielen Parteimitgliedern und
Sympathisanten zu denken gegeben hat. Sie beurteilen meine
Lebensleistung anders als es aus Eurer Erklärung hervorgeht: Ich
hätte „zu Recht öffentliche Empörung hervorgerufen“. „Mit
Boykottaufrufen ist eine Lösung im Nahost-Konflikt nicht zu
erreichen.“ „Der Kommunalpolitiker trat von seiner Kandidatur
zurück. Damit hätte diese unerfreuliche Angelegenheit nicht mehr
Thema des Bundesparteitages werden müssen.“
Nach Eurer Erklärung steht für Euch fest, dass „solche Äußerungen“
(welche genau, die verfälschten?) unter Hinweis auf die Erklärung
von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau „angesichts der deutschen
Geschichte unsägliche Assoziationen wecken und finsterste Klischees
bedienen“.
Dazu Folgendes: Bis heute haben wir nicht eine einzige Zuschrift
bekommen, die diese Behauptung belegen würde. Die Welle rechter
Zustimmung – sie hätte sich ja auch in den zahlreichen Mails,
Briefen usw. zeigen müssen - an unsere Adressen gab es nicht. Nach
dem Abebben der tagelang anhaltenden Zuschriften mit haarsträubenden
Anwürfen, Diffamierungen und Unterstellungen haben wir durchweg
Schreiben, Briefe und Anrufe bekommen, die von humanistischen
Einstellungen geprägt sind, sich gegen das schreiende Unrecht in
Nahost aussprechen und politischen Handlungsbedarf sehen und die den
Vorwurf des Antisemitismus gegen mich klar zurückweisen. Ob ein
Boykott die richtige Antwort ist oder andere Formen von Sanktionen,
das räume ich gerne ein, war nicht durchweg so eindeutig. Nur eine
kleine Minderheit hat dazu Näheres ausgeführt. Diese hält eine
Boykottforderung aus verschiedensten Gründen für nicht geeignet,
sehen etwa die Problematik angesichts der deutschen Geschichte, die
Angreifbarkeit einer solchen Position.
Es gab indessen auch viele Zuschriften von Individuen,
Organisationen und Netzwerken, aus dem In- und Ausland, die an der
Boykottkampagne teilnehmen. Sie beurteilen die Boykottfrage
vollkommen anders als Ihr, die Ihr sie kategorisch ablehnt –
und nicht nur aus Gründen, die für Deutschland spezifisch sind und
in der Tat bedacht werden müssen. Ich halte das auch für einen
Fehler in Eurer Erklärung. Ihr stellt Euch damit gegen die
Versammlung der sozialen Bewegungen von Bélem, gegen die israelische
Opposition selbst, die die BDS-Kampagne mit trägt, gegen namhafte
jüdische Persönlichkeiten, gegen kirchliche Organisationen in
Schweden, gegen Studentenorganisationen in Britannien, gegen
norwegische und griechische Hafenarbeiter, den Aufruf von 57
französischen Intellektuellen, um nur einige zu nennen. Sind das
auch alles Antisemiten? Bedienen die auch alle „finstere Klischees“?
Im scharfen Kontrast zu den positiven Rückmeldungen stand eine Fülle
von Mails an die Internetseite der WAZ, auf der Internetseite
Political Incorrect (deren bloßes Lesen schon starker Nerven
bedarf!) usw. sowie an mich privat, die mich in den ersten Tagen in
Grund und Boden verurteilt haben. Was sich da in unerhörtem Ausmaß
gegen einen linken OB-Kandidaten und die LINKE insgesamt austobte
und hinter Israel versteckte und zum Teil geradezu
philosemitisch aufführte, war nicht der humanistische Aufschrei
gegen „Antisemitismus“ und „rot lackierte Faschisten“, sondern in
sehr großem Umfang zutiefst menschenverachtend, rassistisch und
faschistoid. Islamophobie, Migrantenfeindlichkeit und
Kulturchauvinismus waren erschreckend häufige Stereotypen. Uns hat
das sehr zu denken gegeben. Nehmt das bitte einfach zur Kenntnis.
Diese Tatsachen stützen Eure Ausgangsthese jedenfalls nicht.
Des Weiteren schreibt Ihr: „Äußerungen, die antisemitisch sind oder
wirken, sind für uns gänzlich inakzeptabel ...“ Ich weise
entschieden zurück, dass meine Äußerungen in der ganzen Streitfrage
antisemitisch waren. Dabei kann ich allerdings nur die Verantwortung
für etwas übernehmen, was ich gesagt und getan habe. Für die
bewusste Verkürzung und Fälschung meiner Ausführungen in dem
fraglichen Telefonat kann ich das nicht. Ich habe das bereits am
24.02. gegenüber der WAZ richtig gestellt. Meine Erklärung findet
sich auch auf den Internetseiten des Kreisverbands und des
Landesverbands NRW. Sie sollte Euch ebenfalls bekannt gewesen sein.
In der WAZ fand sie keine Berücksichtigung. Im Gegenteil. Derselbe
WAZ-Mitarbeiter setzte seine unsaubere Arbeitsweise fort, indem er
tags darauf eine Mailkorrespondenz mit der Pressestelle von ATTAC
und ein Telefonat mit der Pressesprecherin Frau Distelrath ebenfalls
so verfälschte, um bei der Leserschaft den Eindruck zu erwecken, es
gebe überhaupt keinen Aufruf von Seiten des Weltsozialforums, auf
den ich mich berufen hatte. Dazu habe ich inzwischen die
schriftliche Aussage von Frau Distelrath.
Selbstverständlich kämpfen wir als LINKE gegen antisemitische
Äußerungen und Aktivitäten. Ich brauche Euch gegenüber hoffentlich
keine Tätigkeitsnachweise zu führen. Nur soviel: Im Herbst letzten
Jahres gewann ein Mitglied unseres Kreisverbands mit unserer
Unterstützung einen Prozess gegen einen städtischen Mitarbeiter, der
sich des öfteren in übelster Weise durch antisemitische und
migrantenfeindliche Witze öffentlich hervorgetan hatte.
Politisch sehr problematisch wird Euer Postulat allerdings, wenn es
heißt „ ... Äußerungen, die antisemitisch wirken“. Als führende
Mitglieder und MandatsträgerInnen unserer Partei solltet Ihr Euch
nicht auf so dünnes Eis begeben. DIE LINKE würde sich damit in die
Hände derjenigen Akteure begeben, die jede Kritik an der
israelischen Regierungspolitik, an der Unterdrückung der
Palästinenser, den Kriegsverbrechen in Gaza und anderswo unter dem
Stichwort „Antisemitismus“ tabuisieren wollen und ihre entsprechende
mediale Macht dafür ausspielen. Das hat doch diese ganze
Angelegenheit auch wieder einmal deutlich gemacht! Über den
Antisemitismus-Vorwurf als politische Waffe gibt es inzwischen
Fallstudien und politikwissenschaftliche Literatur. Ich empfehle
Euch nur Mearsheimer/Walt: Die Israel-Lobby, eine Fallstudie aus den
USA. Ihr werdet erschreckende Parallelen darin finden zu der Art und
Weise, wie ich öffentlich nieder gemacht worden bin
Noch eine letzte Bemerkung: Ihr besteht darauf, dass sich unsere
Partei, die sich dem Kampf gegen Faschismus, Antisemitismus und
Rassismus programmatisch verschrieben habe, hier „keine
Zweideutigkeiten“ erlauben dürfe. Ich teile Eure Meinung und möchte
auch hier darauf verzichten, Tätigkeitsnachweise aus meinem fast
40-jährigen politischen und gewerkschaftlichen Leben anzuführen. Sie
sind Legende.
Von Euch und von der gesamten Partei erwarte ich allerdings, dass
wir uns auch in der Grundsatzfrage Universalität der
Menschenrechte und des Völkerrechts (insbesondere des Rechts auf
Selbstbestimmung) keinerlei „Zweideutigkeiten“ erlauben. Diese
Rechte werden durch eine brutale israelische Unterdrückungspolitik
dem palästinensischen Volk vorenthalten. Die israelische
Regierungspolitik und Armee sind Täter, nicht Opfer. Der wahl- und
machtpolitische Vormarsch von ausgesprochen rechtsradikalen und
rassistischen Strömungen in Israel sollte uns allen allergrößte
Sorgen machen. Er erschwert die Suche nach einem gerechten Frieden
noch mehr als bisher schon. Die LINKE muss sich demgegenüber
positionieren. Die linke Opposition in Israel und ihre
Zusammenarbeit mit der palästinensischen Seite muss von uns
entschieden unterstützt werden.
Menschenrechte sind für mich die minimale gemeinsame politische
Geschäftsgrundlage. Auch für Israel darf es davon keine Freistellung
geben. Ich halte diese Klarstellung auch deshalb für wichtig, weil
DIE LINKE mit Praktiken und Ideologien definitiv gebrochen hat, die
sich im Namen des Sozialismus ebenfalls schwerste Verfehlungen haben
zuschulden kommen lassen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass
dieses Kapitel in der LINKEN aufgearbeitet worden ist und die
politischen Lehren gezogen wurden. Wenn wir heute, aus Gründen einer
angeblichen „Staatsräson“ oder aus koalitionspolitischen
Rücksichtnahmen mit dieser programmatischen Grundsatzfrage gegenüber
der vorherrschenden israelischen Politik „großzügig“ umgehen, könnte
uns das noch böse auf die Füße fallen. Menschenrechte sind unteilbar
und ich werde Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch weiterhin so
nennen.
Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass es noch auf lange
Zeit aufgrund der historisch untilgbaren Naziverbrechen ein
besonderes Verhältnis zwischen Deutschland und Israel geben muss.
Dazu zählen die Erinnerungskultur, der zwischenmenschliche,
kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Austausch. Dazu
gehört auch die Unterstützung bei der Suche nach einem gerechten
Frieden in Nahost. Nicht länger hinnehmbar ist die fortgesetzte
Komplizenschaft bei der Unterdrückung der Palästinenser.
Mit freundlichen Grüssen
gez. Hermann Dierkes
Anlage: Meine Erklärung vom 24.02.09, die von der WAZ nicht
berücksichtigt wurde
Persönliche Stellungnahme von
Hermann Dierkes zum WAZ-Artikel vom 24.02.09
Zu den Angriffen auf meine Person und die LINKE im Zusammenhang mit
dem Bericht über die Nahost-Veranstaltung in Hamborn erkläre ich
Folgendes:
-
Ich halte die in
im Aufruf des 9. Weltsozialforums und zahlreicher
Globalisierungs-kritikerInnen aus aller Welt enthaltenen
Aktionsformen gegen die unhaltbare Politik der israelischen
Regierung gegenüber dem palästinensischen Volk für legitim. Auch
durch Boykott, Deinvestition und einen Stop der
Waffenlieferungen muss versucht werden, diese Politik zum
Einlenken zu bewegen. Wenn alle Proteste und UN-Resolutionen
nichts nützen, um ständigen schweren Menschenrechtsverletzungen
in den Arm zu fallen, sind auch diese Mittel legitim. Sie mit
dem rassistischen Nazi-Boykott gegen jüdische Geschäfte zu
vergleichen, ist zutiefst unredlich. Das Welt-sozialforum
fördert nicht Rassismus und Unterdrückung, sondern bekämpft sie
in allen Formen.
-
Berechtigte
Kritik an der israelischen Regierungspolitik als „antisemitisch“
zu diffa-mieren, fällt auf ihre Urheber zurück. Die LINKE ist
entschiedene Vorkämpferin gegen Rassismus und Neonazis. Etliche
ihrer Mitglieder wurden unlängst Opfer von neonazistischen
Übergriffen auf dem Nachhauseweg von der großen Anti-Nazi-Demo
in Dresden.
-
Wer die
Ablehnung brutaler Kriege gegen die Zivilbevölkerung wie zuletzt
in Gaza, illegale Siedlungen in den besetzten Gebieten, Landraub
und ethnische Säuberung, Mauerbau, wirtschaftliche
Strangulierung und Unterdrückung mit der Keule „Antisemitismus“
und als eine Form des Rassismus diffamiert, bei dem muss etwas
fürchterlich durcheinandergeraten sein. Er muss sich fragen
lassen, wo die Grenze für seinen Zynismus ist welche moralischen
und politischen Maßstäbe er eigentlich vertritt. Menschenrechte
sind unteilbar. Ihre schwerwiegende und ständige Verletzung
können auch nicht mit der Nazibarbarei und der Bedrohung der
Existenz Israels gerechtfertigt werden. Die israelische
Regierung und Armee sind in diesem Konflikt Täter, nicht Opfer.
Diese Politik schadet auch Israel ganz immens, indem sie die
Feindschaft in der Region und weltweit vertieft anstatt
abzubauen.
-
Ich bedauere
außerordentlich, dass Stimmen aus der deutsch-israelischen
Gesellschaft Duisburg so reflexartig reagiert haben und meine
Kritik so unsachlich diffamieren wie bereits im „Flaggenstreit“.
Ich weiß, daß es in der jüdischen Gemeinde - und der Diaspora
weltweit – viele andere Stimmen gibt, die diese israelische
Regierungspolitik nicht unterstützen. Wer Nazibarbarei und Shoa
instrumentalisiert, um das schlimme Unrecht an den
Palästinensern zu rechtfertigen, sich über das Völkerrecht
hinwegsetzt, verhöhnt die Opfer der Nazi-Barbarei und der Helden
des Warschauer Aufstands. Wer die Kämpfer für die universalen
Menschenrechte als Antisemiten diffamiert, macht den Menschen
aus durchsichtigen Gründen ein X für ein U vor und verharmlost
den Antisemitismus. Mein Einsatz gilt einem baldigen gerechten
Frieden in Nahost. Gerechter Friede für Israelis und
Palästinenser! Wer das Existenzrecht Israels in definierten
Grenzen verteidigt wie ich, muss auch das Selbstbestimmungsrecht
der Palästinenser respektieren. Blinde Rechtfertigung der
israelischen Regierungspolitik läuft Gefahr, Antisemitismus zu
verstärken. Meine Position ist im Übrigen deckungsgleich mit
derjenigen der linken Opposition in Israel selbst.
Hermann Dierkes
Schluss mit
dem Kesseltreiben gegen Hermann Dierkes
- Erklärung der internationalen sozialistischen
linken - Hermann Dierkes – Vorsitzender der
Ratsfraktion der LINKEN Duisburg – hat sich gegen
die israelische Unterdrückung der Palästinenser
ausgesprochen. Auf einer Veranstaltung des
Ortsverbands Duisburg-Hamborn der Partei DIE LINKE
hat er auf die Frage, was man denn praktisch tun
könne, auf den Aufruf „Boykott, Desinvestition,
Sanktionen“ der Versammlung der sozialen Bewegungen
des Weltsozialforums in Belém (Brasilien) verwiesen.
Die SPD-nahe Tageszeitung WAZ, gefolgt von vielen
Akteuren aus Politik, Verbänden und regierungstreuen
Israel-Lobbyisten entfachten daraufhin eine
beispiellose Hetzkampagne >>>.
Interview mit
Hermann Dierkes, Oberbürgermeisterkandidat der LINKEN,
dem wegen eines Boykottaufrufs gegen Israel Antisemitismus
vorgeworfen wurde
- Muslim-Markt -
MM: Ausgangspunkt für eine hemmungslose
Medienkampagne gegen ihre Person war ihre Kritik an
der Politik der israelischen Regierungen gegen das palästinensische
Volk. Was haben Sie eigentlich so fürchterliches gesagt,
dass Sie einer Art öffentlicher Hexenverbrennung ausgesetzt
wurden? - Dierkes: Wie in den vielen Fällen zuvor,
habe ich die kriegerische Aggression der israelischen
Regierung und Armee öffentlich kritisiert. Während des
Gaza-Kriegs im Januar habe ich im Zusammenhang mit dem
damaligen "Flaggenstreit" in einem offenen Brief an
die Deutsch-Israelische Gemeinde Duisburg ihre einseitige
Haltung kritisiert und die Legitimität der Anti-Kriegsdemonstrationen
verteidigt. >>>
»Ich bleibe weiter Fraktionsvorsitzender«
- Die Forderung nach Sanktionen
gegen Israel wird breit unterstützt – auch wenn manche
Medien das anders sehen. Gespräch mit Herrmann Dierkes
- Interview: Peter Wolter >>>
OFFENE
Replik der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in
Nahost auf den Offenen Brief des Diakonischen
Werkes Duisburg vom 24. Februar 2009 an Hermann Dierkes
- Zu diesem Vorgang nehmen wir Stellung wie folgt: Herman
Dierkes wurde aufgrund seiner öffentlich bezogenen Stellung
zur Israelpolitik von so vielen Seiten und so hart gescholten,
dass er sich zum Rücktritt von seiner Funktion im Duisburger
Rat gezwungen sah. Wie aus der Presse bekannt ist, wurde
er wohl von der Führung seiner Partei allein gelassen,
wenn nicht sogar zum Rücktritt gedrängt. Nach Lage der
Dinge handelt es sich hier um einen Vorgang, der keineswegs
nur als Duisburger Provinz-, sondern als bundesweiter
Demokratieskandal bedauert werden muss. Dabei wird Dierkes
Position von breiten Teilen der internationalen sozialen
Bewegungen - darunter auch unzählige christ- und sogar
evangelisch-kirchliche und selbstverständlich viele
jüdische Organisationen – getragen.
Aus Leserbriefen an die Redaktion der jW -
Mitverantwortlich
- Zu jW vom 28. Februar/1. März: Leserbrief von
Ulrich Sander »Naheliegende Frage« Es ist ja aus
demokratisch-meinungsfreiheitlichen Erwägungen
völlig in Ordnung, daß jW die Kritik des Herrn
Sander am vorgeschlagenen Boykott israelischer Waren
als Leserbrief veröffentlicht hat. Weil er dies
jedoch in einer provokant pöbelnden Sprache tut,
lasse ich mich mal einfach provozieren und will
entsprechend antworten >>>
Naheliegende Frage - Ulrich Sander, Dortmund >>>
»Mein gesamter Kreisverband steht hinter mir« -
Gespräch mit Hermann Dierkes >>>
Hintergrundlinks zu Hermann Dierkes >>>
Antideutsche Leitkultur - Der
Schwarze Kanal
- Werner Pirker
- Hermann Dierkes, OB-Kandidat der Linken in Duisburg,
hatte auf einer Palästina-Veranstaltung eigentlich nur
die Position des Weltsozialforums im brasilianischen
Belém angesichts der israelischen Massaker in Gaza zur
Kenntnis bringen wollen. »Angesichts der deutschen Geschichte
wecken diese Äußerungen unsägliche Assoziationen und
bedienen finstere Klischees«, entsetzte sich die Bundestagsvizepräsidenten
und frühere Pionierleiterin Petra Pau. Die Unkultur
der »Antideutschen« ist mittlerweile zur deutschen Leitkultur
aufgestiegen. Besonders exzessiv wird sie in Teilen
der Linkspartei gepflegt. Davon zeugt nicht nur die
prozionistische pressure group »BAK Shalom«, die bei
der Entlarvung von Antizionismus und Antiamerikanismus
den denunziatorischen Eifer von Blockwarten der westlichen
Wertegemeinschaft an den Tag legt. Ganz im antideutschen
Debattenstil erfolgten auch die gegen Dierkes gerichteten
Angriffe diverser Linkspolitiker in Nordrhein-Westfalen.
Günter Will aus Gelsenkirchen warf ihm vor, »antijüdische
Bestrebungen« zu schüren. Und Anna Lena Orlowski sprach
von »antisemitischen Äußerungen, die ihm voll bewußt
waren«.
»Ich rufe schon seit langem
zum Boykott auf«
- Der Zentralrat
der Juden hat sich zum Sprachrohr der israelischen Regierung
gemacht. Ein Gespräch mit Evelyn Hecht-Galinski - Interview:
Peter Wolter - Ist es für Sie antisemitisch, zum Boykott
israelischer Exportwaren aufzurufen, wie es Hermann
Dierkes, der Duisburger OB-Kandidat der Linkspartei
gemacht hat? >>>
Duisburger
OB-Kandidat tritt ab - Linker scheitert an Israel-Konflikt
- Pascal
Beucker - Seinen Posten räumt er, aber in seinen Positionen
bleibt Hermann Dierkes unerschütterlich.
(…)
Die
Opfer der Schoah und die Helden des jüdischen Aufstands
von Warschau würden sich mit Grausen abwenden, mit welchem
Ungeist und für welche Zwecke sie offenkundig instrumentalisiert
werden, um die undemokratische und mörderische Politik
der israelischen Regierungen gegen das palästinensische
Volk zu rechtfertigen und zu tabuisieren", schreibt
er in seiner Rücktrittserklärung.
>>>
Leserbrief zu Linker OB-Kandidat
tritt zurück und dem Interview mit Frau Hecht-Galinsky
von P.Wolter
- Wer an der
Veranstaltung teilgenommen hat, konnte an dem Aufruf
zum Boykott von israelischen Waren keinen Anstoß nehmen:
denn dazu wird seit dem Libanon- und Gazakrieg von 2006
und dem Gazakrieg zum Jahreswechsel 2009 international
von Juden und Nichtjuden aufgerufen. Wer das mit
"Kauft nicht bei Juden" vergleicht, hat böse Absichten!
Er unterscheidet bewusst! nicht zwischen Juden
und den Kriegstreibern in Israel. Herr Dierkes und
Frau Hecht-Galinski sollten wegen ihrer Zivilcourage
ausgezeichnet werden; sie bieten der Desinformationspolitik
eines israelnetzes.org die Stirn! Gertrud Nehls, Hagen
»Mein gesamter Kreisverband steht hinter mir« Der
Aufruf eines Kommunalpolitikers der Linkspartei zum
Boykott israelischer Waren löst Empörung aus.
Gespräch mit Hermann Dierkes Interview: Peter Wolter
- Hermann Dierkes ist Vorsitzender der Ratsfraktion
der Linkspartei in Duisburg >>>
Pressemitteilung -
Hermann Dierkes tritt als OB-Kandidat und
Fraktionsvorsitzender in Duisburg zurück >>>
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