„Es geht ans Herz, wenn man in die Augen hunderter
Kinder in der Schule Talitha Kumi in Beit Jala,
einem Vorort von Bethlehem schaut. Welche Zukunft
haben diese kleinen Christen in diesem großen
Jammer? Die Lage gleicht einem Pulverfass. Tränen
selbst bei hartgesottenen Theologen, als der
Münchner Chor „Gospelsterne“ ihnen im Abschied
zusingt: „Gott segne und behüte euch!“
Mit diesen Worten schilderte der Fernsehmoderator
und EKD-Ratsmitglied Peter Hahne im Vorwort der
evangelischen Wochenzeitschrift Idea Spektrum kurz
nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land, seinen
Eindruck von einem Workshop, den die Gospelsterne in
der Schule zusammen mit den Schülern gestaltet
hatten.
Vielen der zwischen den Kindern, Jugendlichen und
Lehrern am Boden sitzenden Chormitglieder ging es
nicht viel anders.
Bild 2: Gemeinsames Singen in arabisch und deutsch
bei einem Workshop in Dar Al-Kalima
Einen dicken Kloß im Hals und mit den Gefühlen
kämpfend, waren sie von der Stimmung, der
Ausgelassenheit und Freude der Kinder beim
gemeinsamen Singen tief berührt.
Dieser Vormittag an der Schule war einer der
emotionalen Höhepunkte des für die Münchner
Gospelsterne bisher einmaligen Projektes.
Alles begann mit einem Konzert im Frühjahr 2006 in
Straubing, Niederbayern. Für viele der
Chormitglieder klang es zunächst sehr unwirklich,
als uns nach dem Konzert der Karmelitenpater Rainer
Fielenbach einlud, den in Bethlehem eingeschlossenen
Christen mit ihren Liedern Hoffnung zu bringen und
ein Stück Solidarität zu zeigen.
Bild 3: Kinder, Jugendliche und Lehrer singen ein
arabisches
Friedenslied für die Gospelsterne
In der viele Monate andauernden Vorbereitungsphase
befasste sich ein Team der Gospelsterne in
Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Pilgerbüro, Pater
Rainer Fielenbach und den Partnern vor Ort mit der
Reise- und Terminplanung für Konzerte, Auftritte und
Begegnungstreffen.
Im Raum München wurden Benefizkonzerte veranstaltet,
eine Spendenaktion gestartet sowie Anträge auf
Fördermittel gestellt, um die hohen Kosten für den
ehrenamtlich organisierten Verein finanzieren zu
können. Große Freude bereitete daher kurz vor der
Abreise ein positiver Bescheid des Auswärtigen Amtes
und des Goethe-Institutes über die Gewährung eines
großzügigen finanziellen Zuschusses.
Unzählige Mails gingen zwischen Palästina und
München hin und her bis ein abgestimmter Zeitplan
stand und die notwendige Technik geklärt war. Um bei
Workshops auch gemeinsam mit den palästinensischen
Schülern in einer Sprache singen zu können, wurden
Noten und Texte nach Bethlehem gesandt, um diese ins
Arabische zu übersetzen.
Als wir erstmals staunend unsere Konzertplakate in
arabischer Schrift in Händen hielten, wurde das
Projekt konkreter und fassbarer.
The
International Center of Bethlehem
presents the musical concert with the
Gospelsterne
choir
On
Saturday April 14th @ 7:00 pm
At
Addar Hall,
The
International Center of Bethlehem
دار الندوة الدولية
”Gospelsterne
"
تقدم الامسية
الموسيقية مع جوقة
وذلك يوم السبت 14-نيسان الساعة 7:00 مساءً
في قاعة الدار , دار الندوة الدولية
Neben den rein organisatorischen Vorarbeiten nahm
die Information über die politische und
gesellschaftliche Situation in Israel viel Zeit in
Anspruch.
Hierbei war es für uns von großem Interesse, mehr
über die Lebensbedingungen der Christen in Bethlehem
zu erfahren. Viele von uns Gospelsternen kannten die
Situation in den besetzten Gebieten nur aus den
Medien. Daher waren nicht wenige vollkommen
überrascht und zunächst ungläubig, als Pater Rainer
Fielenbach bei einem chorinternen Informationsabend
sehr bedrückendes Filmmaterial zeigte und über das
Leben der eingeschlossenen Menschen berichtete.
Jeder weltpolitisch Interessierte wusste zwar, dass
eine Mauer gebaut wird; dass sich die politische
Situation der Christen im Geburtsort Jesu jedoch in
den letzten Jahren derart dramatisch verschlimmert
hat, war vielen nicht klar.
Während unserer Solidaritätsaktion vom 10. bis
17.4.2007 fanden wir die Situation bei vielen
Begegnungen und Gesprächen noch bedrückender vor,
als wir es zunächst anhand von Berichten, Filmen und
Erzählungen erahnt hatten. Es war ein beklemmendes
Gefühl, zu dieser bis zu neun Meter hohen Mauer
aufzublicken, die wir bisher nur von Bildern
kannten.
Bild 4: Bild 4 Fassungslos
betrachten Gospelsterne die Mauer
Nun selbst vor den Checkpoints stehend und den
Berichten über die willkürlichen, entwürdigenden und
Menschen verachtenden sogenannten
Sicherheitsprozeduren lauschend, wurden viele von
uns sprachlos.
Unser palästinensischer Reiseleiter Hassan Al Ahmed
brachte die verzweifelte Situation der eingesperrten
Bevölkerung in einem Vergleich mit der ehemaligen
Mauer in Berlin zum Ausdruck: „Die Mauer hier in
Bethlehem ist doppelt so hoch wie jene, die Berlin
teilte. Wir hoffen und beten, dass sie nicht auch
doppelt so lange steht wie die Berliner Mauer!“
Bei den Gospelworkshops, Konzerten und Begegnungen
dieser Woche glaubten wir an eine Chance und die
Hoffnung, dass ein Zusammenleben in Frieden und
Freiheit für die Völker und Religionen in dieser
konfliktträchtigen Region unserer Erde in den Händen
der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen liegen
könnte. Darum legten wir in die Treffen mit ihnen
den Schwerpunkt dieser musikalischen
Solidaritätsreise.
Neben den Workshops in Talitha Kumi
und Dar Al-Kalima luden wir zu einem Konzert in die
Schmidtschule in unmittelbarer Nähe des
Damaskustores in Jerusalem ein. Begeisterte
Schülerinnen und ihre Musiklehrerin wollten uns
spontan für ihre Andacht am darauf folgenden Morgen
gewinnen. Liebend gerne wären wir dieser herzlichen
Einladung gefolgt und hätten auch für ihre
Mitschülerinnen gesungen. Leider ließ dies unser
straffer Terminplan nicht zu. Satt dessen luden wir
die Mädchen zu unserem Konzert ins ICB im nahen
Bethlehem ein. Bedrückend für uns Ihre Antwort: „Wir
würden sehr gerne kommen, wir dürfen jedoch nicht
über den Checkpoint nach Bethlehem.“
In der Hoffnung, zumindest durch die mitgebrachten
Gastgeschenke in Form unserer CDs und gerne
gegebener Autogramme aller Gospelsterne auf den
Konzertplakaten musikalisch verbunden zu bleiben,
beendeten wir diesen Konzertabend mit für uns neuen
Eindrücken.
Bild 5: Eric Bond gibt Schülerinnen der
Schmidtschule
Autogramme. Sie laden die Gospelsterne zu ihrer
Morgenandacht ein
Immer wieder sprang bei Auftritten der Funke der
Begeisterung im gemeinsamen Singen über.
So freute es uns sehr, dass das junge Trommeltalent
Ali, dessen Können wir bei unserem Workshop in Dar
Al-Kalima kennen lernten, spontan bereit war, uns
beim abendlichen Auftritt im Konzertsaal des ICB
rhythmisch zu begleiten.
Bild
6: Ein junges Talent begleitete die Gospelsterne bei
ihrem Konzert im ICB auf der Trommel
Besonders
betroffen fühlten wir uns beim Besuch des Caritas
Baby Hospitals in Bethlehem. Unter schwierigsten
Bedingungen, mit viel Liebe, persönlicher
Risikobereitschaft, Phantasie und Ideen versuchen
Ärzte, Schwestern und Helfer die Not der Kleinsten
im Babyhospital zu lindern. Es tat uns gut, in
unserer Hilflosigkeit spontan und unangemeldet auf
einer Station singen zu dürfen.
Darum
konnte es für die Gospelsterne auch keinen besseren
Platz für das aus München mitgebrachte Licht in Form
einer selbst gestalteten Kerze als Symbol für unsere
Anteilnahme und Solidarität geben, als im
Eingangsbereich dieses Krankenhauses. Zum Abschluss
des Konzertes im Internationalen Begegnungszentrum
überreichen wir diese Kerze Erwin Schlacher, dem
Verwaltungsleiter, der uns über die Arbeit des
Krankenhauses berichtet hatte.
Unser
Anliegen war es, die Menschen, denen wir begegnet
sind, mit der guten Botschaft des Evangeliums -
ausgedrückt durch die Texte und Melodien
unserer Gospellieder - zu unterstützen und zu
ermutigen.
Bild 7: Ein Segenslied auf einer Station des
Babyhospitals
Die Reaktionen der vielen an den Veranstaltungen
teilnehmenden Besucher, als auch der Chormitglieder
selbst, waren bewegend, tief berührend, aber auch
mitreißend und eine Bestätigung dafür, dass unsere
Botschaft und das Licht tatsächlich im Heiligen Land
angekommen waren.
Wieder einmal bestätigte sich für die Gospelsterne
ihr Leitsatz: „Wer Herzen bewegt, bewegt die
Welt“. Mit der Gewissheit, dass Musik, vor
allem aber Gospels, ganz besonders dann Menschen
miteinander verbindet, wenn sie unterschiedliche
Sprachen sprechen, kehrten wir erfüllt und bestärkt
nach München zurück.
Auch wenn dieses, für uns Gospelsterne einzigartige
Projekt viel Vorbereitungszeit und ehrenamtlichen
Arbeitseinsatz gefordert hatte und streckenweise
emotional sehr belastend war, so wurde der Chor mit
dem Gefühl entlohnt, ein wenig Zuversicht, Freude,
Begeisterung und Glanz in den Augen der Kinder und
Erwachsenen in Bethlehem hinterlassen zu haben.
Gospelsterne e.V. München
Die
Gospelsterne unter der Leitung von Eric Bond
sind der Chor bei der Evang.-Luth.
Nikodemuskirche München und Mitglied im Verband
für christliche Popularmusik in Bayern e. V.
Zwei Mal im Monat trifft sich der Chor an der
Musikhochschule München und verschiedenen
kirchlichen Gemeinden in München zu gemeinsamen
Proben. Die rund 140 Mitglieder kommen aus den
Landkreisen München, Dachau, Fürstenfeldbruck,
Freising, Erding, Augsburg, Landshut usw.
Weitere
Informationen zu den Gospelsternen und dem
Solidaritätsprojekt „Ein Licht für Bethlehem“
unter www.gospelsterne.de
Gospelsterne
e. V. sind ein gemeinnütziger Verein
mit Sitz in München.
Bild 8: „Mache dich auf und werde Licht“