Kein Bürgerkrieg
von Fayssal
Hourani
Palestine Times, Ramallah 17. Jänner 2007
Die Fatah kann die harten
Fakten nicht schlucken und die Folgen
zugeben. Die führende palästinensische
Fraktion verlor bei einer Wahl, die die
Fatah selbst forderte und an deren
Integrität niemand zweifelte, im
palästinensischen gesetzgebenden Rat seine
Mehrheit. Auch die Hamas konnte die harten
Fakten nicht schlucken – dass die islamische
Bewegung die Mehrheit nur wegen der
besonderen Bedingungen erreichte, die bei
der nächsten Wahl nicht der Fall wären.
Lasst uns in Erinnerung
rufen, was bei der Wahl, die im Januar 2006
stattfand, geschah und untersuchen, wie die
Dinge sich entwickelten. Damals verschaffte
die Unzufriedenheit der Menschen mit dem
Missmanagement und der Korruption der Fatah
der Hamas einen großen Teil der
Wählerstimmen. Jetzt sind dieselben Menschen
unzufrieden mit dem Missmanagement der Hamas
und ihrer Unfähigkeit die grundlegendsten
Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.
Jene, die getäuscht wurden durch den
Anspruch, dass sie nicht korrumpierbar
seien, stellen fest, wie falsch dieser
Anspruch war. Die Debatten zwischen den
Gegnern, die sich am Vorabend der Wahl
häuften, verschafften der Hamas mehr Wähler.
Diese Debatten haben sich inzwischen
beruhigt und die Fatah-Gegner bei der Wahl
können nicht länger mit dieser Uneinigkeit
rechnen.
Empörung gegen die Fatah
wegen ihrer Beharrlichkeit vergebliche
Verhandlungen mit Israel zu verfolgen hat
sich mit der Empörung gegen die Hamas
verbunden. Den Menschen ist jetzt bewusst,
dass die Hamas die internationale
Legitimität und die Werte der
internationalen Gemeinschaft unterschätzt
hat. Es wird ihnen bewusst, dass diese
Position Israel hilft, die Tür zu einer
Lösung zu verschließen und die Leiden des
palästinensischen Volkes zu vervielfachen.
Es ist unmöglich, dass der Ärger gegen die
‚Hamas’ sich nicht verstärkt hätte, hätten
die Lebensbedingungen sich nicht zu einem
solchen Grad verschlimmert, den die
Palästinenser nicht einmal 1948 gekannt
hatten.
Zu jenen Fakten, die jede
Seite sich weigert zuzugeben, können wir das
bedeutende Faktum der gesamten tragischen
Situation hinzuzählen, die beide Seiten
unfähig sind sich einzugestehen. Israel hat
entschieden, eine einseitige Lösung zu
verfolgen und die Tür für jeglichen
Kompromiss geschlossen und dies ist die
Tatsache, die weder Fatah noch Hamas ernst
genug genommen haben sowie den
Wichtigkeitsgrad, den sie verdient. Beide
Seiten wetteifern darum, die US zu
beschwichtigen, indem sie denken, dass
dieses Verhalten die US-Administration dazu
bringen könnte, Israels Unbeugsamkeit zu
mildern. Tatsächlich zeigt dies einen hohen
Grad an Unfähigkeit die Situation zu
begreifen, besonders betreffend die Politik
und das Verhalten der USA. Dies ist eine
Unfähigkeit beider Parteien.
Es ist wahr, dass es auf
beiden Seiten vernünftige Menschen gibt, die
die Fakten verstehen und andere drängen
entsprechend zu handeln. Unglücklicherweise
sind jene Menschen in der Minderheit sowohl
bei der Fatah als auch bei der Hamas. Zur
Zeit ist die Stimme der Vernunft die
schwächste unter den Palästinensern.
Die lautesten Stimmen
sind jene in der Fatah, die ihren Wunsch die
Hamas zu eliminieren über die allgemeine
Notwendigkeit gegen die Besatzung zu kämpfen
stellen und jene in der Hamas, die glauben,
dass die Fortsetzung der Hamas-Regierung
wichtiger ist als die Besatzung zu beenden.
Diese Menschen sind jene, die Flüche,
Anschuldigungen, Attacken, Morde und
verabscheuenswürdige Aktionen austauschen
bzw. begehen.
Wir sind Zeugen dessen,
was von Ariel Sharon geplant wurde, als er
die Siedler zurückzog – den Gaza-Streifen
Armut und Chaos auszuliefern. Sobald Israel
Kontrolle über alles hat, sogar über die
Schlafzimmer, hat es die notwendigen Mittel
in der Hand zu kämpfen, aufzuhetzen und
Armut und Chaos zu steigern. Ehud Olmert
erfüllt, was sein Vorgänger begann und
Shimon Peres hilft Olmert, wie er Sharon
geholfen hat. Israels Regierung verstärkt
verbalen Betrug während es jede Chance für
einen Kompromiss sabotiert. Israels
Korrumpierung einer Chance einer Lösung hat
sich in zwei Richtungen fortgesetzt – alles
Notwendige zu unternehmen die
palästinensische Verwaltung daran zu hindern
für die Bedürfnisse seines Volkes zu sorgen
und alles Notwendige zu unternehmen die
Kämpfe unter den Palästinensern zu fördern.
So sickern Geld und Waffen mit Wissen
Israels durch die Belagerung für jene, die
Gebrauch davon machen werden, während Israel
wegschaut. Gleichzeitig werden Geldmittel
von den Bedürftigen abgeschnitten um ihre
Kinder zu ernähren, ganz zu schweigen von
den Waffen, die für die Besatzung gebraucht
werden könnten.
Israel will einen
palästinensischen Bürgerkrieg, der jeden und
alles verbrennt, die Fähigkeit aufhebt,
israelischer Aggression zu widerstehen, und
der gleichzeitig das internationale
Mitgefühl den Palästinensern gegenüber
schwächen wird. Allerdings, was jetzt
geschieht ist kein Bürgerkrieg. Es sind
interne Kämpfe zwischen Gruppen, alle von
ihnen von Gründen motiviert, die nur als
niedrig (gemein) bezeichnet werden können.
Es ist ein Kampf unter Banditen, die sich
gegenseitig befehden und die nicht in die
nationale Sache involviert sind.
Dieser Kampf unter
Schurken ist schmerzhafter als ein
Bürgerkrieg, aber er ist nicht dasselbe. Die
palästinensische Gesellschaft ist wegen der
fortwährenden israelischen Aggression
zersplittert, aber sie ist weder vertikal
noch horizontal geteilt. Keiner von denen,
die Menschen in Gaza und in anderen Gebieten
terrorisieren, hat das Recht zu behaupten,
dass er die Gesellschaft repräsentiert. Ohne
die Besatzung und seine Vorherrschaft würde
keiner dieser Schurken als etwas anderes als
ein gewöhnlicher Verbrecher gesehen werden.
Wenn die vernünftigen
Führer auf beiden Seiten erreichen wollen,
dass die Verschlechterung und Zerstörung
gestoppt wird, die wirkungsvolle Aktion wäre
die Fehler in der Politik zu korrigieren. Es
ist jedoch unmöglich jegliche Fehler zu
korrigieren, ohne sie zuzugeben. Ist es denn
nicht wahr, dass die aktuelle, elende,
Situation die vernünftigen Menschen in der
Fatah überzeugen sollte, zuzugeben, dass es
ein riesiger Fehler war, in die Falle von
Oslo zu geraten? Ist es nicht ebenso wahr,
dass die vernünftigen Menschen in der Fatah
auch zugeben sollten, dass es ein riesiger
Fehler war, sich vom 'Zeitgeist' zu
isolieren? Ist es nicht unmöglich – ohne
Fehler zuzugeben – eine gemeinsame Basis für
beide Parteien zu finden für eine Regierung
und eine Führung mit oder ohne Neuwahlen?
Ist es möglich jene zu zügeln, die der
nationalen Verantwortung ausweichen, es sei
denn, dass jene beteiligten Parteien ein
gemeinsames Einvernehmen finden und
zusammenarbeiten?
Fayssal Hourani,
palästinensischer Autor
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