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. Bewohner der Westbank führen kreative gewaltfreie Demos durch
oder Die palästinensischen Gandhi-Anhänger
Mohammed Daragmeh, Middle East Times, 21.6.
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Als der Abend des 9.Juni nahte, bereiteten sich Internationale und israelische Unterstützer mit den Bewohnern von Bil’in für eine Konfrontation nach dem Abendgebet vor: Handschellen für die Demonstranten, um die Behauptungen der Soldaten, sie würden in diesem friedlichen Dorf mit Gewalt  konfrontiert werden, zu widerlegen; und Ballone mit Hühnermist gefüllt, um sie auf  Soldaten zu werfen, die die friedliche Demonstration wahrscheinlich angreifen  werden.

 

Als sie an der Stelle ankamen, wo die Route für Israels wachsende Trennungsmauer vorbereitet wird, trafen sie auf ein Sperrfeuer aus Tränengaskanistern. Sechs Demonstranten wurden verletzt, einschließlich Ziad Halaby, ein Reporter vom Al Arabia-Satelliten –Fernsehen, der eine Beinverletzung davontrug.

Als die Soldaten Wolken von beißend scharfem Rauch  und Metallkugeln abschossen, nahmen die Demonstranten ihre Handschellen  ab und warfen Tierdung auf sie.

Nach Abdullah Abu Rahmeh, dem Koordinator des Volkskomitees gegen die Mauer in Bil’in: „Wir hörten vor der Demo in den öffentliche Medien ein Statement von israelischen Armeeführern, das die Dorfbewohner von Bil’in der Gewalt anklagt. Unsere Antwort war, unsere Hände zu fesseln und friedlich zu demonstrieren.“

Die Leute dieses kleinen Dorfes bei Ramallah mit 1500 Einwohnern hat unglaubliche Kreativität gezeigt, indem es sich gewaltfreie Methoden des Protestes ausgedacht hat. Als ihre Ländereien vor vier Monaten enteignet wurden, reagierten sie mit gewaltfreien Demonstrationen, und jede war anders als die vorhergehende. Man wollte so mehr Unterstützer gewinnen und die Soldaten mit Ungewöhnlichem überraschen. Die erste Demo war allein auf Frauen beschränkt. Damit wollte man die Nachricht vermitteln, dass sie friedlich zum Protest kommen, wie Abu Rahmeh sagte. An der zweiten Demo nahmen nur Kinder teil.

Als die Besatzungskräfte begannen, das Land mit Bulldozern zu bearbeiten und die Bäume auszureißen, drückten die Dorfbewohner ihre enge Verbindung zu ihren Bäumen aus, von denen einige älter als hundert Jahre alt sind, und banden sich an den Bäumen fest, die herausgerissen werden sollten. Den Dorfbewohnern war es gelungen, die Arbeit der Soldaten um 5 Stunden zu verzögern, da sie nun erst die Ketten aufsägen mussten, mit denen  sich die Leute an ihre Olivenbäume gefesselt hatten.

Als nächstes kletterten die Bewohner in  trommelartige Behälter, die von innen geschlossen werden können und zeigten nur den Kopf und banden sich an den Bäumen fest. Ein anderes Mal überraschten die Dörfler die Soldaten mit einem Marsch weißer Särge, auf denen der Name eines geachteten Wertes stand wie „Gerechtigkeit“, „Menschlichkeit“, „Rechte“,  „Sitte und Gebräuche“ usw. Einmal klebten sie ihren Mund mit einem Klebestreifen zu und ließen  die Fahnen der Länder flattern, die  in der internationalen Arena aktiv sind. Dies sollte das internationale Schweigen gegenüber dem palästinensischen Volk symbolisieren.

Bei einer anderen Gelegenheit demonstrierten die Dorfbewohner, indem sie 1500 palästinensische Fähnchen verteilten. Das war eine Geste an die eigene Gesellschaft, wo palästinensische Faktionen damit wetteifern, ihre eigenen Fahnen zu schwingen und die palästinensische Nationalflagge vergessen. Sie verwenden auch das Symbol der eisernen Mauer, die über den Leichen der einheimischen Palästinenser gebaut wird, die  um den Hals ein Symbol der Mauer trugen.

Die Organisatoren solcher Aktivitäten stellen fest, dass sie mehr erreicht haben als andere, die gewalttätige Methoden anwendeten.

„Diese Demonstrationen haben  viele israelische und ausländische Unterstützer angezogen und die  Medien dazu gebracht, über das, was wir tun und worunter wir leiden, Berichte zu geben“ sagte Abu Rahmeh. „Hätten sich unsere Demonstrationen auf das Steine-werfen  beschränkt, wären keine Unterstützer oder Medien gekommen. Aber dank innovativer neuer Formen des friedlichen Widerstandes, möchte jeder diese Art kennen lernen und  möchte, dass sie Erfolg haben.

„Einige mögen sagen, das Endergebnis ist, dass Israel die Mauer ( trotzdem) baut,“, sagt er. „Stimmt! Doch geschieht dies nicht ohne einen Preis und zwar einen großen. Die Welt und die israelische Bevölkerung wird langsam die Grausamkeit dieser Mauer begreifen. Gleichzeitig haben wir das Leben unserer Leute  vor den Soldaten geschützt  und den Widerstand der Gruppe vergrößert.“

Hunderte israelischer Unterstützer, die sich dem Kampf der Bewohner Bil’ins angeschlossen haben, wurden zu einer wirksamen Kraft. Wenn Soldaten nachts das Dorf überfallen, sehen sie sich israelischen Bürgern gegenüber, die jede Menschenrechtsverletzung dokumentieren und dies den Medien und relevanten Behörden melden.

 

Bei einer Gelegenheit führten die Soldaten  zwei junge Leute ab und brachten sie vor Gericht; aber Dokumentationen und Photos israelischer Unterstützer  hatten ihre Entlassung zur Folge.

Shai Carmeli, ein 37järiger Filmemacher, der aus Solidarität mit den Menschen von Bil’in kam, erklärte: „Vor ein paar Tagen fiel die Armee ins Dorf ein und begann damit, Häuser zu zerstören. Ich wählte eine besondere Nummer des Militärs, die sich mit Berichten von Übertretungen der Armee befasst. Ich berichtete den Behörden Einzelheiten von dem, was die Soldaten machten. Kurz danach verließen die Soldaten das Dorf.

„Ich wurde gefragt, ob die Bewohner sich weigerten, die Türen zu öffnen und so die Soldaten zwangen, sie mit Gewalt zu öffnen. Ich antwortete, dass die Soldaten die Türen aufbrachen, ohne zu klopfen und zu warten, bis man ihnen öffnet,“  fügte er hinzu.

Die Nachrichten über die von Bil’ins Bewohnern  benützen friedlichen  Methoden ( des Widerstands) wurden in der ganzen israelischen Gesellschaft vernommen. Eine Zeitung berichtete von den Dorfbewohnern Bil’in als den „neuen Ghandi-Anhängern“. Das hat eine bemerkenswerte  Wirkung auf die Soldaten, die ihr Gewaltpotential angesichts der gewaltfreien Demonstrationen, an denen immer mehr ihrer Landsleute teilnehmen, reduziert haben. Die israelischen Soldaten haben die Kugeln durch weniger Schädliches und Verletzendes ersetzt – durch Gas, elektrische Knüppel und  starke Lautsprecher.

Die ungewöhnlichen Methoden der Dörfler von Bil’in werden in anderen Städten und Dörfern nachgemacht, die ihrerseits mit Landenteignung, dem Mauer- und Siedlungsbau konfrontiert sind.

„Wir haben kürzlich Einladungen aus den Dörfern bei Marda erhalten, um ihnen beim Organisieren allgemeiner Demonstrationen zu helfen, die die Aufmerksamkeit der Medien und ausländischer und israelischer Unterstützer auf sich ziehen und die Gewalt verringert,“ sagte Abu Rahmeh, „dies kann ein neues Stadium im palästinensischen Kampf darstellen.“

 

Mohammed Daragmeh ist palästinensischer Journalist, Medientrainer und politischer Analyst.

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