Israelische Besatzungsmächte
stürmten Hebroner Kollege und
verhafteten 8 Schüler
Adameer,
Gefangenen-Unterstützung und Menschenrechtsorganisation , November 2008
Am 30. Oktober 2008 um 10
Uhr 15 stürmt die israelische Armee in die Fachhochschule des
Palästinensischen Technischen Kollegs im Aroub-Flüchtlingslager, bei Hebron
und verhaftet Schüler aus dem Klassenzimmer. Den Schülern wurden die Augen
verbunden, ihre Hände kamen in Handschellen und sie wurden mehrfach
geschlagen, geohrfeigt und über all in den Körper gestoßen. Sie wurden dann
ins Gush Etzion-Militärhaftzentrum gebracht. Um 9 Uhr abends wurden zwei der
Jungs entlassen, doch blieben 8 von ihnen in Haft. Keiner der Jungs war
älter als 16.
Hatem ist Lehrer in diesem
Kolleg. Er bestätigte, dass am 30.Oktober 2008 etwa um 10 Uhr 15 israelische
Militärs in vier Militärjeeps zum College kamen. Hatem war der einzige
gerade im Pausenhof anwesende Lehrer. Einer der Soldaten schrie ihn an: ‚Wo
sind die Jungen, die Steine geworfen haben?’ Hatem sagte dem Soldaten, dass
der Schultag von 8 Uhr bis 2Uhr 30 daure. Deshalb seien alle Schüler in
ihren Klassen. Der Soldat stieß Hatem zu Boden und gab den andern Soldaten
den Befehl, das College zu durchsuchen. Etwa 10 Soldaten betraten das
College. Sie stießen die Türen auf und betraten das Klassenzimmer, wo die
Jungs ihren Praxiskursus hatten. Sie schlossen die Tür und einer der
Soldaten begann einen körperlich behinderten Schüler, der in der 1. Reihe
saß, zu schlagen. Die Soldaten schrieen die Schüler an und stießen einen der
Studenten, MD. Einer der Soldaten griff MD und schrie: „Du bist der Junge,
der Steine warf!“. MD wurde mit noch sechs anderen verhaftet. Dann betraten
die Soldaten die nächste Klasse und verhafteten dort auch willkürlich
einige Schüler. Sie hatten es vor allem auf die mit schwarzen Jacken
abgesehen. Die Soldaten nahmen dann alle Jungs auf den Schulhof und
hinderten die Lehrer daran, mit den Studenten zu sprechen.
Zeugenaussage
eines 16 jährigen Schüler vor dem Addameer Anwalt Firad Sabbah am 3.
November 2008 im Gush Etzion Militärhaftzentrum.
Ich heiße RB und wurde am
26. Oktober 1992 geboren. Ich bin Schüler der 10.Klasse im palästinensischen
Technik-College, wo ich Landwirtschaft studiere. Am 30. Oktober 2008 ging
ich wie gewöhnlich zur Schule. Ich hatte damit gerechnet, an diesem Tag eine
Prüfung zu haben. Etwa um 10.30 Uhr erschrak ich, als sah, wie israelische
Soldaten den Klassenraum betraten. Sie begannen, willkürlich meine
Klassenkameraden zu verhaften. Dann sagten die Soldaten zu mir, ich solle
aus dem Klassenzimmer gehen. Ich wurde auf den Schulhof mit genommen. Als
der Soldat sah, dass ich ihn ansah, packte er meinen Kopf und schlug mich
ins Gesicht. Er sagte mir, ich solle nach unten schauen. Dann ließ er uns
alle in eine Reihe stellen und wir wurden gezwungen, hinter einander auf den
Militärturm zuzugehen. Als ich meinen Platz in der Reihe verlor, schlug er
mich auf die Beine und stieß mich. Ein anderer Soldat schlug mich, bis wir
das Tor des Flüchtlingslagers erreichten. Danach lachte mir der Soldat ins
Gesicht, und als ich ihn ansah, gab er mir wieder eine Ohrfeige und schlug
so hart gegen meine Brust, dass ich Atemschwierigkeiten hatte. Ich fiel zu
Boden, wo ich weiter geschlagen wurde. Nach etwa drei Stunden wurden mir die
Augen verbunden und die Hände kamen in Handschellen. Ich wurde in den
Militärjeep gestoßen. Meine Augenbinde verrutschte, während ich in den Jeep
befördert wurde – also wurde ich wieder geschlagen.
Die Anhörung vor Gericht
Am 6. November 2008 wurden
die acht Jugendlichen vor das Ofer Militärgericht gebracht. Sie waren 8 Tage
lang in Haft, bevor sie vor Gericht gebracht wurden. Alle Jungs beschuldigte
man, Steine geworfen zu haben, trotz der Tatsache, dass der Beweis allein
auf den Zeugenaussagen von nur drei Soldaten beruhte. Bei diesem
Anfangsverhör wurde die Haftdauer bis 11. November 2008 verlängert. Bei
ihrer Verteidigung argumentierte der Addameer-Anwalt Mahmoud Hassan, dass
diese Kinder/ Jugendlichen zusammen mit Erwachsenen in einer
Erwachseneneinrichtung festgehalten werden, was eine absolute Verletzung des
Völkerrechts sei. Am 28. Oktober 2008 gebrauchte Anwalt Hassan ungefähr das
gleiche Argument, um die Entlassung der beiden 14-Jährigen zu erreichen,
die aus ihrer Wohnung heraus am 9. Oktober 2008 verhaftet wurden. Jeder
Junge wurde auf Kaution in Höhe von 8000 NIS ( ca. $2111) entlassen. Nach
den Erfahrungen von Addameer war dies tatsächlich das 1. Mal, dass ein
Militärrichter damit einverstanden war, Kinder unter dem Vorwand zu
entlassen, es sei illegal, Kinder zusammen mit Erwachsenen in Haft zu haben.
Bei dieser Gelegenheit jedoch wies der Richter das Argument des Anwalts
Hassan zurück und befahl, dass die Jungen bis zum Ende des
Gerichtsverfahrens verhaftet bleiben. Anwalt Hassan erhob Einspruch gegen
diese Entscheidung und rief dazu auf, die Jungen auf Kaution freizulassen.
Das Ergebnis dieses letzten Einspruches wird im Ofer-Militärgerichtshof am
20. November 2008. Am 14. Dezember 2008 wird das Gericht mit der Anhörung
der Zeugen beginnen.
Statement von Addameer
Addameer verurteilt scharf
die kollektive Bestrafung dieser Schuljungen und ihre anhaltende Verhaftung
ohne genügende Beweise. Die Konvention über die Rechte der Kinder ordnet
universal anerkannte Prinzipien und Normen als minimale Standards für
Kinderrechte an. Ein fundamentales Prinzip beim Verurteilen ist, dass
Freiheitsberaubung – wenn überhaupt angewandt - dann nur als Maßnahme eines
letzten Auswegs und für die kürzeste, angemessene Zeit (Art. 37 (b) CRC)
angewendet werden solle. Dies war bei diesen 8 Jungen eindeutig nicht der
Fall. Es sollte betont werden, dass in Übereinstimmung mit der Konvention,
jedes Kind ohne Ausnahme das Recht hat, von diesen Standards zu profitieren.
Nach der israelischen Militärorder132 werden ( pal.) Kinder im Alter von 16
und älter wie Erwachsene behandelt und von israelischen Militärgerichten
wie Erwachsene verurteilt und bestraft. Israelische Militärorder werden bei
palästinensischen Kindern angewandt, selbst wenn das Jugendgesetz
israelische Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren als Kinder ansieht.
Addameer bittet die
internationale Gemeinschaft, von Israel zu verlangen, sich an das
Völkerrecht zu halten und jene unter 18 wie Kinder zu behandeln. Außerdem
ruft Addameer die internationale Gemeinschaft auf, darauf zu bestehen, dass
die israelische Besatzung endlich aufhört, in den besetzten Gebieten weiter
palästinensische Jugendliche zu verhaften.
(dt. Ellen Rohlfs)
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