Pulheim, 26. Januar
2009
Leserbrief zum Artikel
von B.-H. Levy „Im Angesicht“ – erschienen in der
FAZ am 24. Januar
2009-01-26
Bernard-Henri Lévy -
Gaza-Konflikt:
Ich gebe hier mein Zeugnis ab - Debatten -
Feuilleton - FAZ.NET
Von: Hakam Abdel-Hadi
Eigentlich müssten
sich Betroffene aus Gaza zum Artikel von
Bernard-Henri Levy, der in der FAZ unter der
Überschrift „Im Angesicht“ erschien, äußern, da sie
ihm, der während der Kämpfe vor Ort war, ihre
direkten Erlebnisse entgegen halten könnten. Da sie
aber zur Zeit wahrscheinlich andere Sorgen haben,
erlaube ich mir als ein in Deutschland lebender
palästinensischer Journalist, einige Anmerkungen
dazu zu machen:
1.
Es spricht
nichts dagegen, dass Herr Levy mit einer
Eliteeinheit der israelischen Armee „embedded“
während dieses asymmetrischen Krieges nach Gaza
gelangt, um Bericht über die Ereignisse zu
erstatten, aber dies wäre in erster Linie die
Aufgabe von Journalisten, denen Israel leider dieses
Recht verweigert hat. Damit gewährt Israel ihm eine
Monopolstellung, um letztendlich die Grausamkeit der
israelischen Armee zumindest zu relativieren. Aber
auch der prominenteste europäische oder
amerikanische Journalist hätte bestimmt nicht die
Chance bekommen, die Herrn Levy zukam, nämlich in
wenigen Tagen mit den führenden israelischen
Vertretern , mit Präsident Peres, Ministerpräsident
Olmert, Verteidigungsminister Barak und Yovan Diskin
(Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes)
zusammenzukommen.
2.
Schon aus seinem
Gespräch mit Yovan Diskin sollte deutlich werden,
dass dieser Krieg notwendig war. Daraus geht hervor,
dass man Muslimbrüder, einschließlich Hamas, nur mit
Waffengewalt begegnen kann. Inzwischen sieht, Gott
sei Dank, auch die EU, dass man mit Hamas, wenn
auch im Rahmen einer nationalen palästinensischen
Regierung unter Führung von Abbas, Gespräche führen
muss. Das ist eine Alternative zum Krieg, die
bedauerlicherweise erst nach diesem Blutbad erkannt
wurde.
3.
Herr Levy
zitiert den „virtuosen“ Klavierspieler
Verteidigungsminister Barak, der ihm erläutert, dass
seine Soldaten sich mit einer nicht lösbaren Aufgabe
konfrontiert sähen, weil Hamas schließlich immer als
Gewinner dastehen würde: „Entweder wir sind
rechtzeitig (über die Präsenz von Zivilisten)
informiert und schießen nicht, dann haben sie
gewonnen. Oder wir kennen das Umfeld nicht und
schießen doch, dann filmen sie die Opfer, schicken
die Bilder an die Sender, und dann haben sie
ebenfalls gewonnen.“ Da liegt es nahe, die Frage an
Barak zu stellen, die jeder neutrale Journalist
gestellt hätte: Wenn dem so sei, Herr
Verteidigungsminister, warum führen sie dann einen
solchen Krieg im am dichtersten besiedelten Gebiet
der Welt?“
4.
Der Artikel von
Prof. Levy endet mit einem Plädoyer für den Frieden,
was jeder nur begrüßen kann, aber eine der
wichtigsten Kriegsursachen, nämlich die Blockade der
1,5 Millionen Bewohner von Gaza, versucht er zu
negieren oder zumindest zu verharmlosen, in dem er
darauf verweist, dass sogar Patienten aus Gaza in
israelischen Krankenhäusern behandelt werden. Das
ist gut, aber es geht um mehr, Herr Levy.
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