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2011 …..... ein Frühling und ein Antrag

Ein Kommentar von Raed Sabbah


Nach etwa einem knappen Jahr, seit Beginn der arabischen Revolutionen und nach dem
kürzlich gestellten Antrag auf die Vollmitgliedschaft Palästinas in der UNO bedarf es nun
einer ersten Zwischenbilanz für die Veränderungen in der Nahostpolitik.

Es ist bemerkenswert, wie kurzlebig die Weltpolitik heutzutage geworden ist. Gestern
lagen sich die arabischen Diktatoren und der Westen in den Armen, und heute werden
eben diese Diktatoren vom Westen reihenweise fallengelassen. Und kaum sind
beispielsweise die libyschen Revolutionäre an der Macht, schon liegen ihnen die
europäischen Oberhäupter zu Füßen und überhäufen sie mit Besuchen. Besonders
bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Sinneswandel bei Herrn Sarkozy, der
sich als treibende Kraft unter den Europäern für das Vorgehen gegen Gaddafi positioniert
hat. Viel merkwürdiger erscheint allerdings seine Haltung beim Antrag auf die
Vollmitgliedschaft Palästinas in der UNO und seiner Unterstützung dieses Anliegens. Es ist
ja nicht so, dass das Gewissen von Herrn Sarkozy eines Tages aufgewacht ist, und
festgestellt hat, dass die Palästinenser ein armes Volk sind, das einen gerechten Anspruch
auf einen eigenen Staat hat. Nein, vielmehr ist es der Wandel in dieser Region, der Herrn
Sarkozy dazu bewegt hat, seine Interessen neu zu definieren und seinen Kompass neu
auszurichten. Und seit wann spricht man von einer Verlegenheit Amerikas beim Einsetzen
eines Vetos in einer Israel-kritischen Angelegenheit? Das sind Neuerscheinungen unserer
Zeit.

Man mag sich fragen: warum das alles? Die Antwort ist denkbar einfach. Die arabische
Nation fängt an, ihre Stimme zu erheben und zwar in einem einheitlichen Ton. Motiviert
durch die Euphorie aus dem „Arabischen Frühling“ geht ein Ruck durch die arabische Welt.
Obwohl dies nur ein anfängliches Krabbeln in die richtige Richtung darstellt, zeigt sich
schon eine Wirkung, soll heißen, wenn die arabische Welt bereit ist, mit einer Stimme zu
sprechen, dann kann sie was bewegen.

Auch motiviert durch diese euphorische Stimmung in der arabischen Welt haben es die
Palästinenser gewagt, nach dem eigenen Staat zu rufen. Dieser wäre ein großer Moment,
um alle Differenzen zu beseitigen und eine große innerpalästinensische Einigkeit zu
demonstrieren. Aber einmal mehr haben es die Palästinenser versäumt, über ihren
Schatten zu springen und die gute Gelegenheit zu nutzen, um für eine ehrliche nationale
Einheit einzustehen. Einmal mehr haben die Palästinenser bewiesen, dass sie
innerpolitisch noch einen langen Entwicklungsweg vor sich haben. Die Haltung der
Regierung in Gaza in dieser Frage geht als ein Schandfleck in die Geschichte dieser
Regierung und die der Hamas ein. Während alle Freunde, Halbfreunde und ehemaligen
Feinde aus der ganzen Welt an der Seite der Palästinenser standen, wurden sie von der
Regierung in Gaza im Stich gelassen. Kaum war die Rede von Abbas vor der Uno-
Vollversammlung zu Ende, schon traten die Sprecher der Regierung in Gaza auf, um zu
verkünden, dass die Rede sinn-und inhaltslos sei, entgegen der Meinung der ganzen Welt.
Verzeihung: ein Staat teilte Hamas diese Meinung, nämlich Israel. Man kann mit Mahmoud
Abbas und der Autonomiebehörde gewiss in vielen Fragen anderer Meinung sein und ihr
Verhalten in vielerlei Hinsicht nicht akzeptieren, aber wenn es um ein palästinensisches


Ereignis dieser Dimension auf der Weltbühne geht, dann kann sich keine wahre
palästinensische Seele der palästinensischen Geschlossenheit entziehen und sich dagegen
stellen, welche Einstellung auch immer sie selbst dazu haben mag. Es geht um nichts
Geringeres als die Anerkennung und Befestigung des Palästinensischen Staates in der
Weltgemeinschaft. Aber dennoch überwiegen immer die eigenen Interessen, das eigene
Kalkül und der krankhafte Egoismus. Nur dem Anderen ja keinen Erfolg gönnen, auch
wenn das ein Erfolg für das palästinensische Volk und sein Anliegen ist. Manche scheinen
aus Prinzip gegen alles und alle Anderen zu sein, und am Ende gegen das eigene Volk und
gegen sich selbst. Daran erkennt man deutlich, dass es ihnen an politischer Kultur und an
wahrem Patriotismus fehlt und das lässt ihre Glaubwürdigkeit stark in Frage stellen. Das
hat ihrem Ansehen als würdige Vertreter der Palästinenser massiv geschadet, und damit
haben sie die Palästinenser im Gaza-Streifen bloß gestellt. Wie hassbeladen und
verblendet muss man sein, um so ein Verhalten zu zeigen? Da kann man nur den Kopf
schütteln. Und so geht dieses schmutzige Machtspiel weiter und weiter auf Kosten des
palästinensischen Volkes und seines Anliegens.

Wir Palästinenser verlangen von der Welt Respekt und Anerkennung. Vielleicht sollten wir
erst mal lernen, uns gegenseitig zu akzeptieren und zu respektieren, eher wir das von den
Anderen erwarten.

Wir lernen aus der Haltung der USA zum palästinensischen Staat, dass das ganze Betteln
und Hoffen auf Amerikas Gnade nie etwas bringen wird. Denn Amerika verpasst uns einen
Korb nach dem anderen. Man kriegt nichts geschenkt im Leben, nicht in dieser Welt und
schon gar nicht von Amerika. Soll heißen, vielleicht sollten wir mal auf uns selbst setzten!
Und vielleicht ist die richtige Zeit gekommen, um auf die arabische Nation zu setzten.
Doch dafür sollten wir neue Voraussetzungen und neue Fakten schaffen. Ein Anfang ist
schon getan.

Kein arabisches Land hat es bis jetzt alleine geschafft, Einfluss auf der Weltbühne zunehmen, mag es auch noch über so viel Geld und Öl verfügen, eine nur zu einem Bruchteil
vereinte arabische Nation aber offensichtlich umso mehr. Bereits das kleinste Kind in der
arabischen Welt weiß, dass die arabische Nation es nur zu etwas bringen kann, wenn sie
sich vereint. Heute erleben wir, wie treffend dies ist. Wir erleben, dass wir nur mit
vereinter Stimme, mit einem neuen Geist und neuem Selbstbewusstsein Respekt und
Macht auf der Weltbühne erlangen können. Nur gemeinsam können wir die Zukunft
gestalten und jeden Kampf gewinnen. Daraus erkennen wir: wenn wir in der arabischen
Welt anfangen, uns gegenseitig zu achten und uns für einander zu interessieren, ist die
Welt bereit, sich für uns zu interessieren. Doch das ist ein langer Weg, eher wir die
Barrieren und die Vorurteile gegeneinander abgeschafft haben. Wir sind am Anfang dieses
Weges und haben die ersten Schritte bereits gemacht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir
diesen Weg ganz zu Ende gehen werden.

Der europäische Kompass wendet sich zwar langsam aber dennoch merkbar von Israel ab.
Hingegen ist der amerikanische Kompass noch ganz zu Gunsten Israels ausgerichtet. Wie
lange noch? Nicht mehr lange, wenn wir die Errungenschaften des arabischen Frühlings
richtig investieren. Und darauf sollten wir bauen.

Aus den modernen arabischen Revolutionen lernen wir auch, dass eine Nation ihre
Selbstverwirklichung nur selbst erreichen kann, und dass die Kraft dazu nur einem wahren
Willen und dem Glaube an sich und an der Sache entspringen kann. Freiheit hat zweifellos


ihren Preis und sie erreicht man nur, wenn man bereit ist, diesen Preis zu zahlen und kein
Opfer zu scheuen. Es ist gewiss kein reiner Enthusiasmus und keine pure Euphorie, dennjeder von uns spürt ihn „the wind of change“. Jeder spürt den Beginn einer neuen Ära.

Ehre, wem Ehre Gebührt! Und diese gebührt zweifellos den Helden des „arabischen
Frühlings“, die mit ihrem Mut diese Ära eingeleitet haben.

Raed Sabbah ist ein in Wien lebender palästinensischer Aktivist; Mitglied der
neugegründeten „Gesellschaft für Palästinensisch-Österreichische Beziehungen“. Er ist
erreichbar unter r.sabbah@gmx.de.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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