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Die Kultur des Kollapses

 Gideon Spiro *, Red Rag  , 9./ 18.Oktober 2009 

 

Der Nationalpark von Avdat war ein archäologischer Ort im Negev, wo eine alte nabatäische Stadt ausgegraben worden ist, und die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Diese  Stätte ist verwüstet worden. Alte Fundstücke von großem Wert wurden so beschädigt, dass sie nicht wieder repariert werden können.

Der Verdacht  fiel sofort  auf die Beduinen in der Nähe. Die Polizei vermutete, dass es ein Racheakt dafür war, dass Häuser der Beduinen, die dort in der Nähe wohnten, zerstört wurden. Verdächtige wurden verhaftet, aber sie leugneten, irgend etwas mit dem Verbrechen zu tun zu haben.

Die Verwüstung verursachte einen überstürzten Ausbruch der Verurteilung im Namen des Kulturerbes der Menschheit, einschließlich  einiger Leute, die sonst  von  Kultur  und ihrem universalem Sinn nicht viel am Hut haben.

Ich weiß nicht, wer die Akte der Verwüstung begangen haben, aber es ist nicht unvorstellbar dass es Beduinen waren, die die Härte und das Leiden, die das Regime ihnen auferlegt, einfach  nicht länger mehr ertragen konnten. Es vergeht kaum eine Woche, in der es nicht Berichte gibt, in der nicht Häuser in leichter Bauweise  beduinischer Bürger  von der Polizei  oder anderen Agenturen der Regierung brutal zerstört wurden ( wie dem Innenministerium, der sog. Grünen Patrouille, die mit Gewalt  Besitz der Beduinen beschädigt.)  Dazu kommt noch die anhaltende Diskriminierung in allen Bereichen: Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Gerechtigkeit etc

Ich war nicht beeindruckt von der Empörung, die der Polizeiminister, der rassistische Yitzhak Aharonowitz (aus Liebermans Partei) und  Generalmayor Yohanan Danino, der Chef der israelischen Polizei im südlichen Kommando,  zum Ausdruck brachten, als sie die Örtlichkeit besuchten. Diese beiden sind keine kultivierten Leute. Weder Danino, der die Beduinen  misshandelt, noch  Minister Aharoronitz, der die arabischen Bürger mit dem rassistischen Schimpfwort „Arabushimi“  bezeichnet ( dies entspricht dem Terminus „Nigger“ der weißen Rassisten in den USA), noch die Regierung Israels, die ihnen die bürgerlichen Grundrechte verweigert.

 

Wenn ein Mitglied des US-Kabinett heute solch einen Ausdruck verwendet, würde er sofort von seinem Amt entfernt. Aber in Israel kann ein Minister rassistische Ausdrücke benützen und bleibt in seinem Job und  tut noch so, als sei er ein Mensch von Kultur. Falls tatsächlich  Beduinen diese Verwüstung begangen  haben sollten als Protest gegen das Regime, dann trägt Israels Polizei einen großen Teil der Verantwortung für die Wut, die sich unter den Beduinen breit gemacht hat.

Die Gegend um Avdat wird von der Natur- und Parkbehörde verwaltet, eine Regierungs-behörde, deren Verwaltung sich auf Empfehlungen des Ministers für Umwelt stützt. Diese Behörde hat einen  wissenschaftlichen Ableger, einen Chef-Naturwissenschaftler, Archäologen und  ähnliche Leute, von denen man annimmt,  sie  seien kultiviert und gebildet . Eine der Gruppierungen, die dort unter der Aufsicht der Behörde wirken, wird die ‚Grüne Patrouille’ genannt. Nach diesem gut klingenden Namen  scheinen diese Leute  Ökologen zu sein. Aber dieser sympathische Name ist Teil der bewusst irreführenden  hebräischen Augenwischerei; denn die Patrouille ist Teil eines Haufens von Polizei-Bullen, Veteranen von Militäreinheiten der israelischen Besatzung mit viel Erfahrungen im Misshandeln und Töten.

Die Mitglieder der Grünen Patrouille gehören tatsächlich zur Behörde der Polizeiabteilung, deren wichtigste Funktion es ist, die Beduinen zu schikanieren und ihr Leben schwierig zu machen, sie von ihrem Land zu vertreiben, ihre Ernte zu vernichten ( manchmal durch Besprühen mit giftigen Substanzen), ihre Herde zu konfiszieren und  Strukturen (Zelte, Ställe …) zu zerstören. Mein Freund Nuri al-Uqbi, der seit fast  vier Jahren auf seinem Land in Araqib ein Sit-in als Protestdemo veranstaltet, leidet ständig unter den terroristischen Aktionen  dieser Patrouille, die wiederholt sein Zelt stahlen und  Arbeitern des Jüdischen Nationalfond helfen, dornige Akazienbäume  zu pflanzen, um ihn seines Landes zu berauben, von dem er  1950 das erste Mal vertrieben wurde - mit dem Versprechen, dass er nach einem halben Jahr wieder zurückkommen könne. Nun sind sechzig Jahre vergangen, und der Stamm von Al-Uqbi ist noch immer im erzwungenen Exil.

 

Die Geschichte von al-Ukbi ist  im Grunde die Geschichte aller Beduinen, die die Regierung Israels enteignet hat. Viele von ihnen leben in Dörfern, die die Regierung als „nicht anerkannte Dörfer“ definiert hat. Sie haben also keinen Zugang zu Wasser, zu Strom, zu Gesundheitsdiensten u.a. Welche Art  Kultur verweigert ihren eigenen Bürgern in der Hitze des Sommers  und in der kargen, trocknen Negevwüste das Wasser?

Wissenschaftler der Natur- und Parkbehörde sind sich der Aktionen ihrer Patrouille sehr bewusst und arbeiten mit ihr zusammen mit Rassismus und Diskriminierung, nicht nur innerhalb der Grünen Linie,  sondern auch innerhalb der besetzen Gebieten, wo Angestellte der Behörde als Abteilung der militärischen Verwaltung dienen. Sie sind keine Botschafter von Kultur, Bildung und Wissenschaft, sondern Partner beim Plündern und bei Gewalt-anwendung.  Sollte es sich wirklich herausstellen, dass Beduinen  die Tat bei Avdat  ausführten, dann tragen die Leute der Natur- und Parkbehörde einen Teil der Verantwortung für den Wandalismus.

Wenn ein Staat seine Bürger in dieser Weise behandelt, benimmt er sich in einer Weise, die im Widerspruch  zu den Werten von Kultur, Bildung und Wissenschaften stehen, die die UNESCO zu bewahren trachtet.

Politik der Bewahrung von kulturellen/ historischen Örtlichkeiten sollten integriert sein in demokratische Bildungs- und Kulturpolitik und zwar für alle Bürger auf der gleichen Basis. Ein Bürger, der nicht unter offiziellem Rassismus und Diskriminierung leidet, wird auch keine kulturell wichtigen Orte beschädigen.

Und  dass wir es nicht vergessen: der Staat Israel ist ein Serien-Zerstörer von kulturellen  und historisch  wichtigen Orten, vor allem solange es muslimische sind. Friedhöfe wurden aufgegraben  und  mit Erlaubnis des israelischen Staates zerstört und  zugunsten jüdischer  Grundstückshaie; Moscheen wurden missbraucht für alle möglichen jüdischen Institutionen.

Die Reparatur (der verwüsteten Stätte bei Avdat?) und der Wiederaufbau werden  mehr als 10 Millionen Schekel kosten. Würde es nicht viel besser sein, die 10 Millionen Schekel für die Verbesserung der Infrastruktur und für Dienste an den zerstreuten Beduinen  zu verwenden ?

 

·         Gideon Spiro ist der Gründer von Yesh Gvul ( Wehrdienstverweigerer)

·         http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=36200

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

 

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