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Beruhige dich, es wird
Krieg sein!
Ofer Shelach, Yedioth Aharonot, 30.Oktober 2005
Von Zeit
zu Zeit taucht ein politischer Führer auf , dessen Alma Mater
das Militär war, um noch einmal das zu verkünden, was der
verstorbene Moshe Dayan „das grausame Geschick unserer
Generation“ nannte. Es wird keinen Frieden geben, nicht einmal
ein formelles Ende der Feindseligkeiten – nicht zu unseren
Lebenszeiten und vielleicht überhaupt nicht.
Das Wesentliche dieses
Statements hat sich während der Jahre nicht verändert, auch wenn
es verschiedene Leute verschieden ausdrücken. Dayan hatte
zuweilen etwas Poetisches wie in der berühmten Rede bei der
Beerdigung von Roi Rosental. Aus dieser Rede stammt das obige
Zitat. Ehud Barak möchte lieber eine mathematisch-analytische,
sorgfältig kalkulierte Formulierung: „Es wird bis 2048 kein
Abkommen geben, bis die Nakba-Generation von 1948 nicht mehr
existiert.“ Der letzte in dieser Reihe, der
Verteidigungsminister Mofaz, sagt es lieber in einer Art
Unterhaltungston in einem Interview, das die Schlagzeile in
dieser Zeitung bildete (Wochenendausgabe 29.10.).
Man kann natürlich über
Mofaz’ Behauptung streiten, dass „wir mit der gegenwärtigen
Generation der palästinensischen Führung kein Abkommen machen
können“. Man kann sich fragen, ob dies ein Statement mit
objektiver Wahrheit ist – gewiss, die Palästinenser haben noch
keine maßgeblichen Entscheidungen über wichtige Kernpunkte
getroffen und Terror und Hass kommen weiterhin aus ihrer Mitte
-- oder ist es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung? Auf
beiden Seiten setzen Misstrauen und Rachegefühle auf nackte
Gewalt, die wiederum zu gewalttätiger Rache führt und
Misstrauen und Rache nur steigern.
Die interessanteste Frage
jedoch bezieht sich auf die Art des erleichterten Aufatmens,
das man immer dann hört, wenn politisch-militärische Figuren
diese alte Diagnose unserer Situation noch einmal verpacken und
vermarkten. Wir scheinen im realen Leben immer wieder den
klassischen Dialog der Komödianten ( Ha’Gashash Ha’hiver –
Blinde Spurenleseer) zu wiederholen:
„ Wird es Krieg geben?“
„Ja!“ „ „Nun, das beruhigt
mich!“
Die Öffentlichkeit fühlt
sich tatsächlich ruhiger, wenn sie diese Statements von Dayan,
Barak oder Mofaz oder einem Dutzend anderen hört. Fühlt man sich
ruhig, weil ihre politischen Generäle und ihre militarisierten
Politiker eine Realität und Weltanschauung nicht wirklich
definieren, sondern lieber auf etwas seit langem Vorhandenes
bauen. Die Art und Weise, wie Israelis und Araber dieses Landes
und dieser Region die Situation wahrnehmen, ist durch eine
tiefe Kluft getrennt, die bis jetzt nur wenige ernsthaft zu
überbrücken versuchten. Selbst die politischen und
diplomatischen Vereinbarungen, (die sog. „Friedensabkommen“)
wurden von jedem Führer dem eigenen Volk nicht als
Hoffnungsschimmer und als Anfang eines neuen gemeinsamen Lebens
in der Region verkauft – sondern im Gegenteil als ein Akt
weiteren Mauerbaus und der ( angeblichen) Realität , „keinen
Partner“ zu haben.
Es ist nicht umsonst, dass
Ariel Sharon, der typischste Vertreter dieser Weltanschauung,
den Rückzug aus dem Gazastreifen für die Palästinenser als
„eine Strafe“ darzustellen wählte und ihm den Namen „Abtrennung“
gab. Dabei wünschten die Israelis sich nichts sehnlicher, als
sich von dem sie umgebenden arabisch-muslimischen Meer zu
trennen. Solange man dieses Meer als auf ewig feindlich
darstellt und nicht bereit ist, irgend einen Frieden zu machen,
kommt der Wunsch hoch, sich total von dieser Region zu trennen
....
In den vergangenen beiden
Jahren, seit dem die USA in den Irak einfielen, wurde dieser
Selbstverhärtung in einer starren Schale so etwas wie Optimismus
hinzugefügt, die sich auf der Vermutung gründete, dass sich nun
Israels Situation verbessern und die der Araber verschlechtern
werde. Wenn es also keine palästinensische Führung gibt, die
bereit ist, ein Abkommen zu treffen, ist es auch nicht nötig,
nach solch einer Führung Ausschau zu halten oder Schritte zu
unternehmen, ein Auftauchen zu ermutigen.
Und was die fehlende Chance
betrifft, im Jahre 2000 mit Syrien Frieden gemacht zu haben -
was damit sich befassende Amerikaner und Israelis in Reichweite
glaubten – wird heute wie ein Wunder angesehen. Seht doch, wo
Syrien heute steht und wo wir sind! Wir haben es nicht nötig,
ein Abkommen zu machen, bei dem wir Land zurückgeben. Und was
ist ein von Assad unterschriebenes Friedensabkommen schon Wert?
Aber neben all dieser
Zufriedenheit besteht der Zweifel weiter: Was hat dies alles
für einen Sinn? Wie lange und für welches Ziel können wir mit
diesem ewigen Argwohn und der Arroganz der Macht leben, mit
blindem Glauben an die nackte Gewalt und die
Selbstgerechtigkeit, die jede Untat rechtfertigt? Wie lange
können wir uns noch etwas vormachen, dass es angeblich keine
Partner für Frieden gibt und jemals geben wird und uns nur mit
der Sicherheit des Krieges beruhigen?
(dt. Ellen
Rohlfs)
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