Felicia
Langer
Tübingen, 13. November 2015
Gedanken
Die
Flüchtlinge und ihr
Schicksal sind das Thema des
Tages. Es gibt viel
Menschlichkeit und
Solidarität mit den
Flüchtlingen, aber es gibt
leider auch andere Töne, die
empören. Zum Beispiel Herr
Schäuble, der mit einem
Lächeln im Gesicht die
Flüchtlinge mit einer
"Lawine" verglichen hat...
Die Flüchtlinge als
Naturkatastrophe. Dieser
Vergleich wurde in den
Medien heftig kritisiert.
Die Weltöffentlichkeit hat
jetzt sehr wenig Zeit für
die Palästinenser, die nun
fast 50 Jahre unter der
israelischen Besatzung
leiden. Es leben schon
500.000 jüdische Siedler in
den besetzten Gebieten, das
ist völkerrechtswidrig und
ein Kriegsverbrechen.
In meinem Arbeitszimmer
hängt ein Bild, das ich vor
kurzem bekommen habe, aus
Salfit in der Westbank, um
meine Aktivität als
Rechtsanwältin gegen den
israelischen Landraub zu
ehren. Ich habe vor Jahren
alles mir Mögliche getan, um
die Ländereien von Salfit
für die Palästinenser zu
retten. Leider meistens
vergeblich, aber nicht
immer.
Aus einem Teil des Landes
von Salfit und aus anderen
Ländereien ringsum ist die
Siedlung Ariel entstanden,
die mittlerweile schon eine
Stadt geworden ist, die
sogar eine Universität
besitzt...
Ich habe zusammen mit den
palästinensischen
Landbesitzern gegen die
völkerrechtswidrige
israelische Landenteignung
gekämpft. Ich habe diesen
israelischen Verstoß gegen
das Völkerrecht überall in
der Welt entlarvt,
verurteilt, und das
Schicksal der entrechteten
Palästinenser beschrieben,
so ausführlich wie möglich,
auch in meinen Büchern. Die
palästinensische Dankbarkeit
erwärmt mein Herz immer
wieder.
Jetzt zeigt sich ein
Hoffnungsschimmer. Die EU
hat beschlossen, dass Israel
Waren aus den Siedlungen als
solche kennzeichnen muss. "Pax
Christi" begrüßt es und
fordert die rasche Umsetzung
auch in Deutschland. Damit
soll künftig in allen 28
EU-Mitgliedsstaaten die
korrekte
Herkunftsbezeichnung für
Erzeugnisse aus den
besetzten Gebieten
eingeführt werden. ("Pax
Christi", Palästina Portal)
Ich frage: Wie viele Jahre
haben sie in der EU dazu
gebraucht, um Israel
aufzufordern, Gemüse und
Kosmetika aus
völkerrechtswidrigen
Siedlungen als solche zu
kennzeichnen....
Es gibt schon einen
entwickelten Markt in den
Siedlungen der besetzten
Gebiete, so zum Beispiel
Kosmetik, sie heißt "Ahava",
das ist das hebräische Wort
für "Liebe". Der Landräuber
hat also auch eine
literarische Phantasie...
Bis jetzt wurde "Ahava" als
eine israelische Ware
erfolgreich vermarktet.
"Pax Christi" schrieb, was
so viele wissen: "Israels
systematische Besiedlungs-,
Abriegelungs- und
Separationspolitik im
Westjordanland nimmt der
palästinensischen
Bevölkerung wertvolle
Ressourcen, inklusive
Wasser." Auch internationale
und deutsche Firmen sind
Nutznießer dieser
Besatzungspolitik.
Israel hat diese späte
EU-Entscheidung als
Antisemitismus bezeichnet
und mit der Kennzeichnung
von jüdischen Waren bei den
Nazis verglichen. Israel ist
immer bereit, unsere Toten
des Holocaust zu
instrumentalisieren.
Hoffentlich dieses Mal ohne
Erfolg.
Bitte begreifen Sie, dass
israelische Schamlosigkeit
durch das Schweigen der Welt
ernährt wird... Deshalb ist
jede Stimme so wichtig! |