Kein Partner für
Frieden: unser amerikanisches Problem
Jeff Halper, ICAHD
Es
war, als ob irgend ein Offizieller, vielleicht einer von Präsident
Obamas „Zaren“, wie der Zar für die Zerstörung der amerikanischen
Glaubwürdigkeit, eine systematische Kampagne organisiert hätte, um
die USA vom Rest der Welt zu trennen, aus ihr eine politische
Witzfigur zu machen und sie schließlich in eine zweitklassige Macht
zu verwandeln, die zwar fähig ist, mit enormer militärischer Wucht
um sich zu werfen, aber absolut unfähig ist, uns in eine bessere
Zukunft zu führen. Der israelisch-palästinensische Konflikt, wenn es
auch nicht der blutigste ist, stellt für viele Menschen auf der Welt
eine einzigartige Messlatte dar, an der die amerikanischen
Interessen und Absichten gemessen werden können. So betrachte man
die Botschaften, die diese Kette von Aktionen in die Welt aussendet:
- Am 10. August wurden vom Demokraten Senator Evan Bayh und dem
Republikaner Senator Jim Rish, beide Mitglieder des Senat-Komittees
für auswärtige Beziehungen, ein Brief an den Präsidenten geschickt
– beide von AIPAC, der israelischen Lobby unterstützt. Dieser Brief
war von 71 Senatoren unterzeichnet und rief die arabischen Staaten
dazu auf, normale Beziehungen mit Israel aufzunehmen, obwohl Israel
den Siedlungsbau nicht gestoppt habe , auch nicht die Enteignung von
palästinensischem Land oder das Zerstören palästinensischer Häuser,
geschweige denn die schwerwiegenden Einschränkungen des
palästinensischen Lebens, die die Mehrheit der Bevölkerung in Armut
getrieben haben. Der Brief bestätigt Israel, dass es weit
verbreitete parteiliche Unterstützung im Kongress habe und sich
keine großen Sorgen über Forderungen der Regierung machen müsse,
während sie der arabischen und muslimische Welt signalisiert, dass
man sie nicht ernst nehme.
- Am 17.September akzeptierte der UN-Menschenrechtsrat den
Goldstone-Bericht der UN-Erkundungsmission über den Gaza Konflikt.
Trotz der Anklagen der Mission über Israels Kriegsverbrechen hat
sich der südafrikanische Richter Richard Goldstone große Mühe
gegeben, Israel so weit als möglich in Schutz zu nehmen. Der
Bericht erwähnt also Israels 42 Jahre lange Besetzung des
Gazastreifens nicht, auch nicht die dreijährige Belagerung, die 1,5
Millionen Gazaer ohne ausreichende Verpflegung und medizinische
Versorgung oder das Notwendigste zum Leben lässt. Der Bericht
erwähnt auch nicht die Tatsache, dass es Israel war, das den
Waffenstillstand mit der Hamas brach und es sich weigerte,
wiederholte Aufrufe ( für eine Feuerpause) durch die Hamas
zurückwies. Tatsächlich spricht der Bericht auch von den
Verletzungen des Völkerrechts durch die Hamas und verlangt, dass
auch diese untersucht werden sollten. Nichtsdestotrotz verurteilte
die amerikanische UN-Vertreterin Susan Rice den Bericht sofort
(obwohl sie seine fast 600Seiten tatsächlich nicht gelesen hatte)
und versprach Israel, dass die USA im Kampf gegen den Bericht hinter
ihm stehen würden. Richter Goldstone bat die amerikanische Regierung
darum, anzuzeigen, wo „der Bericht falsch oder nicht ausgewogen
sei“ – er bekam aber nie eine Antwort.
- Am 31.Oktober tauchte die Außenministerin Hillary Clinton in
Israel bei einer Pressekonferenz mit Ministerpräsident Netanyahu
auf, lobte die „beispiellose“ Bereitschaft der israelischen
Regierung, den Siedlungsbau zu „beschränken“. Nachdem man Monate
lang - auch durch die Dutzenden von Besuchen des
Sonderbotschafters George Mitchell - Netanyahu darum gebeten hatte,
den Siedlungsbau zu stoppen – ist die US einfach eingeknickt. Israel
will weiter seine Siedlungen in Ostjerusalem ausdehnen, will weiter
3000 Wohnungseinheiten in den besetzten Gebieten bauen, und mit dem
Bau „öffentlicher Gebäude“ in den Siedlungen fortfahren und das
„natürliche Wachstum“ berücksichtigen und will fortfahren
zusätzliche Bauten zu genehmigen – eine seltsame Politik der
„Beschränkung“ die nur neun Monate dauern soll. Indem Clinton die
Palästinenser auf diese Weise im Stich gelassen hat, ebnete sie
Israel den Weg, sie anzuklagen, sie würden „unvernünftige
Vorbedingungen“ für beginnende Verhandlungen stellen – was
Netanyahu prompt noch in derselben Konferenz tat.
- Am 3. November verabschiedete das Repräsentantenhaus mit 344 zu
36 Stimmen eine Resolution, die den Präsidenten und die
Außenministerin aufrief, einstimmig gegen jede Unterstützung oder
weitere Überlegung des UN-Berichtes über den Gazakonflikt in
multilateralen Foren ( d.h. in der UN) zu sein. Dies wurde von vier
lautstarken Pro-Israel-Mitgliedern des Kongresses gesponsert –
Hovard Berman (D-CA), Vorsitzender des Komitees für ausländische
Beziehungen, Gary Ackerman (D-NY) Vorsitzender des Unterkomitees
für den Nahen Osten, und Dan Burton (R-IN), republikanisches
Mitglied im Unterkomitee – die Resolution nennt den
Goldstone-Bericht „ ein von Grund auf einseitig und weiterer
Betrachtung und Legitimität unwürdig“ und unterstütze die
Bemühungen der Regierung, die anti-israelische Einseitigkeit der UN
zu bekämpfen.
- Und wie haben die amerikanischen Offiziellen und Mitglieder des
Kongresses geantwortet? Was ist mit dem Aufruf des UN-Sekretär Ban
Ki-Moon an Israel – am selben Tag, als die Anti-Goldstone-Resolution
verabschiedet wurde - „mit den provokativen Aktionen in
Ost-Jerusalem aufzuhören“. Die UN berichtet: „Der Generalsekretär
ist bestürzt über Israels fortgesetzte Aktionen im besetzen
Ost-Jerusalem, einschließlich der Zerstörung palästinensischer
Häuser, die Vertreibung palästinensischer Familien und das
Eindringen der Siedler in palästinensische Stadtteile.
Die wachsende Entfremdung zwischen den USA und dem Rest der
Weltgemeinschaft, einschließlich Europas, ist selbst unter Obama ein
Versäumnis Amerikas, nämlich die Menschenrechte als Leidbild für
seine Außenpolitik zu nehmen. In einer Zeit, in der viele Völker der
Welt unter Verarmung, Konflikten und einem Gefühl leiden, dass ihre
Regierungen versagen und sie ungeschützt lassen, bedeutet das
Versprechen der universalen Menschenrechte ein Menge. Die Sprache
der Menschenrechte hat die USA noch nicht erreicht. Als ich kürzlich
im Kongress und im Außenministerium eine Runde machte und für eine
gerechte Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes sprach,
wurde mir gesagt, dass „Gerechtigkeit“ kein aktives Element der
amerikanischen Außenpolitik sei. Mir wurde sogar von zeitweiligen
Lobbyisten geraten, den Terminus „Menschenrechte“ bei meinen Treffen
mit Senatoren und Kongressleuten nicht zu verwenden, weil dies
anti-amerikanisch klingen würde, als ob es etwas gäbe, das das
amerikanische Gesetz und Politik übertrumpfen würde ( was die
Menschenrechte tatsächlich tun) . Aber nimm Gerechtigkeit und die
Menschenrechte aus der Außenpolitik – dann bleibt man mit einem
kurzfristigen Konfliktmanagement und einiger Schadensbegrenzung
zurück, die letzten Endes niemandem Frieden und Sicherheit bietet.
So entfernt man sich sicherlich von den Nöten und Sorgen der meisten
Menschen in der Welt.
Wie sehr die amerikanische Politik hinsichtlich der
palästinensischen Rechte von der der europäischen Alliierten
abweicht, geschweige denn von der muslimischen Welt, mit der sie
eine Art Stabilität und Entgegenkommen zu erreichen versucht, das
eine Verlegung seiner Soldaten erlaubt, hat Auswirkungen, die weit
über den speziellen Konflikt hinausgehen. Wenn die USA – wie so oft
– auf Seiten Israels stehen, aber gegen die ganze internationale
Gemeinschaft, was die Menschenrechte betrifft ( wie es das
gegenüber der Apartheid Südafrikas tat und u.a. mit der
Unterstützung der Contras in Nicaragua) dann wirft das ein
Schlaglicht weniger auf seine Isolierung als auf seine Führung .
Alle ihre anderen Slogans, wie „Verbreitung von Freiheit und
Demokratie“ sind hohle Worte. Weder Amerika noch sein einstmaliger
Verbündeter Israel können die Verantwortung für ihre Politik und
Aktionen umgehen. Realpolitik kann nicht eine Politik ersetzen,
deren Grundlage die Menschenrechte sind. Wenn die USA wünschen,
sich der internationalen Gemeinschaft anzuschließen und seine
Interessen echt verfolgen will, dann gibt es keinen besseren Platz
als eine Außenpolitik zu gestalten, die sich auf Gerechtigkeit
gründet. Bis dahin bleibt Amerika Teil des Problems und nicht Teil
der Lösung.
Jeff Halper ist Direktor des israelischen Komitees gegen
Hauszerstörungen.
4. 11.09
http://www.icahd.org/eng/articles.asp?menu=6&submenu=2&article=552
(dt. Ellen Rohlfs)
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