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„Was soll Israel tun?“
Miko Peled
28.
Dezember 2015

Israel wird von den arabischen Ländern
angegriffen, die es zerstören wollen, also, was sollte Israel tun?
Die israelischen Soldaten werden von palästinensischen Terroristen
mit Messern angegriffen, was sollen sie tun? Der Iran hat
Atomkapazitäten und will Israel von der Landkarte fegen, also, was
soll Israel tun? Die Hamas ist entschlossen, israelische Zivilisten
zu töten, also, was soll Israel tun? Und die Liste der Dinge, die es
Israel unmöglich machen, irgendetwas Anderes zu tun, als sich zu
bewaffnen und danach die Palästinenser anzugreifen und zu töten,
geht weiter und weiter. Deshalb besteht keine Hoffnung und kein
Grund, eine Änderung zu erwarten.
Okay, das ist schön und gut. Das war der
eine Liner, den israelische Offizielle eingesetzt haben, seitdem er
von General Moshe Dayan offiziell um ca. 1956 herum (wieder)
geschaffen wurde (und bereits vorher von Zeit zu Zeit von den
Zionisten eingesetzt wurde), um alles und jedes Verbrechen zu
rechtfertigen, das von dem Staat Israel begangen wurde. Moshe Dayan
war ein unfähiger, feiger Kriegsverbrecher, der berühmt wurde
aufgrund seiner Augenklappe. Er war auch ein bekannter
Antiquitätendieb und Frauenheld (es wird gesagt, dass als
Ben-Gurion, Israels erstem Premierminister, mitgeteilt wurde, dass
Moshe Dayans ungestillter sexueller Hunger zu einer Peinlichkeit
geworden war, antwortete: „ Na und?, König David war auch ein
Schürzenjäger, und er war ein großer König.“) Der als Stabschef der
israelischen Armee dienende Dayan drückte diese „was sollen wir
tun--Entschuldigung“ in einer unvergesslichen wortgewandten Rede vor
Israels Angriff gegen Ägypten von 1956 aus.
Dayan entfachte Furcht und den Glauben
an Bestimmung, als er die armen Flüchtlinge im Gazastreifen als
diejenigen darstellte, die (nur) darauf warteten, uns zu ermorden
und unser Blut zu vergießen“, weil, wie Dayan selbst zugab, „wir ihr
Land genommen und es in unser eigenes umgewandelt haben. Aber er
erklärte, wir hätten dies getan, weil wir keine Wahl hatten, oder
„was sollen wir tun?“ Nach tausenden von Jahren im Exil und endloser
Verfolgung und nach dem Nazi-Holocaust sind wir jetzt zurückgekommen
und müssen hier immer mit dem Schwert leben und dieses Schwert fest
im Griff halten, „denn, wenn der Griff gelockert wird“ werden die
nach Blut dürstenden Araber dies als Zeichen unserer Schwäche
ansehen, und jüdisches Blut wird durch die Straßen fließen. Mit
anderen Worten, vielleicht ist es gerechtfertigt, dass diese
blutrünstigen Araber, die uns hinter den Toren von Gaza anschauen,
hassen, aber das ist eine Realität, bei der wir keine andere Wahl
haben. Es ist unser Schicksal, ständig mit dem Schwert zu leben.
Wie praktisch!
Die Verbrechen, die von Israel begangen wurden, wurden begangen,
weil Israel keine andere Wahl hatte. In einem Interview, das vor
einigen Jahren vom israelischen Geheimdienstchefinterogator gegeben
wurde, beschrieb er, wie die Ärzte in israelischen Krankenhäusern
wegschauen, wenn die Agenten kommen, um die verwundeten
„Terroristen-Verdächtige“ in dem Krankenhaus zu foltern. Er
beschrieb, wie sie „nur ein bisschen an den Schläuchen zerrten“ und
dann bald darauf: „begannen die Araber zu sprechen.“ Dann fügte er
hinzu, dass natürlich keiner meine, dies sei in Ordnung, „aber was
sollten wir tun?“ Er rechtfertigte die unmoralischste und
fürchterlichste Folter an Menschen, die sich in der Obhut eines
Krankenhauses befinden. Die Ärzte schauten weg und die Agenten
machten ihr Ding mit der gleichen schamlosen Rechtfertigung: „Was
sollte Israel denn tun?“
Im Monat Oktober 2015, während ich in
Jerusalem war, sah ich Nachrichten im israelischen Fernsehen. In
diesem Programm interviewten sie das palästinensische
Knessetmitglied, Mohammad Baraka, von der Gemeinsamen Arabischen
Liste, der drittgrößten Partei im israelischen Parlament. Er wurde
auch gefragt: „Was sollte ein Soldat tun, wenn sich ihm ein
Palästinenser nähert, der ein Messer schwingt?“ Als Barakka über die
Besatzung zu sprechen begann, wurde er unterbrochen und man sagte
ihm, was er sage, sei irrelevant und er solle sich an die Frage
halten. Mit anderen Worten, die israelische Besatzung habe damit
nichts zu tun und: „Was sollte ein Soldat denn nun tun?“ Bitte sagen
Sie, dass das, was israelische Soldaten tun, gerechtfertigt ist,
dass der massive Mord an den Palästinensern in Ordnung ist, denn,
„was sollten die Israelis tun?“ Die Palästinenser im israelischen
Fernsehen werden gezeigt, um sie zu verspotten oder um ihnen zu
sagen, sie sollten den Mund halten.
Die ethnische Säuberung von Palästina
war gerechtfertigt, weil die Juden keine andere Wahl hatten. Der
schleichende Genozid an dem palästinensischen Volk ist
gerechtfertigt, weil Israel keine Wahl hat, der Mord an Tausenden in
Gaza ist gerechtfertigt, weil Israel keine Wahl hat und so weiter
und so weiter. In den US-Medien gingen sie tatsächlich noch einen
Schritt weiter und fügten hinzu: „Wir würden dasselbe tun“, um dem
Argument, „was sollte Israel tun?“, Gewicht zu verleihen.
Vielleicht ist es Zeit, über diese Frage
ernsthaft nachzudenken und zu sehen, ob es eine Antwort darauf gibt.
Was sollte ein Soldat tun: Sich aus den palästinensischen Städten,
Dörfern und Umgebungen zurückziehen, die Mauer abreißen und alle
Kontrollpunkte auf seinem Weg hinaus? Was sollte Israel gegen die
Raketen aus Gaza tun? Die Blockade von Gaza aufheben, die Mauer und
die Kontrollpunkte dort abreißen und den Menschen in Gaza die
Freiheit erlauben, die sie verdienen. Was sollen die Israelis tun?
Wenn sie nicht in einem Land mit einer
arabischen Mehrheit leben wollen, könnten sie irgendwoanders
hingehen oder sich damit abfinden und wenn sie sich dafür
entscheiden zu bleiben, sollten sie sich wie Einwanderer benehmen
und nicht wie Kolonialherren. (Die Unterscheidung ist wichtig und
wurde mir dank meines Neffen, Fay Elhanan klar).
Was die schwerwiegendste Frage angeht,
„was Israel tun sollte?“
Israel soll alle palästinensischen
Gefangenen frei lassen, alle Gesetze, die dem jüdischen Volk
Exklusivrechte in Palästina verleihen, aufheben, ebenso das Gesetz
aufheben, das Palästinensern die Rückkehr in ihr Land versagt ,und
die Billionen von Dollar anweisen, die benötigt werden, um
Entschädigungen an die Flüchtlinge und ihre Nachkommen zu zahlen.
Dann sollte Israel frei sein für Wahlen, ein Mensch - eine Stimme,
wobei alle, die in dem Mandatsgebiet Palästina leben,
gleichberechtigt abstimmen kann. Das ist es, was Israel tun sollte.
Miko Peled ist ein israelischer
Schriftsteller und Aktivist, der in den USA lebt. Geboren und
aufgewachsen ist er in Jerusalem. Sein Vater war der verstorbene
israelische General Matti Peled, der aufgrund einer persönlichen
Familientragödie dazu getrieben wurde, Palästina, die Menschen und
ihr Narrativ zu erkunden. Er hat ein Buch über seine Reise aus der
Sphäre eines privilegierten Israeli in die der unterdrückten
Palästinenser geschrieben. Sein Buch trägt den Titel: „Des Generals
Sohn, Reise eines Israeli in Palästina.“ Peled spricht national und
international über das Thema Palästina. Peled unterstützt die
Gründung eines einzigen demokratischen Staates im gesamten
Palästina, er ist auch ein starker Unterstützer von BDS.
(Deutsch: Inga Gelsdorf)
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