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 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 7.7.2005

Liebe Leute,

Dorothy schickt schon wieder Berichte in einer Fülle mit der ich kaum Schritt halten kann. Beim Lesen überkommt mich immer wieder Entsetzen und Trauer, dass die Welt und speziell die Bundesrepublik schweigend mit ansehen kann, wie ein von der westlichen Welt anerkanntes und hofiertes Land auf solch bestialische Weise mit seinen BewohnerInnen umgehen kann.

Ich grüße euch,
Anka


Die Menschenrechtsorganisation B'Tselem veröffentlicht einen neuen Bericht über die weitergehenden Bemühungen der Regierung, die Palästinenser aus den Höhlen in den Südhebron Bergen auszutreiben. Die BewohnerInnen wurden 2000 vertreiben, konnten aber dann durch ein Urteil des Obersten Gerichtes zurückkehren bis ihr Anliegen vom Gericht
entschieden wird. Seitdem leben sie unter der Bedrohung der Vertreibung.

Der Bericht beschreibt die Einschüchterung, der sie vor allem durch eine Gruppe besonders gewalttätiger Siedler ausgesetzt sind. Weder die Polizei noch die Armee bemüht sich um den Schutz der PalästinenserInnen. Zudem haben Panzer mehrmals Agrarland zerstört, und die Ziviladministration verbietet jede Konstruktionstätigkeit, auch um die Wasserversorgung zu sichern.
 


B'Tselem berichtet auch, dass das Oberste Gericht hat einen Teil des Mauerbaus um den Jerusalemer Stadtteil A-Ram gestoppt, da sie direkt durch eine Nachbarschaft hindurchgehen soll. Ein Teil davon ist allerdings schon gebaut. Die Mauer wird A-Ram völlig umringen und das Leben seiner 60 000 BewohnerInnen stark einschränken. Die EinwohnerInnen sind von Ostjerusalem und die umliegenden Dörfer völlig abhängig für alle Aspekte des täglichen Lebens.
 


In Hebron haben Siedler ein 10jähriges Kind, das auf der Straße Süßigkeiten verkaufte, angegriffen. Ein etwa 30jähriger Mann, der versuchte, das Kind zu schützen, wurde zu Boden geschleudert und erlitt einen Schädelbruch. Er wurde von Soldaten ins Krankenhaus gebracht, nach einer Stunde aber entlassen und von den Soldaten auf der Straße abgesetzt, obwohl er sagte er habe kein Geld für ein Taxi. Er musste mehrere Stunden zu Fuß gehen, ehe er von einem Auto mitgenommen wurde.

Ein Unterausschuss des Knesset bespricht eine Gesetzesnovelle, die die Regierung von jeder Verpflichtung zur Kompensation von PalästinenserInnen, die von Soldaten verletzt werden, enthebt.

 


In einem weiteren Schreiben schickt Dorothy drei Artikel aus Ha'aretz.

Ihre eigenen Worte, mit denen sie sie einführt, geben den Inhalt kürzer und auch eindringlicher wieder, so werde ich mich darauf beschränken:

"Ich fange mit Gideon Levy an, der etwas von dem Frust und der Wut ausspricht, die ich in den letzten Tagen empfunden habe. Zum Beispiel hat ein Großteil der Welt gehört, dass im Gazastreifen bösartige Siedlerjugend einen jungen Araber fast zu Tode gesteinigt hat. Es wurde aber kein Wort darüber gesagt, dass das Ereignis alles andere als außergewöhnlich war, vielleicht war das Außergewöhnliche nur, dass es gefilmt wurde. Ähnliche Siedlerjugend in der Westbank und ihre Eltern zögern nicht, einen junger Palästinenser bei der Olivenernte zu töten, Schafe in den Südhebronbergen zu vergiften oder Stein auf ältere PalästinenserInnen auf der Straße in Hebron zu werfen, oder Palästinenser aus ihren Dörfern zu vertreiben.

Dass sind alle keine fiktionalen Ereignisse, sie sind mehr als einmal passiert. Solche Siedler machen auch nicht Halt bei Palästinenern. Sie zielen auch auf Israelis, die sich mit unschuldigen PalästinenserInnen solidarisch gegen Landenteignung, Baumentwurzelung und anderen Ungerechtigkeiten stellen. Nicht alle Siedler sind wie diese Hooligans, aber ihre Zahl scheint zuzunehmen.



Die israelische Öffentlichkeit will von solchen Dingen nichts hören. Was sie dagegen hört sind Lügen über Lügen. So erklärte zum Beispiel ein Offizier der Grenzpolizei heute im Radio dass, während Demos gegen Landenteignung und Baumzerstörung in Dörfern der Westbank meist ruhig beginnen, sie sehr schnell in Gewalt ausarten. Die Gewalttätigkeit der ProtestiererInnen zwingt die Polizei dazu, mit Gewalt einzuschreiten.

Das Gegenteil ist wahr. Die Dörfler, Israelis und Internationale sind es nicht, die die Gewalt beginnen. Wir kommen ohne Waffen, ohne Tränengas, Pferde oder Schlagstöcke. Die IOF und Grenzpolizei dagegen damit und sie benutzen sie reichlich und ohne Provokation, ganz kurz nachdem ein Marsch einsetzt. Ist es dann ein Wunder, wenn palästinensische Jugend mit Steinen antwortet?

Auch wenn die Wahrheit veröffentlicht wird, wie in dem zweiten Bericht über den unglücklichen Tod eines Polizisten, wird sie unvermeidlich mit Lügen beantwortet. So sagten heute in den Radionachrichten andere junge Polizisten aus der gleichen Einheit dass der Gestorbene sich an dem Tag schlecht gefühlt hatte und seine Vorgesetzten gebeten hatte, ihn vom Dienst zu befreien. Ein Offizier hat diese Behauptung sofort zurückgewiesen und behauptet dass der junge Mann stark gewesen sei, ein Sportler sei und sich wohl gefühlt habe und dass sein Tod durch Steinigung erfolgt sei. Das Problem ist dass Israelis so von Lügen eingedeckt werden dass die Wahrheit den meisten unglaublich erscheint; die meisten Fabrikationen werden geglaubt.
 


Beim dritte Beitrag geht es um einen Arbeitstag. Ich konnte an diesem nicht teilnehmen, war aber oft genug dabei, um das Gefühl zu kennen - eine gewisse Hochstimmung dadurch, dass man etwas Positives geleistet hat, wenn auch nur für kurze Zeit. Oft sind die materiellen Leistungen kurzlebig, da sie von Soldaten oder Siedler oder Grenzpolizei bald
zerstört werden. Solche Zerstörung vernichten aber nicht die Wärme der Freundschaft zwischen Israelis und Palästinenser und Internationale die an Arbeitsprojekten teilnehmen. Und dafür lohnen sie sich. Was aber die tatsächlichen Leistungen in Richtung auf Veränderung angeht, gewinnt die IOF und die Regierungspolitik fast immer. Die Mauer wird weiter gebaut, Siedlungen erweitert, Bäume entwurzelt, den Palästinensern die Passierscheine vorenthalten, das Land enteignet.


Der erste beigefügte Artikel von Gideon Levy bezieht sich darauf, dass die Medien, die seit Jahren das Los der Siedler als ein schwieriges und opfervolles dargestellt haben, nun immer deutlicher die von Siedlern (seit Jahren) ausgehende Gewalt zu zeigen und dadurch die israelische Offentlichkeit schockieren und entsetzen. Hätten sie früher so berichtet, wäre die Politik vielleicht anders verlaufen.

Im zweiten Artikel über den Tod des Polizisten sind die Behauptungen der Polizei, sie seien zunächst von Gewalt ausgegangen, da er bei seinem Tode dabei gewesen war, eine gewalttätige Demo mit steinewerfenden Palästinensern aufzulösen kommentarlos der Aussage der Anarchisten gegen die Mauer gegenübergestellt, es habe in dem genannten Bereich überhaupt keine Demonstration an dem Tag gegeben.

Beim dritten geht es um einen Arbeitseinsatz, um ein altes Aquadukt, das seit Jahren von den Israelis durch ein Stausystem blockiert war, zu reinigen, damit sein Wasser in ein palästinensisches Dorf geleitet werden kann. Das Projekt hat viel Aufmerksamkeit auf das Vorhaben der Israelis gelenkt, das Dorf al-Bustan in Ostjerusalem zu zerstören
zugunsten eines "archäologischen Parks".


Zuletzt berichtet Dorothy noch von einem Anruf um 0 Uhr 15, dass Bulldozer gerade angefangen hätten, Bäume in einem Dorf auszureißen.
Sie hat die Ziviladministration angerufen und wartet auf Anruf - warum mitten in der Nacht? obwohl sie den Grund natürlich kennt - damit die Dörfler keinen Protest organisieren können. Die ZA hat kurz darauf zurück gerufen, man habe jetzt mit dr Arbeit aufgehört und würden morgens weitermachen "um die Dorfbewohner nicht zu stören"! "Wie nett von ihnen, wie entzückend! Es kommt jemand in meinen Garten um Bäume auszureißen, ist aber rücksichtsvoll genug es morgens zu tun, so dass ich gut schlafen kann!!!!

Entschuldigung - ich muss meine Gefühle unter Kontrolle halten.
Vielleicht morgen.
Gruß, Dorothy"



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