
Palästinensische Demonstranten
fordern ein Ende der brutalen Behandlung durch die PA
- 19.12.2018 -
Die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autorität haben
Schlagstöcke verwendet, um Demonstrationen in Hebron und in
Nablus zu unterdrücken und Journalisten am Filmen der
Vorfälle zu hindern.
Jamal Karameh hat mehrere
Zähne verloren, als Sicherheitskräfte der PA ihn am 14.
Dezember in Hebron, einer Stadt im Süden der besetzten
Westbank, mit Schlagstöcken angegriffen haben.
Der 50-jährige Jamal Karameh
nahm in der letzten Woche an einem friedlichen Marsch gegen
die Intensivierung der israelischen Militäroperationen in
den Städten der Westbank teil. Die Kundgebung sollte vom
Zentrum Hebrons aufbrechen und etwa 2km weit nach Bab
al-Zawiya führen. Karameh trug ein festliches marineblaues
Jackett, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte, weil er
nach dem Marsch an der Hochzeit eines Mitglieds seiner
Familie teilnehmen wollte, die nach dem Freitagsgebet
stattfand.
Er hat gegenüber Middle East
Eye erklärt, dass Mitglieder der palästinensischen
Sicherheitskräfte versucht haben, die Kundgebung zu
unterdrücken und dann ihn anzugreifen und ihn mit Gewalt in
ein ziviles Fahrzeug zu stoßen. Als er es wagte Widerstand
zu leisten, umkreisten sie ihn und schlugen ihn mit
Schlagstöcken auf den ganzen Körper und auch auf den Kopf.
Wenige Augenblicke später lief
seine Frau Hanaa auf sie zu und warf sich über ihren Mann,
um zu versuchen, ihn zu schützen und die Schläge abzuwenden.
Karameh, der mehrere Jahre in
israelischen Gefängnissen gewesen war, ist wiederholt von
den Sicherheitsdiensten der PA angehalten und vorgeladen
worden. Die israelische Armee hat im Oktober eine nächtliche
Razzia in seiner Wohnung durchgeführt.
Die Tochter von Karameh, Janeh,
hat in einer Veröffentlichung auf Facebook erklärt, der
Angriff der palästinensischen Sicherheitskräfte der PA auf
ihren Vater habe sie an die israelische Razzia erinnert, bei
der ihr Vater und ihre Mutter festgenommen wurden und ihr
Bruder Tränengas ausgesetzt war.
Jamal Karameh gab gegenüber
Middle East Eye an, dass sein 12-jähriger Sohn bei ihm war,
als es zum Angriff von seiten der PA kam.
"Es war ihnen egal" -
"Es war ihnen egal
und sie fuhren fort mich zu schlagen, bis eine Gruppe
Journalisten aufmerksam wurde und kam, um die Attacke zu
filmen. In diesem Augenblick hörten sie auf", erzählte er
und schilderte, dass er Prellungen am ganzen Körper und
Schnittverletzungen am Kopf und mehrere Zähne im Unter- und
Oberkiefer verloren hatte.
Jamal Karameh ist nicht der
einzige, der bei der Auflösung des Marsches, an dem
anläßlich des 31. Jahrestages der Gründung der Hamas
dutzende Personen teilgenommen haben, von der AP angegriffen
worden ist.
Die Sicherheitskräfte der PA
begannen Frauen und Kinder zu attackieren, die am Marsch
teilnahmen, und hinderten Journalisten am Filmen und
Fotografieren, wie Zeugen erklärt haben.
Sari Jaradat, eine
Journalistin, die den Marsch aufgenommen hatte, hat
bestätigt, dass sich dutzende Mitglieder der
palästinensischen Sicherheitskräfte in der Gegend verteilt
hatten und diese zur militärischen Sperrzone erklärt worden
war, als es gar keinen Grund dazu gab.
"Das war ein friedlicher
Marsch, und es gab nicht mehr als 50 Teilnehmer , von denen
viele Frauen und Kinder waren.
"Sie sind etwa 50m marschiert,
bevor die Sicherheitskräfte der PA anfingen, Blendgranaten
direkt auf die Leute zu werfen. Dann haben sie angefangen,
die Männer anzugreifen, zu schlagen und festzunehmen."
Sari Jaradat hat erklärt, dass
die Sicherheitskräfte die Reporter eingekreist und bedroht
haben, um sie zu hindern näherzukommen und zu filmen.
Die Journalisten, die für
Regierungsmedien arbeiteten, waren entschlossen, die Arbeit
der anderen Journalisten zu behindern und stellten sich vor
ihre Kameras, um ihnen die Sicht zu vesperren, fügte sie
hinzu.
Ein anderer lokaler
Journalist, der vor Ort war, Abdulmohsen Shalalda,
bestätigte, dass er, als er die Aggresionen gegen Karameh
aufnahm, von zwei Agenten des Sicherheitsdienstes
weggeschleift und mit Schlagstöcken trackiert worden ist.
Dann hätten sie versucht, ihn ein in der Nähe stehendes
Fahrzeig zu stoßen, um ihn festzunehmen.
"Als die Situation angespannt
war und die Aggression gegen Karameh schlimmer wurde, haben
sie mich losgelassen und sich wieder ihm zugewandt",
erklärte Shalalda gegenüber Middle East Eye.
Zahlreiche
Festnahmen - Auch
Malek Jaabari, der Kommunikationswissenschaften studiert und
eine Ausbildung an einer lokalen Pressestation macht, wurde
angegriffen, bevor er festgenommen wurde. Jaabari wurde nach
mehr als zwei Stunden wieder freigelassen.
"Ich habe im Haftzentrum mehr
als 20 Männer und darunter auch ältere Männer gesehen, die
bei der Unterdrückung der Kundgebung festgenommen worden
waren. Die meisten von ihnen waren von Personen in Zivil
festgenommen worden, die sie in zivilen Fahrzeugen zum
Posten gebracht hatten", erklärte er gegenüber MEE.
Die
exzessive Anwendung von Gewalt durch die PA betrifft nicht
nur Hebron. -
In Nablus haben die
Sicherheitskräfte am selben Tag einen ähnlichen Marsch
zerschlagen und Journalisten daran gehindert, den Vorfall
aufzunehmen.
Im Juni dieses Jahres war es
bei einem in Ramallah organisierten Marsch ebenso, bei dem
die Aufhebung der Sanktionen gefordert wurde, die Präsident
Mahmud Abbas über den Gazastreifen verhängt hatte.
Die Sicherheitskräfte der PA
hatten damals die Demonstranten daran gehindert, den Komplex
des Präsidenten der PA und den Sitz der PLO zu erreichen.
Die Volksfront zur Befreiung
Palästinas (PLFP) reagierte auf das Vorgehen der PA gegen
die Kundgebungen in Hebron und Nablus und veröffentlichten
ein Komuniquee, in dem die politische Partei die
Aggressionen als eine "Schande für die Führungskräfte der PA
und ihrer Sicherheitskräfte" bezeichnete.
Die Partei rief die
Sicherheitskräfte auf, das palästinensische Volk zu schützen
und Angriffe der israelischen Armee und von Siedlern zu
verhindern, anstatt Freiheiten einzuschränken und friedliche
Proteste zu unterdrücken.
Untersuchung gefordert -
Die
palästinensische Anwaltsvereinigung hat die Reaktion der PA
ebenfalls verurteilt. In einer Erklärung vom 14. Dezember
forderte die Vereinigung die politische Partei, die an der
Macht ist, die Fatah, auf, die Vorgänge zu untersuchen und
betonte, dass das Recht auf Versammlungs- und Redefreiheit
vom Grundgesetz garantiert wird und in keiner Situation
verletzt werden darf.
Nach Majed Arouri, ein in
Menschenrechten und in Recht spezialisierter Journalist,
muss die Meinungs- (Rede-)Freiheit um jeden Preis und sogar
in Notfällen geschützt werden.
Er erklärte gegenüber MEE,
dass friedliche Demonstrationen wie die in Hebron und Nablus
die Anwendung exzessiver Gewalt durch die Sicherheitskräfte
der PA nicht gerechtfertigt haben.
"Die Repression, die Hebron
stattgefunden hat, bestätigt, dass die Sicherheitskräfte
exzessive Gewalt angewendet haben, was untersucht werden
muss, da sie ein beunruhigender Indikator für die Realität
der Meinungsfreiheit in Palästina ist", behauptete der
Journalist.
Das palästinensische Recht
garantiere in vollem Umfang das Recht auf Meinungsfreiheit,
vor allem das Recht sich zu versammeln und friedlich zu
protestieren, fuhr er fort. "Was man von den
Sicherheitskräften der PA verlangt, ist, dass sie
Versammlungen schützen und sie weder einschränken noch
Gewalt gegen sie anwenden."
Die Sicherheitskräfte
verteidigten ihr Vorgehen damit, dass die Kundgebungen die
PA und ihren Präsidenten Mahmud Abbas kritisieren sollten.
Von der AP verteidigtes
Vorgehen - In den
Erklärungen für die Medien machte der Sprecher der
Sicherheitskräfte der PA, Adnan Damiri, geltend, dass
Schlagstöcke und Blendgranaten keine gewaltsamen Mittel
seien, und dass deshalb bei der Unterdrückung der
Kundgebungen auch keine Gewalt angewendet worden sei.
Der Grund dafür, dass die PA
gegen den Marsch vorgegangen ist, sei, "dass dieser von der
Hamas gegen die PA und nicht gegen die Besatzung" gestartet
worden sei, fügte er hinzu.
"Wie können wir still bleiben,
wenn zu einem Marsch gegen die PA und gegen die
Sicherheitskräfte aufgerufen wird?", fuhr er fort, fügte
aber hinzu, dass es aufgrund aller gegen die Agenten der
Sicherheitskräfte formulierten Klagen eine Untersuchung
geben werde.
Am Montag haben Organisationen
der Zivilgesellschaft den Ministerpräsidenten Rami Hamdallah
getroffen, um von der Regierung den Respekt der vom
palästinensischen Recht garantierte Meinungsfreiheit zu
fordern.
Laut Arouri versprach
Hamdallah, eine Untersuchung der Vorkommnisse einzuleiten.
Auf Fragen von MEE erklärte
Khalil Assaf, Direktor des Konsortiums unabhängiger
Palästinenser, eines Volksvereins von Geschäftsleuten und
Akademikern: "Für das, was in Hebron und Nablus geschehen
ist, gibt es keinerlei Rechtfertigung. Das Volk hat das
Recht, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken, das ist ein
Recht, das vom palästinensischen Recht und von
internationalen Übereinkommen geschützt ist. Ein Agent der
Sicherheitskräfte muss das Recht wahren und darf nicht es
verletzen."
Quelle
Übersetzung aus dem
Französischen: K. Nebauer |