
Der Internationale
Strafgerichtshof hat bei seiner Voruntersuchung in Palästina
begangener mutmaßlicher Kriegsverbrechen "deutliche
Fortschritte gemacht". - 6.12.2018
Das Büro des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs
(ICC) hat mitgeteilt, dass die Voruntersuchungen zu
mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Palästina "deutliche
Fortschritte gemacht" haben. In der Voruntersuchung wurde
der Fokus speziell auf die israelischen Siedlungen und die
Zerstörung palästinensischer Häuser gerichtet.
Nach dem jährlichen Memorandum des ICC hat das Büro "seine
Analyse auf die im Westjordanland einschließlich
Ost-Jerusalem seit 13. Juni 2014 begangenen mutmaßlichen
Kriegsverbrechen zentriert". Oder anders gesagt: "Die
israelischen Behörden waren maßgeblich an der Ansiedlung von
Zivilbevölkerung im Territorium des Westjordanlandes
einschließlich Ost-Jerusalem sowie an der Vertreibung der
palästinensischen Bevölkerung aus ihren Häusern beteiligt."
Das Büro stellt fest, dass "zu den mit den Siedlungen
zusammenhängenden Aktivitäten die Konfiszierung und
Aneignung von (palästinensischem, Ü.) Land gehörten; (und
ebenso) die Planung und Genehmigung der Erweiterung von
Siedlungen sowie der Bau neuer Wohneinheiten und der
Infrastruktur im Zusammenhang mit den Siedlungen."
Der Bericht erwähnt auch "die Regularisierung von Bauten,
die ohne die von den israelischen Behördern geforderten
Genehmigungen errichtet wurden (gemeint sind die
"Außenposten") sowie die Gewährung von öffentlichen
Zuschüssen, Anreizen und anderen Geldern, die speziell von
lokalen Behörden für die Siedler und die Leiter der
Siedlungen bestimmt sind, damit sie zur Migration in diese
Siedlungen ermutigen und deren wirtschaftliche Entwicklung
ankurbeln".
Das Büro des Anklägers bestätigt außerdem, dass "die
israelischen Behörden in die Zerstörung von
palästinensischem (Grund-)Besitz und die Vertreibung der
palästinensischen Bevölkerung aus ihren Häusern im
Westjordanland und in Ost-Jerusalem verwickelt sind".
Das Memorandum fährt fort zu erklären, "dass die
israelischen Behörden Berichten zufolge mit ihren Plänen zur
Umsiedlung der Beduinenbevölkerung und anderer in der Zone
E1 anwesenden, Weidewirtschaft betreibenden Gemeinschaften
und Nomaden weitere Fortschritte gemacht haben,
einschließlich der Beschlagnahmung von Wohnimmobilien und
der dazugehörigen Infrastruktur oder ihrer Zerstörung".
Anschließend weist der Bericht darauf in, dass "das Büro in
seinen Ermittlungen 2018 deutliche Fortschritte gemacht
hat", und fügt hinzu, dass "in Anbetracht der minutiösen
Analyse dieser Situation durch das Büro seit 2015 der
Ankläger beabsichtigt die Voruntersuchungen so früh wie
möglich zu Ende zu führen".
Quelle Übersetzung: K. Nebauer
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Ein Jahr danach: Die
politischen und menschlichen Auswirkungen von Trumps
Entscheidung über Jerusalem - Yumna Patel -
6.12.2018 - Heute vor einem Jahr verkündete US-Präsident
Donald Trump, dass er Jerusalem als Hauptstadt Israels
anerkennen würde, womit er mit der jahrzehnterlangen US- und
internationalen Politik in der Region brach.
Die Ankündigung löste weite Proteste im besetzten
palästinensischen Territorium und dem Gazastreifen aus, von
denen einige bis heute andauern. Die politischen Folgen von
Trumps Entscheidung waren eindeutig: die USA haben praktisch
jeglichen palästinensischen Anspruch auf die Stadt,
insbesondere auf Ost-Jerusalem weggewischt, das die
Palästinenser als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates
beanspruchen. Trump "hat Jerusalem vom Tisch genommen", wie
er es nannte, indem er die Stadt prinzipiell Israel, ihrem
unrechtsmäßigen Besatzer, "gab" und die Palästinenser zwang,
in Verhandlungen über andere nebensächliche Fragen
einzuwilligen.
Damals lehnten die Palästinenser mit Protesten und der
Einstellung der diplomatischen Beziehungen zu den USA Trumps
Selbstermächtigung, bestimmte Endstatusfragen vom
Verhandlungstisch zu nehmen oder dort zu belassen, ab. Es
schien, dass der schlimmstmögliche Schaden bereits
angerichtet war.Aber im Lauf des nächsten Jahres sollte
Trump und seine Administration eine Reihe von Maßnahmen
gegen die Palästinenser verkünden und beschließen, um sie zu
zermürben, bis sie gezwungen wären, an Netanyahus und
TrumpsVerhandlungstisch zu kommen und zu nehmen, was auch
immer sie bekommen können.
Trumps Jahr in Palästina: eine Chronik - Nach Trumps
Ankündigung begann die US-Regierung mit den Vorbereitungen
für den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem,
ein Plan, mit dem er seit seiner Wahlkampftour warb. Bis zu
Trump ließen die Länder ihre Botschaften in der
international anerkannten Hauptstadt Israels, Tel Aviv, um
eine Einflussnahme auf die Verhandlungen zwischen Israel und
den Palästinensern über die Zukunft Jerusalems zu vermeiden.
Im Januar strichen die USA ihre Beiträge zur UNRWA, der
UN-Agentur, die palästinensischen Flüchtlingen wesentliche,
grundlegende Dienstleistungen zur Verfügung stellt,
drastisch zusammen und zahlten der Agentur statt der
zugesagten $365 Millionen nur $60 Millionen.
Am 14. Mai reisten Trumps Tochter Ivanka und ihr Ehemann
Jared Kushner, hochrangiger Berater des Präsidenten, nach
Jerusalem, um die Botschaft (dort) zu eröffnen. Die
Eröffnung der neuen Botschaft fiel auf den 70. Jahrestag der
palästinensischen Nakba oder "Katastrophe", als zur Gründung
des Staates Israel 1948 mehr als 700.000 Palästinenser aus
ihren Häusern (ihrer Heimat) vertrieben wurden.
Am 24. August gab das US-Außenministerium die Kürzung der
finanziellen Hile für die Palästinensische Autonomiebehörde
für Projekte in der Westbank und Gaza um $200 Millionen und
die Umleitung des Geldes in "Projekte mit anderweitiger
hoher Priorität". Palästinensische Amtsträger outeten sich
stark gegen diese Entscheidung und beschuldigten die USA
Taktiken der "Nötigung" und der Anwendung "politischer
Erpressung".
Nur eine Woche später kündigten die USA an, jegliche
finanzielle Unterstützung der UNRWA einzustellen und
brachten sowohl die Agentur in die Gefahr (Dienstleitungen)
herunterzufahren, als auch ihre mehr als 5 Millionen
registrierten palästinensische Flüchtlinge in die Gefahr
unverzichtbare Dienstleistungen wie Bildung,
Arbeitsprogramme und Lebensmittelhilfe zu verlieren. Am 8.
September ordnete Trump an, die für die Pflege von
Palästinensern in Ost-Jerusalemer Krankenhäusern bestimmten
$25 Millionen im Rahmen der "Überprüfung der Hilfe"
anderswohin zu leiten.
Das palästinensische Außenministerium kritisierte die
Kürzung der Hilfe als Teil des Versuches der USA "die
palästinensische Sache zu liquidieren" und sagte, sie würde
das Leben tausender palästinensischer Patienten und
Krankenhausbeschäftigten gefährden. Zwei Tage später ordnete
die Trump-Administration die Schließung des Büros der
palästinensischen Vertretung an und beendete damit die fast
25-jährige Präsenz der PLO-Mission in Washington D.C. Die
Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, sagte
Journalisten, die Entscheidung sei getroffen worden, nachdem
sich die palästinensischen Führer geweigert hätten, "den
Beginn direkter und sinnvoller Verhandlungen mit Israel
voranzubringen".
Letzten Monat tauchten Berichte auf, dass im Bestreben, den
palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas zu
Friedensgesprächen zu zwingen, die US-Agentur für
internationale Entwicklung (USAID), die jedes Jahr Millionen
Dollar in Projekt-basierte Hilfe für die palästinensischen
Gebiete zur Verfügung stellt, ihre Operationen 2019 komplett
einstellen wird. Seit USAID 1994 zu arbeiten begonnen hat,
hat es etwa 5,5 Milliarden Dollar in der Westbank und dem
Gazastreifen für Straßenbau, Wasser-Infrastruktur, Schulen,
Krankenhäuser und Gemeindezentren investiert.
Auswirkungen auf die Menschen - Im Lauf des Jahres
folgten auf jede US-Entscheidung mehr Aufschrei und
Verurteilung durch palästinensische Amtsträger; die
tatsächliche Auswirkung der Änderungen von Trumps
Außenpolitik wurde am stärksten von einigen der
verletzlichsten Gemeinden im besetzten Palästina und in der
Diaspora verspürt. Unmittelbar nach Trumps Ankündigung
Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen, wurden
während der Proteste in der Westbank und in Ost-Jerusalem
hunderte Palästinenser verhaftet. Die palästinensische
Gefangenengesellschaft berichtete, dass nur in den drei
Wochen nach der Entscheidung 490 Palästinenser, davon 148
Minderjährige und 11 Frauen, von israelischen Steitkräften
(bzw. Polizei, Ü.) festgenommen worden seien.
Zwischen 14. und 20. Dezember 2017 wurden laut dem
Palästinensischem Menschenrechtszentrum in der Westbank und
im Gazastreifen während ähnlichen Protesten vier Zivilisten
von Israel einschließlich eines beidseitig Beinamputierten
getötet. Die Organisation fügte hinzu, dass außerdem 256
palästinensische Zivilisten einschließlich 29 Kindern, fünf
Journalisten und vier Sanitätern verletzt worden seien. Am
14. Mai, als US-Amtsträger die Eröffnung der Botschaft in
Jerusalem feierten, schossen israelische Streitkräfte
entlang der Grenze zu Gaza Palästinenser nieder.

Gazaner hatten sechs Wochen vorher mit den wöchentlichen,
manchmal täglichen Demonstrationen des Großen
Rückkehrmarsches begonnen; diese erreichten ihren Höhepunkt
am 14. Mai, als die Palästinenser gegen den Umzug der
Botschaft protestierten und der 70 Jahre (nach der) Nakba
gedachten. Zehntausende Demonstranten gingen an diesem Tag
an den israelischen Grenzzaun. Bis zum 15. Mai waren etwa 62
Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden, es
war der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Krieg von
2014.
Im Juli brachen in Gaza City chaotische Szenen aus, nachdem
die UNRWA bekannt gegeben hatte, dass sie nach den massiven
Budgetkürzungen durch die USA im Januar hunderte
Beschäftigte entlassen würde. Ein bei der UNWRA
beschäftigter Palästinenser versuchte sich selbst
anzuzünden. Auf Trumps Entscheidung hin, Ende August die
Beitragszahlungen für die UNRWA komplett einzustellen,
warnte Chris Gunness, der Sprecher der Organisation, vor
einem "Katastrophenszenario", wenn die Gelder der UNRWA
ausgetrocknet würden. "Um keine Missverständnisse aufkommen
zu lassen: diese Entscheidung wird wahrscheinlich
verheerende Auswirkungen auf das Leben von 526.000 Kinder
haben, die von der UNRWA täglich Unterricht erhalten; 3,5
Millionen kranke Menschen kommen zur medizinischen
Behandlung in unsere Krankenhäuser; 1,7 Menschen, deren
Nahrung nicht gesichert ist, erhalten Lebensmittelhilfe von
uns, und zehntausende schutzbedürftige (vulnerable) Frauen,
Kinder und behinderte Flüchtlinge, die zu uns kommen", sagte
er gegenüber Al Jazeera.
Im Oktober kündigte Jerusalems Bürgermeister, Nir Barkat,
an, die Arbeit der UNRWA in der Stadt ab 2019 beenden zu
wollen, eine Maßnahme, zu der Trumps Kürzungen zur UNRWA
inspiriert hätten. Barkat sagte, er plane, unter anderem die
Dienstleistungen der Organisation in Schulen, Krankenhäusern
und Sportzentren zu beenden und diese Operationen auf
israelische Ämter zu übertragen. UNRWA-Schulen in
Ost-Jerusalem unterrichten (serve) rund 1.800
palästinensische Kinder.
Zwischen September und November verwehrte Saudi-Arabien 1,5
Millionen palästinensischen Staatsbürgern Israels sowie in
Jordanien und im Libanon lebenden palästinensischen
Flüchtlingen die Visaerteilung für die Hadj-Walfahrt nach
Saudi Arabien. Damals wurde in Berichten spekuliert, ob die
Maßnahme in Übereinstimmung mit Trumps Bemühungen "das
Flüchtlingsproblem vom Tisch zu nehmen", getroffen worden
sei und Jordanien und der Libanon unter Druck gesetzt
würden, palästinensische Flüchtlinge in den Ländern
einzubürgern, wodurch Millionen ihr Flüchtlingsstatus
genommen würde.
Was geschieht als nächstes? - Ein Jahr danach halten
palästinensische Führer ihren Boykott der
Trump-Administration aufrecht. Abbas und seine Beamten haben
die Maßnahmen der USA im Lauf des vergangenen Jahres hart
verurteilt und gesagt, sie würden unter den derzeitigen
Bedingungen nicht in Verhandlungen treten.Im Oktober
reichten palästinensische Führer Beschwerde am obersten
Gerichtshof der UN ein, dem internationalen
Strafgerichtshof, wegen der US-Entscheidung Jerusalem als
Israels Hauptstadt anzuerkennen.

Dennoch stößt Trump mit seinem sogenannten "Jahrhundertdeal"
weiter vor, von dem er vor Monaten angekündigt hatte, er
werde den Jahrzehnte langen Konflikt lösen. Im September
sagte er, er würde in zwei bis vier Monaten veröffentlicht
werden. Aber nachdem Flüchtlinge und Jerusalem angeblich
"vom Tisch" sind und sich die Expansion der israelischen
Siedlungen auf einem ständigen post-Trump Anstieg befindet,
sind die Palästinenser und ihre Unterstützer skeptisch, dass
ein von der Trump-Administration aufgestellter Plan irgend
einen Anschein von Gerechtigkeit für die Palästinenser
bieten könnte.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer |