Palestine
Update Nr. 186 – 9. Nov. 18 – Meinung -
Zeit, globalen Druck auf die
Unnachgiebigkeit Israels aufzubauen - Ranjan
Solomon - Mohamad Salmawy, ein profilierter ägyptischer
Schriftsteller, Bühnendichter, Kolumnist, Kritiker und
politischer Kommentator schrieb kürzlich darüber, wie die
Araber oft eine ernsthafte Schwäche und Willfährigkeit
zeigen, um Konzessionen ohne die Zusicherung der anderen
Seite zu machen. Israel ist der Beweis für sein Argument.
2011 hatten die Tunesier ihren Diktator abgesetzt und die
Ägypter waren auf dem Weg, das Gleiche zu tun, beginnend mit
massiven Demonstrationen, die die Aufmerksamkeit der Welt
erregten. Protest und Revolution würden sich bald über den
Mittleren Osten ausbreiten. Man würde dieses als „Arabischen
Frühling“ bezeichnen. Sieben Jahre später schien es wenig
außer Verzweiflung zu geben, und repressive Herrscher waren
wieder an der Macht, Bürgerkriege tobten und
ISIS-Extremisten besetzten große Teile von Syrien und Irak.
Der „Arabische Frühling“ wurde verglichen mit den
Revolutionen von 1848, die bisweilen als „Frühling der
Nationen“ bezeichnet werden, und 1968 als „Prager
Frühling“. Als Proteste zum Arabischen Frühling in einigen
Ländern zu Wahlerfolgen für islamistische Parteien führten,
schufen amerikanische Koryphäen dafür die Begriffe „Islamistischer
Frühling“ und „Islamistischer Winter“.
Das Match um politischen Raum tendiert dazu, asymmetrisch zu
werden in fast jeder Situation, Manchmal ist ein Wettkampf
um sehen und gesehen zwischen den herrschenden Klassen /
Cliquen (Eliten) und den Massen des gewöhnlichen Volkes. Bei
diesem Stand der Weltgeschichte scheinen die früheren zu
dominieren. Gewiss, der Arabische Frühling hat sich nicht
so erfüllt, wie es die Mehrheit der Leute an Demokratie und
sozialer Gerechtigkeit angepeilt hatten. Libyen, Syrien und
Jemen haben den Bürgerkrieg erlitten, Ägypten hat seine
Restauration durch Gegenrevolution erfahren; und sogar
Tunesien, das eine pluralistische Demokratie hergestellt
hatte, hat die zunehmende Verletzung der Menschenrechte
erfahren, weitestgehend durch repressive Institutionen des
alten Regimes angeführt, die nicht reformiert wurden. In
keinem von allen wurde der Wunsch nach sozialer
Gerechtigkeit genügend ausgedrückt. Fünf Jahre nach dem
Arabischen Frühling: Verzweiflung – aber auch Hoffnung.
Was war geschehen? Die Revolutionen in Tunesien, Ägypten und
Jemen mögen Institutionen abgesetzt haben. Das System blieb
intakt. Die alten herrschenden Netzwerke, Geheimdienste, das
Militär, die Geschäftemacher-Klasse hielten sich den Griff
nach der Macht stillschweigend oder in aller Klarheit offen.
So begannen die Gegenrevolutionen zurückzuschlagen, kaum
dass der ursprüngliche Ausbruch der Revolutionen sich gelegt
hatte. Sie blieben bei der Rhetorik der Beliebigkeit und dem
Mangel an Vertrauen, um ihre verlorenen Arrangements wieder
herzustellen.
Gerade eine Woche nach der einhundertersten Wiederkehr von
Balfour ist es wichtig, die Erfolge der Volkserhebungen zu
rekapitulieren (Im Falle Palästina die Intifadas). Man sagt,
dass die Mächtigen niemals freiwillig auf die Macht
verzichten. Sie tun das nur unter Druck. Druck von unten
entsteht, wenn die Menschen von der Narrative der jungen
Generation fasziniert sind, dass Aufstehen gegen
unterdrückerische Autoritätsgehabe politische Aktion ist;
sie hängt schwer ab von der Benutzung von
Massenmedien und Massenkommunikation, um jene zu überzeugen,
die die Macht haben zu gewähren, was die Öffentlichkeit
wünscht oder fordert. Das könnte verborgene Techniken
bedeuten wie auch skrupellose Unterdrückung. Konzessionen
und Geduld wurden von Israel voll ausgebeutet, um seinen
kolonialen Charakter und Politik/Praxis zu konsolidieren.
Die Drohung, die Anerkennung von Israel durch die PLO
abzuziehen, ist eine mutige Bewegung und man wartet ab um zu
sehen, ob der PA-Präsident Abbas sie politisch
nachvollziehen wird.
1993 anerkannte die PLO das Recht Israels in Frieden zu
leben, akzeptierte der UNO Sicherheitsrat die Resolutionen
242 und 338 und wies „Gewalt und Terrorismus“ zurück. Als
Antwort darauf anerkannte Israel offiziell die PLO als die
Vertretung des palästinensischen Volkes. Jetzt möchte der
Zentralrat der PLO die Einwilligung zum Abkommen von Oslo
von 1993 zurücknehmen, in dem eine Übergangsphase für die
Palästinenser zur Bewegung in Richtung auf die Staatwerdung
vorgelegt worden war. Oslo war jedenfalls eine Sache von
Ausverkauf und der Fall einer kümmerlichen
Verhandlungsstrategie für die Palästinenser. Die Bereinigung
besteht jetzt darin, dass die Palästinenser beschlossen
haben, sich durchzusetzen und sofort ihren eigenen Staat zu
fordern.
Es besteht das reale Risiko, dass Israel aufgrund seiner
Selbstgefälligkeit das Osloer Abkommen ungültig machen
würde, das ohnehin seinen eigentlichen Sinn und seine
Intention verloren hat. Angelegt war es als eine
Win-Win-Sache, erwies sich aber als ein „Vorteil für
Israel“, um eine Anleihe an der Tennis-Sprache zu machen.
Die Großzügigkeit der Palästinenser hat sie letztendlich zum
Verlierer gemacht. Geduld hat den Weg zum Kriegszustand
freigelegt. Die Weigerung, den „Deal des Jahrhunderts“ zu
akzeptieren und die Verfolgung politischer Optionen durch
internationale Körperschaften lässt Israel mit rotem Kopf
zurück und voll von Angst. Seine Führer wissen, dass da eine
wachsame und aufgeregte Zivilgesellschaft ist, die eine
Anklage von Menschenrechtsverletzungen im Stil von jener von
General Augusto Pinochet im Oktober 1998 wiederholen kann.
Er wurde nach 1 ½ Jahren im Gefängnis entlassen und kam
endgültig durch die britische Regierung im März 2000 frei.
Pinochet mag deutlich daran erinnern, was israelischen
Kabinettsmitgliedern geschehen kann, die Kriegsverbrechen
der einen oder anderen Art an Palästinensern verübt haben.
Die internationale Gemeinschaft braucht mehr Energie und
schärfere Zähne, um Druck zu machen. Gerade im vergangenen
Monat wurde ein israelischer Gesetzesmacher von einem
marokkanischen Beamten während eines Treffens der
Parlamentsversammlung der Mittelmeer- und
Welthandels-Organisation (Parliamentary Assembly of the
Mediterranean and World Trade Organization) in Rabat, der
Hauptstadt von Marokko, scharf gerügt und als
„Kriegsverbrecher“ bezeichnet. Es verwirrte die israelische
Delegation ohne Ende. Im vergangenen Jahr stürmte eine
Delegation von israelischen Gesetzesmachern aus einer
internationalen Versammlung von Parlamentariern, nachdem sie
bei der Jahresversammlung eine Menge (verbale) Prügel, Hohn
und kritische Resolutionen zu Jerusalem erfahren hatten. Sie
beklagten sich über Misshandlung bei der Versammlung der
Inter-Parlament Union in St. Petersburg, Russland mit
(unangenehmen) Zwischenfragen während ihrem Versuch, bei der
Versammlung zu reden. Und haben sie realisiert, wie sie
stets und ununterbrochen jedes Menschenrecht im Gesetzesbuch
gegen Palästinenser ermorden, verstümmeln und praktisch
missbrauchen? Die politisch dicke Haut der Zionisten kann
nur durchdrungen und verletzt werden, wenn sie Absonderung
als Folge ihres Apartheidmusters im eigenen Gesetz erfahren.
Und das ist es, was BDS zu tun im Begriff steht – das
zionistische Regime isolieren, es ihm sehr ungemütlich zu
machen und in angreifbarer Weise mit einer
wirtschaftlichen Katastrophe drohen, so dass Israel Gründe
findet, zu bedauern und sich zu verändern. Ranjan
Solomon

Arabische
Politik und Großzügigkeit
- Der kürzliche gefallene Beschluss des
Zentralkomitees der PLO (Palestine Liberation Organization),
die Anerkennung von Israel zurückzustellen, mag erklärt
werden durch die eingeborene Schwäche in der arabischen
Politik im allgemeinen: die Bereitschaft, freiwillig
Konzessionen zu machen, um die andere Partei moralisch zu
verpflichten, ihrerseits entgegen zu kommen. Diese Tendenz
hat sich seit den 1970ern epidemisch in der arabischen Welt
verbreitet, als Präsident Amwar Al-Sadat die Initiative
ergriff, Israel praktisch und offiziell anzuerkennen, als er
es im November 1977 besuchte; hernach gab er Israel die Zeit
und den Raum, über den nächsten Schritt nachzudenken. Kritik
zu der Zeit kam überein, dass die ägyptische Aktion noch
großzügiger gewesen wäre, wenn die Anerkennung von Seiten
des größten arabischen Staates innerhalb eines Gesamtrahmens
für eine politische Übereinkunft gekommen wäre, durch die
die Verpflichtungen von beiden Seiten skizziert worden
wären.
Es ruft nochmals zurück, wie die Israelis mit uns (Ägyptern)
zu dieser Zeit gespielt haben. Auf die Frage, wie sie auf
Sadat’s Besuch reagieren würden, antwortete Israels
Premierminister Menachem Begin, er würde Sadat in Ägypten
besuchen. Als Ägypten schließlich mehr als nur den
Rückbesuch des israelischen Premierministers erhielt,
geschah dieses dank eines Jahrzehnts von mühsamen
Vorarbeiten bis zu dem Tag, als Ägypten zuletzt seine Flagge
1989 an seiner Ostgrenze in Taba hochzog.
Sadat folgte der Taktik der Großzügigkeit vier Jahre vor
diesem Besuch in Jerusalem, als er die Berater der
Sowjetunion aus Ägypten auswies – ohne von USA irgendetwas
als Gegenleistung zu erhalten. Der Staatssekretär der USA
und nationale Sicherheitsberater zu dieser Zeit, Henry
Kissinger, drückte die Überraschung seiner Regierung über
diese ägyptischen Entscheidung aus, weil Washington willens
gewesen wäre, dafür zu bezahlen, hätte Ägypten im Vorfeld
darüber verhandelt.
Die Araber halten fest an der Politik freiwilliger
Zugeständnisse nach der Ära Sadat und Israel fuhr fort,
seinen Nutzen zu ziehen, Verhandlungen nur zu den Zeiten und
Schritten seiner Wahl zu führen, wenn es ihm gerade nach
Verhandlungen zumute war und wenn es sich entschloss, Gesten
des Entgegenkommens anzubieten. Vielleicht ist das beste
Beispiel für das Syndrom die arabische Friedensinitiative:
Sie kam 20 Jahre nach Sadats Tod zustande und bot Israel
Anerkennung, Normalisierung und alles andere an, was es im
Austausch für den Abzug aus den besetzten Gebieten und der
Einrichtung eines Palästinenserstaates gefordert hatte. Die
arabische Seite dieser Initiative ist inzwischen eine
unausgesprochene und deutliche Realität geworden, die für
viele arabische Länder politisch, wirtschaftlich und sogar
sportlich offenkundig ist. Jedoch: Israel hat sich nicht
einen einzigen Zentimeter aus den besetzten Gebieten
zurückgezogen und es bietet kaum ein Lippenbekenntnis an zu
dem Prinzip eines palästinensischen Staates und wurde für
diese Hartnäckigkeit darüber hinaus mit Jerusalem als seiner
Hauptstadt auf dem Silberteller belohnt.
Ich habe persönlich den US-Journalisten Thomas Friedman
erzählen gehört, wie es ihm gelungen ist, den verstorbenen
Saudi-Monarchen, König Abdullah bin Abdel-Aziz, zu
überzeugen, dass die arabische Initiative ein – wie er es
nannte – totaler „Spielumdreher“ im Mittleren Osten sein
würde, weil sie Israel zwingen würde, sich seinen
Verantwortlichkeiten zu stellen und weil internationaler
Druck Israel dazu bringen müsste, sich zu revanchieren.
Friedman erhielt seine erwartete Antwort von den Arabern
dank ihrer legendären Großzügigkeit: Sie nahmen die
arabische Initiative in den arabischen Gipfel in Beirut 2002
auf, seit dem sie ihre Verpflichtungen wirksam werden haben
lassen ohne abzuwarten, dass Israel sich zu den Abmachungen
äußert, die sich auf es selbst beziehen.
Erst während der vergangenen Woche war es so weit, dass der
israelische Premierminister, der international mehr gehasst
wird als alle seine Vorgänger, diese Initiative begrüßt hat.
Das war während eines offiziellen Besuches nach Oman in
Begleitung seiner Frau Sara, die wegen Korruptionsvorwürfen
belangt wird. Dann, am darauf folgenden Tag, sahen wir den
israelischen Minister für Kultur und Sport, wie er seine
Tränen der Begeisterung zurückdrängte, als Minister des
Emirats aufstanden, um im Stehen die israelische
Nationalhymne anlässlich dieses offiziellen Besuches der UAE
(United Arabic Emirats ?) zu hören. Mittlerweile gibt es
immer noch kein Anzeichen für einen Abzug der Israelis aus
den besetzten Gebieten oder einer Bewegung in der Richtung
auf die Schaffung des palästinensischen Staates, die die
arabische Initiative gefordert hatte.
So tat die PLO gut daran, als sie bei ihrem letzten Treffen
in Ramallah - nachdem die Palästinenser endlich aufwachten
und ihre frühere Politik revidierten, durch die Israel so
viel erhielt gegenüber so wenig für die Palästinenser –
votierten, alle Verpflichtungen der PLO unter früheren
Abmachungen mit Israel zu beenden und die Anerkennung des
Staates zurückzunehmen, bis Israel den palästinensischen
Staat in den Grenzen von vor Juni 1967 anerkennen würde mit
seiner Hauptstadt in Ostjerusalem. Zuletzt und zum ersten
Mal forderten die Palästinenser das Prinzip des
gleichzeitigen Austausches, wie das bei internationalen
Verbindungen normal ist.
Gleichzeitig sollten wir tatsächlich festhalten, dass die
Palästinenser Israels Anerkennung für ihren Staat gar nicht
brauchen. Das internationale Instrument, das die Schaffung
des Staates Israel veranlasste, war das gleiche
internationale Instrument, das auch die Schaffung des
palästinensischen Staates veranlasste. Ich beziehe mich
dabei auf die Teilungsresolution, die von der
Generalversammlung der Vereinten Nationen im November 1947
angenommen worden war. Dass wir darauf warten müssen, dass
der palästinensische Staat auftaucht als Ergebnis eines
Extrastempels der Zustimmung ist schon wieder eine
Manifestation der Nutzlosigkeit dieser arabischen
Annäherung. Die Araber hätten die internationale
Gemeinschaft ansprechen sollen, die den Staat Palästina
schon 1947 anerkannt hatte und die einzelnen Mitglieder
haben dies auch getan - wieder offiziell - anstatt sich auf
Israel zu berufen, das nur die Hälfte der Teilungsresolution
angenommen hatte, und nur den Teil, der sich auf seinen
Staat bezieht, und dass es diesen als Basis für seine
Rechtmäßigkeit benutzt – und weiterhin de andere Hälfte
zurückweist.
Der palästinensische Beschluss, die Anerkennung Israels so
lange zu suspendieren, bis Israel den palästinensischen
Staat anerkennt, wäre in seiner Wirkung ein Versuch, beide
Hälften der UNO-Teilungsresolution anzuwenden – im
Gegensatz zu dem verworrenen Weg, den Israel anzuwenden
beliebte. Das sollte die internationale Gemeinschaft
zwingen, endlich ihre Verantwortlichkeit wahrzunehmen, die
ganze Resolution zur Durchführung zu bringen – in allen
ihren Teilen – anstatt auf weitere Zeichen der arabischen
Großzügigkeit zu warten, die so viele Jahre lang ohne
Verwirklichung ihrer Erwartungen geblieben sind.
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Quelle
(Ubers. Gerhilde Merz)
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