
Israel entscheidet sich dagegen,
die Hamas in Gaza zu stürzen - Yaniv Kubovich und Noa
Landau - 30.10.2018 - Politische und militärische Führer sind
zu dem Ergebnis gekommen, dass es für Israel besser sein würde
die Regierung der Hamas im Gazastreifen nicht zu stürzen, sagten
Amtsträger, die an den Beratungen teilgenommen hatten, gegenüber
Haaretz.
Eine politische Quelle sagte, die Politik Israels gegenüber
der Hamas habe sich nicht geändert; der Plan, die Gruppe im
Gazastreifen an der Macht zu halten, käme von dem Wunsch, einen
Zusammenbruch der Infrastruktur Gazas zu verhindern, ein Problem,
das auch Israel in Mitleidenschaft ziehen könnte. Demnach sollen
die Instruktionen zur Verteidigung von Amtsträgern dazu dienen
die Hamas abzuschrecken und zu schwächen, jedoch in einer Weise,
die ihre Kontrolle des Gazastreifens nicht gefährdet...
Die Entscheidung der israelischen Amtsträger leitet sich von
der rigiden Haltung des palästinensischen Präsidenten Mahmud
Abbas zu Gaza ab und den Versuchen eine Einigung zu erreichen.
Laut den Amtsträgern hofft Abbas auf ein Auflodern (der Proteste,
Ü.), weil er der Meinung ist, dies würde der PA bei ihren Versöhnungsgesprächen
mit der Hamas helfen.
In nächster Zeit plant er die Strafmaßnahmen gegen die Organisation
zu verstärken, sagen die Amtsträger. Aus diesem Grund, sagen
Amtsträger aus Politik und Verteidigung, werden Israels Gespräche
mit der Hamas über Mittelsmänner erfolgreicher sein als ein
Prozess, an dem die PA beteiligt ist.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
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Der Kampf gegen den Antisemitismus
ist permanent mit dem Kampf gegen die Islamophobie verbunden
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Mara Ahmed - 29. Oktober 2018 - Eine Frau legt
am Samstag, dem 28. Oktober 2018, Blumen an einer improvisierten
Gedenkstätte an der Synagoge „Baum des Lebens“ nieder, wo
11 Gläubige während einer Schießerei an der Synagoge in
Pittsburgh, Pennsylvania , USA, getötet wurden.
Ich habe darüber nachgedacht, wie ich das, was ich seit
dem mörderischen Angriff auf die Lebensbaum-Synagoge in
Pittsburg am 27. Oktober fühle, in Worte fassen kann. Da
sind natürlich die herzzerreißenden Fakten der Toten und
Verletzten, der Waffengewalt und der weißen Vorherrschaft
sowie die besondere faschistische Tendenz unserer gegenwärtigen
Zeit. Aber ich habe mich bemüht, diese Fakten und weitere
in eine umfassendere, klärende Wahrheit zu ordnen.
“Whites, Jews and Us – Toward a Politics of Revolutionary
Love”
Ich komme immer wieder auf Houria Bouteljas Worte zurück,
dass Philosemitismus die letzte Zuflucht des weißen Humanismus
ist (aus ihrem Buch ). Jüdische Anpassung ans Weiße erschien
mir immer wie ein neues, staatlich unterstütztes Projekt
– politisch zweckdienlich und daher prekär.
Ich las eine Zeitung, die den Titel trug,
“Judaism, Zionism, and the Nazi Genocide – Jewish Identity
Formation in the West between Assimilation and Rejection”
(Judaismus, Zionismus und der Nazi-Genozid – Jüdische Identitätsbildung
zwischen Anpassung und Ablehnung“ von Sai Englert,
das mir von einem befreundeten Rabbi dringend empfohlen
wurde.
Der Artikel erklärt, wie der Zionismus und das Gedenken
an den Holocaust zu den Grundsätzen der zeitgenössischen
jüdischen Identität wurde und wie der Staat dazu beigetragen
hat, diese Identitätsbildung zu schmieden:
Die jüdische Geschichte und der Nazi-Genozid werden in den
Mittelpunkt moderner Konstruktionen westlicher Identität
und Legitimation westlicher Staaten gerückt. Dennoch ist
es eine entpolitisierte, ahistorische und sterilisierte
Version der Geschichte, die die Juden in eine besondere
historische Rolle einsperrt.
Wieder einmal gibt es einen Kompromiss: Um zur Anerkennung
vergangenen Unrechts zu gelangen, müssen jüdische Gemeinden
auf Forderungen struktureller Gerechtigkeit verzichten und
akzeptieren, dass der Massenmord an ihren Vorfahren aus
der historischen und politischen Analyse entfernt wird.
Stattdessen wird das Gedenken zu einem Instrument, wodurch
westliche Staaten Rassissmus, Gewalt und Kollaboration anerkennen
oder verurteilen können, während sie diese gegenüber anderen
Gemeinden und Ländern fortsetzen.
[…] Die Essentialisierung der Juden im In- und Ausland durch
den Staat schafft eine neue Form antisemitischer Ablehnung.
Der Jude von heute ist nicht länger der Kosmopolit, ohne
Wurzeln, der Revolutionär, der Internationalist, er wird
in erster Linie – zumindest potentiell – als Zionist, als
Bürger Israels und Verteidiger der „westlichen Werte“ angesichts
des Barbarismus gesehen. Nicht länger als mächtiger
Zerstörer der westlischen Gesellschaft und bürgerlichen
Werte, sondern als deren erbitterster Beschützer, taucht
die antisemitische Essentialisierung den Juden in ein scheinbar
positives Licht. Die zugrunde liegende Logik jedoch bleibt
eine der Top-Down-Strukturierungen jüdischer Identifikation
durch den westlichen Staat.
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Gaza
in vorderster Linie palästinensischer Leiden - Palestine
Update Nr. 182 - 25. Oktober 2018 - Kommentar - Ranjan Solomon
- Nickolay Mladenov, der UN-Spezialkoordinator für den Mittelost-Prozess
gab Gaza in seinem Monatsbericht über den Mittleren Osten an
den Sicherheitsrat der UNO den Löwenanteil seiner Zeit. Er beschäftigte
sich nicht mit einfachem Teilen von „Informationen und Daten“.
Stattdessen strich er die volle Dringlichkeit der verzweifelten
Lage heraus. „Gaza kann in jeder Minute explodieren“, warnte
er. „Wenn Gaza“, stellte er fest, „allein gelassen wird, um
mit seinen Leiden zurecht zu kommen, ‚könnte das seine Rückwirkungen
außerhalb des Gazastreifens‘ haben“.
Im Bericht wird verstärkt, wie „Gaza sich in vorderster Linie
der Leiden Palästinas befindet“ und dass es zu diesem Zeitpunkt
die Essenz der palästinensischen politischen Situation darstellt
und alle Fäden dieser Ursache in der Hand hält, deren Themen
mit einander verknotet sind. Die palästinensisch-palästinensische
Versöhnung, der Waffenstillstand mit der Besatzung, die Organisation
der palästinensischen Legitimität und andere Themen, „alle betreffen
Gaza“, berichtet Mladenov.
Wäre das Problem nur das einer humanitären Krise, wäre es nicht
so komplex. Mehr Hilfe könnte es zurechtbringen. Aber Gaza ist
politisch eine „heiße Kartoffel“ und es geht nicht um mehr Krümel
und Heftpflaster. Die Blockade ist grausam, unmenschlich, eine
Verletzung der Standards der Zivilisation - und die Verweigerung
der Rückkehr ist für die Palästinenser eine Beschädigung ihrer
Würde und ihres Rechts auf Selbstbestimmung, um die Demokratie
zu wählen. Gerade jetzt ist alles Leben in Gaza bedingt durch
den Schrecken vor Israels unbegründeter Rache und die reale
Aussicht auf einen endlosen Kampf.
Als die Blockade zuerst begann, waren die Leute in Gaza an der
Lage, sich die Belagerung zu erleichtern, indem sie Güter aller
Art (darunter auch Waffen) durch die unterirdischen Tunnels
importierten, die sie mit der benachbarten ägyptischen Halbinsel
Sinai verband. Aber die Tunnelwirtschaft brach 2013 nach dem
Kollaps von Ägypten zusammen, und in den fünf Jahren seither
sucht die Wirtschaft Gazas dringend nach einem Halt.
Die Antwort, die Israel benutzt um als Strafe Einschränkungen
beim Transport von Gütern – einschließlich einigen Lebensmitteln
– nach Gaza zu verteidigen, ist: „Wir bedauern das Unrecht,
das wir Palästinensern in Gaza antun, aber das ist nicht zu
vermeiden, weil die ‚Hamas alles in Gaza kontrolliert‘.“ Die
Gazaer haben sich ihrer Unterwerfung verweigert und protestieren
stattdessen mit ihren beschränkten Mitteln der Auseinandersetzung
– und fast immer gewaltlos! Israel antwortet mit Töten ohne
Unterschied, und als solches, wirklich bedrohend. Israels Linie
ist Einbildung und unintelligent. ‚Wir können nicht gegen Hamas
agieren, ohne zugleich Protestierende zu schädigen‘.
In dieser Ausgabe reproduzieren wir für die LeserInnen eine
Beschreibung von der „Gaza-Krise, erklärt in 8 Graphiken. Es
ist eine Richtigstellung dessen, wie Israels Version von „kollateral“
sich zu seinem perversen kolonialistischen Grimm gegen die Palästinenser
verhält. Ranjan Solomon
** „Middle East Eye“ erklärt die
Gaza-Krise in acht Graphiken
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Grafik anklicken.

1.Wo ist Gaza? - Gaza ist die Heimat von fast
2 Millionen
Palästinensern, von denen die meisten Langzeit-Flüchtlinge
sind; Gaza ist einer der dichtest besiedelten Plätze der Erde.
Gaza grenzt im Süden an Ägypten, im Norden und Osten an Israel
und hat im Westen eine lange Küste mit dem Mittelmeer. (Weitere
3,25 Millionen Palästinenser leben in der Westbank)
Es wird seit den
Wahlen 2007 von der
Hamas regiert. Diese Gruppe wird von
Israel, den USA und der EU unter anderen als eine
terroristische Organisation bezeichnet. Die Westbank wird von
der
Palestinian Authority (PA) regiert, die zurzeit von
der Fatah, Rivalen zur Hamas, kontrolliert wird. Gaza ist einer
der am dichtesten bevölkerten Plätze der Welt. Aber die israelische
Blockade ist der Ansicht, dass die Bewohner es schwierig, wenn
nicht unmöglich finden, Gaza zu verlassen.
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2. Das Geschehen, das die Palästinenser verändert hat. -
Das dominierende Ereignis für die Palästinenser in Gaza im vergangenen
Jahrhundert war die Nakba 1948, durch das hunderttausende von
ihrer Heimat vertrieben wurden oder in Gebiete fliehen mussten,
die heute - als dieser Staat zu existieren begann – das moderne
Israel wurden. Das
Rückkehrrecht zu den Heimstätten der Ahnen (oder
„Haq al-Awda“) hat für viele Palästinenser Priorität vor allem
anderen: Es bildet einen
Teil der Resolution 194 der Vereinten Nationen
3. Palästinenser zählen auf, was verloren gegangen ist -
Der Forscher und in Jerusalem wohnhafte
Archivar
Tarek Bakri zählt die palästinensischen Häuser, Kinos,
Geschäfte und Moscheen, Bahnstationen und Märkte auf, die 1948
verloren wurden.
Er begann, Photographien aus dem Archiv zu sammeln, durch die
diese Verluste dokumentiert sind. - Bilder unten links und rechts.
MEE hat noch mehr Beispiele dokumentiert.
4. Gaza seit 1948 - Die sieben Jahrzehnte nach der Nakba
waren für die Bewohner des Gazastreifens von Turbulenzen und
Krisen geprägt, einschließlich
Besatzung,
Aufständen und
israelischen
Militäroperationen.
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5. Tägliches Leben - Die
Lebensbedingungen über die lange Zeit in Gaza gehören
zu den schlimmsten im Mittleren Osten, Ein Bericht der UNO hielt
fest, dass das wirtschaftliche Wohlbefinden der in Gaza lebenden
Palästinenser schlechter ist als 1995 und dass es
um 2020 „unbewohnbar“ sein wird. Im vergangenen Jahr
sagte die Organisation, die Bedingungen seien „unbewohnbar“.
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6.
Finanzielle Misere - Die wirtschaftliche Entwicklung
in Gaza stagniert wegen der
elenden Infrastruktur die von der von Israel auferlegten
Blockade und dem
internen palästinensischen politischen Konflikt verursacht
sei. Größere Militäroperationen durch Israel haben ihre besonderen
Folgen gehabt, die weit über die Dauer jeglicher Eingriffe durch
die Armee spürbar sind.
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7. Israelische Angriffe auf Gaza - Die israelische Armee
führte zwischen 2006 und 2014 vier große kriegerische Operationen
auf Gaza durch, oft - wie erklärt wurde - um die Hamas und andere
Gruppen zu stoppen, Raketen auf Israel abzuschießen. Zusätzlich
zur elenden Infrastruktur einschließlich der
elektrischen Leitungen und
Elektrizitätswerke,
Gesundheitseinrichtungen und der
Wasserversorgung haben die militärischen Angriffe
auf Gaza den Tod von tausenden Palästinensern, aber auch israelischer
Soldaten und Zivilisten verursacht.
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8. Die Proteste -
Am 30. März starteten die Palästinenser regelmäßige
Protestmärsche, um aufmerksam zu machen auf den 70. Jahrestag
der Nakba (Katastrophe) am 15. Mai. Israelische Streitkräfte
schossen immer wieder auf die Demonstrationen mit dem Argument,
dass sie dieses täten, um die Grenze zu verteidigen – mit fatalen
Konsequenzen. Die höchste Zahl der
Toten war am 14. Mai, dem Tag, an dem die
Botschaft der USA in Jerusalem geöffnet wurde; an
diesem Tag wurden
62 Personen durch kriegerische Handlungen ermordet.
Viele Protestierende demonstrierten auch wegen der Bedingungen,
unter denen sie in Gaza jahrelang gelebt hatten.
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Quelle
(übers.: Gerhilde Merz)
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