
In Khan al-Ahmar habe ich
wieder Hoffnung auf einen Widerstand gegen die Besatzung
gefunden - Oren Ziv - In den letzten
Monaten habe ich die meiste Zeit in Khan al-Ahmar verbracht,
junge Palästinenser gesehen, die Tag für Tag gegen die
Versuche der israelischen Behörden das Dorf zu zerstören,
Widerstand leisteten. Samstag Nacht hat ihr Kampf
(Widerstand) schließlich Früchte getragen.
Seit der Oberste Gerichtshof Israels vor beinahe zwei
Monaten seine Genehmigung für die israelische Armee gegeben
hat, Khan al-Ahmar zu zerstören, habe ich fast jede Nacht
dort geschlafen. In dieser Zeit haben mich einige Leute
gefragt (zeitweise auch meine Redakteure), und manchmal habe
ich mich selber gefragt: Wozu das Ganze?
Die erste Antwort ist ganz technisch: meine Angst, die
israelischen Behörden könnten den Zugang während der
Zerstörung komplett sperren. Wenn das geschieht, könnte kein
Journalist, wenn er sich nicht schon im Dorf befindet, wenn
die Bulldozer kommen, die Vertreibung und die Zerstörung
dokumentieren.
Während palästinensische Journalisten in diesen letzten
Monaten dauernd präsent waren, war ich, abgesehen von ein
paar Fotografen, der einzige israelische Journalist, der in
den letzten vier Monaten immer wieder von dem Dorf
berichtete. Meine Anwesenheit im Dorf lehrte mich, dass der
Volkswiderstand in den besetzten Gebieten trotz aller
bisherigen Verluste noch lebendig ist.
Über den Sommer und besonders nach der abschließenden
Gerichtsentscheidung im September, blieben hunderte
palästinensische Aktivisten Tag und Nacht im Dorf. Das
Komitee Gegen die Mauer und die Siedlungen der PA sorgte für
die Infrastruktur für ihren Aufenthalt – von Busfahrten über
Mahlzeiten und Strom bis zum Aufladen der Telefone.
Vor einem Monat hätte kein einziger Mensch in Israel, in der
Westbank und sogar in der ganzen Welt geglaubt, dass der
Widerstand einiger hundert Aktivisten Erfolg haben könnte
und Netanyahu seine Entscheidung das Dorf zerstören zu
lassen, aufschiebt (falls sie nicht ganz niedergeschlagen
wird).
Obwohl die große Mehrheit der Aktivisten und Journalisten
dachte, die Zerstörung wäre nur eine Frage der Zeit, sah am
Samstag Abend, als der israelische Premierminister Netanyahu
bekannt gab, dass er die Zerstörung bis auf weiteres
zurückstellt, alles anders aus. Für einen Augenblick konnte
man sehen, wie ein trotziger, allgemeiner und gewaltloser
Kampf das Unmögliche erreichen kann.
Ich habe mehrere israelische Journalisten sagen gehört, dass
die Beduinen von Khan al-Ahmaer ohne die Unterstützung der
PA und der Aktivisten schon lange einen Deal unterschrieben
und freiwillig zu dem schmalen Landstreifen neben der
Mülldeponie in Ost-Jerusalem gegangen wären, den Israel
ihnen anbietet.
Das war immer eine erfundene Behauptung. - Jahrelang
haben die Einwohner von Khan al-Ahmar ohne die Unterstützung
der PA nicht nachgegeben und haben ihren Kampf vor das
Gericht gebracht. Die Aktivisten waren (erst) dort, um die
Einwohner zu unterstützen, als diese mit einem sehr starken,
ständig wachsenden Druck durch die israelischen Behörden
konfrontiert waren, ihre Einstellung zu ändern und ihre
Häuser zu verlassen. Dazu gehörte routinemäßige Schikanen
durch die Polizei, das Blockieren der Zugänge zum Dorf und
Razzien.
Die Präsenz der Aktivisten und ausgewählter Medien war ein
integraler Bestandteil eines wirkungsvollen Widerstandes,
die zu ständiger Berichterstattung in globalen Medien
führte. Internationaler Druck auf Israel von ausländischen
Diplomaten und sogar vom Internationalen Strafgerichtshof
hätte es ohne das Engagement der Aktivisten, Fahrten zum
Dorf und Treffen mit Diplomaten, die (das Dorf) besuchten,
nicht gegeben.
Und während es schwer vorstellbar ist, dass ein Minister der
israelischen Regierung ein einhalb Monate lang in einem Zelt
in einem Beduinendorf schläft, hat genau das Walid Assaf,
der Minister der PA für das Komitee Gegen die Mauer und die
Siedlungen gemacht. Er und Mitarbeiter seines Ministeriums,
von denen einige früher Aktivisten in Volkskampfkomitees
waren, sind der israelischen Polizei direkt
entgegengetreten, wurden oft geschlagen und mit Pfefferspray
besprüht.
Die Präsenz linker israelischer Aktivisten in dem Dorf hat
jedoch schmerzlich gefehlt. Trotz des Bewußtseins für die
Dringlichkeit in den sozialen Medien war nur eine kleine
Zahl Aktivisten von Ta'ayush und All That's Left in den
letzten Monaten ständig dort. Politiker und Führer linker
Bewegungen bemühten sich scheinbar nicht allzusehr, Israelis
zu mobilisieren zu kommen und solidarisch mit den Einwohnern
von Khan al-Ahmar zu stehen, dagegen spielten Gruppen wie
B'Tselem und andere eine wichtige Rolle auf diplomatischer
Ebene.
Dennoch hatten trotz aller Mängel die Treffen von Israelis
und Palästinensern als Teil des Widerstands eine größere
Bedeutung als der Widerstand selbst. Die Treffen mit jungen
Leuten aus der ganzen Westbank, von denen viele nicht an
Demonstrationen teilnehmen, bei denen Israelis anwesend
sind, erinnerten an die großen Differenzen zwischen den
Realitäten, mit denen die Palästinenser und die Israelis
konfrontiert sind.
Ich begegnete jungen Palästinensern aus dem Flüchtlingslager
Askar bei Nablus, aus Jenin und Hebron, von denen viele
hebräische Nachrichtenmedien lesen und daran interessiert
sind, was in Israel geschieht. Sie wollten immer wissen, was
ich denke, und noch wichtiger, was die israelische
Öffentlichkeit über sie denkt, und ob es eine Chance für
eine Lösung des Konflikts gibt – Fragen, über die der
durchschnittliche Israeli nicht mehr nachdenkt.
Diese Art von Begegnungen im Kontext eines gemeinsamen
Kampfes (Widerstands) erlauben uns, wenn auch nur für einen
Augenblick, die Möglichkeit einer anderen Realtät in diesem
Land vorzustellen.
Netanyahu spricht jetzt darüber, dass es einige Wochen
länger dauern wird, um irgendeine Art von Einigung mit den
Einwohnern von Khan al-Ahmar zu erreichen, um sie freiwillig
an einen Ort umzusiedeln, mit dem sie einverstanden sind.
Diese Art einer Lösung, unabhängig davon, wie sie in der
israelischen Öffentlichkeit präsentiert wird, wird etwas
beweisen, was noch bis vor wenigen Tagen so gut wie
unmöglich schien: Netanyahu hat verloren, und der Widerstand
der Einwohner von Khan al-Ahmar und der Aktivisten hat
gesiegt.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer

Der Autor, Oren Ziv, versendet Fotos nach
einem Polizeiüberfall in Khan al-Ahmar am 15. Oktober 2018.
(Ahmad Al Bazz/Activestills.org)
Bezwinger der
Wüste
Simon der
Kameramann
sieht die Planierraupen die
die letzten Trümmer
der Araberhäuser zermalmen
und sieht die Erde
die Gurken hervorgebracht hat
Tomaten Wassermelonen
und da und dort einen Ölbaum
aufreißen und verderben
Zementstaub auf Lehmstaub
Staub auf staubiges Grün
auf staubiges rosa Erdreich
und sagt: "Bevor die Juden
die Wüste bezwingen können
müssen sie hier die Wüste
erst selber machen"
Erich Fried
|
VIDEO - Why Israel wants to
destroy Khan al Ahmar
 |
Westjordanland - Israel legt
Abrisspläne für Beduinendorf auf Eis
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Pläne
zum umstrittenen Abriss eines Beduinendorfs im Westjordanland
bis auf weiteres verschoben. Das Vorhaben war international
auf Kritik gestoßen. >>>

Anklägerin
des Internationalen Strafgerichtshofs warnt: Zerstörung von
Khan al-Ahmar ist "Kriegsverbrechen" - Edo Konrad - 17.10.2018-
Fatou Bensouda
sagte, sie werde "nicht zögern geeignete Maßnahmen zu ergreifen",
wenn das Westbank-Dorf zerstört würde. Die britische Premierministerin
Theresa May sagt, die Zerstörung werde ein "großer Schlag für
die Zwei-Staaten-Lösung" sein.
Fatou Bensouda,
die Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, warnte
am Dienstag israelische Amtsträger, sie werde "nicht zögern,
alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen", sollten sie das Beduinendorf
Khan al-Ahmar zerstören und seine Bewohner zwangsweise umsiedeln.
Bensoudas Warnungen
erfolgten, als die israelischen Behörden ihre Bemühungen verstärkten,
das Dorf zu zerstören und seine Einwohner, die seit mehr als
40 Jahren in Khan al-Ahmar leben, wegzuschaffen.
Die Anklägerin
des ICC äußerte auch ihre Besorgnis über die andauernde Gewalt
an der Grenze zwischen Gaza und Israel, mehrere Stunden, nachdem
eine Rakete aus dem Gazstreifen ein Haus in der südisraelischen
Stadt Be'er Sheva getroffen hatte. Die israelische Luftwaffe
traf als Reaktion 20 Ziele, von denen sie sagten, sie gehörten
der Hamas.
Bensoudas Erklärung
in voller Länge:
"Ich habe mit Sorge die geplante Vertreibung der Beduinen-Community
von Khan al-Ahmar in der Westbank verfolgt. Die
Zwangsräumung scheint jetzt unmittelbar bevorzustehen
und damit die Aussicht auf weitere Eskalation und Gewalt.
Es muss generell
daran erinnert werden, dass in einem besetzten Territorium
extensive Zerstörung von Eigentum ohne militärische Notwendigkeit
sowie Bevölkerungtransfer ein Kriegsverbrechen nach dem
Römischen Statut darstellen.
Ähnlich alarmiert
bin ich von der fortgesetzten Gewalt von Akteuren beider
Seiten an der Grenze zwischen Gaza und Israel.
Als Anklägerin, die die Situation in Palästina wahrnimmt, fühle
ich mich deshalb verpflichtet, alle Parteien daran zu erinnern,
dass in meinem Büro eine Voruntersuchung der Situation
läuft.
Ich werde die
Entwicklungen vor Ort weiterhin im Auge behalten und werde nicht
zögern, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen nach den Vorgaben
für die unabhängige und unparteiliche Ausübung meines Mandats
nach dem Römischen Statut, in voller Beachtung des Prinzips
der Komplementarität."
Inzwischen sagte
die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag gegenüber
dem Parlament, die Zerstörung von Khan al-Ahmar würde "der Zwei-Staaten-Lösung
einen großen Schlag versetzen", und drängte die israelische
Regierung ihre Pläne zur Vertreibung der Dorfbewohner nicht
durchzuziehen. Mays Stellungnahme erfolgte auf eine Anfrage
des Parlamentsmitglieds Alistair Carmichael hin, in der er die
Premierministerin inständig bat, Benjamin Netanyahu klarzumachen,
dass "dies besetztes Territorium ist, dass dies Flüchtlinge
sind, geschützte Personen, deren Vertreibung ... ein Kriegsverbrechen
darstellen" würde.
Bensoudas und
Mays Stellungnahmen erfolgten, als die israelischen Behörden
Vorbereitungen für die Zerstörung von Khan al-Ahmar trafen,
nachdem eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vergangenen
Monat das Schicksal des Dorfes besiegelt hatte. Anfangs dieser
Woche waren israelische Sicherheitskräfte in Begleitung von
Bulldozern in die Randbereiche des Dorfes eingedrungen, um im
Vorfeld der Zerstörung mit dem Einebnen des Bodens zu beginnen.
Mindestens sieben Personen wurden verletzt und vier weitere
am Montag festgenommen, nachdem sie versucht hatten die Bulldozer
an der Durchführung ihrer Arbeit zu hindern.
Israels plant,
die Einwohner zu vertreiben und sie auf ein vorgesehenes Gebiet
neben der Mülldeponie in der Nähe der Stadt Abu Dis in Ost-Jerusalem
umzusiedeln.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Die
Straße nach Khan al-Ahmar - Yigal Bronner - 19.10.2018
- Israel hat jetzt für zwei Tage in die Infrastruktur von Khan
al-Ahmar investiert. Am 18. 10. 2018 legten schwere Maschinen
einen riesigen Sumpf vom Abwasser aus benachbarten Siedlungen
trocken, packten so ein Gesundheitsrisiko an, das die Community
seit Jahren beeinträchtigt. Und heute ebnen riesige Traktoren
und Walzen Lkw-Ladungen Torf (Fertigrasen) und festigen den
noch feuchten Boden. Israel baut eine Straße nach Khan al-Ahmar,
jetzt, wo es entschieden hat, (das Dorf) zerstören.
Die Fakten vor
Ort liegen deutlich sichtbar unter der glühenden Sonne. Die
Häuser in Khan al-Ahmar sind entweder Zelte oder Blechhütten.
Das Dorf hat kein fließendes Wasser, keinen Strom, keine Abwasserrohre,
keine medizinische Klinik oder Müllabfuhr, und bevor europäische
Spender halfen aus recicelten Autoreifen ein Gebäude zu errichten,
hatten die Kinder keine Schule. Obwohl nur Meter von der Hauptstrasse
entfernt, die von Jerusalem zum Toten Meer führt, gibt es hier
keine Haltestelle, und keine Straßen führen zu der Community.
Seit der israelischen Besatzung 1967 ist Khan al-Ahmar abseits
und isoliert geblieben.
Die Logik, die
über Israels Aktionen informiert, wird schon in der Minute klar,
in der man über den Horizont schaut: die Siedlungen umschließen
Khan al-Ahmar. Kfar Adumim, Mishor Adumim, Ma'aleh Adumim und
mehrere andere jüdische Siedlungen und Außenposten kreisen das
heruntergekommene Dorf ein. Es sind grüne, ausgedehnte Vorstädte
mit Hauptstraßen, schicken Schulen, medizinischen Kliniken auf
dem neuesten Stand sowie allen Annehmlichkeiten, die man sich
nur denken kann. Sie wachsen auch rasch. Das Gemeindegebiet
von Ma'aleh Adumim ist bereits größer als das von Tel Aviv.
So soll diese
kleine palästinensische Community, die 1952 von der israelischen
Armee von ihrem Land im Negev, das damals zu Jordanien gehörte,
in die Westbank vertrieben wurde, wieder vertrieben werden,
diesmal zu einem Schrottplatz.
Ja, das Stückchen
Land, das Israel diesen bald zum zweiten Mal Flüchtlingen zugewiesen
hat, liegt neben einer riesigen Mülldeponie. Der Staat ist endlich
dabei die Straße von Khan al-Ahmar zur Hauptstraße zu befestigen,
damit die Bulldozer die Häuser einebnen und den kleinen Streifen
Land den Siedlern übergeben können.
Die Ironie scheint
niemand zu bemerken: nicht die Arbeiter, die die Infrastruktur
für die Zerstörung vorbereiten, die Polizisten, die sie begleiten
und die es juckt nach Gewaltausübung, die Richter des Obersten
Gerichtshofs, die diesem barbarischen Akt einhellig zugestimmt
haben, die Bürokraten der Besatzung(smacht), die anfangs gefordert
hatten, dass die Dorfbewohner ihre eigenen Häuser zerstören
sollten, und schließlich die staatenlosen und wehrlosen palästinensischen
Einwohner, die keinen Sinn für die israelische Ironie haben.
Lkws und Traktoren arbeiten stetig von morgens bis in die Nacht.
Heute ist Khan al-Ahmar nicht mehr isoliert, morgen wird es
nicht mehr da sein.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Die Stunde der Wahrheit für die Israel-Palästina-Politik der
EU - Michael Schaeffer Omer-Man - 5.09.3018 - Ob die
europäische Staaten ihre Drohungen und Warnungen wegen der Zerstörung
von Khan al-Ahmar wahrmachen, wird viel aussagen über die Bedeutung
der EU und ihre Fähigkeit die israelische Politik gegenüber
den Palästinensern zu beeinflussen.
Europäische Mächte werden in den nächsten Wochen eine wesentliche
Entscheidung zu treffen haben. Zwei Monate, nachdem Berichten
zufolge fünf europäische Staaten Israel gewarnt haben, dass
die Zerstörung und die Vertreibung der Einwohner von Khan al-Ahmar
"zu einer Reaktion" seiner Verbündeten "führen" würde, hat der
Oberste Gerichtshof Israels am Dienstag die Zerstörung endgültig
genehmigt.
Neben dem Weiler Susiya in der südlichen Westbank hat die EU
Khan al-Ahmar als eine der wenigen, offensichtlich willkürlich
gewählten roten Linien für Israels Jahrzehnte lange Politik
der Zerstörung palästinensischer Häuser und Ausweitung seines
Siedlungsunternehmens im besetzten palästinensischen Territorium
bezeichnet. Diplomaten kommen in Konvois, wann immer die kleinen,
heruntergekommenen Dörfer in der Zone C kurz vor der Zerstörung
stehen. Verurteilungen und gelegentliche Warnungen werden in
die Luft gepulvert.
Bis jetzt hat dieses Vorgehen teilweise funktioniert. Aber die
Dinge haben sich in den letzten zwei Jahren geändert, wobei
die größte Änderung ist, dass das Weiße Haus – dessen Nahostpolitik
von unverfroren rechtsgerichteten und für Siedler eingestellten
Personen wie Jared Kushner und David Friedman geleitet wird
– sich nicht mehr darum kümmert, was Israel mit den Palästinensern
macht. Und wenn es sich kümmert, dann ist es nicht einmal bereit
einen Hauch von Missbilligung zu murmeln.
Das bedeutet, dass die europäischen Mächte, um es ganz offen
zu sagen, zu entscheiden haben werden, ob sie ihren Einsatz
für Khan al-Ahmar ernst nehmen oder es dabei belassen. Auch
wenn sie handeln wollen, ist es wenig wahrscheinlich, dass sie
wegen Israels angehenden Freundschaften mit rechtsextremen EU-Regierungen
das als geeinter Block tun werden, (da diese) eine effektive
Vetomacht im auf Konsens basierten System der EU-Außenpolitik
haben. Die Regierungen werden deshalb einzeln eingreifen müssen.
Wenn man überlegt, in wie wenigen Angelegenheiten die internationale
Gemeinschaft bereit ist, gegenüber Israel Stellung zu beziehen,
und dass europäische Politiker (Führer) es selbst übernommen
haben, eine halb stimmige rote Linie bei Khan al-Ahmar zu ziehen,
werden die Reaktionen von Deutschland, Frankreich, England,
Spanien und Italien wesentlich sein für das Schicksals des internationalen
Engagements in der Sache Palästinas.
Da die Vereinigten Staaten nicht mehr interessiert sind, auch
nur verbalen Druck auf Israel auszuüben, müssen die europäischen
Mächte, die einen wichtigen wirtschaftlichen Hebel in der Hand
haben, zeigen, ob ihre Warnungen wirklich ernste Drohungen oder
nur leere Worte sind. Wenn sie nicht mit irgendeiner Art von
Sanktionen oder Strafmaßnahmen reagieren, werden sie alles verlieren,
was von ihrer Abschreckung(spolitik) geblieben ist, um die beharrliche
Kampagne der israelischen Regierung, die (von der EU unterstützte)
Zwei-Staaten-Lösung zu einer obsoleten Idee zu machen.
Aber es ist unwahrscheinlich, dass solche Strafmaßnahmen verhängt
werden. Diplomatische Drohungen werden fast nie in der Absicht
gemacht, sie wahrzumachen; und deshalb werden die Konsequenzen
nie genauer ausgeführt oder (auch nur) angedeutet. Israel hat
lange geglaubt, dass das der Fall ist, und jetzt ist es so weit,
dass es die Grenzen seiner Straflosigkeit noch weiter austestet
– was es in den letzten Jahren mehr und mehr herausfordernd
gemacht hat.
Das Ergebnis ist, dass die derzeitige israelische Regierung
und die folgenden Regierungen ermutigt werden, bei der Neuformulierung
der Regeln für ihr Verhalten noch kampflustiger zu werden: in
diesem Fall die Regeln dafür, wie schnell sie ihre stückweise,
stille Annexion Palästinas in den kommenden Jahren voranbringen
kann.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
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