Westjordanland - Israel legt
Abrisspläne für Beduinendorf auf Eis
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Pläne
zum umstrittenen Abriss eines Beduinendorfs im Westjordanland
bis auf weiteres verschoben. Das Vorhaben war international
auf Kritik gestoßen. >>>

Anklägerin
des Internationalen Strafgerichtshofs warnt: Zerstörung von
Khan al-Ahmar ist "Kriegsverbrechen" - Edo Konrad - 17.10.2018-
Fatou Bensouda
sagte, sie werde "nicht zögern geeignete Maßnahmen zu ergreifen",
wenn das Westbank-Dorf zerstört würde. Die britische Premierministerin
Theresa May sagt, die Zerstörung werde ein "großer Schlag für
die Zwei-Staaten-Lösung" sein.
Fatou Bensouda,
die Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, warnte
am Dienstag israelische Amtsträger, sie werde "nicht zögern,
alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen", sollten sie das Beduinendorf
Khan al-Ahmar zerstören und seine Bewohner zwangsweise umsiedeln.
Bensoudas Warnungen
erfolgten, als die israelischen Behörden ihre Bemühungen verstärkten,
das Dorf zu zerstören und seine Einwohner, die seit mehr als
40 Jahren in Khan al-Ahmar leben, wegzuschaffen.
Die Anklägerin
des ICC äußerte auch ihre Besorgnis über die andauernde Gewalt
an der Grenze zwischen Gaza und Israel, mehrere Stunden, nachdem
eine Rakete aus dem Gazstreifen ein Haus in der südisraelischen
Stadt Be'er Sheva getroffen hatte. Die israelische Luftwaffe
traf als Reaktion 20 Ziele, von denen sie sagten, sie gehörten
der Hamas.
Bensoudas Erklärung
in voller Länge:
"Ich habe mit Sorge die geplante Vertreibung der Beduinen-Community
von Khan al-Ahmar in der Westbank verfolgt. Die
Zwangsräumung scheint jetzt unmittelbar bevorzustehen
und damit die Aussicht auf weitere Eskalation und Gewalt.
Es muss generell
daran erinnert werden, dass in einem besetzten Territorium
extensive Zerstörung von Eigentum ohne militärische Notwendigkeit
sowie Bevölkerungtransfer ein Kriegsverbrechen nach dem
Römischen Statut darstellen.
Ähnlich alarmiert
bin ich von der fortgesetzten Gewalt von Akteuren beider
Seiten an der Grenze zwischen Gaza und Israel.
Als Anklägerin, die die Situation in Palästina wahrnimmt, fühle
ich mich deshalb verpflichtet, alle Parteien daran zu erinnern,
dass in meinem Büro eine Voruntersuchung der Situation
läuft.
Ich werde die
Entwicklungen vor Ort weiterhin im Auge behalten und werde nicht
zögern, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen nach den Vorgaben
für die unabhängige und unparteiliche Ausübung meines Mandats
nach dem Römischen Statut, in voller Beachtung des Prinzips
der Komplementarität."
Inzwischen sagte
die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag gegenüber
dem Parlament, die Zerstörung von Khan al-Ahmar würde "der Zwei-Staaten-Lösung
einen großen Schlag versetzen", und drängte die israelische
Regierung ihre Pläne zur Vertreibung der Dorfbewohner nicht
durchzuziehen. Mays Stellungnahme erfolgte auf eine Anfrage
des Parlamentsmitglieds Alistair Carmichael hin, in der er die
Premierministerin inständig bat, Benjamin Netanyahu klarzumachen,
dass "dies besetztes Territorium ist, dass dies Flüchtlinge
sind, geschützte Personen, deren Vertreibung ... ein Kriegsverbrechen
darstellen" würde.
Bensoudas und
Mays Stellungnahmen erfolgten, als die israelischen Behörden
Vorbereitungen für die Zerstörung von Khan al-Ahmar trafen,
nachdem eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vergangenen
Monat das Schicksal des Dorfes besiegelt hatte. Anfangs dieser
Woche waren israelische Sicherheitskräfte in Begleitung von
Bulldozern in die Randbereiche des Dorfes eingedrungen, um im
Vorfeld der Zerstörung mit dem Einebnen des Bodens zu beginnen.
Mindestens sieben Personen wurden verletzt und vier weitere
am Montag festgenommen, nachdem sie versucht hatten die Bulldozer
an der Durchführung ihrer Arbeit zu hindern.
Israels plant,
die Einwohner zu vertreiben und sie auf ein vorgesehenes Gebiet
neben der Mülldeponie in der Nähe der Stadt Abu Dis in Ost-Jerusalem
umzusiedeln.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Die
Straße nach Khan al-Ahmar - Yigal Bronner - 19.10.2018
- Israel hat jetzt für zwei Tage in die Infrastruktur von Khan
al-Ahmar investiert. Am 18. 10. 2018 legten schwere Maschinen
einen riesigen Sumpf vom Abwasser aus benachbarten Siedlungen
trocken, packten so ein Gesundheitsrisiko an, das die Community
seit Jahren beeinträchtigt. Und heute ebnen riesige Traktoren
und Walzen Lkw-Ladungen Torf (Fertigrasen) und festigen den
noch feuchten Boden. Israel baut eine Straße nach Khan al-Ahmar,
jetzt, wo es entschieden hat, (das Dorf) zerstören.
Die Fakten vor
Ort liegen deutlich sichtbar unter der glühenden Sonne. Die
Häuser in Khan al-Ahmar sind entweder Zelte oder Blechhütten.
Das Dorf hat kein fließendes Wasser, keinen Strom, keine Abwasserrohre,
keine medizinische Klinik oder Müllabfuhr, und bevor europäische
Spender halfen aus recicelten Autoreifen ein Gebäude zu errichten,
hatten die Kinder keine Schule. Obwohl nur Meter von der Hauptstrasse
entfernt, die von Jerusalem zum Toten Meer führt, gibt es hier
keine Haltestelle, und keine Straßen führen zu der Community.
Seit der israelischen Besatzung 1967 ist Khan al-Ahmar abseits
und isoliert geblieben.
Die Logik, die
über Israels Aktionen informiert, wird schon in der Minute klar,
in der man über den Horizont schaut: die Siedlungen umschließen
Khan al-Ahmar. Kfar Adumim, Mishor Adumim, Ma'aleh Adumim und
mehrere andere jüdische Siedlungen und Außenposten kreisen das
heruntergekommene Dorf ein. Es sind grüne, ausgedehnte Vorstädte
mit Hauptstraßen, schicken Schulen, medizinischen Kliniken auf
dem neuesten Stand sowie allen Annehmlichkeiten, die man sich
nur denken kann. Sie wachsen auch rasch. Das Gemeindegebiet
von Ma'aleh Adumim ist bereits größer als das von Tel Aviv.
So soll diese
kleine palästinensische Community, die 1952 von der israelischen
Armee von ihrem Land im Negev, das damals zu Jordanien gehörte,
in die Westbank vertrieben wurde, wieder vertrieben werden,
diesmal zu einem Schrottplatz.
Ja, das Stückchen
Land, das Israel diesen bald zum zweiten Mal Flüchtlingen zugewiesen
hat, liegt neben einer riesigen Mülldeponie. Der Staat ist endlich
dabei die Straße von Khan al-Ahmar zur Hauptstraße zu befestigen,
damit die Bulldozer die Häuser einebnen und den kleinen Streifen
Land den Siedlern übergeben können.
Die Ironie scheint
niemand zu bemerken: nicht die Arbeiter, die die Infrastruktur
für die Zerstörung vorbereiten, die Polizisten, die sie begleiten
und die es juckt nach Gewaltausübung, die Richter des Obersten
Gerichtshofs, die diesem barbarischen Akt einhellig zugestimmt
haben, die Bürokraten der Besatzung(smacht), die anfangs gefordert
hatten, dass die Dorfbewohner ihre eigenen Häuser zerstören
sollten, und schließlich die staatenlosen und wehrlosen palästinensischen
Einwohner, die keinen Sinn für die israelische Ironie haben.
Lkws und Traktoren arbeiten stetig von morgens bis in die Nacht.
Heute ist Khan al-Ahmar nicht mehr isoliert, morgen wird es
nicht mehr da sein.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Die Stunde der Wahrheit für die Israel-Palästina-Politik der
EU - Michael Schaeffer Omer-Man - 5.09.3018 - Ob die
europäische Staaten ihre Drohungen und Warnungen wegen der Zerstörung
von Khan al-Ahmar wahrmachen, wird viel aussagen über die Bedeutung
der EU und ihre Fähigkeit die israelische Politik gegenüber
den Palästinensern zu beeinflussen.
Europäische Mächte werden in den nächsten Wochen eine wesentliche
Entscheidung zu treffen haben. Zwei Monate, nachdem Berichten
zufolge fünf europäische Staaten Israel gewarnt haben, dass
die Zerstörung und die Vertreibung der Einwohner von Khan al-Ahmar
"zu einer Reaktion" seiner Verbündeten "führen" würde, hat der
Oberste Gerichtshof Israels am Dienstag die Zerstörung endgültig
genehmigt.
Neben dem Weiler Susiya in der südlichen Westbank hat die EU
Khan al-Ahmar als eine der wenigen, offensichtlich willkürlich
gewählten roten Linien für Israels Jahrzehnte lange Politik
der Zerstörung palästinensischer Häuser und Ausweitung seines
Siedlungsunternehmens im besetzten palästinensischen Territorium
bezeichnet. Diplomaten kommen in Konvois, wann immer die kleinen,
heruntergekommenen Dörfer in der Zone C kurz vor der Zerstörung
stehen. Verurteilungen und gelegentliche Warnungen werden in
die Luft gepulvert.
Bis jetzt hat dieses Vorgehen teilweise funktioniert. Aber die
Dinge haben sich in den letzten zwei Jahren geändert, wobei
die größte Änderung ist, dass das Weiße Haus – dessen Nahostpolitik
von unverfroren rechtsgerichteten und für Siedler eingestellten
Personen wie Jared Kushner und David Friedman geleitet wird
– sich nicht mehr darum kümmert, was Israel mit den Palästinensern
macht. Und wenn es sich kümmert, dann ist es nicht einmal bereit
einen Hauch von Missbilligung zu murmeln.
Das bedeutet, dass die europäischen Mächte, um es ganz offen
zu sagen, zu entscheiden haben werden, ob sie ihren Einsatz
für Khan al-Ahmar ernst nehmen oder es dabei belassen. Auch
wenn sie handeln wollen, ist es wenig wahrscheinlich, dass sie
wegen Israels angehenden Freundschaften mit rechtsextremen EU-Regierungen
das als geeinter Block tun werden, (da diese) eine effektive
Vetomacht im auf Konsens basierten System der EU-Außenpolitik
haben. Die Regierungen werden deshalb einzeln eingreifen müssen.
Wenn man überlegt, in wie wenigen Angelegenheiten die internationale
Gemeinschaft bereit ist, gegenüber Israel Stellung zu beziehen,
und dass europäische Politiker (Führer) es selbst übernommen
haben, eine halb stimmige rote Linie bei Khan al-Ahmar zu ziehen,
werden die Reaktionen von Deutschland, Frankreich, England,
Spanien und Italien wesentlich sein für das Schicksals des internationalen
Engagements in der Sache Palästinas.
Da die Vereinigten Staaten nicht mehr interessiert sind, auch
nur verbalen Druck auf Israel auszuüben, müssen die europäischen
Mächte, die einen wichtigen wirtschaftlichen Hebel in der Hand
haben, zeigen, ob ihre Warnungen wirklich ernste Drohungen oder
nur leere Worte sind. Wenn sie nicht mit irgendeiner Art von
Sanktionen oder Strafmaßnahmen reagieren, werden sie alles verlieren,
was von ihrer Abschreckung(spolitik) geblieben ist, um die beharrliche
Kampagne der israelischen Regierung, die (von der EU unterstützte)
Zwei-Staaten-Lösung zu einer obsoleten Idee zu machen.
Aber es ist unwahrscheinlich, dass solche Strafmaßnahmen verhängt
werden. Diplomatische Drohungen werden fast nie in der Absicht
gemacht, sie wahrzumachen; und deshalb werden die Konsequenzen
nie genauer ausgeführt oder (auch nur) angedeutet. Israel hat
lange geglaubt, dass das der Fall ist, und jetzt ist es so weit,
dass es die Grenzen seiner Straflosigkeit noch weiter austestet
– was es in den letzten Jahren mehr und mehr herausfordernd
gemacht hat.
Das Ergebnis ist, dass die derzeitige israelische Regierung
und die folgenden Regierungen ermutigt werden, bei der Neuformulierung
der Regeln für ihr Verhalten noch kampflustiger zu werden: in
diesem Fall die Regeln dafür, wie schnell sie ihre stückweise,
stille Annexion Palästinas in den kommenden Jahren voranbringen
kann.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
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Wenn die Geschichtsschreibung
ganz im Dienst einer Ideologie steht - Arn Strohmeyer
hat eine Gegendarstellung auf die ”Ausstellung zur Staatsgründung
Israels” vor 70 Jahren verfasst - Rezension von Hermann Dierkes
2008 jährte sich zum 60. mal die Nakba, also
die Katastrophe mit Vertreibung, Massakern, Flucht, Zerstörung
und Enteignung, mit der das palästinensische Volk die Staatsgründung
Israels bezahlen musste – und bis heute bezahlt. Damals hat
der Verein Flüchtlingskinder im Libanon e.V. eine sehr verdienstvolle
Wanderausstellung auf den Weg gebracht, die die Nakba wissenschaftlich
dokumentiert und den historischen Wahrheiten Gerechtigkeit widerfahren
lässt. Die Ausstellung wurde gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst
sowie der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Wuerttemberg
und von über 50 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstüzt.
Bis heute wurde sie an ca. 100 Orten gezeigt, u.a. 2014 im EU-Parlament
in Strassburg und am Sitz der UN in Genf. Sie wurde von Zehntausenden
besucht, trotz massiver Anfeindungen einer zweifelhaften ”Israel-”Lobby,
deren Zensur- und Verbotsforderungen sich hier und da leider
auch Kommunalpolitik und Kirchengemeinden gebeugt haben, wie
jüngst wieder in Köln.15.000 Ausstellungskataloge wurden verkauft.
Der Erfolg der Ausstellung hat offensichtlich
eine weitere Massnahme der ”Israel”-Lobby (in Wahrheit Agenten
der rechtsextremen Regierung Netanjahu) hervorgerufen. Diesmal
ist eine der Regierungspolitik nahestende Organisation namens
”DEIN e.V. Verein für Demokratie und Information” mit einer
Wanderausstellung ”1948. Die Ausstellung zur Staatsgruendung
Israels” auf den Plan getreten.
Der Journalist Arn Strohmeyer hat die mit 32
Tafeln und einem 70-seitigen Beiheft versehene Ausstellung untersucht
und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um einen ”klassischen
Fall von Geschichtsfälschung” handelt. In seiner Broschuere
von gut 150 Seiten nimmt er die zentralen Aussagen auseinander,
die vollkommen deckungsgleich sind mit den offiziellen Mythen
der israelischen Staatsgründung. Strohmeyer stuetzt sich dabei
u.a. bewusst auf die neueren Forschungsergebnisse israelischer
Geschichtswissenschaft, die auf Basis von Staats- und Militärarchivöffnungen,
Regierungsprotokollen, Aufzeichungen handelnder Personen und
Zeitzeugenaussagen zu ganz anderen Einschätzungen kommen.
Doch die Arbeiten kritischer Historiker wie
Simcha Flapan, Ilan Pappe, Shlomo Sand, Tom Segev und Moshe
Zuckermann, werden von der Ausstellung ueberhaupt nicht zur
Kenntnis genommen. Strohmeyer zeigt auch, dass die Ausstellung
keineswegs die israelische Position widergibt. Es gebe eben
auch das ”andere” Israel.
Die Macher versichern allerdings, dass man die
Vergangenheit ”korrekt” und ”nicht verzerrt” präsentieren wolle,
als ”historisches Korrektiv”, um ”Halbwissen, Vermutungen, Desinformation
und Hassinformationen” entgegenzutreten. Strohmeyer dazu: ”Das
klingt gut, ist aber selbst reine Propaganda, denn die Ausstellung
wird den von ihr gesetzten Kriterien in keiner Weise gerecht.
Ganz im Gegenteil: Man wundert sich, mit welchen Geschichtsfälschungen
die Organisatoren der Austellung an die Öffentlichkeit gehen.
Offenbar ist es ihre Absicht, ein völlig uninformiertes und
ahnungsloses Publikum anzusprechen, das bereit ist, solche Mythen
und Legenden zu akzeptieren, ohne zu widersprechen.” Weggelassen,
vertuscht und manipuliert wird schon hinsichtlich der Vorgeschichte
der Staatsgründung. Die Entstehung und Entwicklung der ausgesprochen
kolonialistischen – auf Vertreibung der ansässigen Palästinenser
ausgerichteten - zionistischen Bewegung seit Ende des 19. Jahrhunderts
fehlt vollständig. Die Gegenwehr der Palästinenser in den 30er
Jahren – noch unter britischer Mandatszeit – sei Ausdruck von
Fanatismus, Machtstreben und Antisemitismus gewesen, während
die jüdischen Einwanderer nur friedlich aufbauen wollten.
Gefälscht wird weiter hinsichtlich der strategischen
Interessen, der Kräfteverhältnisse, der Chronologie und der
Begleitumstände des israelisch-arabischen Kriegs und der palästinensischen
Flucht und Vertreibung im Jahr 1948. Motto: Die meisten seien
freiwillig gegangen. Eine von den zionistischen Terrormilizen
und der entstehenden israelischen Armee betriebene ethnische
Säuberung, die bereits unmittelbar nach dem UN-Teilungsbeschluss
vom November 47 einsetzte, die die UN-Teilungspläne missachtete
und lange vor dem schwächlichen und unkoordinierten arabischen
Angriff nach der Ausrufung des Staates Israel am 15. Mai 1948
Fakten schuf, habe es nicht gegeben. Durchgängig werden im Beiheft
die Palästinenser als blutrünstige Terroristen dargestellt,
gegen die sich die guten Israelis verteidigen mussten und müssen.
Die Verfasser des Ausstellungskatalogs bestreiten überhaupt
die Tatsache, dass es seit Jahrhunderten ein palästinensisches
Volk gab. Doch entgegen allen Beteuerungen fand der Zionismus
Ende des 19. Jahrhunderts keine menschenleere Wüste vor, die
er angeblich zum Blühen brachte, sondern drang in ein Land ein,
in dem Hunderttausende Palästinenser seit langen Zeiten ansässig
waren.
Strohmeyer resümiert: ”Weil die zionistische
Ideologie nicht zugeben kann, dass der palästinensische Widerstand
die Antwort auf die Unterdrückung der nationalen Rechte dieses
Volkes ist (...), muss die zionistische Sicht auf die Geschichte
und die aktuelle politische Situation mythisch, legendenhaft
und deswegen ahistorisch sein. Das gilt auch für die hier kritisierte
Exposition 1948. Die Ausstellung, die sich ganz der zionistischen
Weltanschauung unterordnet.”
Er zitiert den herausragenden israelischen Historiker
Ilan Pappe: ”Jeder Versuch zur Lösung eines Konflikts muss sich
zuallererst mit dessen Kern auseinandersetzen. (…) Die Tatsache,
dass die israelische und zionistische Version der Geschichte
(...) in Deutschland weitgehend akzeptiert wird, basiert auf
einer ganzen Ansammlung von Mythen, die alle darin münden, das
moralische Recht und das ethische Verhalten der Palästinenser
ins Zwielicht zu ruecken, was allerdings jede Chance auf einen
zukünftigen gerechten Frieden enorm verringert.” Die Ausstellung
”1948” erinnert auf jeden Fall an die alte Volksweisheit: Die
Wahrheit ist ein selten Kraut, noch seltener, wer es gut verdaut
…
Arn Strohmeyer: Ein klassischer Fall von Geschichtsfälschung.
”1948.Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels” ist eine Flucht
in Mythen. Eine Gegendokumentation, Gabriele Schäfer Verlag,
ISBN 978-3-944 487-60-1, 14,80 Euro
Weglassen, vertuschen und manipulieren
- „1948. Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels“ ist ein
klassischer Fall von Geschichtsfälschung - Arn Strohmeyer
Der israelische Historiker Ilan Pappe schreibt über die offizielle
Geschichtsschreibung des Staates Israel, die die Zeit um 1948
behandelt, sie sei geprägt von „einer tief sitzenden Angst vor
einer Debatte über die Ereignisse von 1948, da Israels ‚Behandlung‘
der Palästinenser in jener Zeit zwangsläufig beunruhigende Fragen
nach der moralischen Legitimität des gesamten zionistischen
Projekts aufwerfen würde. Für Israelis ist es daher von entscheidender
Bedeutung, einen starken Verleumdungsmechanismus aufrechtzuerhalten,
der ihnen nicht nur hilft, die von den Palästinensern in den
Friedensverhandlungen gestellten Forderungen abzuwehren, sondern
auch – und vor allem – jede eingehende Debatte über den Charakter
und die moralischen Grundlagen des Zionismus zu vereiteln.
Die Palästinenser als Opfer israelischer Taten anzuerkennen
ist für Israelis in mindestens zweierlei Hinsicht zutiefst beunruhigend.
Da eine solche Anerkennung bedeutet, sich dem historischen Unrecht
zu stellen, das Israel mit der ethnischen Säuberung Palästinas
1948 begangen hat, stellt sie die Gründungsmythen des Staates
Israel in Frage und wirft eine Fülle ethischer Fragen auf, die
unausweichliche Folgen für die Zukunft des Staates haben.
Die Palästinenser als Opfer anzuerkennen, ist mit tief verwurzelten
Ängsten verknüpft, da es von den Israelis verlangt, ihre Wahrnehmung
der ‚Vorgänge‘ von 1948 in Frage zu stellen. Aus Sicht der meisten
Israelis - und nach der Darstellung, die die israelische Mainstream-
und Populärgeschichtsschreibung immer wieder verbreitet – konnte
Israel sich 1948 als unabhängiger Nationalstaat auf einem Teil
des Mandatsgebietes Palästina etablieren, weil es den frühen
Zionisten gelungen war, ein leeres Land zu >>>
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