Dank Gazaprotesten hat Israel eine neue Ernte
"kampferprobter" Waffen zum Verkauf - 2.07.2018
- Meron Rapoport - Granaten tragende Drohnen, die
Selbstmord begehen, "intelligente Zäune" und andere neue
Instrumente zur Unterdrückung von Demonstrationen. Ein neuer
Report deckt auf, wie Israel die Proteste in Gaza benützt,
um seine Rüstungsindustrie zu präsentieren.
In einem Interview Anfang April sagte Sa'ar Korush, der bis
vor kurzem Geschäftsführer des Unternehmens war, das die
Mauer um einen Teil des Gazastreifens baut, zu Bloomberg,
dass "Gaza der Vorführraum für 'intelligente Zäune' ist, da
die Kunden schätzen, wenn die Produkte im Kampf getestet
sind". Für Israels Rüstungsindustrie gibt der
Große
Rückkehrmarsch, der zwei Wochen vor dem Interview begann,
anscheinend eine Gelegenheit neue Instrumente zur
Niederschlagung von Demonstrationen zu entwickeln, und diese
neuen Produkte ins Ausland zu verkaufen.
Korushs Bemerkungen kann man in einem
neuen Report finden,
der von Hamushim herausgebracht wurde, einem gemeinsamen
Projekt der Coalition of Women für Peace und des American
Friends Service Committee, das daran arbeitet den wahren
menschlichen Preis der israelischen Rüstungsindustrie und
Waffenhandels offen zu legen und dagegen zu mobilisieren.
Der Report mit dem Titel "A Lab and a Showroom: The Israeli
Military Industries and the Opression of the Great Return
March in Gaza" schildert detailliert die neuen Waffen
Israels, die an den Demonstranten getestet wurden sowie die
Versuche davon zu profitieren.
Die neueste, gegen die Demonstranten am Zaun zwischen Israel
und Gaza eingesetzte Waffe war das "Meer von Tränen", eine
Drohne, die Tränengaskanister tragen und fallen lassen kann.
Die Drohne war ursprünglich von Da Jiang Innovations (DJI)
entworfen und auf Ersuchen des Kommandeurs der Grenzpolizei,
Kobi Shabtai, für Aeronautics adaptiert worden, einem
israelischen Unternehmen, das auf Erkennungsdrohnen
spezialisiert ist. Laut Miki Rosenfeld, dem Sprecher der
israelischen Polizei wurden die Drohnen bereits in den
Wochen vor den Demonstrationen und dann nach deren Beginn
noch häufiger eingesetzt.
"Abgesehen von der Tatsache, dass sie jede Gefahr für unsere
Truppen neutralisiert, erlaubt sie uns Plätze zu erreichen,
die wir noch erreichen mußten", sagt Shabtai dem
Nachrichtenkanal 2. Hamushims Report stellte allerdings
fest, dass, obwohl die Armee behauptet, dass die Drohnen
größere Genauigkeit erlauben, die Armee mindestens in einem
Fall Tränengaskanister auf ein Zelt voller Frauen und Kinder
in Gaza fallen ließ. Ein anderes Video zeigt eine Szene, in
der Gaskanister auf
Journalisten abgeworfen wurden, die die
Proteste aufnahmen.
Nach der ersten Demonstration Ende März, wahrscheinlich
wegen des "Erfolgs" der Drohnen bei der Unterdrückung der
Demonstrationen hat die Verwaltung für die Entwicklung von
Waffen und technologischer Infrastruktur, im Hebräischen
bekannt als Ma'fat, hunderte Drohnen angeschafft. "Wir haben
rasch gehandelt und gleich viele Drohnen aus dem Ausland
gekauft", sagte eine Quelle von Ma'fat ohne Namensnennung
gegenüber Ynet. "Wir lernten während der Kämpfe, wie ihre
Reaktion zu verbessern ist. Unsere erste Aufgabe war,
Drohnen als Plattform für "nicht-tödliche" Waffen
einzusetzen. Wir führten rund um die Uhr Feldtests durch und
entwickelten eine Kampf-Doktrin. Die Drohnen sind
bahnbrechende Werkzeuge, leicht zu handhaben, und haben ein
enormes operatives Potential."
Nach dem Report von Hamushim wurden die Drohnen zuerst von
der Jerusalemer Stadtverwaltung zur Überwachung von
Demonstrationen eingesetzt, um palästinensische
Demonstranten zu verfolgen, die nach dem Mord an Muhammad
Abu Khdeit 2014 versuchten die Lichterketten (light trail)
zu beschädigen. Im Mai diesen Jahres machte der
Verteidigungsminister eine Ausschreibung zur Entwicklung von
Drohnen, die die von DJI hergestellten ersetzen sollten.
Von Aeronautics entwickelte Drohnen werden bereits
eingesetzt, um Demonstrationen aufzulösen. In Gaza wurden
Drohnen von Aeronautics eingesetzt, um "Stinkwasser", ein
faulig riechende Flüssigkeit, auf Demonstranten zu sprühen.
Am 16. Mai, nachdem die IDF mehr als 60 Demonstranten
getötet hatte, veröffentlichte das Verteidigungsministerium
auf Twitter ein Video, das ihre letzte Entwicklung zeigt:
die "Shocko Drohne" – eine Drohne, die Beutel mit
Stinkwasser fallen läßt. Die israelische Finanzzeitung
Calcalist bestätigte, dass diese Drohne von Aeronautics
hergestellt wurde, und einen Tag vor dem update auf Twitter
unterzeichnete das Unternehmen einen Vertrag mit dem
kroatischen Landwirtschaftsministerium mit einem Wert von
4,87 Mio Euros.
Drohnen von Aeronautics wurden auch eingesetzt, um sogen. "Feuer-(Papier)Drachen"
abzuschießen. Laut dem Report gab es Berichte über Drohnen,
die Warnschüsse auf Gruppen von Palästinensern abgaben, die
den Start von "brennenden Ballons" nach Israel
vorbereiteten. Die israelische Regierung bestreitet, dass
sie Drohnen einsetzt, um Menschen zu schaden (verletzen).
Im Juni zeigten die israelischen Aerospace Industries (IAI)
eine neue mit Granaten bestückte Drohne, die auf feindlichen
Zielen eines ausländischen Kunden "Selbstmord begehen" kann.
Die Drohne kann 10 km fliegen, eine halbe Stunde in der Luft
sein und ist so leicht, dass ein Soldat gleichzeitig drei
davon tragen kann. In derselben Woche wurde berichtet, dass IAI einen Vertrag mit der deutschen Bundeswehr zur Lieferung
von Drohnen im Wert von $600 Mio unterzeichnet hat.
Der Report warnt, dass "der Einsatz von Drohnen zu Angriffen
eine gefährliche Strategie ist, die in Zukunft gegen
Demonstranten und zivile Passanten ohne jede
Rechenschaftspflicht eingesetzt werden kann". Diese Drohnen,
sagt der Report, sind in der Lage "die Realität in den
besetzten Gebieten umzugestalten. Heute verkauft Israel
diese Drohnen bereits an fünf verschiedene Armeen, die sie
in Afghanistan einsetzen. Der Einsatz in Gaza und der
Westbank ist allerdings eine neue Entwicklung."
Der Report endet mit der Schilderung einer Szene, die am 15.
Mai, einen Tag nach den blutigen Protesten am Zaun,
stattfand. Das israelische Magazin Israeli Defense hatte
eine Konferenz mit dem Titel "Schießen, Manövrieren und
Nachrichtendienst in einer komplexen Umgebung" am Tel Aviver
Convention Center mit etwa 1.000 israelischen
Geheimdienstoffizieren, Mitglieder der israelischen
Militärindustrien und aus lndischen Vertretern organisiert.
Unter den Hauptrednern war Yoav Galant, der früher das
Südkommando der IDF während der Operation Gegossenes Blei
2008/09 leitete, der frühere IDF-Generalstabschef Moshe
Ya'alon sowie Generalmajor Kobi Barak, der Kommandeur der
GOC Armee-Hauptquartiere.
Auf der Konferenz, die von Elbit Systems, Aeronautics und
anderen gesponsert war, genossen die Teilnehmer eine
ausgefallene Cocktailparty und wurden über die letzten
Entwicklungen in Gaza informiert. Laut dem Report "offenbart
die aufwendige Expo, dass in Zeiten des Konflikts, wenn
Palästinenser trauern (wehklagen), die israelische
Militärindustrie mit ihrem business as usual fortfährt, ihre
Produkte aggressiv vermarktet, neue Verträge unterzeichnet
und sich unter Regierungsbeamte mischt".
Quelle Übersetzung: K. Nebauer
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Die europäischen Ländern
werfen Israel bevorstehende Zerstörung von Beduinendorf vor
- Der
UN-Sonder-Koordinator für den Nahostfrieden Nikolay Mladenov
verurteilt Israel, da es mit Aktionen die Zwei-Staatenlösung
unterminiert. - Noa Landau - 5. Juli 2018 - Die europäischen
Länder vereinigen Kräfte, um die Zerstörung der
Beduinengemeinde von Khan al-Ahmar in der Westbank zu
verhindern, sagte der britische Minister für den Nahen Osten
Alistair Burt am Mittwoch im Parlament.
Frankreich und Irland haben
beide Britanniens Resignation in einem ähnlichen Statement
ihrer Außenminister wiederholt. Von mehr europäischen
Ländern – (Deutschland hat es inzwischen auch getan) –wird
erwartet, dass sie ihre Sorgen dies bezüglich ausdrücken.
Die UN hat ihre Bestürzung
über die letzten israelischen Aktionen ausgedrückt. Das Amt
von Nikolay Mladenov, der UN-Sonderberater für den
Nahost-Friedensprozess, meldet, dass der Vertreter „ die
Zerstörung von Abu Nuwar und die Vorbereitungen zur
Zerstörung von Khan Al-Ahmar verurteilt. „Israel sollte
solche Aktionen und Pläne zur Umsiedlung von
Beduinen-Gemeinschaften in der besetzten Westbank stoppen.
Solche Aktionen sind gegen das Internationale Gesetz und
unterminieren die Zwei-Staaten-Lösung.“
Die EU schloss sich früh am
Donnerstag der Kritik an: die in einem Statement sagte, dass
die Zerstörungen „ zusammen mit Plänen für neuen
Siedlungsbau für Israelis im selben Gebiet, die Drohungen
zur Realisierbarkeit der Zwei-Staaten-Lösung und weiter
die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden verschlimmert.
Das Statement sagt weiter, dass die EU von den israelischen
Behörden „erwartet, diese Entscheidungen zurückzunehmen und
dass sie voll ihre Verpflichtungen als Besatzungsmacht nach
dem Internationalen Menschenrecht übernimmt.“
Britannien bemerkt, dass es
seine Besorgnis der israelischen Regierung über die
geplanten Zerstörungen wiederholt, eine Tatsache, die
Alistair Burt in der Antwort auf eine parlamentarische Frage
des Labour-MP Richard Burden erwähnt. „An diesem Morgen
besuchten Offizielle von unserer Botschaft in Tel Aviv und
von unserm General-Konsulat in Jerusalem Khan-Al-Ahmar, um
unsere Besorgnis auszudrücken und zur Unterstützung für
diese Gemeinschaft mit der internationalen Gemeinschaft zu
demonstrieren,“ sagte Burt. „In Übereinstimmung mit unserer
langjährigen Politik verurteilen wir deshalb solch einen
Akt, der einen großen Schlag gegen die Aussichten auf eine
Zwei-Staaten-Lösung mit Jerusalem einer geteilten Hauptstadt
wäre. Er verrät auch, dass der britische Botschafter am
Montag beim israelischen Nationalen Sicherheitsberater Meir
Ben Shabbat gegen die Sache protestiert habe. „ Dies soll
nicht geschehen und muss nicht geschehen,“ fügte Burt hinzu.
Andere Mitglieder des Parlamentes schlossen sich der
Diskussion an. Während einige als Freunde Israels sprachen,
die beunruhigt waren über den Mangel an Fortschritt mit dem
Friedensprozess mit den Palästinensern, riefen andere
Britannien auf, sofort und einseitig einen
palästinensischen Staat anzuerkennen und zwar als Antwort
auf die Evakuierung von Khan-Al-Ahmar und Ministerpräsident
Netanjahus Verweigerung, sich an das Internationale Gesetz
zu halten.
Ein ähnliches Statement, das
von der Sprecherin des französischen Außenministerium Agnes
von Der Mühl veröffentlicht wurde, rügte die Aktion, da sie
gegen das Internationale Menschenrecht verstoße. Sie sagte
noch, dass die Zerstörung die so schon schwierigen
Lebensbedingungen der Dorfbewohner noch schwieriger
mache. „Die Dörfer liegen auch in einem Gebiet, das
wesentlich für die Kontinuität eines zukünftigen
palästinensischen Staates ist und für die Durchführbarkeit
einer Zwei-Staaten-Lösung, die heute durch die
Entscheidungen der israelischen Behörden unterminiert worden
ist“, sagt das Statement.
Frankreich drängt die
israelischen Behörden, jede Maßnahme zurückzunehmen, die
dahin zielt, die (israelischen) Siedlungen in den besetzten
Gebieten auszudehnen oder sie permanent zu machen im
Widerspruch zum Internationalen Gesetz, wie der UN
Sicherheitsrats-Beschluss 2334 festlegt. Frankreich will in
Zusammenarbeit mit seinen europäischen Partnern weiter ein
Auge auf dieses Problem halten.“
Irland hat sich auch der
Verurteilung von Israels Plan, das Dorf zu zerstören, mit
dem irischen Minister für ausländische Angelegenheiten Simon
Coveney angeschlossen. Er sagte Mittwochnacht, dass er
äußerst besorgt sei über die nah bevorstehende Bedrohung der
Beduinen-Gemeinde Khan al-Ahmar.“ „Die Vertreibung der
Familien und die Zerstörung ihrer Heime ist eine Aktion, die
eine starke historische Resonanz in Irland hat und die über
Israel nur Misskredit bringt,“ fügte Coveney hinzu. Coveney
sagte, „Irland hat diese Punkte den israelischen Vertretern
deutlich gesagt. Ich habe auch Irlands Ansichten über die
Siedlungen dem Ministerpräsident von Israel gesagt.“ Er
fügte noch hinzu, dass im Lichte seiner kürzlichen
Statements er es tief enttäuschend fand ,dass Israel
trotzdem mit dieser verwerflichen Aktion fortfährt.
In Israel nannte der Chef
der Joint List MK Ayman Odeh die geplante Zerstörung ein
„Kriegsverbrechen, das ganze Familien ohne ein Dach über
ihren Köpfen lässt. Leute, die schon zweimal vom Staat
vertrieben wurden, kämpfen jetzt um ihr Heim und ihre
Schule, die ihnen Hoffnung gibt. Dies ist nicht nur eine
menschliche Ungerechtigkeit, sagte Odeh, sondern ein
politisches Manöver der Regierung, um die arabischen
Siedlungen in Zone C abzubauen und die israelischen
Siedlungsblöcke zu erweitern und so jede Chance für einen
palästinensischen Staat und Frieden zu verhindern.“
Elf Leute wurden, nachdem
Steine geworfen wurden, am Mittwoch in Khan al-Ahmar
verhaftet. Dutzende von Palästinensern wurden verletzt, nach
dem Roten Kreuz. Vier wurden ins Krankenhaus gebracht. Drei
Polizei-Offiziere wurden leicht verletzt und einer von ihnen
erhielt vor Ort medizinische Hilfe.
Vertreter von Israels
Zivilverwaltung befestigten rund um Khan-al-Ahmar am
Dienstagabend Plakate , die die Dorfbewohner von ihrer
bevorstehenden Vertreibung warnte. Am Mittwochmorgen kamen
Bulldozer und die Auseinandersetzungen begannen. Die
Vertreibung mehrerer Dutzend Beduinen-Familien aus Khan
al-Ahmar wird als zukünftige Möglichkeit zur Ausdehnung der
Siedlung Kfar Adumim angesehen.
Die Hinweise künden die
bevorstehende Vertreibung an, liefern aber keine genaue Zeit
für ein Eingreifen durch die Behörden, obgleich Quellen im
Verteidigungsministerium zu Haaretz sagten, es könnte in
Wochen oder doch schon in Tagen geschehen. Unterdessen ist
das Gebiet um Khan al-Ahmar für das gewöhnliche Publikum bis
Ende Juli geschlossen worden. Die Zivilverwaltung plant,
eine Straße zu dem Platz für die Vertreibung zu bauen. Die
Arbeit wird vermutlich innerhalb von Tagen beginnen und die
Vertreibung kann erst erfolgen, wenn die Straße fertig ist.
Die Bewohner werden
vermutlich nach Al Jabel, einem Dorf in der Nähe des Abu Dis
Müllplatzes vertrieben, den der Staat der permanenten
Besiedlung für die Beduinen zugeteilt hat. Anfang dieser
Woche nahmen Angestellte der Zivilverwaltung, die von
Polizeioffizieren begleitet waren, Messungen in Khan
al-Ahmar vor und zählten die Schafherde als Teil einer
Schluss-Inspektion. Die Dorf-Häuser mehrerer Dutzend
Familien des Beduinenstammes der Jahalin, die nach ihrer
Vertreibung in den 1950er-Jahren aus dem Negev dorthin
zogen, werden zerstört. Sie bauten damals diese Häuser in
Khan al-Ahmar auf Staatsland….
Am 25. Mai erlaubten die
Richter vom Obersten Gericht Noam Sohlberg, Anat Baron und
Yael Willner dem Staat nach einer langen juristischen
Kampagne die Häuser des Dorfes zu zerstören.
Quelle (dt. und geringfügig gekürzt:
Ellen Rohlfs.)
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