
Jerusalem nach Trumps Entscheidung - Tage
des Zorns - In Jerusalem, dem Westjordanland und
im Gazastreifen kommt es zu gewaltsamen
Zusammenstößen zwischen Demonstranten und
Sicherheitskräften. Am Nachmittag wird ein Toter
aus dem Gazastreifen gemeldet, Behörden und
Hilfsorganisationen sprechen von mehr als
hundert Verletzten. Vor allem Jugendliche
suchen die Konfrontation mit der israelischen
Armee.
Aus dem Gazastreifen werden mehrere Raketen auf
Israel abgefeuert. Eine davon trifft die Stadt
Sderot, verletzt aber niemanden. - Alexandra
Föderl-Schmid
Ahmed Khan Aslan erzählt gerade von den 67
Büchern, die er in seinem Leben geschrieben hat.
Das erste habe von Indien gehandelt, das letzte
von Pakistan, dazwischen habe er sich mit dem
Zusammenhang von Zivilisation und Traditionen
beschäftigt. Da prasseln plötzlich Steine
nieder, eine kleine Wasserflasche prallt direkt
neben dem 77-Jährigen auf. Er zieht den Kopf ein
und versucht in Richtung Damaskustor zu
gelangen, so schnell er auf den Stock gestützt
gehen kann.
Von dort verfolgt der in einen schwarzen Mantel
gehüllte Mann mit dem Palästinensertuch und dem
weißen Bart das Geschehen weiter. Er sucht
Schutz hinter einem Dutzend israelischer
Soldaten, die in Kampfmontur Aufstellung
genommen haben vor dem Tor, das in die Altstadt
von Jerusalem führt - ins
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Aufstand gegen die Besatzung - Vor
30 Jahren begann im Gazastreifen die erste Intifada.
In der Folge wurde die PLO unter der Führung Jassir
Arafats von Israel anerkannt – einen
palästinensischen Staat aber gibt es bis heute nicht
- Knut Mellenthin
Im Dezember 1987 löste ein schwerer Verkehrsunfall
im Gazastreifen einen Aufstand aus, der bis 1991
oder nach anderer Sichtweise sogar bis 1993 anhielt.
Die Palästinenser bezeichneten ihre vielfältigen
Widerstandsaktionen als »Intifada«. Seit einer
ähnlichen Protestbewegung, die am 29. September 2000
begann, spricht man von der ersten und der zweiten
Intifada.
Die offizielle Version Tel Avivs lautet: Am 8.
Dezember 1987 habe ein Israeli die Kontrolle über
seinen Lkw verloren und ein entgegenkommendes
Fahrzeug gerammt, in dem sich palästinensische
Arbeiter aus dem nahegelegenen Flüchtlingslager
Dschabalija befanden. Vier von ihnen wurden bei dem
Zusammenstoß getötet. Dass es sich wirklich nur um
einen Unfall handelte, wurde von palästinensischer
Seite sofort bestritten. Unterschiedlich wird auch
die Frage beantwortet, ob es sich um einen zivilen
Lastkraftwagen oder einen Lkw der israelischen
Besatzungstruppen gehandelt habe.
Kurz nach dem Unfall griffen wütende Bewohner des
Lagers, von denen angeblich einige mit Messern und
Äxten bewaffnet waren oder Steine warfen, die am Ort
eingesetzten israelischen Soldaten an. Diese setzten
neben Tränengas auch Schusswaffen ein. 30
Palästinenser wurden verwundet, ein Jugendlicher
getötet. Am folgenden Tag breiteten sich die
Proteste auch in der Westbank aus. Wieder schossen
die Angehörigen des israelischen Militärs scharf,
wieder wurden Menschen verletzt oder getötet. In den
folgenden Wochen wurden Tausende zusätzlicher
Soldaten ins Westjordanland und in den Gazastreifen
verlegt. Am 21. Dezember 1987 solidarisierte sich
die arabische Bevölkerung Israels durch einen »Tag
des Friedens« aktiv mit der Intifada.
Bis zum Jahresende war die Zahl der getöteten
Palästinenser auf 22 angewachsen. Im folgenden Jahr
starben bei den Kämpfen in den besetzten Gebieten
289 Bewohner, im dritten Jahr der Intifada 285. 1990
sank die Zahl auf 125 Tote. Die israelische
Menschenrechtsorganisation B’Tselem gibt an, dass
israelische Soldaten und Polizisten vom Beginn der
ersten Intifada bis zum September 2000 in den
besetzten Gebieten insgesamt 1.376 Menschen töteten.
Weitere 115 seien von jüdischen Siedlern erschossen
oder erschlagen worden.
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Wir haben eure Proteste satt
- Gideon Levy, 7. Dez.2017 - Noch ein
historischer Samstagabend zeichnet sich ab;
Zehntausende werden noch einmal auf Tel Avivs
Rothshild-Boulevard demonstrieren. Wenn man
nach den Reaktionen des historischen Shabbat
der letzten Woche urteilt, befinden wir uns
bei einem weiteren tollen Erfolg..
Selbstgefälligkeit erreicht neue Höhen im
wirklichen Leben und in den sozialen Medien. Es
ist das israelische Gefühl für Gerechtigkeit,
das auflodert“ verkündet Isaac Herzog.
Wie schön, du Volk Israel, wie schön, dass das
Gefühl für Gerechtigkeit in dir lodert, so
aufmerksam kannst du aufschreien. Es ist
ermutigend zu sehen, wie die Leute ihre Apathie
abschütteln; sie haben sogar einen
entschiedenen, wunderbaren, volkstümlichen
Führer, aber die Ziele sind ausweichend, gemein,
banal und sie laufen von dem fort, was am
wichtigsten wäre.
„Der Vorzugs-Gesetzesentwurf“ -- für diesen
geht Israel auf die Straße. Der Hass gegen den
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu rüttelt
ein Drittel eines Prozentes von Israelis aus
seiner Gleichgültigkeit auf. Als dies das
letzte Mal geschah, wurde der Hüttenkäse
billiger. Jetzt wollen sie die Veröffentlichung
von Polizei-Empfehlungen, den Erhalt einer
Gesetzesregel und natürlich den Sturz von
Netanjahu . Äußerst ehrenwerte Ziele. Doch die
Leute haben noch immer Angst, das anzufassen,
was wirklich von Bedeutung ist. Der
Vorzugs-Gesetzentwurf wird durchfallen und
Netanjahus Ende wird kommen. Was also noch?
Es gibt tausend Gründe für diese guten Israelis,
auf die Straße zu gehen - sie wählen den
Kleinsten. Was sie tun sollten, ist, am
Samstagabend in Massen zu kommen und zwar
gegen den unvernünftigen Plan von US-Präsident
Trump - die US-Botschaft nach Jerusalem zu
verlege - zu demonstrieren. Millionen, die
halbe Nation, sollte dort sein und aufschreien,
keinen Dank an Amerika. Wir sind nicht bereit,
noch mehr Blut für deine hohlen Gesten zu
vergießen. Wir wollen nicht noch einen Preis
für den Besatzer, noch eine Karotte für den
Kriminellen zahlen. Wir wollen keine Botschaft
in Jerusalem. Wir wünschen Gerechtigkeit und
Gleichheit in Jerusalem.
Man stelle sich nur Millionen von Israelis vor,
Juden und Araber, die zusammen gegen Trumps
Entscheidung marschieren. Was das für eine
Wirkung haben würde – hier in Israel und in
aller Welt. Was für eine Verwirrung würde das
für Trump bedeuten, der davon überzeugt ist,
dass er Israel etwas Gutes erweist, tatsächlich
aber es sogar mehr korrumpiert und betäubt.
Was für ein Erfolg würde das gewesen sein?
Doch besteht keine Chance, dass dies geschieht.
Die Anzahl der Israelis, die daran interessiert
wären, passen in eine Telefonzelle. Deshalb
werden Massen noch einmal auf dem
Rothschild-Boulevard schreien: „Wir haben eure
Korruption satt“ und werden sich noch einmal
über sich selbst und ihr Gewissen wundern.
Sie sollten am Samstagabend in Massen gegen
den Gesetzentwurf demonstrieren, der die
Unterstützung eines Boykotts von Israel zum
strafbaren Verbrechen macht, das eine sieben
Jahre lange Gefängnisstrafe mit sich bringt.
Dieser Gesetzentwurf bedroht Israels Demokratie
unendlich mehr als der Vorzugs-Gesetzentwurf.
Wenn hier jemand ins Gefängnis geworfen wird,
weil er glaubt , ein Boykott wird die Besatzung
beenden, wird das beenden, was von Israels
Demokratie und Freiheit des Ausdrucks übrig
geblieben ist. Türkei in Israel. . Gegen das
müssen wir demonstrieren. Oder gegen die
Belagerung des Gazastreifens. Man stelle sich
nur vor, Millionen Leute marschieren Woche um
Woche auf dem Rothschild-Boulevard in
Solidarität mit den Millionen Bewohnern, die im
Gazastreifen gefangen sind.
Doch dafür gibt es keine Gelegenheit. Während
sie den Rothschild-Boulevard gegen den
Vorzugs-Gesetzentwurf marschieren, wird noch ein
Krebspatient in Gaza sterben, weil er den
Gazastreifen nicht verlassen kann, um
medizinische Behandlung zu bekommen. Was hat
der Rothschild Boulevard damit zu tun?
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Hilflos vereint
- 8. 12. 2017 - Reiner & Judith
Bernstein - Nach der Jerusalem-Entscheidung
Donald J. Trumps am 06. Dezember tritt der
UN-Sicherheitsrat auf Antrag Ägyptens,
Boliviens, Frankreichs, Großbritanniens,
Schwedens und Senegals zu einer Sondersitzung
zusammen. Mit einer Resolution ist nicht zu
rechnen, weil die USA ihr Veto einlegen werden.
Im Vorfeld hat UN-Generalsekretär Antonio
Guterres Washington kritisiert: „Es gibt keine
Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt, sie sei
mit dem Vorstoß Trumps „nicht einverstanden“,
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wirft Trump
vor, „Öl ins Feuer zu gießen“. Die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini äußert im
Namen der 28 EU-Mitgliedsstaaten „ernsthafte
Sorgen“ und warnt vor der Wiederkehr „dunkler
Zeiten“. Das Auswärtige Amt in Jerusalem zeigt
sich „überrascht“, dass die Palästinenser „die
Realität“ nicht anerkennen würden. Die
angekündigte Wiederbelebung des Nahost-Quartetts
mit Frankreich, Großbritannien und dem
UN-Generalsekretariat dürfte ergebnislos
bleiben, weil auch die USA dazu gehören. Im
November 2016 hatte der UN-Sicherheitsrat bei
Stimmenthaltung Washingtons eine Resolution
verabschiedet, in der jene einseitige
Veränderung der Grenzlinien vor dem 04. Juni
1967, „einschließlich in Jerusalem“, abgelehnt
wurde.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet,
dass die „Vereinigten Christen für Israel“ seit
langem Trump zur Verlegung der Botschaft nach
Jerusalem gedrängt hätten. 82 Prozent der
evangelikalen Protestantenkirche, zu denen sich
jeder vierte Amerikaner bekenne, würden nach
einer Umfrage des „Pew Research Center“ von 2013
die Auffassung vertreten, dass Gott den Juden
den Staat Israel gegeben habe;
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Von Barak bis Trump -
Uri Avnery, 9.Dezember 2017 -
EHUD BARAK
hat „das Schweigen gebrochen“. Er hat in der New
York Times einen Artikel veröffentlicht, der
unsern Ministerpräsidenten mit den aggressivsten
Ausdrücken angreift, mit andern Worten hat er
genau dasselbe getan wie die Gruppe ehemaliger
Soldaten, die sich selbst „Breaking the Silence“
nennen und die angeklagt werden, unsere
schmutzige Wäsche im Ausland zu waschen. Sie
decken Kriegsverbrechen auf, von denen sie
Zeugen gewesen oder an denen sie selbst
Teilnehmer waren.
Doch abgesehen von dem Angriff auf Benjamin
Netanjahu, hat Barak den Artikel dazu benützt,
seinen Friedensplan zu veröffentlichen.
(...)
Vor etwa 20 Jahren verfasste ich zusammen mit
meinem verstorbenen Freund Faisal al-Husseini,
dem Führer von Jerusalems Arabern und den
Nachkommen ihrer vornehmsten Familie ein
Manifest. Hunderte von Israelis und
Palästinensern unterzeichneten es. Seine
Titelzeile lautete „Unser Jerusalem“. Es begann
mit den Worten; „Jerusalem gehört uns, Israelis
und Palästinensern, Muslimen, Christen und
Juden.“
Weiter: „Unser Jerusalem ist ein Mosaik aller
Kulturen, aller Religionen und aller Perioden,
die die Stadt bereicherten, vom frühesten
Altertum bis zum heutigen Tag: Kanaaniter,
Jebusiter und Israeliten, Juden und Hellenen,
Römer und Byzantiner, Christen und Muslime,
Araber und Mameluken, Osmanen und Briten,
Palästinenser und Israelis. „Unser Jerusalem
muss vereinigt bleiben, für alle offen sein und
allen seinen Bewohnern gehören, ohne Grenzen
und ohne Stacheldraht in seiner Mitte.
Und die praktische Schlussfolgerung: „Unser
Jerusalem muss die Hauptstadt der beiden Staaten
sein, die nebeneinander, Seite an Seite in
diesem Land leben werden – West-Jerusalem, die
Hauptstadt des Staates Israel und Ost-Jerusalem,
die Hauptstadt von Palästina.“
Ich wünschte, ich könnte dieses Manifest an die
Tore des Weißen Hauses nageln.
>>>

Trump gießt Öl ins Feuer - Joachim Valentin über
die US-Entscheidung zu Jerusalem - Leider
geschehen aktuell gehäuft Dinge, die bisher
unvorstellbar schienen und also auch keines
Kommentars bedurft hätten. Dies gilt aktuell für
die Entscheidung Donald Trumps, die
US-Amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu
verlegen und die Stadt so – unter Missachtung
des palästinensischen Anspruchs auf
Ost-Jerusalem – als israelische Hauptstadt
anzuerkennen.
Selbst der für seine Loyalität mit Israel
bekannte deutsche Zentralrat der Juden hält
zumindest den Zeitpunkt für ungünstig. Papst
Franziskus wurde deutlicher: Schon im Vorfeld
warnte er nachdrücklich vor diesem Schritt. Alle
Parteien müssten den "Status Quo" der Stadt
respektieren, "wie es die entsprechenden
Resolutionen der UN vorsehen". Er verlangte
"Klugheit und Besonnenheit", um neue Spannungen
zu vermeiden. "Ich kann meine tiefe Sorge über
die Situation, die sich in den letzten Tagen
entwickelt hat, nicht verschweigen", so
Franziskus. Dem kann ich mich nur anschließen.
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"Die USA untergraben das Völkerrecht" - Mit der
Anerkennung Jerusalems als israelische
Hauptstadt schafft Donald Trump einen
gefährlichen Präzedenzfall, urteilt der
Völkerrechtler Stefan Talmon. Er warnt vor den
Folgen - etwa für die Krim. - Ein Interview von
Christoph Sydow
SPIEGEL ONLINE: Herr Professor Talmon, verstößt
US-Präsident Donald Trump mit der Anerkennung
Jerusalems als Hauptstadt Israels gegen das
Völkerrecht?
Stefan Talmon: Ja, ganz eindeutig. Präsident
Trump verstößt zum einen gegen die
Uno-Resolutionen zum Status von Ostjerusalem.
Und er verstößt zum anderen gegen das
Völkergewohnheitsrecht. Seit 1945 ist Konsens,
dass ein Gebiet, das gewaltsam erobert wurde,
nicht annektiert werden darf. Israel hat
Ostjerusalem 1967 erobert und 1980 annektiert.
Indem der US-Präsident diese Schritte anerkennt,
kündigt er diesen Konsens auf.
>>>

„Langfristig könnte Netanjahu verlieren“ -
Kerstin Müller, Leiterin des Israel-Büros der
Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv, zu Donald Trumps Vorstoß. - Damir Fras
Wie könnte sich eine Verlegung der US-Botschaft
auf den ohnehin kaum noch sichtbaren
Friedensprozess auswirken? Der Akt des Umzugs der Botschaft von Tel Aviv
nach Jerusalem ist weniger gefährlich als die
Symbolik, die von der politischen Anerkennung
Jerusalems als Hauptstadt Israels ausgeht. Kein
Staat der Welt hat seine Botschaft in Jerusalem,
und das aus gutem Grund. Es gibt die
internationale Vereinbarung, dass der Status von
Jerusalem erst im Zuge von Verhandlungen
zwischen Israel und den Palästinensern geklärt
werden soll. Wenn die Amerikaner dem jetzt
vorgreifen, dann machen sie jede
Friedensinitiative zunichte. Nicht nur die
Palästinenser, sondern die gesamte arabische
Welt wird neuen Verhandlungen nicht zustimmen,
wenn Trump erklärt, dass es im Hinblick auf
Jerusalem nichts mehr zu verhandeln gibt.
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Jerusalem als Spannungsfeld - Eine Stadt für
alle - auch für Palästina - Khouloud
Daibes -
Als heilige Stadt muss Jerusalem für alle
monotheistischen Religionen offen bleiben. Dafür
braucht es die gleichberechtigte Anerkennung des
Staates Palästina in den Grenzen von 1967 mit
Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Mit einem Schlag hat US-Präsident Trump jede
Chance auf eine friedliche Lösung in Form eines
Friedensabkommen basierend auf der
Zwei-Staaten-Lösung zunichte gemacht. Damit
haben sich die USA in ihrer Rolle als objektiver
und ehrlicher Vermittler bei den
Friedensbemühungen in Nahost selbst
disqualifiziert.
Die USA haben sich als objektiver und ehrlicher
Vermittler bei den Friedensbemühungen in Nahost
disqualifiziert
Die israelische Regierung wird mit solch einer
Entscheidung für seine eklatanten
Völkerrechtsverletzungen und Fakten schaffende
Siedlungspolitik fälschlicherweise noch belohnt.
Israel erhält bei der illegalen Annexion des
palästinensischen Jerusalems quasi freie Hand,
um die palästinensische Präsenz und Identität
dauerhaft versuchen zu beseitigen. Anstatt in
der ohnehin schon äußerst instabilen Region
moderate Kräfte zu mobilisieren und zu
ermutigen, stärkt der US-Präsident radikale
Kräfte mit unberechenbarem Ausmaß. Der Konflikt
droht von einem politischen in einen religiösen
Konflikt verwandelt zu werden, was sehr
gefährlich ist.
>>>

Video -
Quelle facebook
"Der israelische Staat raubt ihnen ihre
Identität" - Die israelische Autorin Lizzie
Doron lebt in Tel Aviv und Berlin - aber sie
kennt die bedrückende Realität der Palästinenser
im Ostteil der Stadt. - Interview von Thorsten
Schmitz (...)
Was halten Sie von Trumps Vorstoß? -
Er erfüllt mich mit Besorgnis. Ich frage mich,
welche Absicht er verfolgt, ausgerechnet jetzt
solch eine Ankündigung zu machen. Ich fürchte
mich vor Führern wie ihm. Ich bin auch kein
Mensch, der tiefe Verbindungen empfindet zu
Orten. Ich fühle mit Menschen. Ich sammele
Geschichten von Menschen, und es ist mir
wichtig, dass alle Menschen dieselben Rechte
haben. Ich möchte, dass jeder das Leben leben
kann, das er leben möchte. Die Palästinenser im
Westjordanland und in Ost-Jerusalem können das
nicht.
Welche Gefühle hegen Sie für Jerusalem?
Religiöse Empfindungen für einen Ort sind mir
fremd. Die Stadt mag schön sein, in meinen Augen
ist sie aber eher Museum als lebendige Stadt, in
der man leben möchte. Sie zieht mich in die
Vergangenheit und hindert einen auch wegen ihrer
Bedeutung für die Weltreligionen daran, im Hier
und Jetzt zu leben. Manche sehen wohl in so
einem Schritt die Erfüllung eines Traums, aber
manchmal sind in Erfüllung gegangene Träume
nicht das Beste. Ich bin nicht in der Lage, mich
über eine Hauptstadt Jerusalem zu freuen,
während das Leben für 300 000 Palästinenser im
Ostteil der Stadt die Hölle ist, weil sie keine
Rechte besitzen und weil sie im Schlamm leben.
"Die Palästinenser sollten dieselben
Menschenrechte bekommen wie wir alle"
>>>
Ein Quadratkilometer Weltgeschichte -
Jerusalem-Konflikt - Jerusalem ist allen drei
monotheistischen Weltreligionen heilig - und
seit drei Jahrtausenden umkämpft. Seit dem
UN-Teilungsplan von 1947 gilt Israel als
Territorium unter besonderer Verwaltung, dessen
Status erst nach Friedensverhandlungen zwischen
Israelis und Palästinensern geklärt werden soll.
In den vergangenen Jahren hat Israel Fakten
geschaffen und zum Beispiel auf
palästinensischem Gebiet östlich der Stadt neue
Siedlungen gebaut. - Alexandra Föderl-Schmid
Mit der Entscheidung von US-Präsident Donald
Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels
anzuerkennen, kommt ein alter Traum wohl der
meisten Israelis der Realität ein Stück näher.
"Wir haben Jerusalem, die geteilte Hauptstadt
Israels, vereint. Wir sind an unsere heiligen
Plätze zurückgekehrt, um uns niemals wieder von
ihnen zu trennen", hatte schon Moshe Dajan, der
legendäre Verteidigungsminister, am 7. Juni 1967
gesagt. Unter seiner Führung hatten Israels
Truppen im Sechstagekrieg den Ostteil der Stadt
erobert und später von Jordanien annektiert -
mit der festen Absicht, dort zu bleiben.
Diese Annexion wird bis heute international
nicht anerkannt. Mit ihrer Erklärung zu
Jerusalem verlassen die USA indes den Konsens
der Staatengemeinschaft. Denn seit dem
UN-Teilungsplan, der Palästina 1947 in einen
Staat für Juden und für Araber aufteilen sollte,
gilt Jerusalem, wie es Staatsrechtler nennen,
als Corpus Separatum, also als ein vom Umland
abgetrenntes Territorium unter besonderer
Verwaltung.
>>>
Israel überfällt drei palästinensische Dörfer,
wo Hunderte aus ihren Häusern vertrieben werden
sollen
- Amira Hass - 30. 11. 2017 - In den frühen
Morgenstunden des Donnerstag überfielen
israelische Soldaten drei Dorfgemeinschaften
der Westbank, die die Regierung zur
zwangsweisen Umsiedlung bestimmt hat: die
Schafe haltende Dorfgemeinschaften von Ein
al-Hilweh und Umm Jamal im Norden des
Jordantales und die Beduinengemeinschaft Khan
al-Ahmar.
Nach den Berichten, die die
Menschenrechts-Organisation Machsom Watch
erreichte, fanden die Überfälle um 3 Uhr morgens
statt.
Jeeps der Armee mit etwa 50 Soldaten stellten
sich zwischen den Zelten und Hütten von Ein
al-Hilweh und Umm Jamal auf. Sie sammelten die
Ausweise der Bewohner ein und hielten zwei der
Bewohner fest, um sie in einem Jeep zwei Stunden
lang zu verhören. Die Ausweise wurden nach ein
paar Stunden zurückgegeben.
Die israelische Armee bereitete sich vor, die
Hütten von Hunderten von Palästinensern zu
zerstören.
Die Gemeinschaften hatten Order erhalten, die
vom General Roni Numa vor drei Wochen
unterzeichnet waren und die ihnen noch 8 Tage
Zeit gaben, all ihren Besitz zu evakuieren.
Die Order wurden erst am 9. November verteilt,
obwohl sie schon am 1. November unterzeichnet
wurden. Sie wurden nicht persönlich abgegeben,
sondern am Rand der Straße abgelegt. Eine
beigefügte Karte wies daraufhin, dass sich die
Order an über 300 Leute wandte.
Obwohl die israelische zivile Verwaltung auf
der Westbank klar gestellt hatte, dass sich die
Order nicht Personen gilt, sondern nur um ihr
Eigentum, verstehen die Bewohner nicht, wie sie
weiter ohne Strukturen, Weidekoppel und Tiere
leben sollen. Ihre Opposition wird vom Anwalt
Tawfeq Jabarin vertreten.
Der Überfall verbreitete unter den Bewohnern
eine Panik. Einige eilten, um ihre Herde
wegzuführen, da sie fürchteten, dass die Herde
weggenommen wird, erzählte Machsom Watch.
Die Menschenrechtsgruppe B’tselem berichtet,
dass Soldaten und Polizei am Donnerstagmorgen
auch die Beduinengemeinde von Khan al-Ahmar, die
zwischen Jerusalem und Jericho liegt, überfallen
hat. Die Sicherheitskräfte verbrachten mehrere
Stunden damit, in die Zelte einzudringen und die
Bewohner zu zählen.
Die Zivilverwaltung, israelische Siedler und die
rechte Regavim-Bewegung streben danach, die
palästinensische und die
Beduinengemeinschaften, die seit Jahrzehnten in
diesem Gebiet lebten, in eine Stadt nahe Abu
Dis umzusiedeln. Ein vorheriger Plan, sie
nördlich von Jericho anzusiedeln, ist
aufgeschoben worden.
Die Dorfgemeinschaften haben gegen die
Zerstörungsorder seit Jahren vor Gericht mit
Hilfe des Anwalts Shlomo Lecker gekämpft. Doch
blieb das Gericht mit seinen Antworten
unnachgiebig, dass sie umsiedeln müssen.
Obgleich diese Gemeinschaften seit Jahrzehnten
in diesem Gebiet gelebt haben, hat Israel ihnen
nicht erlaubt, sich der Infrastruktur
anzuschließen oder zusätzliche Wohngebäude für
notwendigen Bevölkerungswachstum zu bauen. Den
Bewohnern ist es nicht erlaubt worden, ihr Dorf
beim Bevölkerungs-Büro der palästinensischen
Behörde anzumelden. Stattdessen sind sie als
Bewohner von Bardala, Ein al Baida und andern
Dörfern gemeldet.
2008 baute die landwirtschaftliche Organisation
der UN eherne Schuppen für die Gemeinschaft, ein
Projekt, das mit japanischer Hilfe gebaut wurde.
Der Sprecher der israelischen
Verteidigungskräfte veröffentlichte eine
Erklärung, die besagte, dass als Folge von
geheimer Information Soldaten in das Gebiet
kamen, um die Ausweise zu kontrollieren und
dass zwei Personen etwa zehn Minuten verhört
und dann entlassen wurden. Die Erklärung fügte
noch hinzu, dass die ganze Operation weniger als
eine Stunde dauerte und von 15 Soldaten
durchgeführt wurde, die sich streng an die
Information des Geheimdienstes hielt.
dt. Ellen Rohlfs.
8. 12. 2017

Trump als zündelnder
Chaosstifter
- Arn Strohmeyer - Die frühere israelische
Ministerpräsidentin Golda Meir hat einmal den
berühmt gewordenen Ausspruch getan: „Ich kenne
kein palästinensisches Volk, das gibt es gar
nicht.“ Und Shimon Peres, der später für seine
Rolle beim Zustandekommen der Oslo-Verträge den
Friedensnobelpreis bekommen hat, schreibt in
seinen Lebenserinnerungen, dass man bei der
zionistischen Besiedlung Palästinas die
Ureinwohner dieses Landes gar nicht gesehen
habe: „Es gab sie für uns gar nicht!“ Deshalb
konnten die Zionisten, die etwa ab 1880 nach
Palästina kamen, das Land auch als „leer“
bezeichnen, obwohl es in Wirklichkeit mit
Arabern voll bewohnt war.
Nach dieser
Maxime, dass es die Palästinenser eigentlich gar
nicht gab, haben die Großmächte (erst
Großbritannien, später die USA,) die hinter dem
zionistischen Projekt der Schaffung eines
jüdischen Staates mitten im arabischen Raum
standen, Politik gemacht. Ob es die
Balfour-Erklärung der britischen Regierung von
1917 war, in der London den Juden zusagte, in
Palästina eine „Heimstätte“ gründen zu können;
ob es der UNO-Teilungsplan von 1947 war, der den
nach Palästina eingewanderten Juden 56 Prozent
von Palästina zusprach, den Arabern aber nur 42
Prozent, obwohl diese zwei Drittel der
Bevölkerung stellten; oder ob es die Oslo
Verträge von 1993 an waren, die den
Palästinensern keine staatliche Souveränität
verschafften, sondern nur die „Fortsetzung der
Besatzung mit anderen Mitteln“, wie ein
israelischer Kritiker geschrieben hat. Der
palästinensische Wissenschaftler und
Schriftsteller Edward Said merkte an, dass die
Palästinenser durch die Oslo-Verträge die
Souveränität erhalten hätten, von nun an ihre
Müllabfuhr selbst organisieren zu dürfen.
Seitdem sind sie In Reservaten (Westjordanland
und Gazastreifen) eingesperrt und ganz der
Willkür der israelischen Besatzer unterworfen.
Mit anderen
Worten: Die Palästinenser waren und sind in der
internationalen Politik eine Nullgröße, sie
spielen im Machtspiel der Großen keine Rolle.
Man hat immer geglaubt, sie einfach übergehen zu
können. In dieser unseligen Tradition stehend
behandelt sie jetzt auch Donald Trump, und er
stürzt den Nahen Osten damit in eine neue Phase
der Ungewissheit, des Unfriedens, des
Terrorismus und neuer Kriege. Denn mit seinem
Coup, Jerusalem als Hauptstadt Israels
anzuerkennen, übergeht er die Palästinenser mit
rücksichtsloser Brutalität. Wie Golda Meir
scheint auch er zu glauben, dass es dieses Volk
gar nicht gibt. Trump handelt völlig einseitig
im Interesse Israels, weshalb der Jubel über
seinen Schritt dort verständlich, aber sehr
kurzsichtig ist.
Der US-Präsident
hatte bei seiner einsamen Entscheidung natürlich
auch die amerikanische Innenpolitik im Blick:
die große jüdische Klientel und Lobby in den USA
– und die zahlenmäßig noch größere Gruppe der
evangelikalen Christen, die Israel aus
religiösen Gründen unterstützen. Beiden Gruppen
hat er die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt
Israels im Wahlkampf versprochen, und sie
spielen in seinen Plänen für die Wiederwahl im
Jahr 2020 eine wichtige Rolle. Die Argumente in
der Sache, die er für seinen Schritt anführt,
sind allerdings ohne jede Überzeugungskraft. Er
erkenne nur die Realität an, die schon lange
bestehe, behauptet er, dass Jerusalem eben die
Hauptstadt Israels sei. Nur: Diese Realität ist
eine Realität auf tönernen Füßen, die Israel mit
Waffengewalt 1967 geschaffen und mit der
Annexion der Stadt 1980 eigenmächtig besiegelt
hat – niemand auf der Welt außer der Regierung
von Donald Trump erkennt diese Realität an. In
den entsprechenden UNO-Resolutionen heißt es
immer wieder, dass Israels Vorgehen
völkerrechtlich null und nichtig ist und eine
Lösung nur zwischen den Beteiligten selbst
ausgehandelt werden kann. Trumps Schritt ist
politisch nicht nur höchst gefährlich, er ist
auch ein glatter Völkerrechtsbruch. Und Israel
kann sich in seiner Politik des Landraubs und
der Unterdrückung bestätigt fühlen.
Sein Vorgehen ist
auch deswegen so verantwortungslos, weil er sich
über die politischen und religiösen Realitäten
dieser Region so arrogant hinwegsetzt. Man muss
wirklich kein Freund des türkischen Präsidenten
Erdogan sein, aber er hat Recht, wenn er jetzt
sagte: „Niemand hat das Recht, wegen seiner
persönlichen Ambitionen mit dem Schicksal von
Milliarden Menschen zu spielen.“ Aber Trumps
Rücksichtslosigkeit wird sich rächen. Die
arabische, ja die ganze moslemische Welt wird,
wenn sie ihr Gesicht, ihren Stolz und ihre
Selbstachtung nicht verlieren will, diese
einsame Entscheidung des Mannes im Weißen Haus
nicht hinnehmen. Er hat die Brandfackel an die
Zündschnur des Pulverfasses Nahost gelegt, er
betätigt sich als zündelnder Chaosstifter. Die
Politik der einstigen Kolonialmächte Frankreich
und Großbritannien und später die Weltmacht USA
haben den permanenten Krisenzustand in dieser
Weltregion erst geschaffen, Trump tut nun Alles,
dass es so bleibt, ja noch schlimmer wird.
Das Paradoxe an
der Situation dabei ist, dass die Palästinenser
zwar ohnmächtig sind, aber sie sind als Realität
da und deshalb nicht einflusslos. Ohne ihre
gleichberechtigte Teilnahme an einer Lösung des
Konfliktes wird es keinen Frieden geben. Das
einzusehen ist offenbar sehr schwer, die
Israelis wollten und wollen es in den
Jahrzehnten der Existenz ihres Staates bis heute
nicht wahrhaben und der Polit-Dilettant Trump
hat es erst recht nicht begriffen. Der Preis für
dieses Nicht-Verstehen aber wird von Tag zu Tag
höher. 7.12.2017
Mehr zu Trump und Jerusalem
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