Palestine
Update – 77 – 12.10.17 -
Israels falsche
Ansprüche an Jerusalem demystifizieren
- Meinung - Die Besetzung durch Israel arbeitet
unverschämt rassistisch und kolonialistisch. In der
Ausarbeitung eines Plans, das arabische Jerusalem in
etwa der gleichen Art auszugrenzen wie Hebron
zerstückelt wurde, verdunkelt dieser die Absicht,
virtuell Jerusalem ethnisch zu säubern und Jerusalem
zu judaisieren, indem es 300.000 Palästinenser
aussiedelt. Israel will ein virtuelles Gefängnis für
die übrigen Palästinenser schaffen, eingeschlossen
durch Siedlungen „nur für Juden“. Die Bedingungen
für die Palästinenser werden hart sein. Sie werden
zur Armut verdammt werden. Jerusalem wird sich
verwandeln in eine jüdisch dominierte Stadt nach dem
Stil von Hebron – von den Palästinensern gestohlen
und ein Ort, an dem sie unbarmherzig missbraucht
werden. Israel wird lässig und geringschätzig die
Abkommen der UNO und der internationalen
Gemeinschaft beiseiteschieben.
Der
Artikel von James Zogby spricht in zündenden Worten
aus, welche Pläne der Likud mit dem arabischen
Jerusalem wirklich hat. Die Erinnerungen an eine
ethnische Säuberung, wo immer sie stattgefunden hat,
sind eisig. Mit Jerusalem wird es nicht anders sein.
Dr. James J. Zogly ist der Autor von „Arabische
Stimmen“ und der Gründer und Präsident des Arab
American Institute (AAI), einer Organisation mit
Zentrum in Washington, D.C., die als der Arm für
politische und Verhaltensforschung der
Arabisch-Amerikanischen Gesellschaft arbeitet. Seit
1985 haben Dr. Zogby und AAI die
arabisch-amerikanischen Bemühungen geführt, um
politisches Empowerment in den USA sicher zu
stellen.
Es ist
wert, sich die UN-Resolution über Jerusalem ins
Gedächtnis zu rufen, und Israels Verachtung für
diese Resolutionen. In einem der UNO am 4. April
1950 vorgelegten Plan sollte Jerusalem in zwei
Sektoren geteilt werden: einer, der von den Arabern
verwaltet werden solle, der andere durch die Juden.
Es wurde beschlossen, dass (1) Jerusalem eine
unbewaffnete, neutrale Region werden solle und
niemand solle das Recht haben, die Stadt zu
seiner/ihrer Hauptstadt zu erklären; (2) Ein
öffentlicher Rat solle aus der ganzen Region
gebildet werden, und ein besonderes System solle
festgelegt werden, um die heiligen Stätten zu
verteidigen.
Um
Israels unredliche Wege zu verstehen ist dieser
Artikel ein MUSS zu lesen und zu verteilen.
Warum
Israels Konstrukt eines „Groß-Jerusalem“ eine
falsche Bezeichnung ist
- James J. Zogly - Letzte Woche hat eine Gruppe von
Likud-Mitgliedern dem israelischen Premierminister
Benjamin Netanyahu einen Plan vorgelegt, das
arabische Jerusalem ähnlich zu zerlegen wie man mit
Hebron verfahren war, um es zu zerstückeln; einige
sahen diese Neuigkeit über die Bemühung als ein
positives Zeichen, dass die Regierung Netanyahu
Ideen überlegt, um die direkte Herrschaft über fast
300.000 Palästinenser zu beenden. Tatsächlich war
aber die Intention eine ganz andere.
Die
Absicht hinter dem Plan ist sowohl finanziell wie
auch rassistisch. Wenn man Israel aus der
Verantwortung herausnimmt, diese Palästinenser zu
unterstützen, kann man „Milliarden Schekel“
ersparen. Gleichzeitig kann Israel, indem es 300.000
Palästinenser abschüttelt, sich die jüdische
demographische Dominanz sichern in dem Teil von
Jerusalem, der ihnen verblieben sein würde.
Was in
dem Plan nicht berücksichtigt ist, ist das Schicksal
der Palästinenser, die Israel hinauswerfen würde.
Weit entfernt von frei würden sie ein gefangenes
Volk zwischen einem Labyrinth von Siedlungen und
einer 8,5 m hohen Mauer sein. Und sie würden verarmt
bleiben und abgeschnitten vom Rest der Westbank; und
man würde ihnen die Möglichkeit verweigern,
sinnvollen Handel mit der Welt jenseits der Mauer zu
treiben. Ob dieser vorgeschlagene Plan jemals
ausgeführt wird oder nicht, ist es bereits klar:
Israels Jerusalempolitik ,seitdem es zum ersten Mal
den Ostteil der City besetzt hatte, geht in diese
Richtung. Israel sucht Wege, um zwei Imperative
zusammen zu bringen: die Kontrolle über die Stadt zu
haben, und sie in ihrem Charakter zu „judaisieren“.
Das hatte schon einen verheerenden Einfluss auf das
Leben der Palästinenser in der Stadt und deren
Umgebung.
Bis in
die frühen 1990er war Jerusalem der Mittelpunkt
aller palästinensischen wirtschaftlichen,
kulturellen, sozialen und politischen Aktivitäten
gewesen. Die Stadt war nicht nur die Heimat der
wichtigsten religiösen Stätten und Institutionen
Palästinas, sie war der Ort, wo hunderttausende
Palästinenser aus allen besetzten Gebieten zur
Arbeit oder ins Geschäft kamen, in die Schule
gingen, medizinische Behandlung oder
Sozialleistungen erhielten, an kulturellen
Veranstaltungen teilnahmen oder Fachleute aller Art
zur Beratung trafen. Auch ohne einen Staat erfüllte
Jerusalem alle Funktionen einer Hauptstadt.
Nachdem
Israel ganz Palästina 1967 besetzt hatte, war es für
die Palästinenser nicht immer einfach, Zugang zur
Stadt zu gewinnen. Da gab es periodische
Absperrungen und Checkpoints, mit denen sie sich
abfinden mussten. Aber selbst mit diesen von den
israelischen Behörden auferlegten Lasten blieb
Jerusalem Mittelpunkt.
Ein Weg,
wie die Besetzer die Wahrnehmbarkeit kontrollieren,
ist durch Benennen ihres Handwerks. Das israelische
Konstrukt – „Groß-Jerusalem“ ist eine falsche
Benennung. Als diese Israelis diese
Phantasiebezeichnung einige Jahre nach dem Krieg von
1967 ankündigten, gehörte dazu nicht nur der Ostteil
der Stadt, sondern auch ein umfangreicher Teil des
Gebietes der Westbank, auf dem 28 weitere
palästinensische Dörfer waren. Um dieses Verbrechen
von illegaler Einverleibung zu maskieren, fing
Israel an, diese Dörfer „arabische Nachbarschaft“ zu
nennen, wogegen sie ihre Siedlungen mit „jüdischen
Nachbarschaften“ von Jerusalem bezeichneten.
Das Leben
der Palästinenser veränderte sich 1994 dramatisch,
nachdem ein jüdischer Terrorist (Baruch Goldstein)
29 muslimische Beter in einer Moschee in Hebron mit
einer automatischen Waffe niedergemäht hatte. Aus
Angst vor einer Reaktion der Palästinenser
verordnete der damalige Premierminister Yizhak Rabin
eine Sperre – eine, die niemals aufgehoben werden
sollte. In den darauffolgenden Jahren wurde die
Sperre noch intensiver mit noch mehr rigoroser
Gewalt. Erlaubnisscheine zum Betreten der Stadt
waren noch schwieriger zu erhalten. Palästinensische
Institutionen in der Stadt wurden dicht gemacht, und
ausländischen Personen und Gruppen wurde angesagt,
dass ihnen verboten sei, Treffen politischer Natur
mit Palästinensern in der Stadt abzuhalten.
Während
der ganzen Zeit wuchsen die Siedlungen. Sogar ehe
Israel anfing, seine allbekannte Mauer zu bauen, war
Jerusalem umgeben von einer lebenden Betonbarriere
der sich unentwegt ausbreitenden israelischen
Siedlungen, die sich die Hügel hinauf- und
hinunterschlängeln und die Stadt mit einem Wall von
„Nur für Juden“-Häusern umgeben. Eingezwängt
zwischen diesen sind kleinere palästinensische
Dörfer. Ihr Land war ihnen weggenommen worden für
den Bau der Siedlungen und jetzt sind diese alten
Gemeinden Winzlinge geworden zwischen den neuen
israelischen Wohnblöcken, die sie buchstäblich
ersticken.
Um die
Sache noch belastender zu machen: massive Autobahnen
zerschneiden das Land und trennen die Palästinenser
noch einmal voneinander, nehmen ihnen ihr Land weg
und verwehren ihnen den Zugang zu ihrer Metropole,
dem arabischen Jerusalem. Die Wirkung dieser
Praktiken war eine sofortige und fiel in alle
Bereiche des Lebens ein. Nur wenige Jahre nachdem
die permanente Sperre verhängt worden war, kletterte
die Arbeitslosigkeit in Jerusalem und dem
umliegenden Land auf schockierende Höhen.
Weil die
Palästinenser von der Westbank nicht mehr leicht in
die Stadt kommen konnten, mussten Geschäfte und
soziale und medizinische Dienstleistungsbetriebe
ihre Angestellten entlassen und professionelle
Dienstleister schlossen ihre Büros.
Handelsunternehmen litten ebenso und ebenso
Kulturinstitute.

Dann kam
der
Bau
der Mauer, und wieder versuchte Israel, sich zu
tarnen, indem es darauf bestand, dass von einer
„Barriere“ gesprochen wurde. De facto dreht es sich
um eine 8,5 m hohe Betonmauer, die die ganze
Umgebung von Jerusalem umgibt, vervollständigt durch
Wachttürme in gewissen Abständen, und sie schneidet
durch die Westbank und etliche palästinensische
Gemeinden.
Sie hat
die Abtrennung und Strangulierung des arabischen
Jerusalem vollständig gemacht und dessen Bürger
weiter verarmen lassen und isoliert. Und sie hat den
Siedlungsbau beschleunigt und die Konfiszierung von
palästinensischem Land – damit gefangene
palästinensische Bevölkerungsteile in
„Groß-Jerusalem“ schaffend. Innerhalb der Mauer
wurden tausende palästinensische Häuser durch die
israelische Behörde geschleift, weil die Israelis
sagen, sie seien ohne die notwendigen
Baugenehmigungen errichtet worden – genau genommen:
weil die Israelis keine Baugenehmigungen für
Palästinenser erteilen.
Tausende
Palästinenser ließen ihr Aufenthaltsrecht in der
Stadt auslaufen, entweder, weil sie gezwungen waren,
außerhalb der Stadt Arbeit zu finden, oder, weil sie
jemanden aus der Westbank heirateten und ihnen nicht
gestattet wurde, ihre/n EhepartnerIn zum gemeinsamen
Leben in die Stadt zu bringen. Und die Israelis
fahren fort, immer mehr palästinensische Grundstücke
in „arabischen Nachbarschaften“ zu konfiszieren und
diese an Siedlergruppen zu vergeben, um damit neue
feindliche, vom Militär geschützte Kolonien im
Herzen der arabischen Gebiete zu schaffen. Alles das
wurde ausgeheckt, um die jüdische demographische
Dominanz in „Groß-Jerusalem“ aufrecht zu erhalten.

Und so
wurde die Bühne vorbereitet für den Plan, den man
Natanyahu unterbreitet hat. Es ist ein Plan, der –
ganz einfach – skizziert wurde, um ein
„demographisches Problem“ zu lösen, indem man
300.000 Palästinenser aus der Verantwortung des
jüdischen Jerusalem entfernt und so dem Staat eine
ziemlich hohe Summe Geldes erspart. Gleichzeitig
werden die Palästinenser in Armut gehalten und unter
fester Kontrolle. Jerusalem wird Hebron gleich.
In
seinem niemals endenden Bemühen, die Wahrnehmung von
außen zu kontrollieren, wird Israel sagen, es habe
die Palästinenser „befreit“. In Wahrheit werden sie
Gefangene bleiben.
Quelle
(Übers. Gerhilde Merz) |