Presseerklärung -
Tübingen, München,
Freiburg im Breisgau, 12. Dezember 2016 -
Angriff auf investigativen
Journalismus abgewehrt - Anklage gegen Daniel
Harrich und Jürgen Grässlin nicht zugelassen
-
Das Amtsgericht
München hat die Anklage der Staatsanwaltschaft
München wegen der verbotenen Veröffentlichung
von Gerichtsakten gegen die Journalisten Daniel
Harrich, Grimme-Preisträger, und Jürgen Grässlin,
Träger des Stuttgarter Friedenspreises, nicht
zugelassen. Es wird nicht zu einer öffentlichen
Hauptverhandlung kommen. Die Entscheidung ist
inzwischen rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft
Stuttgart hatte im Zusammenhang mit den Lieferungen
von G 36-Sturmgewehren der Firma Heckler & Koch
nach Mexiko aufgrund der Strafanzeige von Jürgen
Grässlin ermittelt. Seit 2010 wurde gegen verantwortliche
Manager beim Oberndorfer Waffenhersteller Heckler
& Koch sowie gegen Beamte aus Bundeswirtschaftsministerium
und Bundesausfuhramt ermittelt. 2012 hatte Rechtsanwalt
Rothbauer die Strafanzeige auf die in den G36-Mexiko-Deal
involvierten Vertreter der Rüstungsexport-Kontrollbehörden
erweitert. 2013 publizierte der Heyne
Verlag in München das Buch „Netzwerk des
Todes. Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie
und Behörden“ der Autoren Grässlin, Harrich
und Danuta Harrich-Zandberg.
Aufgrund der investigativen
Recherchen von Daniel Harrich und Jürgen Grässlin
veröffentlichten der Bayrische Rundfunk (BR)
und der Südwest-Rundfunk (SWR) unter dem Titel
„Tödliche Exporte“ gleichzeitig im Fernsehen,
im Rundfunk und im Internet (trimedial). U.a.
zeigte die ARD in einem vielbeachteten Themenabend
am 21. September 2015 den Spielfilm „Meister
des Todes“ mit Veronica Ferres, Heiner Lauterbach
und Axel Milberg. Der Münchner Heyne-Verlag
veröffentlichte dazu das Buch „Netzwerk des
Todes“ von Daniel Harrich, Danuta Harrich-Zandberg
und Grässlin. Nach Veröffentlichung der investigativen
Filme und des Netzwerk-des-Todes-Buches führten
die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im
September 2015 zur Erhebung einer Anklage -
allerdings nur noch gegen sechs Mitarbeiter
von Heckler & Koch, nicht aber gegen die Vertreter
der Kontrollbehörden.
Derselbe auch
für das Mexiko-Verfahren zuständige Stuttgarter
Staatsanwalt Peter Vobiller erstattete unmittelbar
nach der Erstausstrahlung des Spielfilmes „Meister
des Todes“ und der TV-Dokumentation vom selben
Abend Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft
München gegen mehrere Autoren und Journalisten,
darunter Daniel Harrich, Danuta Zandberg-Harrich
und Jürgen Grässlin. Der Vorwurf lautete Verstoß
gegen das Pressegesetz und „Verbotene Mitteilungen
über Gerichtsverhandlungen“ nach § 353d des
Strafgesetzbuches.
Kenntnis von den
Ermittlungen erhielten die Betroffenen völlig
unerwartet und schockiert kurz vor der Verleihung
des Grimme-Preises im April 2016. Trotz umfassender
Einlassungen und Angaben zur Sache erhob die
Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Daniel
Harrich wegen Verstoß gegen § 353d StGB in drei
Fällen (TV-Dokumentation, Internet-Veröffentlichung
und Buch) und gegen Jürgen Grässlin wegen desselben
Vorwurfs in einem Fall (Buchveröffentlichung).
Die Tübinger Strafverteidiger,
Rechtsanwalt Michael Haager für Grässlin und
Rechtsanwalt Holger Rothbauer für Harrich, argumentierten
gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht
München mit höchsten Zweifeln an der Verfassungskonformität
des § 353d StGB, sowie mit dem sogenannten strafbefreienden
Verbotsirrtum. Danach konnten sich Grässlin
und Harrich auf die vorangegangenen Prüfungen
durch die Justiziare von BR, SWR und Heyne-Verlag
verlassen, die die Veröffentlichungen als rechtskonform
bewertet hatten.
Dies hat das Amtsgericht
München offenbar so überzeugt, dass es die Anklage
nun aus Rechtsgründen nicht zugelassen hat.
Die Ermittlungsverfahren gegen alle Autoren
und Journalisten sind damit endgültig eingestellt.
Nach Ansicht des Tübinger Rechtsanwaltes Holger
Rothbauer ist dies eine „schwere Schlappe für
Staatsanwalt Vobiller, der besser, anstatt Aufklärer
von menschenverachtenden Waffengeschäften zu
inkriminieren, seine Arbeitszeit in die Strafermittlung
gegen die Rüstungsexportkontrollbehörden, insbesondere
die Verantwortlichen im Bundeswirtschaftsministerium
hätte stecken sollen“. Rechtsanwalt Michael
Haager bemerkt dazu: „Wer so investigativen
Journalismus mit der Strafrechtskeule verhindern
will, hat nicht verstanden, wer hier Täter und
wer Opfer ist.“
Für Rückfragen
und Interviews stehen die Rechtsanwälte Rothbauer
und Haager unter der Kanzleitelefonnummer 07071-150
49 49/ auch unter Holger Rothbauer unter
0173 7688703sowie Jürgen Grässlin unter Telefon
0170-611 37 59 zur Verfügung.
gez. Daniel Harrich,
München, und Jürgen Grässlin, Freiburg im Breisgau
- Paul Russmann - Sprecher Aktion Aufschrei
- Ohne Rüstung Leben
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