Eine
aufgeklärte Besetzung? - Warum der
Terror der Siedler auf Israels
Rechtsstaat beruht.
von Omri Boehm - Im März dieses
Jahres erteilte der damalige
militärische Oberbefehlshaber über
das Westjordanland, der israelische
Generalmajor Nitzan Alon, den
Befehl, sämtliche vom israelischen
Parlament verabschiedeten
Strafgesetze auch auf die
palästinensische Bevölkerung
anzuwenden. Zuvor hatten zwei
getrennte Rechtsordnungen bestanden:
das israelische Recht, das im
Westjordanland nur für Juden gilt,
und das Militärrecht, dem alle
anderen unterliegen. Seit Juni 2015
ist der Inhalt der beiden
Rechtsordnungen, das heißt, sind die
Gesetze selbst identisch. Allerdings
gibt es formale Einschränkungen:
Palästinenser wählen natürlich nicht
für das israelische Parlament und
können nicht in es hineingewählt
werden. Und im Unterschied zu
jüdischen Siedlern, denen vor
israelischen Zivilgerichten der
Prozess gemacht wird, stehen
Palästinenser unverändert vor
Militärtribunalen.
Manchen Beobachtern erschien General
Alons neuer Befehl als ein Schritt
in die richtige Richtung. Zweifellos
verbesserte er unmittelbar die
Lebensqualität Tausender
Palästinenser, denn das zuvor
geltende Militärrecht war
unverhältnismäßig streng gewesen.
Der Befehl wurde in einem Geiste
erlassen, den Mitte-links-Zionisten
ohne Ironie als "aufgeklärte
Besetzung" bezeichnen.
Andere klagten, es handle sich bei
Alons Anordnung um eine zynische
Staffage für eine Militärdiktatur.
Tatsächlich stellte die Unterwerfung
der palästinensischen Bevölkerung
unter Israels parlamentarischen
Gesetzgebungsprozess einen weiteren
Schritt zur rechtlichen Annexion des
Westjordanlands dar, das heißt den
Übergang von der Besetzung zur
offiziellen Apartheid. >>>
Claus Walischewski (ICAHD
Deutschland) - Liebe
Israel-Palästina-Interessierte,
Omri Boehm hat in der
ZEIT Nr. 32 einen sehr lesenswerten
Artikel "Eine aufgeklärte Besatzung"
geschrieben.
http://www.zeit.de/2015/32/israel-terror-westjordanland-justiz-willkuer
Beim Abschnitt 'Hauszerstörungen'
suggeriert er jedoch, dass
Hauszerstörungen vorwiegend als
Racheakt gegen Angehörige von
Terroristen durchgeführt werden. Dem
ist nicht so.
Hier mein Leserbrief
(der in der Zeit dieser Woche
verkürzt abgedruckt wurde) zur
Erläuterung:
Leserbrief zu Omri Boehms
Artikel. "Eine aufgeklärte
Besetzung?" Die ZEIT 6. Aug. 2015
Es ist bewundernswert, wie scharf
Omri Boehm mit Israel ins Gericht
geht, ihm die Maske der
vermeintlichen Legalität
herunterreißt und es
Staatsterrorismus nennt, wenn Häuser
von palästinensischen Gewalttätern
mit Erlaubnis des Obersten Gerichts
als Abschreckung für andere mögliche
Straftäter zerstört werden, obwohl
deren Bewohner sich keiner Straftat
schuldig gemacht haben. Es entsteht
jedoch der Eindruck, als zerstöre
die israelische Armee nur oder
vorwiegend Häuser von 'Terroristen'.
Dem ist nicht so: Laut dem
"Israelischen Komitee Gegen
Hauszerstörungen (ICAHD)" machen
diese punitiven Hauszerstörungen nur
4% aller Hauszerstörungen seit 1967
aus. Neben Zerstörungen im Verlauf
von Kriegshandlungen wie in Gasa
2014 werden die meisten Häuser
zerstört, weil sie angeblich illegal
gebaut worden sind. Dazu muss man
wissen, dass Israel Palästinensern
so gut wie keine Baugenehmigungen
erteilt (Ablehnungsquote: über 96%)
und die Palästinenser also nichts
anderes tun können als 'illegal' zu
bauen - auf ihrem eigenen Grund und
Boden, wohlgemerkt. Dann kommt die
Abrissverfügung und irgendwann der
Bulldozer. Ein Hausabriss
hinterlässt heftige Spuren bei allen
Familienmitgliedern und besonders
Kinder und Jugendliche werden und
bleiben oft traumatisiert.
Hauszerstörungen haben nichts mit
der Sicherheit Israels zu tun, sie
sind einfach nur eine eklatante
Verletzung des Menschenrechts auf
Wohnen und legen eine aggressive
Politik offen, die Israel betreibt:
die Judaisierung möglichst großer
Gebiete innerhalb Israels und den
besetzten Gebieten. Tausende von
Häusern in Ostjerusalem, der
Westbank und auch in Israel selbst
sind aktuell von Abriss bedroht.
(Infos unter:
www.icahd.org) |