Ein
sehr tief sitzender Antisemitismus
drückt sich heute in einer
besonderen Art von Philosemitismus
aus -
Uri Shani - Vor ein paar Tagen
schrieb eine Journalistin einen
Artikel über die neue Generation der
faschistischen Jugend in Israel. Da
wird ein Dr. Fischer, Soziologe an
der Hebräischen Universität in
Jerusalem zitiert: "Fischer
vergleicht das Phänomen der frommen
Radikalen, deren Gewaltakte immer
grausamere Ausmasse annehmen, mit
der europäischen Protestbewegung der
60er Jahre"…und weiter "junge Leute,
Anfang 20, manche noch jünger, die
einem romantischen religiösen
Nationalismus folgen"…
Hier meine Antwort: Liebe
Freunde! Die unterschwellige Frage,
die diesem Vergleich zugrunde liegt,
ist folgende: Wie sind diese
faschistischen Banden zu stoppen?
Wird ihnen einfach ihre "Tätigkeit"
irgend einmal zu langweilig und sie
machen dann eine persönliche
Karriere, kaufen sich ein Haus und
ziehen eine Familie gross, und ihre
jugendlichen Ausrutscher werden
nostalgisch belächelt werden? Oder
muss man trotzdem etwas gegen sie
machen?
Der Vergleich zielt darauf ab, das
Publikum zu beruhigen.
Nun, für mich persönlich, da ich
persönlich eine ihrer Zielscheiben
bin, wirkt das nicht sehr
beruhigend. Ich stehe auf der
schwarzen Liste dieser Faschisten,
und es ist durchaus möglich, dass
eines Tages jemand meinem Waisensohn
und meiner Witwe erklären muss,
warum man nicht nur in Israel,
sondern auch in Europa die Gefahr
nicht erkannt hat.
Ich glaube, die Erklärung ist
folgende: Ein sehr tief sitzender
Antisemitismus drückt sich heute in
einer besonderen Art von
Philosemitismus aus, ähnlich der
Bewunderung, die viele Nazis der
zionistischen Bewegung gegenüber
hegten, etwas, das auf sehr
eindrückliche Weise Jehoshua Sobol
in seinem besten Stück über Otto
Weininger ausdrückte, derselbe
Weininger, der von Hitler als
"einzigen Juden, den ich
respektiere" bezeichnet wurde.
Sehr viele Europäer trauen den
Israelis keinen waschechten
"authentischen" Faschismus zu. Die
simple Mathematik: Juden waren Opfer
des Faschismus, deswegen können sie
keine Faschisten sein, erlaubt das
nicht. Es sollte aber klar sein,
dass diese simple Mathematik ein
wenig zu simpel, klar gesagt:
einfach rassistisch ist.
Der israelische Faschismus ist nicht
etwas Genetisches. Er hat nichts mit
Juden zu tun. Er hat mit einer
langen, 130-jährigen Geschichte von
Kolonialismus zu tun. Die letzten 48
Jahre sind eine Eskalation dieser
Geschichte, die den geeigneten
Nährboden für einen breiten,
fundierten Faschismus geleistet
haben. Das bedeutet nicht, dass eine
"Rückgabe" der 1967 besetzten
Gebiete oder eine
"Zwei-Staaten-Lösung" uns das
Paradies auf Erden bringen würde.
Ein anderer Grund, der vielleicht
noch wichtiger ist: Europa hat
handfeste ökonomische Interessen
hier im Nahen Osten und will darum
auf keinen Fall, dass etwas diese
Geschäfte ins Wanken bringt. Es tönt
nicht gut, wenn die demokratische
Schweiz Waffengeschäfte mit einem
faschistischen Staat macht. (Nicht,
dass sie das nicht getan hätte,
immer wieder...) Keiner, der die
ökonomischen Interessen vertritt,
will davon sprechen, dass der Staat
Israel heute eine der grössten
Bedrohungen nicht nur für unsere
Region, sondern für die ganze Welt
ist. Aber die meisten Europäer
fühlen es. Man muss nur die Umfragen
lesen. 200 atomare Sprengköpfe, eine
rechts-extreme Regierung mit den
dümmsten Ministern, die das Land
jemals erlebt hat (die beiden
Ministerinnen schiessen dabei den
Vogel ab, aber auch viele ihrer
männliche Kollegen haben nicht mehr
als Stroh im Kopf), und eben
faschistische Banden, die frei
herumlaufen, brandschatzen und
töten. Sogar diese dumme Regierung
hat immer noch das Minimum an IQ zu
verstehen, in den letzten Tagen,
dass man wenigstens auf
propagandistischer Ebene etwas tun
muss, um zu signalisieren, dass das
nicht schön nicht.
Hier ein Beispiel aus einer
Schweizer Zeitung von gestern:
http://www.tagblatt.ch/…/Israel-geht-gegen-juedische-Extrem…
Man sollte diese israelische
Propaganda nicht allzu ernst nehmen.
So bekämpft man nicht diesen
Faschismus, der tiefe historische
Wurzeln hat.
Aber diese faschistische Banden mit
alten 68-ern zu vergleichen, diese
Propaganda sollte man ernst nehmen.
Sie ist gefährliches
Beruhigungsmittel. Ich könnte dafür
mit meinem Leben bezahlen.
Noch ein Wort zum "Hippie-Outfit":
Diese Bekleidung ist nicht für Euch
gemeint, liebe Europäer. Niemand bat
Euch, das zu interpretieren. Sie ist
ein Signal gegenüber den
Ultra-Orthodoxen, die ein Outfit aus
dem Mittelalter, im besten Fall aus
dem 18. oder 19. Jahrhundert tragen.
Die Konkurrenz zwischen den
israelischen Ultra-Orthodoxen und
den israelischen National-Religiösen
(mit dem Titel: Wer bekämpft die
abtrünnigen Ungläubigen in unserm
Volk besser) ist für Europäer, auch
für jüdische Europäer, auch für
religiöse jüdische Europäer,
unverständlich. Sie hat mit der
israelischen Geschichte zu tun. Ich
habe keine Lust, Euch das jetzt hier
zu erklären, aber ihr solltet
wissen, dass Ihr das Bild falsch
interpretiert.
Und wenn ihr schon eure Hände
ausbreitet, verberge ich doch meine
Augen vor euch; und ob ihr schon
viel betet, höre ich euch doch
nicht; denn eure Hände sind voll
Blut.
Deine Fürsten sind Abtrünnige und
Diebsgesellen; sie nehmen alle gern
Geschenke und trachten nach Gaben;
dem Waisen schaffen sie nicht Recht,
und der Witwe Sache kommt nicht vor
sie.
Waschet, reiniget euch, tut euer
böses Wesen von meinen Augen, laßt
ab vom Bösen; lernet Gutes tun,
trachtet nach Recht, helfet dem
Unterdrückten, schaffet dem Waisen
Recht, führet der Witwe Sache.
(Jesaja 1, 15-17 und 23,
Luther-Übersetzung) |